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Dritter Auftritt
ОглавлениеDie KÖNIGIN. Die HERZOGIN VON OLIVAREZ. Die PRINZESSIN VON EBOLI, und die MARQUISIN VON MONDEKAR, welche die Allee heraufkommen.
KÖNIGIN (zur Marquisin).
Sie will ich um mich haben, Mondekar.
Die muntern Augen der Prinzessin quälen
Mich schon den ganzen Morgen. Sehen Sie,
Kaum weiß sie ihre Freude zu verbergen,
Weil sie vom Lande Abschied nimmt.
EBOLI.
390 Ich will es
Nicht leugnen, meine Königin, dass ich
Madrid mit großen Freuden wiedersehe.
[18]MONDEKAR.
Und Ihre Majestät nicht auch? Sie sollten
So ungern von Aranjuez sich trennen?
KÖNIGIN.
395Von – dieser schönen Gegend wenigstens.
Hier bin ich wie in meiner Welt. Dies Plätzchen
Hab ich mir längst zum Liebling auserlesen.
Hier grüßt mich meine ländliche Natur,
Die Busenfreundin meiner jungen Jahre.
400Hier find ich meine Kinderspiele wieder,
Und meines Frankreichs Lüfte wehen hier.
Verargen Sie mir’s nicht. Uns alle zieht
Das Herz zum Vaterland.
EBOLI.
Wie einsam aber,
Wie tot und traurig ist es hier! Man glaubt
Sich in la Trappe.
KÖNIGIN.
405 Das Gegenteil vielmehr.
Tot find ich es nur in Madrid. – Doch was
Spricht unsre Herzogin dazu?
OLIVAREZ.
Ich bin
Der Meinung, Ihro Majestät, dass es
So Sitte war, den einen Monat hier,
410Den andern in dem Pardo auszuhalten,
Den Winter in der Residenz, solange
Es Könige in Spanien gegeben.
KÖNIGIN.
Ja, Herzogin, das wissen Sie, mit Ihnen
Hab ich auf immer mich des Streits begeben.
MONDEKAR.
415 Und wie lebendig es mit nächstem in
Madrid sein wird! Zu einem Stiergefechte
Wird schon die Plaza Mayor zugerichtet,
Und ein Autodafé hat man uns auch
Versprochen –
KÖNIGIN.
Uns versprochen! Hör ich das
Von meiner sanften Mondekar?
MONDEKAR.
420 Warum nicht?
Es sind ja Ketzer, die man brennen sieht.
KÖNIGIN.
Ich hoffe, meine Eboli denkt anders.
EBOLI.
Ich? – Ihre Majestät, ich bitte sehr,
[19]Für keine schlechtre Christin mich zu halten,
Als die Marquisin Mondekar.
KÖNIGIN.
425 Ach! Ich
Vergesse wo ich bin. – Zu etwas anderm. –
Vom Lande, glaub ich, sprachen wir. Der Monat
Ist, deucht mir, auch erstaunlich schnell vorüber.
Ich habe mir der Freude viel, sehr viel,
430Von diesem Aufenthalt versprochen, und
Ich habe nicht gefunden, was ich hoffte.
Geht es mit jeder Hoffnung so? Ich kann
Den Wunsch nicht finden, der mir fehlgeschlagen.
OLIVAREZ.
Prinzessin Eboli, Sie haben uns
435Noch nicht gesagt, ob Gomez hoffen darf?
Ob wir Sie bald als seine Braut begrüßen?
KÖNIGIN.
Ja! Gut, dass Sie mich mahnen, Herzogin.
(Zur Prinzessin.)
Man bittet mich bei Ihnen fürzusprechen.
Wie aber kann ich das? Der Mann, den ich
440Mit meiner Eboli belohne, muss
Ein würd’ger Mann sein.
OLIVAREZ.
Ihre Majestät,
Das ist er, ein sehr würd’ger Mann, ein Mann,
Den unser gnädigster Monarch bekanntlich
Mit ihrer königlichen Gunst beehren.
KÖNIGIN.
445Das wird den Mann sehr glücklich machen – Doch
Wir wollen wissen, ob er lieben kann,
Und Liebe kann verdienen. – Eboli,
Das frag ich Sie.
EBOLI (steht stumm und verwirrt, die Augen zur Erde geschlagen, endlich fällt sie der Königin zu Füßen).
Großmüt’ge Königin,
Erbarmen Sie sich meiner. Lassen Sie –
450Um Gottes willen, lassen Sie mich nicht –
Nicht aufgeopfert werden.
KÖNIGIN.
Aufgeopfert?
[20]Ich brauche nichts mehr. Stehn Sie auf. Es ist
Ein hartes Schicksal, aufgeopfert werden.
Ich glaube Ihnen. Stehn Sie auf. – Ist es
455Schon lang, dass Sie den Grafen ausgeschlagen?
EBOLI (aufstehend).
O viele Monate. Prinz Karlos war
Noch auf der hohen Schule.
KÖNIGIN (stutzt und sieht sie mit forschenden Augen an).
Haben Sie
Sich auch geprüft, aus welchen Gründen?
EBOLI (mit einiger Heftigkeit).
Niemals
Kann es geschehen, meine Königin,
Aus tausend Gründen niemals.
KÖNIGIN (sehr ernsthaft).
460 Mehr als Einer ist
Zu viel. Sie können ihn nicht schätzen – das
Ist mir genug. Nichts mehr davon.
(Zu den andern Damen.) Ich habe
Ja die Infantin heut noch nicht gesehen.
Marquisin, bringen Sie sie mir. –
OLIVAREZ (sieht auf die Uhr).
Es ist
465Noch nicht die Stunde, Ihre Majestät. –
KÖNIGIN.
Noch nicht die Stunde, wo ich Mutter sein darf?
Das ist doch schlimm. Vergessen Sie es ja nicht,
Mich zu erinnern wenn sie kommt.
Ein PAGE tritt auf und spricht leise mit der Oberhofmeisterin, welche sich darauf zur Königin wendet.
OLIVAREZ.
Der Marquis
Von Posa, Ihre Majestät –
KÖNIGIN.
Von Posa?
OLIVAREZ.
470Er kommt aus Frankreich und den Niederlanden,
Und wünscht die Gnade zu erhalten, Briefe
Von der Regentin Mutter übergeben
Zu dürfen.
KÖNIGIN.
Und das ist erlaubt?
[21]OLIVAREZ (bedenklich).
In meiner Vorschrift
Ist des besondern Falles nicht gedacht,
475Wenn ein kastilian’scher Grande Briefe
Von einem fremden Hof der Königin
Von Spanien in ihrem Gartenwäldchen
Zu überreichen kommt.
KÖNIGIN.
So will ich denn
Auf meine eigene Gefahr es wagen!
OLIVAREZ.
480Doch mir vergönne Ihro Majestät
Mich so lang zu entfernen. –
KÖNIGIN.
Halten Sie
Das, wie Sie wollen, Herzogin.
(Die Oberhofmeisterin geht ab, und die Königin gibt dem Pagen einen Wink, welcher sogleich hinausgeht.)