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Unterschätzen wir dies nicht: wir selbst, wir freien Geister, sind bereits eine „Umwertung aller Werte“, eine leibhaftige Kriegs— und Siegs-Erklärung an alle alten Begriffe von „wahr“ und „unwahr“. Die wertvollsten Einsichten werden am spätesten gefunden; aber die wertvollsten Einsichten sind die Methoden. Alle Methoden, alle Voraussetzungen unsrer jetzigen Wissenschaftlichkeit haben Jahrtausende lang die tiefste Verachtung gegen sich gehabt: auf sie hin war man aus dem Verkehre mit „honetten“ Menschen ausgeschlossen, — man galt als „Feind Gottes“, als Verächter der Wahrheit, als „Besessener“. Als wissenschaftlicher Charakter war man Tschandala ... Wir haben das ganze Pathos der Menschheit gegen uns gehabt — ihren Begriff von Dem, was Wahrheit sein soll, was der Dienst der Wahrheit sein soll: jedes „du sollst“ war bisher gegen uns gerichtet ... Unsre Objekte, unsre Praktiken, unsre stille, vorsichtige, mißtrauische Art — alles das schien ihr vollkommen unwürdig und verächtlich. — Zuletzt dürfte man, mit einiger Billigkeit, sich fragen, ob es nicht eigentlich ein ästhetischer Geschmack war, was die Menschheit in so langer Blindheit gehalten hat: sie verlangte von der Wahrheit einen pittoresken Effekt, sie verlangte insgleichen vom Erkennenden, daß er stark auf die Sinne wirke. Unsre Bescheidenheit ging ihr am längsten wider den Geschmack ... O wie sie das errieten, diese Truthähne Gottes —

Der Antichrist

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