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Der heilige Englmar

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Der wollte nichts als seine Ruhe undwurde sogar dafür umgebracht

Wer Bayern liebt, der muss einfach immer wieder in den Bayerischen Wald fahren! Hier reichen sich ewig beständige Kräfte des Ortes die Hand mit dem Himmel selbst, das Herüben berührt sanft das Drüben, die geheimnisvolle Anderswelt, in seltsam harmonischer und unaufgeregter Weise geschieht dies.

Dazu kommt eine unbeirrbare Tradition, auch jene eigenartig gefärbte Theologie, wie sie derzeit gar die Welt bestimmt; Brauchtum und Erdgeist reichen sich in unvergleichbarer Weise die Hand.

Dann, wenn schwere Wolken über uralte Granitformationen ziehen, berühren sich das Damals und das Jetzt in jener bayerischen und typisch erdschweren Gelassenheit, die das Denken dreidimensional und die Vor-Erinnerung an ein Dann so leicht machen. Die Ewigkeit braucht keiner zu fürchten, der im Bayerischen Wald daheim ist oder der Freunde regelmäßig dort besucht, denn »der Wald« ist im Hier und im Jetzt schon Ewigkeit.

Damals – in einer Zeit ohne Zeit – kam hierher der fromme Englmar.

Der hatte nach dem Tode seines geistigen Vaters und Lehrmeisters die Dreiflüsse-Stadt Passau verlassen und sich genau in jene Gegend begeben, die heute noch nach ihm benannt ist. Also in den Umkreis des heutigen St. Englmar.

»In schauerlicher Waldeinsamkeit …« – so die Quelle – baute er sich mit einem Gefährten seine Hütte. Wachen, fasten, im Alleinsein mit der Schöpfung schlafen mit guten Träumen, beten und vor allem heilen! Er lebte das übliche Leben des wissenden Einsiedlers. Die Leute kamen und brachten das Nötige – viel brauchte er nicht –, und er gab das wunderbare Wissen um Heilung zurück. Was für ein Unterschied zur heutigen hysterischen Wellness-Industrie und zur gesteuerten Gesundheits-Hektik.


Jeder Baum ein Heiliger im Schnee …Der heilige Englmar brauchte nicht vel.

Seine Ruhe, Gelassenheit und Frömmigkeit waren ansteckend. Bald hatte der heilige Ort, den er bezogen hatte, den Ruf des Wunderbaren. Menschen suchten ihn auf, um sich an der Stille und Frömmigkeit zu erbauen. Er lebte vor, was gut ist: ein rechter Heiliger eben.

Doch da war der Gefährte, der Mitbruder im Gebet. Der war auf den ersten Blick ebenso fromm wie Englmar – aber er kam bei den Menschen nicht so an.

Seine Frömmigkeit »kam nicht rüber«. Wozu auch. Die beiden wollten ja ursprünglich alleine bleiben und einsiedeln. Nun aber wurde Englmar mehr und mehr populär. Das weckte im anderen Begehrlichkeiten …

Sagen wir es in der Sprache unserer Zeit: Englmar hatte das gewisse Etwas, er besaß Charisma. Das wirkte trotz der Zurückgezogenheit im Wald, es »zog an«, machte attraktiv im wörtlichen Sinne, vielleicht sogar gerade deshalb, weil er es ehrlich meinte?

Die Menschen – wie sie scharenweise in den Wald strömten, um einen bescheidenen Heiligen zu sehen –, die sahen halt immer nur den Englmar. Den anderen über-sahen sie.

Und der kochte so langsam vor Zorn und Neid. Vielleicht war er gar eine Wiedergeburt von Kain. Wohl eher ist es so, dass die Menschen von Anfang an immer dieselben sind: Sklaven ihrer Grundlaster. Und Neid ist davon der Schlimmsten eine.

Der Mitbruder wollte so verehrt werden wie Englmar. Er besorgte sich eine schwere Axt und schlug sie bei passender Gelegenheit dem ins Gebet versunkenen Einsiedlergefährten mehrfach gewaltig auf den Kopf.

Englmar hatte keine Schmerzen, er war sofort tot. Augenblicklich schleppten Engel seine fromme Seele gen Himmel. Der andere aber blieb da und er hatte zu seinem finsteren Gemüt jetzt auch den Mord am Hals.

Das alles war geschehen am ersten Sonntag nach Erscheinen des Herrn.

Der Bösewicht verscharrte den mit Blut überströmten Leichnam im Schnee und warf einen gewaltigen Haufen Reisig darauf. Der wiederum wurde bald von frischen Schneeflocken bedeckt.

Unglücklicher dummer Mörder! Er hatte in seinem vom Teufel verwirrten Hirn gedacht, nun ebenso geliebt zu werden wie Englmar. Aber keiner kümmerte sich um ihn. Und wenn, dann nur, um nach dem vermeintlichen Fortbleiben von Englmar zu fragen.

Dann erwachte das Gewissen. Das folterte ihn ein Leben lang, aber keiner kann mehr sagen, wie’s letztlich mit ihm ausgegangen ist. Er irrte durch die Wälder und verlor bald selber den Verstand. Von seinem Ende ist nichts bekannt, ich glaube aber nicht, dass es besonders schön gewesen ist.

Die Leiche des Frommen wird gefundenund eine Gnaden- und Wunderstätte entsteht

Genau eine Woche nach Pfingsten kam ein Priester an die Stelle, wo der arme Englmar tot darniederlag. Der Schnee war inzwischen geschmolzen und unter dem dürren Reisig wurde die Leiche sichtbar. Die war nicht verwest und zeigte einen seltsamen Lichtschein.

Mit großem Einfühlungsvermögen ahnte der Priester, welche Bewandtnis es mit der vorgefundenen entsetzlichen Situation haben könnte, dann hub er in der Erde mühevoll ein Grab aus und legte den braven Englmar hinein. Ganz genau an dem Platze, an der die Freveltat verübt worden war.

Dann sorgte er – vielleicht gar im Auftrage eines umsichtigen Gottes – dafür, dass genau über der Stelle, da Englmar den Tod gefunden hatte, eine kleine Kapelle erbaut wurde. Man sagt, der Tod des seligen Dieners Gottes sei genau auf das Jahr 1100 gefallen.

Und Gott selbst sorgte in wunderbarer Weise dafür, dass sein so treuer Diener weiterhin die Verehrung fand, die ihm schon zu Lebzeiten beschieden war:

Ab sofort strömten Pilger zu der Waldkapelle, Suchende und Aufnahmebereite, die inneren Frieden suchten, Ruhe, Zu-Sich-Kommen und Einsicht in den großen Schöpfungsgedanken.

Schon rankte sich um die Kapelle eine Real-Sage: Soll doch der nächtliche Besucher von einem wundersamen Lichtschein überrascht werden, der übrigens heute noch dort erkennbar ist … das Licht der inneren Heiligkeit … wer aber streift schon mitten in der Nacht genau dort im Bayerischen Wald umher, da Englmar sein Ende gefunden haben soll?

Wer damals, als das wundersame kleine Gotteshaus im Wald stand, in die Kapelle eintrat, der stellte jenen berühmten Wohlgeruch fest, der den heiligen Ort so oft auszeichnet, ganz im Gegensatz zum seltsam modrigen, öligen oder schwefeligen Gestank an Plätzen, da »der Andere« das Sagen hat!

Bayerns heimlicher Heiliger und Ort der Heilung: Bald kamen Menschen von nah und fern, Kranke und Bedrängte, sie fanden Linderung und Heilung. Denn der Glaube versetzt Berge. Und gesund zu werden ist weit weniger anstrengend als einen Berg zu versetzen.

(Hoffentlich liest keiner von der heutigen Pharma-Industrie diese Zeilen).

Der seltsame Brauch des »Englmari-Suchens« immer am Pfingstmontag hat sich bis heute erhalten. Die publicityträchtige Prozedur des Herumtragens einer Holzfigur durch lebensfrohe Burschen aus der Umgebung lockt eher Touristen an denn fromme Beter.

Person:

Englmar

Wem hilft Englmar?

Dem, der »sei Ruah’« haben will! Und dafür wird man (gottseidank) nicht immer gleich umgebracht! Und sicher auch all jenen, die unter dem Neid der Mitmenschen zu leiden haben. Das sind nicht wenige!

Vor allem aber bei jeder Art von Leiden, Krankheit und Bedrängnis ist Englmar »für einen da«.

Und dann das Englmari-Suchen? Wer »das Heilige« (also das Heil) sucht, der findet es auch, und sei es noch so raffiniert versteckt!

Spuren:

St. Englmar. Zwischen Bogen und Viechtach im Bayerischen Wald. Dort findet sich der Kapellenberg mit einer Gedenk-Stele:

Der heilig Vatter Englmar

Für uns wöll bitten imerdar;

Daß Gott vor Schaden uns bewahr

In schwerer Leibs- und Seeleng’fahr.

Vorbild:

Eher für ruhige Typen

Gedenktag:

14. Januar

Heilige in Bayern

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