Читать книгу Eine unberechenbare Zeugin - Gabriele Schillinger - Страница 5
Julia
ОглавлениеMontags begann wieder eine neue Gruppe. Großteils junge Frauen, manche sogar noch Schülerinnen, um sich auf eventuelle Gefahrensituationen vorzubereiteten. Wie so oft waren einige von ihnen von den Eltern zum Kurs geschickt worden, damit sie sich selbst ruhiger fühlen, wenn ihre Töchter abends einmal allein ausgingen. Das Sportstudio gab es schon viele Jahre und war daher zu einem großen Bekanntheitsgrad gelangt. Aufgrund manch reicher Kunden wurde es sogar einige Male positiv in der Presse erwähnt.
Eine der ganz jungen Teilnehmerinnen erzählte von einem Übergriff, der ihr passiert war. Es geschah am hellen Tag, als sie von der Schule nach Hause ging. Leider kam das öfter vor und nicht immer waren die Eltern so klug, dass sie ihre Kinder zum Kurs brachten. Meist lag es auch nicht am Geld, denn es gab einen Sozialfont, der für Opfer dieser Art das Training bezahlte. Die Eltern solcher Töchter waren bloß unwissend, oder weltfremd.
Julia, das Mädchen, welches von dem passierten Übergriff erzählt hatte, wurde am Ende vom Kurs von ihrem Vater abgeholt. Als Elena den Mann sah, hielt sie kurz inne. Er kam ihr irgendwie bekannt vor. An seiner Reaktion bemerkte sie auch seine Unsicherheit. Wo hatte sie ihn schon einmal gesehen?
Nachdem sie in der Umkleidekabine noch darüber nachdachte, fiel es ihr plötzlich ein. Ihre Hände begannen zu zittern. Er war einer von den Verfolgern im Park. Hektisch packte sie ihre Kleidung zusammen und beschloss sicherheitshalb das Studio über den Hintereingang zu verlassen. Aus Angst beobachtet zu werden, ging sie einen Umweg zu ihrer Wohnung.
Zu Hause versperrte sie schnell die Türe und holte sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank.
Hatte er sie erkannt? Konnte er im finsteren Park ihr Gesicht erkennen?
Nach längerem Grübeln wurde ihr bewusst, dass er nun ihren Namen kannte. War Elena jetzt überhaupt in ihrer Wohnung sicher? Vielleicht sollte sie am nächsten Tag die kleine Julia ein wenig über ihren Vater ausfragen.
Leider versprach sie, sich mit Mona zu treffen, sonst wäre sie an diesem Abend lieber zu Hause geblieben. Andererseits wurde sie vielleicht ein bisschen von ihrer Angst abgelenkt. Im Moment konnte sie sowieso nichts unternehmen. Zuerst musste sie herausfinden, ob er sie erkannt hatte.
Mona erzählte von ihrer Mutter. Sie litt an zunehmender Demenz. Es wurde immer schwieriger, sie allein im Haus zu lassen. Beim Kochen vergaß sie den Topf am Feuer und wenn sie ausging, fand sie nicht immer nach Hause. Einmal wurde sie sogar von einem Polizisten aufgehalten, weil sie unbeholfen auf einem Bahnsteig stand. Ein anderes Mal vergaß sie im Supermarkt ihre Einkäufe zu bezahlen und marschierte schnurstracks hinaus.
Ihre Mutter konnte sich an vieles aus der Vergangenheit erinnern, aber was kürzlich geschah wurde schnell vergessen.
Ein Arzt riet Monika zu einer Pflegeeinrichtung, doch war es nicht einfach sich dafür zu entscheiden. Es war ihre Mutter, die Frau sie sie großzog. Mona kam vor, als würde sie ihre Mutter einfach abschieben, wenn es kompliziert wurde.
Elena konnte ihr nur schwer zu einer guten Lösung raten. Sie selbst hatte eine verworrene Beziehung zu ihrer Mutter, die bereits in ihrer Kindheit oft verwirrt erschien. Doch Mona war auch viel geholfen, dass sie einfach nur erzählen konnte. Bei diesem Gespräch ging es nicht um gute Ratschläge, sondern sich einfach einmal alles von Herzen zu reden.
Als Elena wieder nach Hause ging, war sie unruhig. Geräusche jeglicher Art verunsicherten sie. Ob ihr jemand folgte?
In der Wohnung angekommen, schob sie zur Sicherheit eine Kommode vor die Eingangstüre. Bei einem Nahkampf würde bestimmt Elena gewinnen, doch wenn ein Eindringling mit einer Waffe vor ihr stand, hätte sie keine große Chance. Kugelsicher war sie eben nicht.
Nervös schaute sie aus dem Fenster auf die Straße, doch es war keine Menschenseele zu sehen. Der Fernseher sollte ein wenig Ablenkung schaffen. Als sie nach einem Film darin suchte, stieß sie auf einen Nachrichtensender. Ein junges Pärchen fand beim Pilze suchen Leichenteile im Wald. Noch wusste man nicht, um wen es sich handelte. Tiere fraßen den Körper an und verteilten ihn großflächig. Bislang war nur bekannt, dass es sich um einen Mann handelte. Ein wenig angeekelt von der bildlichen Vorstellung suchte Elena weiter nach einem Film. Da er weder zu brutal sein sollte, noch eine Liebesromanze, blieb nur mehr eine Komödie. Irgendwann beschloss sie jedoch, dass dieser Film einfach zu übertrieben und kitschig war, also drehte sie den Fernseher wieder ab und ging ins Bett.
Allerdings funktionierte es mit dem Einschlafen nicht gleich. Elena wälzte sich von einer Seite auf die andere. Es war seltsam, allein in dem großen Bett zu liegen. Obwohl Ben auch sonst nicht immer neben ihr lag, fiel es ihr erst jetzt unangenehm auf.
Ihre Unruhe ließ zudem die Gedanken rasen. Wie konnte man jemanden in einer Garage erschießen und den Mann so schnell, ohne jegliche Spuren zu hinterlassen, beseitigen?
Es muss ich um eine Bande handeln, denn immerhin waren alle der Anwesenden bewaffnet. Ungewöhnlich war nur, dass die Männer gut gekleidet waren, was man bei Bandenmitgliedern eigentlich nicht erwarten würde. Schließlich schlief Elena ein.
Am nächsten Morgen betrachtete sie gleich ihre Türe. Die Kommode stand noch genauso wie am Abend davor. Etwas erleichtert, dass niemand versucht hatte in ihre Wohnung einzudringen bereitete sie sich ein Frühstück zu. Draußen schien die Sonne und versprach einen schönen Tag. Im Radio lief gute Musik und in den Nachrichten ging es um Staus auf fast allen großen Straßen. In der Innenstadt wurden vier Taschendiebe gefasst und eine U-Bahn Linie war für einige Zeit eingestellt, weil es ein technisches Problem gab. Das waren die typischen Nachrichten am Morgen. Elena nahm ihre Sporttasche, zog sich die Schuhe an und schob die Kommode zur Seite.
Bevor sie ging steckte sie seitlich der Türe einen kleinen Papierstreifen hinein. Sollte jemand die Wohnung in ihrer Abwesenheit betreten, würde der Streifen hinunterfallen und sie darüber informieren.
Im Sportstudio angekommen, schaute Elena gleich in der Teilnehmerliste nach, wie die Tochter von dem ominösen Verfolger hieß. Das Mädchen hieß Julia, doch wichtiger war ihr Familienname, nach dem sie im Internet recherchieren konnte. Schließlich fand sie den Namen. Die Kleine hieß Braun. Nun konnte Elena nur hoffen, dass sie den Namen ihres Vaters trug. Aufgeregt schrieb sie den Familiennamen auf einen Zettel, der in ihre Hosentasche kam. Elena musste sich vorbereiten, denn die Karategruppe wartete bereits auf sie.
In der Mittagspause kam Viktor um zu sehen, wie es seiner Freundin ging. Elena überlegte, ob sie ihn über das, was sie in der Garage beobachtet hatte, einweihen sollte. Vielleicht würde sie aber noch ein wenig zuwarten, ob sie der Mann überhaupt erkannt hatte.
Viktor vermutete hinter Elenas Unruhe die derzeitigen Umstände ihrer Trennung mit Ben. Er kannte aus eigener Erfahrung wie schmerzlich es war, wenn man von einem geliebten Menschen betrogen wurde. Viktor dachte dabei an eine Beziehung, die schon lange zurücklag. Sein Freund hieß Walter und sprühte nur so voll Energie. Sie hatten eine Menge Spaß miteinander, bis Viktor ihn mit einem anderen Mann im Bett erwischte. Anfangs dachte er, es wäre nur ein Ausrutscher gewesen, doch bald musste er sich eingestehen, dass sein Freund Sexsüchtig war. Walter schlief mit jedem, der willig war, egal welches Alter oder welches Geschlecht die Person hatte. Noch schlimmer war, er tat es ungeschützt und riskierte sich, und auch Viktor, mit Krankheiten anzustecken. Diese Erkenntnisse waren damals sehr schmerzhaft. Viktor hatte sich bereits in Walter verliebt und konnte nur schwer verstehen, wie er sich derart in diesem Mann täuschen konnte.
Nachdem Viktor Elena die Geschichte erzählt hatte, war die Mittagspause zu Ende. Er ging wieder in seinen Boxraum und Elena in den ihren.
Die letzte Gruppe an diesem Tag war die, in der auch Julia dabei war. Während dem Training konnte sie nicht allzu viel mit ihr reden. Da Elena öfter kurze Einzelgespräche mit ihren Teilnehmerinnen durchführte, fiel es nicht sonderlich auf, als sie das Mädchen zur Seite bat. Damit ihre Fragen nicht zu aufdringlich wirkten, fragte sie zuerst danach, wie es ihr in der Gruppe gefiel und ob die Übungen hilfreich für sie waren. Danach fragte sie, ob der Mann, der sie immer abholte, ihr Vater war und ob er auch im Kampfsport arbeitete, weil er durchtrainiert aussah. Ja, es war ihr Vater. Bezüglich seiner Arbeit konnte sie jedoch nicht viel sagen. Sie wusste nur, dass er im Verkauf tätig war. Allerdings arbeitete er nicht in einem Geschäft mit Kundenverkehr, sondern er besuchte seine Kunden vor Ort. Deswegen war er auch nicht immer zu Hause, sondern unternahm auch längere Reisen im Ausland. Was genau er verkaufte, wusste sie nicht. Dass ihr Vater sportlich aussah, amüsierte sie, denn zu Hause saß er meist nur vor dem Computer. Noch bevor sich Julia über ihr Interesse am Vater wundern konnte, lenkte Elena die Fragen wieder auf den Kurs.
Sie gingen wieder in den Saal zurück und Elena zeigte den Teilnehmerinnen einen neuen Verteidigungsgriff.
Am Heimweg kaufte sie noch ein wenig Obst und Gemüse ein. Es war wahrscheinlich der einzige Markt in Wien, der um diese Uhrzeit noch offen hatte. Für Berufstätige ein Traum. An einem Stand gab es sogar noch frisches Brot, welches sie heute noch zu ihrem Salat essen wollte. Mit einem vollbeladenen Rucksack ging sie die Stufen zu ihrer Türe hoch. Der Papierstreifen war noch an seinem Platz.
Nachdem sie wieder die Kommode vor die Türe geschoben hatte, widmete sie sich gleich ihrem Laptop. Da sie den Vornamen des Mannes nicht kannte, musste sie versuchen, über Julias Spuren im Netz zu ihm zu finden. Jugendliche liebten das Internet und sie wäre wahrscheinlich die einzige, wenn sie sich nicht auf sozialen Netzwerken befand. Ja, das Mädchen hatte mehrere Seiten, auf denen sie sich aufhielt. Und siehe da, auf einer hatte sie die Namen ihrer Eltern bekannt gegeben. Ihr Vater hieß Erwin Braun. Nun konnte sie direkt nach ihm suchen. Allerdings gab es viele mit demselben Namen. Die Suche würde mehr Zeit in Anspruch nehmen, als sie ursprünglich dachte.
Hungrig ging Elena in die Küche, um sich ihren Salat zuzubereiten. Obwohl es sie gereizt hätte, während dem Essen im Internet weiter zu suchen, hielt sie sich zurück, bis der Teller leer war. Schnell das Geschirr in die Küche, ein Fruchtsaft aus dem Kühlschrank und weiter ging die Recherche.
Der Abend war allerdings zu kurz, um Verwertbares zu finden. Doch würde sie nicht aufgeben, am nächsten Tag hatte sie arbeitsfrei und genügend Zeit, um weiterzusuchen.
Elena benötigte den Schlaf und stand erst zur Mittagszeit auf. Dennoch war die Nacht unruhig gewesen, denn seltsame Träume weckten sie stündlich. Immerfort schreckte sie hoch. Einmal dachte Elena, jemand war an der Türe, ein anderes Mal weckte sie ein ziemlich real anfühlender Kampf. Etwas erschöpft stapfte sie zur Toilette, ihre Augen waren noch fast geschlossen. Eine morgendliche Dusche sollte Abhilfe schaffen.
Wie gewohnt schaltete sie den Radio ein, während das Frühstück zubereitet wurde. Die Musik motivierte Elena, sich wieder einmal um die Schmutzwäsche zu kümmern. Die Arbeitskleidung verströmte bereits einen unangenehmen Geruch, wie es bei verschwitzter Sportkleidung üblich war. Als sie gerade überlegte, in der Wohnung staubzusaugen, kamen Nachrichten im Radio. Bei der Leiche im Wald handelte es sich um den bereits länger vermissten Sekretär vom Verteidigungsminister. Man ging von einer Gewalttat aus. Bevor noch weitere schreckliche Ereignisse erzählt wurden, schaltete sie den Staubsauger ein.
Nachdem sie soweit mit ihrer Hausarbeit zufrieden war, setzte sich Elena wieder zu ihrem Laptop. Sie gab erneut den Namen Erwin Braun ein.
Nach einer Stunde auf den Bildschirm starren wurden die Augen erneut müde. Eine Pause tat ihnen gut. Zudem war bereits die Waschmaschine fertig und musste in den Trockner. Anschließend zog sich Elena ihre Straßenschuhe an und machte sich auf den Weg zum Supermarkt.
Sie kaufte frische Milch für den Kaffee, denn die im Eiskasten war bereits verdorben. Toilettenpapier und Putzmittel, die am Markt nicht erhältlich waren, benötigte sie ebenfalls.
Die Kunden waren um diese Uhrzeit anders als die am Abend. Mütter mit ihren Kleinkindern, Pensionisten und Arbeitslose schlenderten durch die Gänge. Die Frischeabteilung verfügte über volle Vitrinen, es war noch keine Bodenreinigungsmaschine unterwegs, die einen zu überführen drohte und die Menschen waren gelassener als Abends.
Bei der Kasse bemerkte sie, dass mehr am Laufband lag, als sie vorhatte zu kaufen. Ihr Müsli war aufgrund der kaputten Milch unbrauchbar. Ja, hungrig einkaufen gehen war nicht gerade das Beste. Mit leerem Magen kaufte sie fast immer zu viel ein.
Gerade, als sie ihre Sachen einpackte, bemerkte sie Julias Vater neben sich. Er lächelte und meinte, nachdem er sie begrüßt hatte, dass sie sich doch schon irgendwo einmal gesehen hätten. Elena zuckte zusammen und noch bevor sie es verneinen konnte, fragte er, ob sie nicht die Trainerin von seiner Tochter sei. Erleichtert holte sie tief Luft, denn sie hatte kurz vergessen zu atmen. Sie dachte schon, er spielte auf die Verfolgungsjagd im Park an. Anscheinend sah man ihr den Schreck an, denn er entschuldigte sich, sie erschreckt zu haben.
War diese Begegnung ein Zufall? Wohnte er etwa in der Nähe ihres Zuhauses?
Elena lächelte verkrampft zurück und bejahte.
Sie warf schnell ihre Einkäufe in die Tasche und verabschiedete sich hurtig. Das Herz schlug ihr spürbar bis zum Hals. Sicherheitshalb drehte sie sich des Öfteren um, ob er sie nicht verfolgte. Doch war niemand zu sehen.
Was war bloß los mit ihr? Warum konnte ihr der Mann einen derart großen Schrecken einjagen? Vielleicht schaute er dem Verfolger auch nur ähnlich und sie waren schon einige Male im gleichen Supermarkt, ohne sich zu kennen. Beschuldigte sie ihn zu Unrecht? Immerhin war es damals sehr dunkel und sie sah den Mann lediglich vom Baum aus.
Trotz allem widmete sie sich, nachdem die Einkäufe in der Küche verstaut waren, wieder dem Internet. Plötzlich wurde sie fündig. Auf einer Homepage eines Unternehmens war er als Mitarbeiter abgebildet. Er war Vertreter einer Waffenfirma. Gänsehaut lief ihr über den Rücken. Nun war verständlich, dass seine Tochter nicht wusste, was er verkaufte.
Ihre Hände wurden zittrig, als sie schließlich das Foto vom Inhaber der Firma sah. Es war der Mann, der geschossen hatte. Das wäre wohl ein zu großer Zufall. Erwin Braun war ziemlich sicher einer der Männer in dieser Nacht.
Elena bereitete sich erneut ein Müsli zu, diesmal mit der frischen Milch.
Nachdenklich schaute sie aus dem Fenster. Benutzte der Mann seine Tochter, um an sie ran zu kommen? Allerdings hatte er bis auf sein seltsames Auftauchen keinerlei Drohungen an sie gerichtet. Die Situation war sehr verwirrend. Elena hoffte, dass Erwin Braun nach Beenden des Selbstverteidigungskurses wieder aus ihrem Leben verschwinden würde.
Etwas nervös und angespannt begann sie die Küche zu putzen. Zur vollen Stunde brachte man im Radio erneut Nachrichten. Als gesagt wurde, dass der Politiker im Wald erschossen wurde und bereits länger dort gelegen hatte, als man ursprünglich dachte, wurde Elena hellhörig. Handelte es sich vielleicht um das Opfer vom Waffenhändler?
Mona rief an. Elena wurde aus ihren Gedanken gerissen.
Die Haustüre stand weit offen und keine Spur von ihrer Mutter. Sie bat Elena um Hilfe sie zu suchen. Natürlich konnte sie in diesem Fall nicht ablehnen. Rasch zog sie sich an und traf sich mit Mona vor einem Einkaufszentrum. Es befand sich nicht unweit von der Wohnung der Vermissten. Gemeinsam klapperten sie alle Geschäfte ab, denn dort hatte Mona ihre Mutter schon einmal gefunden. Leider hatte niemand die Frau auf dem Foto gesehen. Wo konnte sie bloß sein?
Wenn sie nicht bald eine Spur hatten, musste wohl die Polizei eingeschaltet werden. Schließlich schlug Elena vor, im Park zu suchen. Er war zwar ein bisschen weiter weg, doch man wusste ja nie. Nachdem sie bereits die Hälfte der Anlage absuchten, kam die Erlösung. Monas Mutter saß auf einer Parkbank und machte ein Nickerchen. Die Frauen setzten sich neben sie. Zu Beginn war sie noch verwirrt, aber dann wunderte sie sich darüber, mit dem Nachthemd im Park zu sitzen.
Noch am gleichen Tag beauftragte Mona eine Pflege rund um die Uhr. Sie konnte ihre Mutter unmöglich allein in der Wohnung lassen.
Am nächsten Tag wurde Julia von ihrer Mutter gebracht. Sie erzählte Elena, dass ihr Vater am Morgen nach Südafrika geflogen war. Angeblich brachte er Medikamente dorthin. Elena lächelte das Mädchen an und wusste genau, dass dies nicht stimmen konnte. Für die Kleine war es aber besser, nicht die Wahrheit über ihren Vater zu wissen.
Vielleicht würde sie bei Gelegenheit doch einmal mit Viktor reden. Nur falls ihr doch noch etwas passierte, damit wenigstens einer eine Ahnung hatte, wer ihr eventuell etwas angetan haben könnte.
Elena teilte die Mädchen in Zweiergruppen ein, um einen Abwehrgriff zu üben. Julia hatte ein Problem mit ihrer zugewiesenen Gegnerin. Sie selbst war schüchtern und getraute sich bei den Übungen nicht so fest zuzupacken, wie die Teilnehmerin Elisabeth. Julia schaffte es nicht sich zu wehren und bekam einen leichten Schlag ins Gesicht. Elena ließ vorerst die Unruhe zwischen den beiden zu. Vielleicht nährte Julias Zorn über ihr versagen, ein wenig ihren Mut aktiver zu werden. Sollte es jedoch unangenehmer werden, würde sie eingreifen.
Am Abend läutete Elenas Telefon. Es war Ben. Eigentlich hatte sie keine Lust mit ihm zu reden, aber falls sie noch etwas in der Wohnung hatte, was er brauchte, würde er sowieso noch einmal anrufen. Also beschloss sie, den Anruf gleich entgegenzunehmen. Ben redete wirres Zeug. Er jammerte darüber, wie sehr er sie vermisste. Bald bemerkte Elena, dass er betrunken war. Ben wollte wieder zurück zu ihr und entschuldigte sich immerfort wegen seiner Fehltritte. Elena fasste es nicht. Was sollte das Ganze? Er sollte wissen, dass dies nie passieren würde. Nach einer Weile legte sie auf. Ben versuchte jedoch erneut, sie zu erreichen, woraufhin Elena ihr Handy ausschaltete.
Obwohl der Fernseher lief, recherchierte sie parallel dazu im Internet nach Erwin Braun. Es schien, als hätte er vor seiner Karriere im Waffenhandel als Metallarbeiter in einer Fabrik gearbeitet. Dort wurden Rolltreppen hergestellt, also hatte er vor einigen Jahren noch nichts mit Pistolen, Gewehre und Messern zu tun. Zumindest nicht Beruflich.