Читать книгу Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу, Гарриет Бичер-Стоу, K. McDowell Rice - Страница 44
Kapitel 9 – Pulver und Waffen
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DIE HISPANIOLA lag ein ziemliches Stück draußen, und wir kamen unter dem Bugspriet und hinter dem Heck so manches anderen Schiffes vorbei; manchmal berührte der Kiel unseres Bootes ihre Ankertaue, und manchmal fuhren wir unter solchen durch. Schließlich aber lagen wir neben dem Schoner und wurden, als wir an Bord kamen, vom Steuermann, Herrn Arrow, empfangen und begrüßt – einem braun gebrannten alten Schiffer, mit Ringen in den Ohren und mit einem schielenden Auge. Der Squire und er waren offenbar gute Freunde; ich bemerkte jedoch bald, dass zwischen Herrn Trelawney und dem Kapitän nicht das gleiche Verhältnis bestand.
Der Kapitän war ein Mann mit scharfem Blick, der mit allem an Bord unzufrieden zu sein schien, was er uns übrigens bald selber sagen sollte, denn wir waren kaum in die Kajüte hinuntergegangen, so folgte uns ein Matrose und sagte:
»Käpp’n Smollett, Herr, wünscht mit Ihnen zu sprechen.«
»Ich stehe dem Kapitän stets zu Diensten. Lasst ihn hereinkommen,« sagte der Squire.
Der Kapitän, der seinem Boten gefolgt war, trat sofort ein und machte die Tür hinter sich zu. »Nun, Käpp’n Smollett, was haben Sie zu sagen? Es ist doch alles in Ordnung, hoffe ich: alles schiffsgemäß und seefertig?«
»Tscha, tscha, Herr,« sagte der Kapitän, »ich glaube, es ist wohl besser, wenn ich ganz offen spreche, selbst auf die Gefahr hin, dass Sie mir das übelnehmen. Mir gefällt diese Kreuzerfahrt nicht; mir gefallen die Leute nicht; und mir gefällt mein Steuermann nicht. Das ist kurz und bündig.«
»Vielleicht, Herr, gefällt Ihnen auch das Schiff nicht?« fragte der Squire, sehr ärgerlich, wie ich sehen konnte.
»Darüber kann ich nichts sagen, Herr, denn ich habe den Schoner noch nicht versucht,« sagte der Kapitän. »Er scheint ein schneidiges Schiff zu sein, mehr kann ich nicht sagen.«
»Vielleicht, Herr, gefällt Ihnen auch Ihr Auftraggeber nicht?« sagte der Squire.
Aber hier griff Dr. Livesey ein und sagte:
»Halt mal, halt! Solche Fragen haben weiter keinen Zweck, als dass sie Unfrieden stiften. Der Kapitän hat entweder zu viel oder zu wenig gesagt, und ich muss ihm erklären, dass ich von ihm Näheres über den Sinn seiner Worte zu hören wünsche. Sie sagen: diese Kreuzerfahrt gefällt Ihnen nicht. Nun, warum denn nicht?«
»Ich war, Herr, wie wir das nennen, ›auf versiegelte Order‹ angenommen: ich sollte für diesen Herrn das Schiff fahren, wohin er mir befehlen würde, schön und gut. Aber jetzt finde ich, dass jeder Mann vor dem Mast mehr davon weiss als ich selber. Das nenne ich nicht anständig – nun, tun Sie das?«
»Nein,« sagte Dr. Livesey, »das finde ich auch nicht.«
»Sodann erfahre ich, dass wir auf Schatzsuche gehen – das heisst: ich erfahre das von meinen eigenen Leuten. Nun, Schatzsuchen ist ein kitzliges Geschäft; Fahrten hinter Schätzen her gefallen mir überhaupt nicht, am wenigsten aber, wenn sie geheim gehalten werden, und wenn – entschuldigen Sie, Herr Trelawney – das Geheimnis schon dem Papagei erzählt worden ist.«
»Silvers Papagei?« fragte der Squire.
»Es ist so eine Redensart,« sagte der Kapitän. »Ich will damit sagen: es wird darüber geplappert. Und ich bin der Meinung, von Ihnen, meine Herren, weiss keiner, worum es geht. Aber ich will Ihnen sagen, was ich davon denke: es geht um Leben und Tod, und zwar scharf auf der Kante.«
»Das ist alles klar, und wie ich glaube, vollkommen richtig,« antwortete Dr. Livesey. »Wir nehmen das Wagnis auf uns; aber wir sind nicht so unwissend, wie Sie von uns glauben. Zweitens sagen Sie: die Mannschaft gefällt Ihnen nicht. Sind es keine guten Seeleute?«
»Sie gefallen mir nicht, Herr!« antwortete der Kapitän. »Und ich bin der Meinung, eigentlich hätte ich meine eigenen Leute mir selber aussuchen sollen.«
»Vielleicht haben Sie da recht,« erwiderte der Doktor. »Vielleicht hätte mein Freund Sie hinzuziehen sollen; aber wenn er Ihnen dabei überhaupt zu nahe getreten ist, so ist das ohne Absicht geschehen. Drittens: Herr Arrow gefällt Ihnen nicht?«
»Nein, Herr. Ich glaube, er ist ein guter Seemann; aber er lässt sich der Mannschaft gegenüber zu sehr gehen, um ein guter Offizier sein zu können. Ein Steuermann sollte sich für sich halten, sollte nicht mit den Leuten vor dem Mast trinken!«
»Wollen Sie damit sagen, dass er trinkt?« rief der Squire.
»Nein, das nicht,« antwortete der Kapitän; »nur, dass er zu vertraulich mit ihnen ist.«
»Na, was ist denn das Lange und Kurze davon, Kapitän?« fragte der Doktor. »Sagen Sie uns, was Sie eigentlich wollen.« »Nun, dann also: Meine Herren, sind Sie entschlossen, diese Fahrt zu unternehmen?«
»Wie Eisen!« rief der Squire.
»Gut. Sie haben mit grosser Geduld Dinge von mir angehört, die ich nicht beweisen konnte; lassen Sie mich bitte Ihnen noch ein paar Worte mehr sagen. Die Leute sind gerade dabei, das Pulver und die Waffen ins Vorderschiff zu bringen. Nun, Sie haben ja einen guten Platz unter der Kajüte; warum die Waffen und das Pulver nicht dorthin bringen? Das ist der erste Punkt. Dann haben Sie vier von Ihren eigenen Leuten mitgebracht, und wie ich höre, sollen einige von diesen in der Vorderback schlafen. Warum wollen Sie sie nicht neben der Kajüte schlafen lassen? Das ist der zweite Punkt.«
»Sonst noch etwas?« fragte Herr Trelawney.
»Nur noch ein einziger,« sagte der Kapitän. »Es ist schon zu viel geschwatzt worden.«
»Viel zuviel!« gab der Doktor zu.
»Ich will Ihnen sagen, was ich selber gehört habe,« fuhr der Kapitän fort: »Sie haben eine Karte von einer Insel; auf dieser Karte befinden sich Kreuze, um die Stellen anzuzeigen, wo Schätze vergraben sind; und die Insel liegt –« und dann nannte er ganz genau Länge und Breite.
»Das habe ich niemals einer Menschenseele gesagt!« rief der Squire.
»Die Mannschaft weiss es, Herr!« antwortete der Kapitän.
»Livesey, dann müssen Sie oder Hawkins es gesagt haben!« rief der Squire.
»Es kommt nicht viel darauf an, wer es gewesen ist,« antwortete der Doktor, und ich konnte wohl sehen, dass weder er noch der Kapitän grossen Wert auf Herrn Trelawneys Beteuerungen legte. Auch ich tat das sicherlich nicht, denn er war wirklich überaus redselig; aber in diesem Falle glaube ich, sprach er tatsächlich die Wahrheit und hatte wirklich keinem Menschen die Lage der Insel genannt.
»Nun, meine Herren,« fuhr der Kapitän fort, »ich weiss nicht, wer diese Karte hat; aber ich mache es ausdrücklich zur Bedingung, dass sie sogar vor mir und Arrow geheim gehalten wird. Sonst müsste ich Sie bitten, zurücktreten zu dürfen.«
»Ich verstehe,« sagte der Doktor. »Sie wünschen, dass wir diese Sache geheim halten, dass wir aus dem hinteren Teil des Schiffes eine Art Festung machen, die mit den eigenen Leuten meines Freundes bemannt ist und wo alle Waffen und der ganze Pulvervorrat des Schiffes sich befinden. Mit anderen Worten: Sie befürchten eine Meuterei.«
»Herr Doktor!« sagte der Kapitän; »ich habe nicht die Absicht, Sie zu beleidigen, aber ich erkläre Ihnen: Sie haben kein Recht, mir Worte in den Mund zu legen, die ich nicht gesprochen habe! Kein Kapitän, Herr Doktor, hätte das Recht, überhaupt in See zu gehen, wenn er tatsächliche Gründe hätte, so etwas zu sagen. Von Herrn Arrow glaube ich, dass er ein durchaus ehrlicher Mann ist; dasselbe gilt von einigen unter der Mannschaft; vielleicht sind sie sogar alle ehrlich – das weiss ich nicht. Aber ich bin verantwortlich für die Sicherheit des Schiffes und für das Leben von Mann und Maus an Bord. Ich sehe Dinge vorgehen, die nach meiner Meinung nicht ganz richtig sind. Und ich bitte Sie, gewisse Vorsichtsmaßregeln zu treffen oder mich von meiner Stellung zurücktreten zu lassen. Und das ist alles.«
»Kapitän Smollett,« begann der Doktor mit einem Lächeln, »haben Sie vielleicht mal die Fabel von dem Berg und von der Maus gehört? Sie werden freundlichst entschuldigen – aber Sie erinnern mich an diese Fabel. Als Sie in die Kajüte traten, hatten Sie mehr im Sinn – darauf würde ich meine Perücke wetten!«
»Doktor,« sagte der Kapitän, »Sie sind ein kluger Mann. Als ich eintrat, hatte ich die Absicht, meine Entlassung zu verlangen. Ich dachte nicht, dass Herr Trelawney auch nur ein Wort von mir anhören werde.«
»Das hätte ich auch nicht getan!« rief der Squire. »Wäre Livesey nicht hier gewesen, ich hätte Sie zum Kuckuck geschickt! Aber nun habe ich Sie ja einmal angehört. Ich will tun, was Sie wünschen; aber ich sage Ihnen offen: es gefällt mir nicht von Ihnen!«
»Das können Sie halten, wie Sie wollen, Herr Trelawney!« sagte der Kapitän. »Sie werden finden, dass ich meine Pflicht tue.«
Und damit empfahl er sich.
»Trelawney,« sagte der Doktor, »entgegen allen meinen Erwartungen glaube ich, es ist Ihnen gelungen, zwei ehrliche Männer an Bord zu bekommen – diesen Mann und John Silver.«
»Silver – da gebe ich Ihnen recht!« rief der Squire; »aber dieser unerträgliche Schwätzer – nein! Ich erkläre Ihnen, ich halte sein Benehmen für unmännlich, unseemännisch und geradezu unenglisch!«
»Na, wir werden sehen,« sagte der Doktor.
Als wir wieder auf Deck kamen, hatten die Leute bereits angefangen, die Waffen und das Pulver umzupacken; sie sangen bei ihrer Arbeit, und der Kapitän und Steuermann Arrow standen dabei und beaufsichtigten sie.
Die neue Anordnung war ganz nach meinem Sinne. Der ganze Schoner war umgepackt; am Stern waren sechs Kojen eingerichtet, die früher zum Schlafraum der Mannschaft gehört hatten; und diese Kojen waren mit der Kombüse und der Vorderback nur durch einen Gang an der Pfortlukenseite verbunden. Es war ursprünglich beabsichtigt worden, dass der Kapitän, Arrow, Hunter, Joyce, der Doktor und der Squire diese sechs Kojen haben sollten. Jetzt wurde bestimmt, dass Redruth und ich zwei davon bekommen sollten, während Arrow und der Kapitän auf Deck in der sogenannten Hundehütte schlafen sollten, die um soviel höher gemacht wurde, dass man sie beinahe eine Deckshütte nennen konnte. Natürlich war sie trotzdem noch sehr niedrig, aber sie bot Platz genug, um zwei Hängematten anzubringen; diese Anordnung schien auch dem Steuermann zu gefallen. Auch er hatte vielleicht seine Zweifel in bezug auf die Mannschaft gehabt; aber hierüber kann ich nur eine Vermutung aussprechen; denn wir hatten, wie man bald hören wird, nicht lange Gelegenheit, seine Ansichten zu vernehmen.
Wir waren alle tüchtig an der Arbeit, das Pulver und die Kojen an ihren neuen Platz zu bringen, als die letzten paar Leute, und mit ihnen Long John, in einem Hafenboot ankamen.
Der Koch kletterte so gewandt wie ein Affe an der Schiffswand herauf, und sobald er sah, was auf Deck vorging, rief er:
»Hoho, Jungens! was ist das?«
»Wir packen das Pulver um, Jack,« antwortete einer.
»Nanu, Gottverdammich!« rief Long John, »wenn wir das tun, versäumen wir die Morgenflut!«
»Mein Befehl!« sagte der Kapitän, kurz angebunden. »Ihr könnt hinuntergehen, mein Mann, die Mannschaft wird Abendessen nötig haben.«
»Jawoll, Herr!« antwortete der Koch, legte die Hand an den Hut und verschwand sofort nach seiner Kombüse.
»Das ist ein guter Mann, Kapitän,« sagte der Doktor.
»Sehr wahrscheinlich, Herr Doktor,« antwortete Kapitän Smollett. »Fix, Leute, fix!« rief er den Leuten zu, die das Pulver umpackten; plötzlich bemerkte er, dass ich das Drehgeschütz betrachtete, das wir mitten auf dem Deck hatten, einen langen Messing-Neunpfünder. Da rief er:
»Heda, du, Schiffsjunge! Fort da! Geh zum Koch und mach dir was zu schaffen!«
Während ich schnell nach der Kombüse lief, hörte ich ihn ganz laut zum Doktor sagen:
»Günstlinge will ich auf meinem Schiff nicht haben!«
Ich kann versichern, ich war vollständig der Meinung des Squires und hasste den Kapitän von ganzem Herzen.