Читать книгу Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу, Гарриет Бичер-Стоу, K. McDowell Rice - Страница 65

Kapitel 28 – Im feindlichen Lager

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DER ROTE Schein der Fackel, die das Innere des Blockhauses erleuchtete, zeigte mir, dass meine schlimmsten Befürchtungen sich verwirklicht hatten: die Piraten waren im Besitz des Blockhauses und der Vorräte: da stand, wie vor meinem Fortgehen, das Fass Kognak, da waren die Speckseiten und die Zwiebacksäcke; aber – und diese Beobachtung verzehnfachte mein Entsetzen – keine Spur von einem Gefangenen!

Ich konnte nur annehmen, dass sie alle umgekommen waren, und es gab mir einen scharfen Stich ins Herz, dass ich nicht dabei gewesen war, um mit ihnen unterzugehen.

Die Piraten waren, alles in allem, sechs Mann. Das waren alle, die von ihnen noch am Leben waren! Fünf von ihnen waren auf den Beinen – mit aufgedunsenen, roten Gesichtern, eben aus ihrem ersten trunkenen Schlaf aufgestört. Der sechste hatte sich nur aufgerichtet und sich auf seine Ellenbogen aufgestützt; er war totenbleich, und die blutige Binde zeigte an, dass er kürzlich erst verwundet und vor noch kürzerer Zeit verbunden sein musste. Ich erinnerte mich des Piraten, der bei dem grossen Angriff verwundet worden war und sich so schnell in den Wald geflüchtet hatte, und ich bezweifelte nicht, dass es dieser Mann gewesen war.

Der Papagei saß, sein Gefieder aufblähend, auf Long Johns Schulter. Dieser selber sah, so kam es mir vor, etwas bleicher und ernster aus, als für gewöhnlich. Er trug immer noch seinen schönen Tuchanzug, den er damals als Parlamentär angehabt hatte; aber er war arg abgetragen, mit Lehm beschmiert und von den Dornen der Waldsträucher zerrissen.

»So!« sagte er, »da ist ja Jim Hawkins – hol’ mich der Kuckuck! ‘n bisschen ins Fettnäpfchen getreten, was? Na, sei man nicht bange – es freut mich!«

Und mit diesen Worten setzte er sich auf das Branntweinfass und begann sich eine Pfeife zu stopfen, »Gib mir mal den Kien rüber, Dick!« sagte er. und als seine Pfeife ordentlich brannte, fuhr er fort:

»Gut, mein Junge; steck’ die Fackel man in den Holzhaufen hinein; und ihr, meine Herren, hört mal alle Mann zu! Ihr braucht vor Herrn Hawkins nicht aufzustehen; das verlangt er gar nicht von euch – könnt es mir glauben! Und so, Jim,« – dabei drückte er den Tabak herunter – »bist du also hier und ‘ne angenehme Überraschung für den armen alten John. Dass du helle warst, sah ich dir auf den ersten Blick an; aber dies hier geht mir doch rein über die Hutschnur – jawoll!«

Auf all dies Gerede antwortete ich keine Silbe, wie man sich wohl denken kann. Sie hatten mich inzwischen an die Wand gestellt; und da stand ich nun und sah Silver ins Gesicht – äußerlich wenigstens kühn genug, so will ich hoffen, aber mit schwärzer Verzweiflung im Herzen.

Silver tat sehr bedächtig ein paar Züge aus seiner Pfeife und fing dann wieder an:

»Na, siehst du, Jim, da du nun doch einmal hier bist, so will ich dir mal was sagen. Ich habe dich immer gern gehabt, das hab’ ich, als einen mutigen Bengel und als das Abbild von mir selber, als ich noch ein junger und hübscher Kerl war. Ich hatte stets gewünscht, du solltest zu uns kommen und deinen Anteil haben und als Gentleman sterben, und nun, mein Hähnchen, wirst du das müssen! Käpp’n Smollett ist ein famoser Seemann, das will ich bis zu meinem Ende jeden Tag beschwören, aber er ist stramm mit den Disziplinen. ›Pflicht ist Pflicht!‹ sagt er. Geh du, mein Lieber, Käpp’n Smollett aus dem Wege! Sogar der Doktor ist ganz und gar wild auf dich – ›Undankbarer Bengel!‹ war, was er sagte; und das Kurze und das Lange von der ganzen Geschichte ist ungefähr dies: zu deinen eigenen Leuten kannst du nicht zurück, denn sie wollen dich nicht haben; und wenn du nicht ganz für dich allein eine dritte Schiffsmannschaft bilden willst, was hier auf die Dauer wohl ein bisschen einsam werden würde, wirst du wohl zu Käpp’n Silver gehen müssen.«

So weit war das ganz gut. Meine Freunde waren also noch am Leben, und wenn ich auch zum Teil an Silvers Behauptung glaubte, dass die Kriegspartei wegen meiner Desertion mir grollte, so fühlte ich mich durch die Worte, die ich vernommen hatte, doch mehr erleichtert als betrübt.

»Ich sagte nichts davon, dass du in unserer Hand bist,« fuhr Silver fort; »indessen hier bist du nun mal, und das ist sicher. Ich bin ganz und gar dafür, dass man sich im guten einigt; habe nie gesehen, dass aus Drohungen etwas Gutes kommt. Wenn dir der Dienst passt, na, dann trittst du bei mir ein; und wenn er dir nicht passt, Jim – oh, dann steht es dir frei, nein zu sagen – ganz nach deinem Belieben, diesmal; und wenn irgendein Seemann auf Erden anständiger zu dir reden kann, so soll mich der Kuckuck holen!«

»Muss ich also antworten?« fragte ich mit sehr unsicherer Stimme. Durch alle diese spöttischen Worte hindurch hörte ich deutlich die beabsichtigte Todesdrohung, und meine Wangen brannten, und das Herz klopfte in meiner Brust, dass es mir weh tat.

»Mein Junge,« sagte Silver, »kein Mensch zwingt dich. Mach’ es ganz, wie du willst. Keiner von uns wird dich drängen, Maat; die Zeit verstreicht so angenehm in deiner Gesellschaft – verstehst du?«

»Nun,« sagte ich, und beim Sprechen wurde ich ein bisschen kühner, »wenn ich wählen soll, so habe ich gewiss ein Recht, zu wissen, was los ist, und warum ihr hier seid, und wo meine Freunde sind!«

»Was los ist?« wiederholte einer von den Piraten in tiefem Bass. »Oh, wer das wüsste, der könnte von Glück sagen!«

»Du wirst vielleicht deine Klappe halten, bis Du gefragt wirst, mein Freund!« rief Silver drohend dem Sprecher zu. Und dann antwortete er mir in seinem alten liebenswürdigen Ton:

»Gestern morgen, Herr Hawkins, in der Hundewache, kam Dr. Livesey zu uns runter mit ‘ner weissen Flagge und sagte: ›Käpp’n Silver, ‹ sagt er, ›Ihr seid angeschmiert. Das Schiff ist weg.‹ Na, vielleicht hatten wir wohl ein Gläschen genommen und ein Liedchen dabei gesungen, ich will dazu nicht nein sagen. Wir guckten aus, und beim Donner – das alte Schiff war weg. Habe nie in meinem Leben einen Haufen Schafsköpfe solche dummen Augen machen sehen! Und das kannst du mir glauben, denn ich selber machte das allerdümmste Schafsgesicht. ›Na,‹ sagte der Doktor, ›lass uns einen Tausch machen!‹ Wir machten den Tausch ab, er und ich, und hier sind wir nun: Essen, Branntwein, das Blockhaus, das Brennholz, das ihr so freundlich wart zurechtzumachen, alles ist unser – sozusagen das ganze Schiff von der Mastspitze bis zum Kiel. Die andern sind ausgezogen; wo sie sind, weiss ich nicht.«

Er sog eine Weile ruhig an seiner Pfeife; dann sagte er:

»Und wenn du dir vielleicht einbilden solltest, du seist in dem Vertrag mit eingeschlossen – hier ist das letzte Wort, das gesagt wurde: ›Wieviel seid ihr,‹ fragte ich, ›die das Blockhaus verlassen wollen?‹ – ›Vier,‹ sagte er – ›vier, und einer von uns ist verwundet. Wo der Bengel ist, das weiss ich nicht, hol’ ihn der Kuckuck!‹ sagte er, ›und es ist mir auch Wurscht, wir haben ihn satt gekriegt!‹ Dies waren seine Worte.«

»Ist das alles?«

»Na, es ist wenigstens alles, was du zu hören kriegen sollst, mein Sohn,« antwortete Silver.

»Und jetzt habe ich zu wählen?«

»Und jetzt hast du zu wählen, darauf kannst du dich verlassen,« sagte Silver.

»Nun – ich bin nicht so ein Dummkopf, dass ich nicht ziemlich genau wüsste, was ich zu erwarten habe. Mag das Schlimmste nun kommen – daraus mach’ ich mir wenig. Ich habe zu viel Menschen sterben sehen, seitdem ich mit Euch zu tun gehabt habe. Aber da ist ein Ding oder zwei, was ich Euch zu sagen habe,« rief ich, und ich war inzwischen ganz aufgeregt geworden. »Das erste ist dies: hier seid Ihr übel dran: Schiff verloren, Schatz verloren, Mannschaft verloren; Euer ganzes Vorhaben zu Trümmern gegangen; und wenn Ihr wissen wollt, wer das getan hat, – ich hab’s getan. Ich war in der Apfeltonne, in jener Nacht, als wir die Insel sichteten. Und ich hörte Euch, John, und Euch, Dick Johnson, und Hands, der jetzt auf dem Meeresgrunde liegt, und bevor eine Stunde rum war, hatte ich jedes Wort berichtet, das Ihr gesprochen hattet. Und wenn Ihr wissen wollt, wie es mit dem Schoner hergegangen ist – ich war es, der das Ankertau durchschnitt, und ich war es, der die Leute tötete, die Ihr an Bord gelassen hattet, und ich war es, der die Hispaniola an einen Ort brachte, wo Ihr sie niemals wiedersehen werdet – kein einziger von Euch! Das Lachen ist auf meiner Seite; ich bin von Anfang an bei dieser Geschichte obenauf gewesen; ich habe nicht mehr Furcht vor Euch als vor einer Fliege. Tötet mich, wenn Ihr Lust habt, oder lasst mich am Leben. Aber eins sage ich Euch, und weiter nichts: wenn Ihr mich am Leben lasst, so ist geschehen geschehen, und wenn Ihr wegen Piraterei vor Gericht kommt, so will ich Euch retten, soviel es mir möglich ist. Nun habt Ihr zu wählen. Nehmt einem Mitmenschen das Leben, wovon Ihr gar keinen Nutzen habt, oder lasst mir das Leben und bewahrt Euch dadurch einen Zeugen, der Euch vorm Galgen erretten kann.«

Ich schwieg – denn ich war völlig außer Atem, und zu meiner Verwunderung rührte kein einziger von den Piraten sich, sondern alle saßen da und starrten mich an wie ebenso viele Schafe. Und während sie mich noch anstarrten, brach ich wieder los und rief:

»Und nun, Herr Silver, ich glaube, Sie haben hier zu sagen, und wenn es zum Schlimmsten kommt, so bin ich Ihnen dankbar, Sie sagen es dem Doktor, wie ich mich benommen habe!«

»Ich will daran denken,« sagte Silver mit einer so sonderbaren Betonung, dass ich mit dem besten Willen nicht wusste, ob er mich wegen meiner Bitte verhöhnte, oder ob mein Mut einen guten Eindruck auf ihn gemacht hatte.

»Ich will dazu bloß was sagen!« rief der alte Matrose mit dem mahagonibraunen Gesicht – Morgan hieß er –, der, den ich in Long Johns Taverne an den Kajen in Bristol gesehen hatte: »Er war es, der den Schwarzen Hund kannte.«

»Schön, und hört mal zu,« sagte der Schiffskoch: »Ich will noch was dazu sagen, beim Donner! Dieser selbe Junge war es, der Billy Bones die Karte klaute. Kurz und gut, wir haben mit Jim Hawkins ein Huhn zu rupfen!«

»Denn man los!« sagte Morgan mit einem Fluch. Und er sprang auf und zog sein Messer, so flink wie ein junger Bursche von zwanzig.

»Weg da!« rief Silver. »Wer bist du, Tom Morgan? Vielleicht dachtest du, du wärst Käpp’n hier, vielleicht! Beim Deuker, das will ich dir beibringen! Komm mir in die Quere, und du gehst dahin, wo mancher gute Mann vor dir hingegangen ist in diesen letzten dreissig Jahren – einige an die Rahnocke, hol’ dich der Kuckuck! Und einige über die Laufplanke und alle in die Tiefe, die Fische zu füttern. Da war noch nie ein Mensch auf der Welt, der mir zwischen die Augen gesehen hat und hinterher noch einen guten Tag sah, Tom Morgan – und darauf kannst du Gift nehmen!«

Morgan blieb stehen; aber die anderen erhoben ein heiseres Murren.

»Tom hat recht,« sagte einer.

»Ich habe mich lange genug schurigeln lassen,« rief ein anderer, »und ich will mich hängen lassen, wenn ich mich von dir schurigeln lasse, John Silver!«

»Will einer von euch Herren was von mir?« brüllte Silver, indem er sich weit vornüber beugte, die brennende Pfeife in der rechten Hand. »Sagt geradeheraus, was ihr wollt! Ihr seid ja nicht stumm, denk ich; wer was braucht, kann es kriegen! Hab’ ich so viele Jahre gelebt, und so ein Schafsgesicht soll mir zuletzt über den Weg laufen? Ihr wisst Bescheid; ihr seid alle Glücksgentlemen. Nun, ich bin bereit! Wer den Mut hat, soll einen Säbel in die Hand nehmen, und ich will, trotz Krücke und allem, die Farbe seiner Eingeweide sehen, bevor ich diese Pfeife ausgeraucht habe!«

Kein Mensch rührte sich; kein Mensch antwortete.

»Aha! Also solche Bande seid ihr?« fuhr er fort und steckte seine Pfeife wieder in den Mund. »Na, ihr seid eine nette Gesellschaft, das muss ich sagen! Zum Fechten taugt ihr nicht viel! Aber vielleicht versteht ihr ein Wort, wenn ich’s deutlich ausspreche: ich bin euer Käpp’n, weil ihr mich erwählt habt. Ich bin hier Käpp’n, weil ich bei weitem der beste Mann bin. Ihr wollt nicht fechten, wie Glücksgentlemen tun sollten; dann, beim Donner, sollt ihr gehorchen – und darauf könnt ihr Gift nehmen! Mir gefällt der Junge; ich habe nie einen besseren Jungen gesehen als Jim Hawkins hier. Er ist mehr Mann als ein paar von euch Ratten hier in diesem Hause, und was ich sage, ist dies: den will ich sehen, der ihn anrührt – das sage ich euch, und darauf könnt ihr Gift nehmen!«

Hierauf entstand eine lange Pause. Ich stand hochaufgerichtet an der Wand; mein Herz klopfte noch wie ein Schmiedehammer, aber in meine Brust schien jetzt ein Hoffnungsstrahl. Silver lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand zurück, seine Pfeife in dem einen Mundwinkel, so ruhig, wie wenn er in der Kirche gewesen wäre. Aber ich bemerkte wohl, wie seine Augen verstohlen in dem Raum herumwanderten und wie er seine unruhige Gefolgschaft beobachtete.

Die anderen Piraten traten nach und nach am anderen Ende des Blockhauses zusammen, und mein Ohr vernahm, wie sie unablässig miteinander flüsterten. Einer nach dem anderen sah sich um, und der rote Schein der Fackel fiel für eine Sekunde auf seine gespannten Gesichtszüge; aber nicht auf mich kehrten sich ihre Blicke, sondern auf Silver.

»Ihr habt, scheint’s eine Masse zu sagen,« bemerkte Silver, indem er in hohem Bogen ausspuckte. »Man los, und lasst mich’s hören, oder legt das Schiff bei!«

»Bitte um Verzeihung, Herr!« antwortete einer von den Leuten; »Ihr geht ziemlich nach Eurem Belieben mit einigen von den Regeln um; vielleicht werdet Ihr so gut sein, die übrigen im Auge zu behalten. Diese Mannschaft ist nicht zufrieden; diese Mannschaft will vom Anschnauzen nichts wissen; diese Mannschaft hat ihre Rechte wie andere Mannschaften. Das wollte ich mir nur erlauben, zu bemerken. Und nach Euren eigenen Regeln bin ich der Meinung, dass wir miteinander sprechen dürfen. Bitte Euch um Verzeihung, Herr, indem dass ich Euch als Käpp’n für die gegenwärtige Zeit anerkenne; aber ich verlange mein Recht und geh hinaus zu einer Beratung.«

Und mit einer kunstvollen Matrosenverbeugung samt Kratzfuß trat der Mann, ein langer, übel aussehender, gelbäugiger Bursche von fünfunddreissig Jahren, an die Tür heran und verschwand aus dem Hause. Einer nach dem anderen folgten die übrigen seinem Beispiel, jeder mit einer Matrosenverbeugung, als er an Silver vorüberkam; jeder mit einer Entschuldigung: »Regelgemäß,« sagte einer von ihnen. »Vorderschiffsberatung,« sagte Morgan. Und so marschierten sie alle mit dieser oder jener Bemerkung hinaus und ließen Silver und mich mit der Fackel allein.

Der Schiffskoch nahm sofort seine Pfeife aus dem Mund und sagte in einem Flüstertone, der gerade nur noch eben hörbar war:

»Nun, sieh mal her, Jim Hawkins! Du bist einen halben Fuß breit vom Tode entfernt, und, was noch viel schlimmer ist, von Folterung. Sie werden mich absetzen, aber merke dir: ich halte zu dir durch dick und dünn. Ich wollte das eigentlich nicht; nein, erst als du deine Rede hieltest, da kam ich auf andere Gedanken. Ich war beinah verzweifelt, all das schöne Geld zu verlieren und obendrein noch an den Galgen zu kommen! Aber ich sag’, du bist von der rechten Sorte. Ich sagte zu mir selber: du stehst Hawkins bei, John, und Hawkins wird dir beistehen. Du bist sein letzter Trumpf, und beim Donner, John, er ist deiner jetzt! Rücken gegen Rücken, sag’ ich! Rette du deinen Zeugen, und er wird dir deinen Hals retten – so sag’ ich dir!«

Mir stieg eine Ahnung auf, und ich fragte: »Ihr meint, für Euch ist alles verloren?«

»Ei jawoll, beim Kuckuck, das mein’ ich! Schiff verloren, Kragen verloren – so steht die Sache! Als ich über die Bucht guckte, Jim Hawkins, und keinen Schoner mehr sah, na, ich bin ein zäher Kerl, aber da war’s alle. Die Kerle da draußen mit ihrer Beratung, glaube mir, – das sind lauter Schafsköpfe und Feiglinge. Ich will dich vor ihnen retten, wenn es in meiner Macht steht. Aber, hörst du, Jim – Wurst wider Wurst – du rettest dafür Long John, dass er nicht an den Galgen kommt!«

Ich war ganz verdutzt; was er von mir verlangte, schien völlig aussichtslos zu sein – er, der alte Pirat, der Rädelsführer bei dem ganzen Komplott. Aber ich sagte:

»Was ich tun kann, will ich tun!«

»Abgemacht!« rief Long John. »Sprich nur frei von der Leber weg, und beim Donner, ich habe eine Aussicht!«

Er humpelte an die Fackel heran, die in den Brennholzhaufen gesteckt war, und zündete sich eine frische Pfeife an. Dann setzte er sich wieder auf das Branntweinfass und sagte:

»Versteh mich, Jim! Ich habe doch einen Kopf zwischen den Schultern! Ich bin jetzt auf des Squires Seite. Ich weiss, du hast das Schiff irgendwohin in Sicherheit gebracht. Wie du das gemacht hast, weiss ich nicht – aber in Sicherheit ist es. Ich denke mir, Hands und O’Brien sind umgefallen. Ich habe zu keinem von den beiden jemals viel Vertrauen gehabt. Nun hör’ auf mich: ich stelle keine Fragen und lasse auch andere keine stellen. Ich weiss, wenn eine Sache verspielt ist, und wenn ich einen Jungen sehe wie dich, so weiss ich auch, dass er Schneid hat. Ah, du, der du so jung bist – du und ich, was hätten wir beide miteinander nicht alles aufstellen können?« Er zapfte etwas Branntwein aus dem Fass in ein Zinnkännchen und fragte mich:

»Willst du einen Schluck?«

Und als ich den Branntwein ablehnte, sagte er:

»Na, ich will selber einen kippen, Jim. Ich muss mich etwas kalfatern; denn es ist Trubel in Sicht. Und da wir von Trubel sprechen – warum gab der Doktor mir die Karte, Jim?«

Auf meinem Gesicht stand Verwunderung so deutlich geschrieben, dass er sofort die Zwecklosigkeit weiterer Fragen erkannte und sagte:

»Tscha – er gab sie mir. Und da ist sicherlich irgendein Haken bei – sicherlich hatte er damit was im Sinn, Jim – was Schlechtes oder was Gutes.«

Und er nahm noch einen Schluck von dem Branntwein und schüttelte seinen grossen blonden Kopf wie einer, der auf das Schlimmste gefasst ist.

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