Читать книгу Rachezeit - Geneviére Paris - Страница 3
Prolog
ОглавлениеDas junge Mädchen sah sich noch ein letztes Mal in dem winzigen Zimmer um. Es befand sich nicht einmal mehr das kleinste Teil darin, das von ihrem bisherigen Leben zeugte. Es war fast so, als hätte sie nie hier gelebt. Sie wischte sich die Tränen der Verzweiflung von dem schmalen Gesicht. Ihre langen hellbraunen Haare hatte sie zu einem ordentlichen Zopf geflochten. Dann schulterte sie die schwarze Reisetasche, deren Inhalt ihr gesamter Besitz war. Einen letzten Blick ließ sie über das schmale Bett huschen. Auf dem dünnen Kopfkissen lag ein Umschlag. Darin war ein Brief, der ihre Abschiedsworte enthielt. Viel hatte sie ihrer Pflegefamilie jedoch nicht mitzuteilen. Sie öffnete nun die Tür ihres ehemaligen Zimmers und horchte in die Stille, die sich über die restliche Wohnung gelegt hatte. Schnell lief sie durch den Flur und die Treppen hinunter. So verließ sie den Ort, an dem sie vierzehn ihrer fünfzehn Lebensjahre verbracht hatte, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzudrehen.
An der Straßenecke wartete ein grauer Fiat auf sie.
„Hi Süße!“ Der Fahrer, ein Mann von Mitte dreißig, öffnete ihr die Beifahrertür und nahm ihr die Tasche ab, um sie auf den Rücksitz zu werfen. Das Mädchen rutschte auf den Sitz und ließ sich von ihm küssen, bevor sie sich anschnallte.
„Lass uns bloß von hier verschwinden!“ flüsterte sie dann. Der Mann lachte und startete den Wagen. Während der Fahrt sprachen die Beiden kein Wort. Erst, als er vor einem hübschen Einfamilienhaus parkte, wisperte sie ein fast tonloses
„Danke, dass ich bei dir wohnen darf. Sonst hätte ich gar nicht gewusst, wohin ich gehen könnte!“ Leise lachte er und nahm ihre schwere Reisetasche. Beim Betreten des Hauses legte er ihr seinen muskulösen Arm besitzergreifend um die schmalen Schultern. Dann fiel die Tür hinter ihnen in das Schloss.