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Das Land, wo Milch und Honig fließt
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Erst am 12. März langte die zweite Barke des Kaufmanns Ghattas in der Meschra an. Der begleitende Agent stellte mir in kürzester Frist siebzig Träger zur Verfügung, so dass ich noch vor Beginn der Regenzeit nach dem Inneren aufbrechen konnte. Am 25. März setzte sich die Karawane in Bewegung. Sie zählte an 500 Köpfe, da sich dem Ghattasschen Zug noch kleinere Gesellschaften mit 200 Bewaffneten angeschlossen hatten. Der Marsch ging ohne größere Schwierigkeiten bald durch bewohntes und bebautes, bald durch menschenleeres, parkartiges und bewaldetes Flachland und führte schon am 31. März zu der großen, mit Palisaden umgebenen Niederlassung oder Seriba Ghattas, von der Meschra etwa 150 Kilometer entfernt. Hier schlug ich für länger als sieben Monate mein Standquartier auf.
Die große Seriba, der sich noch neun kleinere anreihen, liegt auf dem Grenzpunkt der Dinka, Djur und Bongo. Eine Menge Gellaba, wie die wandernden Sklavenhändler hier genannt werden, hatte sich in geräumigen Gehöften eingerichtet. Es sind Leute aus Nubien, zum Teil auch aus Darfur, die hier ihre Sklaven einkaufen, um sie nach und über Darfur und Kordofan weiterzuschleppen. Die fast ausschließlich aus Nubiern gebildete Besatzung und die vielen Angestellten des Ghattas bringen die bewaffnete Macht auf durchschnittlich 250 Mann, und Hunderte von Sklaven vermehren die Einwohnerschaft auf mindestens 1.000 Köpfe. Vier Kilometer im Umkreis ist alles mit Äckern bedeckt, eine große Anzahl kleiner Dörfer der Dinka, Djur und Bongo sind in der nächsten Umgebung zerstreut. Das unmittelbare Gebiet der Herrschaft des Ghattas besitzt zwischen den sechs Seriben des nördlichen Bongolandes eine Ausdehnung von ungefär 700 Quadratkilometern, von denen mindestens 160 Ackerland sind. Die Bevölkerung beträgt gegen 13.000 Seelen.
Der Oberverwalter Idris, daheim der Sklave seines Herrn, war hier unumschränkter Machthaber. Mit aller Zuvorkommenheit empfangen, sah ich mich in den ersten Tagen mit Geschenken an Lebensmitteln und mit Aufmerksamkeiten jeder Art förmlich überhäuft. Zwei mittelgroße, hübsch gebaute Hütten waren innerhalb der Palisaden für mich errichtet; sie reichten jedoch, des vielen Gepäcks wegen, zu meiner Bequemlichkeit lange nicht aus. Meine Diener mussten in anderen Hütten untergebracht werden.
Nun begannen meine täglichen Streifzüge in die Umgegend, und die Verarbeitung der gesammelten Gegenstände nahm den größten Teil der Zeit in Anspruch. Bei stets ungeschwächter Gesundheit verlebte ich die ersten Wochen in einem Taumel von Freude, wahrhaft ergriffen von den Schönheiten einer unvergleichlich zauberhaften Natur. Die ersten Regen hatten begonnen und kleideten die aus einem parkartigen Gemisch von Grasflächen, Gebüschen und Bäumen gebildete Landschaft in das zarte Grün unseres Frühlings. Dem Boden entsprossen in Fülle die prächtigsten Zwiebelgewächse, und Bäume von unglaublich verschiedener Form mengten unter das frische Laub ihrer Zweige die Pracht lebhaft gefärbter Blüten.
Meine Aufnahme bei einem Ausflug nach Westen war überall die gastlichste. Die Verwalter der kleinen Seriben behandelten mich mit der größten Aufmerksamkeit; sie sorgten für gute Kost und stellten alles zu meiner Verfügung. In den Seriben hatten meine Leute gute Tage. Ströme von Hammelblut flossen, selbst für meine Hunde wurde eigens geschlachtet. Hier war nach den Begriffen meiner ausgehungerten Diener aus Chartum das Land, wo im wahren Sinne des Wortes Milch und Honig floss. Für mich besonders suchte man zusammen, was Zentralafrika an Delikatessen nur aufzubringen vermochte.
Es fehlte auch nicht an naher Gefahr der schrecklichsten Art. In der Nacht des 22. Mai brach ein gewaltiges Gewitter los. Plötzlich erscholl hart neben meiner Hütte ein Geschrei von Frauenstimmen, und aus einem Strohhaus schlug die Lohe hoch gen Himmel. Sofort rief man mir zu, ich möchte hinausspringen. Denn im Schlaf in einer aus Stroh und Bambus errichteten Hütte vom Feuer überrascht zu werden, ist fast sicherer Tod. Die Leute begannen sofort mit dem Räumen. Bereits war die Hälfte meines Gepäcks in Sicherheit, als wir bemerkten, dass der Wind die Flammen nach der entgegengesetzten Seite trieb. Entsetzlich schien mir der Gedanke, wie leicht ich aller Früchte meiner bisherigen mühevollen Arbeit hätte beraubt werden können. Es sollte anders kommen, aber enteilen konnte ich deshalb meinem Schicksal nicht. Denn Ende 1870 hatte ich das schreckliche Brandunglück, das mich der wichtigsten Früchte meiner Reise berauben sollte. Die verbrannte Hütte war von meinem Bett kaum 25 Schritt entfernt. Sechs Sklavinnen hatten darin, vom Blitz getroffen, den Tod gefunden, einer siebenten war es gelungen, halb verbrannt aus der lichterloh flammenden Strohmasse hervorzukriechen; der Blitz hatte sie verschont.
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