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Kapitel 2 – Jungblut

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Es ist gegen acht Uhr in der Früh, als Ilse und ich dann doch einschlafen. Im Wohnzimmer auf dem Sofa. Die Stadt regt sich nicht. Sie kann sich nicht regen, weil der gesamte Bereich innerhalb der früheren Stadtmauern noch immer abgeriegelt ist. Der Chef hat alles mobilisiert, was zu verantworten war. Die Busse der Einsatzkommandos stehen rings um die Altstadt. Keiner kommt hinein und keiner geht hinaus, ohne dass die Identität der Person zweifelsfrei feststeht und dokumentiert ist.

Und was da für Zufallsfunde ins Netz gingen. Fleißige Drogenhändler, die ihre Arbeit in den Nachtclubs getan hatten und auf dem Nachhauseweg waren, völlig Betrunkene, die ihr Mütchen mit allerlei Sachbeschädigungen kühlten und natürlich Minderjährige, die um diese Zeit hier sowieso nichts mehr zu suchen hatten.

»Wenn schon ein Fußballderby Tausende von Polizisten in Beschlag nimmt, dann rechtfertigt dieser Mord erst recht einen solchen Einsatz«, meinte der Chef, als er am Telefon lautstark immer und immer wieder neue Leute forderte.

Spezialkräfte durchkämmten systematisch jeden Winkel des abgesperrten Bereiches. Taucher wurden in die Pegnitz unter die Fleischbrücke geschickt, um nach der Kleidung oder sonstigen verdächtigen Gegenständen zu suchen. Sie suchten mit der Strömung an die 300 Meter weit. Anwohner wurden aus dem Schlaf gerissen und befragt. Jeder Hinterhof, jede Garage und alle Räume, die von der öffentlichen Straße aus zugänglich sind, ob versperrt oder nicht, wurden genauestens untersucht. Es gab keine Durchsuchungsbeschlüsse. Wenn an diesem Morgen nicht Gefahr in Verzug war, was solche Formalitäten überflüssig macht, an welchem Morgen sollte das sonst der Fall sein. Die Händler für den Markt waren kurz vor einem Aufstand, weil man sie nicht hereinließ. Nicht einmal die Straßenreinigung durfte anfangen. Es herrschte der nackte Ausnahmezustand. Die Zeit stand für eine ganze Weile still in Nürnberg.

Aber es ergab sich keine Spur, die auch nur annähernd mit dem Mord zu tun haben könnte und so wurde das Sperrgebiet am Sonntagvormittag aufgehoben. Nur die Fleischbrücke blieb weiter abgeriegelt und man sah die Spuren des schrecklichen Verbrechens noch deutlich. Auf jeder Seite der Brücke standen Polizeibeamte, die niemanden näher herantreten ließen. Der Rechtsmediziner hatte das angeordnet, falls noch weitere Untersuchungen vor Ort nötig wären.

Es ist Montag, 11.15 Uhr im Präsidium. Meine an meinem Hochzeitstag gebildete Sondereinheit kommt im großen Besprechungsraum zusammen. Dr. Ruschka und Staatsanwalt Gastner sind ebenfalls zugegen. Dr. Ruschka eröffnet die Besprechung.

»Meine Damen und Herren, in Nürnbergs Kriminalgeschichte ist ein neues Kapitel aufgeschlagen worden. Ich habe mich erkundigt. So ein grausames Verbrechen gab es in den letzten siebzig Jahren nicht. Von der Zeit davor möchte ich nicht sprechen. Die Statistik berichtet zwar von einer ganzen Reihe brutaler Morde, aber so ein irrsinniges, menschenverachtendes Schlachten hat es noch nie gegeben, entschuldigen Sie bitte meine Ausdrucksweise. Der Vorfall von Samstagmorgen übersteigt jede Vorstellungskraft. Und was mich am meisten beunruhigt, ist der Gedanke, dass dieser Wahnsinnige da draußen herumläuft und sein nächstes Opfer suchen könnte.«

Ein Raunen geht durch den Raum.

»Aus Sicht der Polizei gibt es derzeit weder Spuren noch Anhaltspunkte, die auf einen bestimmten Täter hinweisen. Die Spurensicherung arbeitet noch und die Rechtsmedizin ist auch noch nicht so weit. Wochenende halt. Herr Schmitt, Sie leiten in der neuen Abteilung die Ermittlungen. Wie sollen wir vorgehen?«

»Nun, ich habe mir das folgendermaßen gedacht. Wonach müssen wir suchen? War es ein Täter oder waren es mehrere? Das ist meiner Meinung nach der erste Ansatzpunkt. Und, ihr Kriminologen, meine Kenntnisse auf diesem Gebiet sagen mir, dass es nur ein Täter gewesen sein kann. Ich kenne keinen Fall in der Kriminalgeschichte, wo mehrere Täter gemeinsam ein solches Schlachtfest veranstaltet haben.«

»Tschäck, der Ribber.«

»Herbert, du hast ausnahmsweise recht. Nur so kann ich mir das vorstellen. Wobei es natürlich keine nachfolgende Tat geben muss. Hoffe ich jedenfalls. Wenn nicht, kommt ein Albtraum auf uns zu. Da wir im Moment keine greifbaren Ansatzpunkte haben, schlage ich folgende Aufteilung vor. Ilse, du recherchierst europaweit nach ähnlichen Fällen, wenn es die überhaupt gibt. Ich denke, du musst da schon bis zu 35 Jahre zurückgehen. Harald, du überprüfst alle Gewalttäter, die derzeit einsitzen. In Haft und in der Psychiatrie. Nicht, dass es einer von denen gewesen sein könnte, sonst hätten wir die Fahndungsmeldung spätestens heute Morgen hier gehabt. Aber ich will mir ein Bild machen können.«

»Und einer aus dem Ausland? Der ehemalige Ostblock und der Balkan strömen geradezu herein!«

»Gut, dass du das erwähnst, Cem. Das wird deine Aufgabe sein. Da hast du dich beim letzten Mal schon bewährt.«

»Danke Chef.«

»Ich darf an dieser Stelle unsere neue Kollegin Hannah de Fries begrüßen.«

Alle klopfen auf den Tisch.

»Frau de Fries ...«

»Nennen Sie mich bitte Hannah. Und das gilt für alle hier. Ich möchte nicht die einzige sein, die gesiezt wird.«

Es folgt zustimmendes Klopfen.

»Also Hannah. Wir beide fahren morgen nach Erlangen in die Rechtsmedizin und unterhalten uns mit Professor Dr. Rosser, um erste Erkenntnisse noch vor seinem schriftlichen Bericht zu bekommen. Ich würde Sie ..., also dich dann bitten, dass du dich mit den Motiven solcher Taten anhand der Kriminalgeschichte befasst.«

Ilse wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu.

»Und schließlich Hauptkommissar Herbert Wagner. Ja, Kollegen, es hat doch noch geklappt!«

Lautes Klopfen folgt.

»Herbert, du ziehst durch die Innenstadt rund um den Tatort. Du befragst in deiner leutseligen Art alle, die du erwischen kannst. Da konnte vielleicht einer nicht schlafen, hat aus dem Fenster gesehen und etwas für ihn Harmloses, aber für uns ungemein Wertvolles gesehen oder gehört. Da ging einer Zigaretten holen und wurde vom Täter angerempelt und so weiter. Du weißt, was ich meine.«

»Scho, Wolff. Des iss mei’ Spezialität!«

»Also Herrschaften. Dann los und in zwei Tagen um die gleiche Uhrzeit treffen wir uns hier. Außer es ergibt sich vorher etwas. Ich gebe Dr. Ruschka recht. Die Sache eilt. Ich will nicht hoffen, dass da ein Psychopath rumläuft, der so weitermacht.«

»Und eine Frau als Täterin?«

»Ilse, nein. Du hast dieses Opfer nicht gesehen. Ich halte das für ausgeschlossen. Wahrscheinlichkeit bei ein Prozent.«

»Wirklich?«

»Möglich ist alles. Dann fassen wir die Möglichkeit mit ins Auge.«

Auf dem Flur.

»Wolff, wieso du und diese Hannah. Du hättest auch mich mitnehmen können.«

»Ist das die erste Eifersuchtsszene? Ilse, ich muss sehen, woran wir mit ihr sind. Es gibt zwar nur Lob, aber ich will mir selbst ein Bild machen. Wenn es darauf ankommt, muss ich mich, oder müssen wir uns auf sie verlassen können!«

Zugegeben. Hannah de Fries ist 27 und eine sehr attraktive junge Frau. Ihre fast schwarzen, seidig glänzenden Haare trägt sie nach hinten zu einem Zopf gebunden. Ihr schönes Gesicht mit den großen, runden, dunkelbraunen Rehaugen und zarten femininen Zügen kommt dadurch noch besser zur Geltung. Sie hat einen kleinen Mund, aber volle Lippen. Und irgendwie hat sie einen dunklen Teint. Sie ist sehr schlank, nicht sehr groß, aber ihre weiblichen Formen sind bestens betont. Ich habe sie bislang nur in ganz engen, glänzend schwarzen Hosen und einer ebenso engen schwarzen Lederjacke gesehen. Darunter trägt sie stets nur ein dunkles T-Shirt, das den Blick auf ihren Bauchnabel zulässt, wenn sie sich aufrichtet oder nach hinten streckt. Also es gibt sicher nur wenige Männer, denen das alles entgeht und ich kann Ilse verstehen.

Mir ist nur aufgefallen, dass sie nie richtig lächelt, sie hat so etwas Verletzliches in ihrem Ausdruck.

Am nächsten Tag gegen 9.30 Uhr in Erlangen. Hannah de Fries und ich betreten den weiß-schwarzen, quaderförmigen Bau in der Universitätsstraße. Dr. Rosser ruft uns in den Sezierraum.

Auf dem Tisch aus Edelstahl liegt dieser traurige menschliche Rest, den ich in der Nacht von Freitag auf Samstag auf der Fleischbrücke gefunden hatte. Hannah zeigt keine Reaktion auf diesen entsetzlichen Anblick. Ihr Blick ist ernst und konzentriert auf den Tisch gerichtet.

Der Rumpf ist zwar vom Blut gereinigt und der entsetzliche Gestank verflogen, aber der Anblick ist immer noch grauenvoll.

»Herr Dr. Rosser, ich darf Ihnen unsere neue Mitarbeiterin vorstellen, Frau Kommissarin Hannah de Fries.«

»Freut mich, Frau de Fries. Ich kann Ihnen leider nicht die Hand geben, Sie sehen, ich bin gerade bei der Arbeit. Tja, Herr Schmitt. Ganz durch bin ich noch nicht mit meinen Untersuchungen, vor allem fehlen die ganzen Laborwerte, Toxikologie und so weiter, Sie verstehen schon. Aber eines steht für mich schon ziemlich fest. Dieser Mann hier war kein etabliertes Mitglied unserer Gesellschaft.«

»Wie meinen Sie das?«

»Nun. Wir veranlassen immer zuerst ein großes Blutbild. Da war ja am Tatort genug vorhanden und ich habe sofort eine Probe gezogen. Dann machen wir einen Alkotest. Der Blutalkoholwert lag zum Todeszeitpunkt bei 1,8 Promille. Der Mageninhalt bestand aus noch unverdauten Dosenravioli und Bier. Der Leberwert und der Allgemeinzustand, soweit dieser feststellbar war, lassen den Schluss zu, dass es sich wohl um einen Alkoholiker, womöglich obdachlosen Alkoholiker handelt.

Die Todesursache steht für mich fest. Es war ein Schlag, ein heftiger, gewaltsamer Schlag mit einem harten, aber nicht stumpfen Gegenstand gegen den unteren Hinterkopf. Der Gegenstand drang tief in das Gewebe, verletzte wichtige Blutgefäße und brach den zweiten Halswirbel, sodass sofort eine Lähmung nach unten eintrat. Der Täter durchtrennte noch die Halsschlagader. Das war’s dann. Von den Verstümmelungen und weiteren Verletzungen hat das Opfer wohl nichts mehr mitbekommen.«

»Die Tat eines Wahnsinnigen?«

»Nein. Durchaus nicht. Der Täter wusste offenbar genau, wie er vorgehen musste. Vor allem die Durchtrennung der Sehnen im vorderen Hüftbereich ist geradezu professionell. Genau an der richtigen Stelle.«

»Der Mörder macht so etwas also gerne?«

Hannah fragt den Doktor gezielt.

»Ich weiß nicht, ob er das gerne macht, aber er kann es sehr gut.«

»Ein Arzt? Ein Psychopath?«

»So weit möchte ich noch nicht gehen. Es gibt eine ganze Reihe von Merkmalen, die diesen Schluss zulassen. Eines davon ist die kontrollierte und eiskalte Vorgehensweise bei der Tat.

Dann spricht dafür, dass er wohl einen bestimmten Grund hat, die Beine so nach hinten zu knicken und das Gesicht zu entfernen.«

»Er?«

»Vermutlich. Sagen wir, die Tat wurde von einem psychopathisch veranlagten Menschen verübt. 80 Prozent solcher Täter sind Männer. Und es gehört auch ein erheblicher Kraftaufwand dazu, die Beine so nach hinten zu biegen. Es wurde zwar auch die Kapsel, die das Hüftgelenk umschließt, angeschnitten, aber so leicht ist es nicht, den Oberschenkelkopf da herauszubrechen.«

»Sie legen sich fest?«

»99 Prozent, ja. Wenn Frauen Morde verüben, dann meistens mit Gift oder Medikamenten, oder beidem. Eleganter halt. Zwar sind auch hier Verstümmelungen nicht ausgeschlossen, aber seltener.«

Hannah scheint ganz in ihrem Element zu sein, aber eine wichtige Frage fällt auch mir ein.

»Sie sagen Morde. Kann das der Anfang einer Serie sein?«

Dr. Rosser blickt eine Weile nach unten und überlegt. Dann richtet er den Blick auf mich.

»Ich befürchte ja, Herr Schmitt. Der Mörder hatte einen Grund und er will uns mit der Art, wie er das Opfer zugerichtet hat, möglicherweise etwas mitteilen.«

Ich sehe Hannah an und merke an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie diesen Verdacht schon einige Zeit hatte, denn sie macht eine kleine nickende Kopfbewegung.

»Dann hat es wohl auch nichts damit zu tun, dass das hier wahrscheinlich ein Obdachloser ist?«

Hannah kommt dem Doktor zuvor.

»Nein. Er braucht nur einen bestimmten Menschen, wahrscheinlich einen Mann. Wen er da zufällig erwischt, ist ihm völlig egal. Es geht nur um das Töten. Und die Botschaft!«

Wir verabschieden uns und Dr. Rosser sichert uns zu, dass wir spätestens in zwei Tagen den vollständigen Bericht bekommen. Hannah de Fries spricht kein Wort auf der Rückfahrt, bis ich sie anspreche.

»Sie sind ...«

»Du bist. Ich dachte, wir hatten uns so weit vorgewagt, obwohl ich als die Jüngste das Du eigentlich nicht anbieten dürfte.«

Mit diesen Worten sieht sie mich direkt an, legt ihre linke Hand auf meinen rechten Oberschenkel und lässt sie dort liegen. Ich weiß im ersten Moment nicht, wie ich darauf reagieren soll, aber diese Berührung ist mir auch nicht unangenehm. Ich kann mich selbst nicht verstehen und ich ignoriere es einfach. Schließlich nimmt sie ihre Hand wieder von meinem Bein und steckt sie in die Tasche ihrer Lederjacke.

»Du bist bei dem Gespräch mit dem Doktor sehr engagiert gewesen«, beginne ich nach einer Weile, »und du scheinst ein wenig Ahnung von diesen Dingen zu haben. Ist das richtig?«

»Hat es dir gefallen, als ich meine Hand auf dein Bein gelegt habe?«

»Hannah! Das ist jetzt nicht der Moment für ...«

»Wann ist der richtige Moment?«

»Ich habe am Freitag geheiratet!«

»Na und?«

»Schluss mit dieser Debatte. Wir haben einen Fall zu lösen!«

Schweigen.

»Also, wieso kennst du dich da aus, bei diesen Psychosachen?«

»Ich habe nach dem Abitur sechs Semester Psychologie studiert. Oder sieben. Weiß ich nicht mehr so genau. Ist auch nicht mehr wichtig.«

»Und dann Polizistin?«

»Erstens hatten die meisten dieser Studenten selbst einen an der Klatsche und zweitens wollte ich die Menschheit vor solchen Typen schützen, nach denen wir jetzt suchen. Ich habe mich deswegen immer wieder, auch nach dem Studium, mit diesen Verhaltensmustern befasst. Das mit meiner Hand eben war der Versuch, dich zu manipulieren. Das machen Psychopathen gerne. War gut, oder? Du bist darauf hereingefallen.«

»Und ich dachte schon ...«

»Denk das ruhig. Als ich dein Bein berührte, hat es mir auch gefallen. Du bist ein toller Mann, du gefällst mir.«

»Hannah!«

Diese Direktheit trifft mich wie ein Blitz, aber mehr Gegenwehr fällt mir im Moment nicht ein.

*

Wir fahren in den Hinterhof des Präsidiums und ich stelle den Wagen ab.

Auf dem Flur zu meinem Büro kommt uns Ilse entgegen.

»Gut, dass ihr kommt, der Chef will dich gleich sprechen.«

Hannah geht wortlos an Ilse vorbei und wirft ihr ein seltsames Lächeln zu. Ungewohnt. Sie lächelt doch sonst nicht.

»Was hat die denn?«

»Sie hat die Leiche gesehen.«

»Und da lächelt die?«

Erst jetzt bemerke ich meine dumme Antwort.

»Was will er denn, der Ruschka?«

»Er hat die Zeitung gelesen. Vorsicht.«

Genau. Die Zeitung.

»Da. Das hat uns gerade noch gefehlt«, der Chef wirft mir die NZ auf den Schreibtisch, »die sind doch völlig irre! Das schürt doch nur Panik!«

Ich nehme das Blatt und erschrecke wirklich über die Titelstory.

In großer, fetter Schrift ist da zu lesen:

»Der Ripper von der Fleischbrücke«

Und darunter:

»Das grausamste Verbrechen in der Geschichte Nürnbergs wurde am frühen Samstagmorgen verübt. Wann folgt der nächste Mord?«

Darunter kommt ein Foto von Beamten des Sondereinsatzkommandos, wie sie mit Sturmausrüstung und vorgehaltener Waffe durch die Kaiserstraße ziehen. Wenigstens kein Bild von der Leiche, denke ich mir. Aber die Schilderung des Opfers kommt dann doch noch. Irgendeiner plaudert doch immer.

»Jetzt stehen wir unter Druck und unter Beobachtung, Schmitt. Dieser Fall wird uns Kraft kosten. Was sagt der Pathologe?«

»Nichts Gutes. Es war wohl ein Zufallsopfer. Ein Obdachloser wahrscheinlich. Und wir müssen das Schlimmste befürchten. Alle Anzeichen sprechen im Moment dafür, dass wir es mit einem Serienmörder zu tun haben, einem Psychopathen, der seiner Mordlust nachgeht und Botschaften verbreiten will.«

»Schmitt! Das wäre eine Katastrophe. Ist der sich da sicher?«

»Da braucht man nur ein wenig kriminologische Ausbildung. Dr. Rosser ist mit seiner Meinung nicht alleine. Ich stimme ihm zu und Hannah de Fries stimmt ihm zu. Es spricht einfach alles dafür. Wussten Sie, dass die Hannah Psychologie studiert hat? Ohne Abschluss?«

»Nein. Nicht so direkt. Ich schau mal in die Personalakte. Was machen wir jetzt? Der Oberbürgermeister will eine Pressekonferenz! Der hat Angst um die Stadt.«

»Und wir tappen völlig im Dunklen. Ich schlage vor, dass wir für morgen eine Pressekonferenz ansetzen. Mir fällt da schon was ein.«

Ich nehme die Zeitung mit und lese den Artikel ganz. Gute journalistische Arbeit. Ganz unten auf der Seite kommt noch eine Meldung über zwei Einbrüche. Einer davon war in einem Juweliergeschäft in der Mühlgasse. Etwa zwei Stunden vor unserem Mord hatte jemand dort Schmuck im Wert von 70.000 Euro erbeutet. Die Alarmanlage funktionierte nicht. Bei einem Geschäft für Wander- und Outdoorbedarf wurde die Schaufensterscheibe eingeschlagen. Da war ganz schönes Gesindel unterwegs in unserer Hochzeitsnacht.

Hochzeit! Sofort ist das Bild von Hannah in meinem Kopf. Das darf doch nicht wahr sein! Meinte sie das ernst, heute im Auto? Die macht doch einen Scherz! Aber so ganz sicher bin ich mir nicht. Verdammte Pressekonferenz. Herbert!

Genau, Herbert ist der Richtige für solche Sachen. Dem fällt doch immer eine Gaunerei ein, wenn es um die Presse geht.

»Du gehst schon wieder alleine weg, Wolff? Das häuft sich aber in letzter Zeit. Wir hätten doch eine Hochzeitsreise machen sollen.«

»Ilse, morgen ist die Pressekonferenz. Ich bin mit Herbert verabredet. Dem alten Gauner ist was eingefallen für den Termin morgen.«

»So, so, mit dem Herbert. Dieser Herbert trägt nicht zufällig schwarze enge Jeans?«

»Jetzt hör aber auf. Die Hannah war sehr hilfreich heute Morgen. Ich denke, die macht sich ganz gut bei uns.«

»Und schon weißt du, worauf ich hinaus will. Mein lieber Wolff, mach’ nur keinen Blödsinn.«

»Ilse, so kenn’ ich dich gar nicht. Was ist plötzlich los? Ich muss weg, der Herbert wartet.«

Fleischbrücke

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