Читать книгу Wollschlägers - Gerhard Schumacher - Страница 4
Zum Geleit
ОглавлениеNein, der Chronist hat das nachfolgend Aufgezeichnete nicht wasserdicht verschlossen nach vielen Jahren in einer Flaschenpost erhalten, noch in einer vergessenen Mülltonne gefunden oder durch dunkle Mittelsmänner zugespielt bekommen. Ein Pendant zur Handschrift von Saragossa, die Abschrift von Wetzlar etwa, gibt es nicht, hat es nie gegeben. Alles nicht wahr. Es hat sich einfach so ereignet, wie das Leben sich ereignet, ob man nun will oder ob man nun nicht will.
Woher er das dann alles weiß, der Chronist? Er weiß es eben, das muss genügen. Ein Inkognito ist nicht zu lüften, weil es schlicht keines gibt, noch weniger ein Schlüsselerlebnis oder Ähnliches. So, wie beschrieben, hat sich die Geschichte zugetragen und nicht anders. Wer es nicht glaubt, lässt es halt bleiben, wer es glaubt, auch.
Die Schauplätze und Orte sind Originale, wie sich der misstrauische Leser durch einen Blick auf die hessische Landkarte mühelos überzeugen kann. Noch besser ist es, einmal hinzufahren und sich in persona an der Tatsächlichkeit der Realität zu erfreuen. Alles ist vorhanden, wenn auch im Laufe der Jahre in einigen Details verändert. Teilweise hat auch die Abrissbirne ihr zweifelhaftes Handwerk getan. Alle Personen existierten nicht nur zur beschriebenen Zeit, sondern tun dies auch heute noch in Freude und bei bester Gesundheit, wenn auch weit verstreut außerhalb der Grenzen des beschriebenen Terroirs.
Allein der Posamentenhändler Harms soll, so wurde dem Chronisten unlängst aus zuverlässiger Quelle kundgetan, weiterhin durch die hessischen Kneipen, Gasthöfe und Restaurants toben, sein Werk zu vollenden. Mit zweifelhaftem Erfolg, wie gemunkelt wird. Wovon man ausgehen kann.
Weiters wurde dem Chronisten aus allerdings eher zweifelhafter Quelle zugetragen, die hessische Landesregierung plane, den kompletten Ort Butzbach wegen nachhaltiger Renitenz nach Sachsen-Anhalt auszulagern. Verhandlungen mit den dortigen Behörden stünden kurz vor dem Abschluss, lediglich über die Ablösesumme sei man sich noch nicht einig. Das muss aber nicht stimmen. Außerdem kommt Butzbach in der Geschichte gar nicht vor, somit ist diese Mitteilung von eher peripherer Bedeutung.
Ebenso wird berichtet, die Edertalsperre, insgesamt noch in einem leidlichen Zustand befindlich, wird für 107 Jahre an China ausgeliehen, weil die Chinesen sie bei der Begradigung des Jangtse gut gebrauchen können. Im Gegenzug schickt die Volksrepublik eine Million verdiente Arbeiter, die um Hessen eine originalgetreue Nachbildung der chinesischen Mauer errichten werden. Neben der Schutz- und Abwehrfunktion des gigantischen Vorhabens soll das Gemäuer auch noch den Fremdenverkehr ankurbeln und zu einer wesentlichen Einnahmequelle machen.
So kommt zusammen, was zusammen gehört und Hesse lacht zur Fasenacht.
Mehr gibt es von Land und Leuten derzeit nicht zu berichten, außer, wie bereits angekündigt, die folgende Geschichte.
Es sei denn.