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Viktors Recherchen
ОглавлениеDie Presseberichte über das mysteriöse Verschwinden von Joe Moser in der Kendlmühlfilzen hatten großes Interesse bei Henrí und Viktor geweckt. Aufmerksam verfolgten sie jeden Artikel über den Fall. Akribisch sezierten sie alle Berichte, die sie ergattern konnten und beschlossen, dass Viktor in Grassau, in der Kendlmühlfilzen und in Bad Aibling auf eigene Faust recherchieren sollte.
Während Henrí in Colmar seinen Weinhandel betrieb, steckte Viktor seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten und schnüffelte auf Teufel komm raus. Nachdem er genug erfahren hatte, machte er sich auf den Weg nach Colmar. Bei der Weinhandlung Kellerer stellte er seinen Wagen ab, begrüßte Henrí und stieg mit ihm in den alten roten BMW. Zusammen fuhren sie in eine Kneipe. Sie setzten sich in eine stille Ecke und Viktor berichtete von seinen Ermittlungen.
»Henrí, ich weiß jetzt, dass der Max Dreck am Stecken hat.«
»Was hast du herausbekommen?«
»Den werden wir sauber unter Druck setzen.«
»Wie? Hat er was zu tun mit Joes Verschwinden?«
»Und ob!«
Henrí ungeduldig: »Los, sag schon!«
»Also zunächst mal Folgendes: Du wirst es nicht glauben, aber die Leute in Bad Aibling erzählen, dass der Moser Hof kurz vor der Zwangsversteigerung steht.«
»Welche Leute?«
»Erst war ich im Rathaus, hab gesagt, ich sei ein Kaufinteressent und möchte die Pläne einsehen. Dann haben die rumgedruckst und von einer Zwangsversteigerung gesprochen, weil der Max Moser gegenüber der Stadt hoch verschuldet sei.«
»Ouii, wann soll die sein?«
»In ein, zwei Monaten.«
»Der Hof ist doch in bester Lage, wieso ist der so verschuldet?«
»Der Moser, der Arsch, führt x Prozesse mit der Stadt und verliert einen nach dem anderen. Und außerdem hat er sich offensichtlich verspekuliert.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe natürlich auch mit den Nachbarn vom Moser Hof gesprochen. Die haben mir erzählt, dass der Moser 2011 über die ganze Südseite des Dachs Sonnenmodule hat installieren lassen. Dann hat der Trottel sein ganzes Geld in Aktien von einer deutschen Fotovoltaikfirma gesteckt, angeblich dem Marktführer, Q-Zellen oder so.«
»Wieso Trottel, das ist doch gut investiert!«
»Denkste, du Witzbold, diese Firmen sind alle den Bach runter, sind alle pleite, das Geschäft machen die Chinesen!«
»Aha, und jetzt ist Max auch pleite.«
»Du sagst es!«
»Mit dem Verschwinden von Joe hat das aber erst mal nichts zu tun.«
»Aber wohl. Wenn einer pleite ist und hat einen reichen Bruder, den er gerne beerben würde und da ein bisschen nachhilft, hat der ein gutes Mordmotiv.«
»Theoretisch ja, aber du glaubst doch nicht, dass du damit den Max unter Druck setzen kannst.«
»Warte, warte doch! In Grassau hab ich herausbekommen, dass Joe sehr oft in die Kendlmühlfilzen ging.«
»Ja und, das haben die in der Zeitung längst berichtet.«
»Da hat er immer seinen Kater Felix mitgenommen.«
»Hab ich auch schon gelesen. Und der ist auch verschwunden«
»Eben nicht! Hör zu Henrí: Der Max hat den Kater.«
»Täuscht du dich da nicht, schwarze Kater gibt’s überall.«
»Also die Nachbarin von Joe in Grassau - ich hab mich da als Journalist ausgegeben - eine etwa siebzigjährige "Tschimbumsel" war zunächst zugeknöpft. Ja, meinte sie, ich wäre jetzt wohl mindestens der Fünfzigste, der sie zu dem Fall befrage. Aber als ich auf den Kater zu sprechen kam, taute sie nach und nach auf.«
»Natürlich du mit deinem Charme!?«, kommentierte Henrí ironisch.
»Ja also, sie trauere so um den Kater, der sei ihr so ans Herz gewachsen. Dann schwärmte sie von einer Elli, der Frau von Joe, die vor einem Jahr verstorben sei und die den Kater 2004 als zwölfwöchiges Kätzchen mitgebracht hatte, das sie Felix taufte. Ein außerordentlich intelligentes Tier, er war in der Lage geschlossene Türen zu öffnen und …«
»Interessant, und weiter?…«
»Dann hat sie den Tränen nahe den Kater beschrieben, dass er auf der Brust eine wunderschöne weiße Raute hätte, etwa halb so groß wie ein Bierdeckel und dass er mit einem Chip versehen und bei TASSO registriert sei.«
»Was ist TASSO?«
»Eine Tierschutzorganisation, die ein Register betreibt, um verloren gegangene Tiere wiederzufinden. So ein Chip hat Reiskorngröße, enthält eine eindeutige Nummer, und wird vom Tierarzt mit einer Nadel unter die Haut implantiert, hat sie mir erzählt. Wenn man den Kater fände, könnte man ihn mit einem Lesegerät identifizieren.«
»Wer hat so ein Lesegerät?«
»Jeder Tierarzt.«
»So einfach?«
»Die wichtigste Aussage von der Tante ist aber die, dass sie am Tag von Joes Verschwinden die beiden, also Joe und den Kater, am frühen Abend in Joes Porsche hat einsteigen sehen. Vermutlich ist er dann direkt ins Moorgebiet gefahren.«
»Kriminalistisch bin ich nicht gerade ein Ass, aber das hieße ja, wenn der Kater, den du bei Max gesehen hast, wirklich dieser Kater Felix wäre, müsste Max am selben Tag am Tatort gewesen sein.«
»Bingo Henrí! Jetzt hast du’s! Der Kater, den ich am Moser Hof gesehen habe, hat tatsächlich eine weiße Raute auf der Brust, der Max hat also seinen Bruder umgebracht und den Kater mitgenommen.«
»Wahnsinn!«
»Und das Mordmotiv ist auch klar!«
»Den reichen Bruder beerben!«
»Ich habe noch etwas von der Tussi erfahren.«
»Bin gespannt.«
»In den Zeitungen stand doch einiges über Joes Haus in St. Remy und über seine Geschäfte in der Provence.«
»Stimmt. Er hat da sein Geld in ein Golfplatzprojekt investiert.«
»Der Nachbarin hab ich Honig ums Maul geschmiert und ihr nebenbei erzählt, dass ich oft in St. Remy bin und mich dort auskenne. Da wurde die alte Plaudertasche richtig gesprächig. Es ist mir doch tatsächlich gelungen, ihr die Adresse von Joes Haus rauszukitzeln. Und dann hat sie noch etwas verraten!«
»Schieß los!«
»Joe und seine Frau waren da sehr häufig unten. Die gutwillige Elli wollte der Frau von Max und der kranken Tochter was Gutes tun. Sie haben den beiden das Haus in St. Remy zur Erholung angeboten und den Hinflug spendiert. Max hat dann nach zwei Wochen Frau und Tochter dort abgeholt. Der kennt sich da also aus.«
»Aha, ja und?«
»Na ja, wir fahren doch nächste Woche in die Provence und machen unsere Jahresorder Roséweine bei St. Bernard, Mas de la Dame, etc.«
»Da schauen wir uns Joes Haus natürlich an«, sagte Henrí und war stolz auf seine Idee.
»Nicht nur das, wir werden den Max dorthin zitieren und ihm die Leviten lesen.«
»Wie stellst du dir das vor?«
»Wir schreiben ihm einen anonymen Brief mit folgendem Inhalt:
WIR TREFFEN UNS AM 25.8. IN JOES HAUS IN ST. REMY. ICH KENN DEINE LAGE, ICH KANN DIR HELFEN, DU ERFÄHRST DIE WAHRHEIT.«
»Und was machen wir dann dort mit Max?«
»Ihm seinen Erbteil abjagen!«
»Wie, was hast du vor?«
»Mit dem Kater haben wir ihn in der Hand, du wirst schon sehen.«
»Ich sehe noch gar nichts.«
»Und ich schick heut noch den Brief an Max. Der wird Augen machen!«