Читать книгу Hindernisse beim Kampf gegen den Klimawandel - Gernot Kloss - Страница 8
BILDUNG UND WISSEN Hauptfaktoren einer sinnvollen Zukunftsentwicklung.
ОглавлениеNon scholae, sed vitae discimus. Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir.
Das höchste Gut, das uns von anderen Primaten unterscheidet, ist unsere menschliche Intelligenz und das hieraus entwickelte Wissen. Dieses entsteht in seiner Gesamtheit durch ein stetiges, lebenslanges Lernen. Teile dieses Wissens erlernen wir im Elternhaus, in Kitas, Schulen und in Universitäten. Den größten Teil davon jedoch in den Zeiten danach, im Beruf, durch Informationen, neue Kontakte und Erkenntnisse. So nimmt der Umfang unseres Wissens und damit unser Bildungsstand beständig zu. Um die auf uns Menschen zukommenden Gefahren durch den Klimawandel abwenden zu können, benötigen wir mehr und besseres Wissen. Dafür muss unser Bildungssystem nachhaltig verbessert werden. Auch die Anzahl der Wissensträger muss weltweit erhöht werden. Dies ist eine Aufgabe der gesamten Menschheit.
Aufgrund des zeitlich begrenzten Lernens in Schulen und Universitäten kann in ihnen nur ein Teil unseres späteren Wissens erlangt werden. Es ist aber ein sehr prägender Wissensteil, insbesondere dann, wenn er so vermittelt wurde, dass er als Einstieg in ein lebenslanges Lernen dient. Um das zu erreichen, ist eine offene, vertrauensvolle Art der Wissensvermittlung erforderlich, die stets neugierig auf neues Lernen und Wissen macht. Eine solche Vermittlung von Wissen muss bereits in den Kitas und Grundschulen erfolgen. Dabei benötigen Kinder und Jugendliche schon früh eine individuelle Unterstützung in Form von Zuneigung und Vertrauen. Hierfür bedarf es lebenserfahrener, vor allem aber lebensbejahender Lehr- und Betreuungskräfte. Denn nur mit Umsicht, Freude, Begeisterung und gegenseitigem Vertrauen lässt sich Wissen nachhaltig vermitteln, unterstützt durch die natürliche Neugierde von Kindern und Jugendlichen, die diese auf alle neuen Dinge des Lebens haben. Hieraus entsteht Freude am Lernen und daraus der Wunsch nach lebenslangem Lernen. Die reine Wissensvermittlung motiviert dagegen selten. Damit erklärt sich die Wichtigkeit, jungen Menschen schon frühzeitig zu vermitteln, dass ihre Bereitschaft sich zu disziplinieren und ein Leben lang zu lernen, der Schlüssel für spätere Erfolge ist. Zudem lässt es erkennen, wie wichtig ein nachhaltiges Vermitteln dieses Wissens ist. Hierfür werden besonders fähige und einfühlsame Lehrkräfte benötigt. Um dies zu erreichen, sollten die für das Unterrichten von Kindern und Jugendlichen zuständigen Lehrkräfte möglichst ein höheres Alter und somit eine größere Lebens- und Berufserfahrung haben. In den Grundschulen ist das immer weniger der Fall. Zudem sollten die Lehrkräfte befähigt sein, strukturiert zu denken und das auch vermitteln können. Leider haben nicht alle diese Fähigkeit, oft auch nicht die Motivation, sie zu erlernen.
Unsere Zukunft wird immer komplexer. Wer ihre Abläufe begreifen und nutzen will, muss früh damit beginnen, sein Wissen sinnvoll einzusetzen und ein Leben lang lernen. Um dem steigenden Wissensbedarf Rechnung zu tragen, sollten zuerst die Schulzeiten verlängert werden, beginnend in den Grundschulen. Erfreulicherweise werden wir Menschen immer älter und haben dadurch mehr Zeit für ein außerschulisches Lernen. Damit verlagert sich der Schwerpunkt unseres Lernens immer mehr aus den Schulen, Universitäten und Instituten heraus. Dies erfordert ganz neue Lösungen. Beruflich notwendiges Grundwissen wird weiterhin durch die Schulen und Universitäten vermittelt. Dieses Basiswissen, von Generation zu Generation weitervermittelt, hat immer noch prägenden Charakter. Das wirkt sich auch bei der Ausbildung von Lehrkräften aus. Unzureichendes Wissen macht im Prinzip aus schlecht ausgebildeten Studentinnen und Studenten später einmal schlechte Lehrkräfte und Dozenten. Diese machen dann aus schlecht ausgebildeten Schülern und Studenten noch schlechtere Lehrkräfte.
Um möglichst alle Bürger geistig mitnehmen zu können, müsste unser gesamtes Bildungswesen von Grund auf neu gedacht und sehr viel breiter aufgestellt werden. Erst so kann ein umfassend aktives, lebenslanges Lernen ermöglicht werden. Hierfür müssen die außerschulischen Bildungsangebote stark erweitert werden, beispielsweise durch zusätzliche Förderprogramme, damit möglichst alle Bevölkerungsschichten daran teilhaben können. Mit solch einer Maßnahme ließen sich auch Personengruppen einbinden, die bildungsmäßig noch immer vernachlässigt werden. Besonders wichtig für die Zukunft wird es sein, dass wir uns endlich von unserem tief verwurzelten, hierarchischen Titel-Denken lösen. Dieses passt nicht mehr in eine moderne Wissensgesellschaft. Noch immer stufen die meisten von uns das Wissen und die Fähigkeiten von Professoren höher ein als das von Doktoren. Deren Fähigkeiten schätzen wir wiederum höher ein als das von Menschen mit einfachen akademischen Graden. Menschen ohne akademischen Grad spielen bei solchen Beurteilungen eine noch geringere Rolle. Dieses Denken in Schubladen-Kategorien sollte schnell beendet werden. In akademischen Kreisen existieren diese hierarchischen Sichtweisen zwar nur noch vereinzelt, da aber wo es sie noch gibt, in einem hohen Maße. Dabei stimmen sie nur in den seltensten Fällen. Wesentlich bedeutsamer als der Titel eines Menschen ist sein persönliches Wissen und die Fähigkeit, dieses sinnvoll und effizient zu nutzen. So entscheidet jeder selbst darüber, was er mit und aus seinem Wissen macht. Die größten Entdeckungen und Entwicklungen unserer Geschichte entsprangen nicht einem von Schulen und Universitäten vermittelten Wissen, sondern wurden von klugen, übergreifend denkenden Personen erbracht, die sich das für ihr Fachgebiet nötigte Spezialwissen als Autodidakten über Jahrzehnte selbst angeeignet haben. Was wäre heute die Welt ohne einen Archimedes, Euclid oder Leonardo da Vinci, um nur drei Personen zu nennen, stellvertretend für viele andere?
Im Vergleich zu den Schul- und Universitätszeiten ist das Wissen, das wir uns im Laufe unseres Lebens aneignen oder gar beruflich aneignen müssen, viel umfassender. In vielen Teilen ist es auch besser, weil es aktueller ist. Denn das den Schülern und Studenten vermittelte Schulwissen kann in Teilen veraltet sein, da es den Lehrenden schon vor zwanzig oder dreißig Jahren beigebracht wurde. Wenn solches Wissen vor der Weitergabe an die Schülerinnen und Schüler, an die Studentinnen und Studenten nicht stets aktualisiert wird, wird diesen veraltetes Wissen vermittelt. Dabei müssen nur wenige Lehrinhalte der Schul- und Studienfächer laufend aktualisiert werden. Die in den übrigen Schulfächern tätigen Lehrkräfte, müssen ihren Wissensstand weniger oft erneuern. Entsprechend weniger anspruchsvoll ist ihre Arbeit. Ausnahmen ergeben sich bei den Fächern Chemie, Physik, Biologie, Geographie und Geschichte. Hierzu kommen später die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Nur diese Fächer erfordern eine beständige Weiterbildung der Lehrenden. In allen anderen halten sich ihre beruflichen Ansprüche in Grenzen. Dieses gilt auch für das relativ kurze Lehramt-Studium und die Referendarzeit. Im Gegensatz hierzu, müssen Menschen in anderen Berufen ihr ganzes Leben lang dazulernen. Einen hohen Arbeitsaufwand erfordert das Lehramt allerdings im emotionalen Bereich, weit mehr als in anderen Berufen. Hier sind Empathie und Einfühlungsvermögen wesentliche Voraussetzungen für das Ausüben von Lehrberufen. Leider passen in den Bereichen, in denen Änderungen zwingend erforderlich wären, nicht alle Lehrenden ihr Wissen dem neuesten Stand an. Dieses oft auf Bequemlichkeit zurückzuführende Verhalten findet man verstärkt bei Lehrerinnen und Lehrern in den unteren Schulklassen, weil diese die Erwartungshaltung ihrer Schüler und Schülerinnen als noch recht niedrig einstufen.
Auch in unseren Universitäten und Fachhochschulen ist nicht alles so, wie es sein könnte. Einige Wissenschaftler halten zu oft und zu lange an einmal getroffenen Entscheidungen fest. Andere wiederum sind unfähig, falsche Lehrmeinungen als solche zu erkennen. Das hemmt den wissenschaftlichen Fortschritt, ganz besonders in den technischen Bereichen. Obwohl sich die Wissensstände hier besonders schnell verändern, findet man noch immer eine Vielzahl alter Thesen und Dogmen, die sich seit Jahrzehnten halten. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass die heutige Wissenschaft oft erst dann etwas zur Lehrmeinung macht, wenn dies zu zweihundert Prozent bewiesen ist. Hierdurch wird Wissenschaft immer statischer, so dass nur noch sehr wenige Impulse von ihr ausgehen. Für die Gestaltung unserer Zukunft, einschließlich Klimawandel, wären diese aber besonders wichtig.
Aus aktuellem Anlass sollten deshalb Windkraft-Anlagen mit vertikal drehenden Rotoren (VAWT) als Beispiel genannt werden, da sie beim Kampf gegen die Folgen des Klimawandels zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die lange bestehende Lehrmeinung, dass diese Form gegenüber horizontal drehenden Windkraft-Anlagen (HAWT) rund zwanzig Prozent weniger an Leistung erbringt, kann heute nachhaltig widerlegt werden. Um das zu erkennen, brauchte die Wissenschaft allerdings Jahrzehnte. Inzwischen trauen einige Wissenschaftler dieser Technik sogar eine höhere Effizienz als der Technik horizontal drehender Windkraft-Anlagen (HAWT) zu. Aufgrund dieser in der Vergangenheit gemachten Versäumnisse, gerieten vertikal drehende Windkraft-Anlagen (VAWT) lange Zeit in Vergessenheit. Aus dieser müssen sie nun mühsam und sehr kostenaufwändig zurückgeholt werden. Außer diesem Beispiel gibt es viele weitere. Irrtümer, überholte Thesen, Dogmen und Falschinformationen gibt es aber auch in anderen Wissensbereichen. Hieran sollte uns immer der lateinische Spruch erinnern: Errare humanum est sed in errare perseverare diabolicum. Irren ist menschlich, aber auf Irrtümern zu bestehen ist teuflisch. Das zu begreifen und zu ändern fällt uns Menschen immer noch sehr schwer.
Aufgrund der stetig wachsenden Wissensaufnahme außerhalb von Schulen und Universitäten wird das - Learning by doing - immer wichtiger. Damit werden wissenschaftliche Arbeiten zukünftig immer öfter außerhalb von Universitäten und Instituten stattfinden, vorwiegend in kleinen Arbeits- und Forschungszirkeln oder in Start-ups. Allein schon deshalb, weil diese wesentlich freier und zukunftsorientierter arbeiten können.
Da das in den Schulen vermittelte Grundwissen sowie das später in den Universitäten vermittelte Fachwissen als Grundlage für spätere Wissenserweiterungen prägend ist, sollte diese Wissensvermittlung sehr intensiv durchgeführt werden. Dabei hängt ihre Umsetzung stark von der Leistung der Lehrenden ab. Denn es macht einen großen Unterschied, ob die Wissensvermittlung durch engagierte oder durch lustlose, gefrustete Lehrkräfte erfolgt. Wobei es bedenklich stimmt, dass die Zahl dieser Lehrkräfte, insbesondere in den Grundschulen, stetig zunimmt. Die Ursachen hierfür liegen zum Teil bei den Schülern, zumeist aber in den gleichbleibenden mit der Zeit langweilig werdenden Inhalten vieler Fächer. Konfuzius sagte einst: „Altes üben und Neues kennen. Dann (erst) kann man als Lehrer gelten“. Dieser Anspruch lässt sich aufgrund der geringen Anforderungen, die zumindest in den Grundschulen bestehen, nicht immer umsetzen. So gibt es Fächer deren Inhalte sich selbst nach Jahren wenig oder nicht verändern. Oft erfolgt auch die Wissensvermittlung noch nach veralteten Formen. Und das in einer Zeit, in der der Wissensstand weltweit rasant zunimmt. Hierdurch ergeben sich zunehmend Wissenslücken mit negativen Folgen. Für die Ausbildung unserer Kinder und somit für ihre berufliche Zukunft eine große Gefahr, zumal nicht nur das vermittelte Wissen wichtig ist, sondern auch die Art und Weise wie dieses vermittelt wird. Dies hat große Auswirkungen auf die Lernenden.
Um ihr Wissen optimal vermitteln zu können, sollten Lehrende über viel Empathie, psychische Fähigkeiten und über ein natürliches Interesse an Menschen verfügen. Zudem sollten sie persönliche Enttäuschungen hinnehmen und schnell verarbeiten können. Die Vermittlung von Wissen ist eine überwiegend emotionale Aufgabe, die viel Erfahrung und eine innere Festigung erfordert. Zudem sollten Emotionen und Zuneigungen vorhanden sein, die aber nicht dazu führen dürfen, Schülerinnen und Schülern weniger Leistung abzuverlangen. Allein deshalb nicht, weil das Leistungsprinzip ein ganz wesentlicher Bestandteil individuellen Lernens ist und unbedingt erhalten werden muss. Diese zum Erreichen optimaler Schülerleistungen benötigen didaktischen Fähigkeiten besitzen nicht alle Lehrkräfte. Um sie zu umgehen wird von manchen das Leistungsprinzip durch milde Bewertungen umgangen. So machten zum Beispiel im Bundesland Thüringen im Jahre 2008 gut dreißig Prozent der Abiturienten ihren Abschluss mit einer Eins vor dem Komma. Im Jahr 2018 waren es bereits 37,9 Prozent (Angabe WAZ), obwohl die Abiturienten-Jahrgänge naturgemäß nicht intelligenter geworden sein können. Solche Fehlbeurteilungen schaden der Weiterentwicklung von Schülerinnen und Schülern. Empathie fördert Leistung. Sie sollte allerdings gezielt und sinnvoll eingesetzt werden. Übertreibungen führen zu einer Bevorzugung der Schülerinnen und Schülern - negativ angewendet, zu deren Ausgrenzung. Beides muss vermieden werden.
Obwohl die psychischen Widerstandskräfte bei jungen Menschen noch gering entwickelt sind, sehen viele Studierende im Lehramt ihren Traumberuf. Eine Ursache hierfür ist, dass besonders junge Menschen, aber auch solche, die beruflichem Stress aus dem Weg gehen wollen, zu oft den vermeintlichen Vorteilen eines Lehramtes erliegen. Wenig Arbeit und viel Freizeit ist ihre Vorstellung. Stellt sich dann heraus, dass der Lehrberuf nicht der richtige ist, weil man sich aufgrund vermeintlicher Annehmlichkeiten und Vorteile vorschnell für ihn entschieden hat, ist Frust vorprogrammiert. Wird man dann auch noch auf die spätere Lehramt-Tätigkeit unzureichend vorbereitet, verstärkt sich dieser Frust. Dies ist dann oft der Beginn einer langen, unglücklichen Lehr- und Leidenszeit. Dabei erfordern gerade Lehrtätigkeiten psychisch stabile, ausgeglichene Menschen. Für Kinder und Jugendliche ist es besonders wichtig, dass sie von Anfang an durch charakterlich ausgeglichene Lehrkräfte auf ein aktives, lebenslanges Lernen vorbereitet werden. Hierfür sollten die besten und erfahrensten Lehrkräfte eingesetzt werden. Lehrkräfte, die Eltern von Kindern und Jugendlichen sind, eignen sich hierfür besonders gut. Deshalb ist es ein Fehler, dass gerade für die jüngsten Jahrgänge in den Schulen überwiegend junge, unerfahrene Lehrkräfte eingesetzt werden. Ein weiterer Fehler ist die geringe Anzahl männlicher Lehrkräfte. Eine gleiche Anzahl von Lehrerinnen und Lehrern, entsprechend dem allgemeinen Verhältnis von Männern und Frauen in der Gesellschaft, würde besonders von jungen Schülerinnen und Schülern als lebensnäher und natürlicher empfunden. Es würde ausgleichend wirken und somit eine ruhige Lern-Atmosphäre schaffen.
Da ein Teil des Frustes vieler Lehrkräfte gleichbleibend monotone Lehrinhalte und sachfremde Aufgaben sind, sollte hier dringend etwas geändert werden. Es ist nachvollziehbar, wenn Lehrkräfte, die in ihren Fächern immer den gleichen Wissensstoff ohne Neuerungen und Abwechslungen Jahr für Jahr wieder vermitteln müssen, ihre Tätigkeit zunehmend als trist und frustrierend empfinden. Aus der ständigen Unterforderung entsteht zuerst Lustlosigkeit, dann Lethargie, danach Apathie. Werden diese Probleme nicht gelöst, führt das zu Stress, der oft in Depressionen endet. Auch viele Konferenzen in den Schulen könnten auf ein Minimum begrenzt werden. Trotzdem gibt es keinen Berufstand, dem es augenscheinlich so gut geht wie den Lehrkräften, besonders denen in den Grundschulen. Die hier gestellten beruflichen Anforderungen sind geistig wenig belastend, da sich der Wissensstand während ihres Arbeitslebens nicht oder nur wenig verändert. Freizeit, Bezahlung und Sicherheit des Arbeitsplatzes sind weit besser als in anderen Berufen. Auch die Absicherung im Alter ist großzügiger als bei den meisten Menschen. Alles in allem ist das Lehramt ein Traumberuf. Trotzdem fühlen sich immer mehr Lehrkräfte in unseren Schulen beruflich verunsichert oder durch Stress überfordert. Hier könnte schon ein Wechseln der Fächer helfen, um neue Perspektiven zu erlangen. In den vor-gymnasialen Klassen sollte dies aufgrund der geringen fachlichen Ansprüche der Schülerinnen und Schüler leicht umsetzbar sein. Es gibt für Lehrende aber auch Möglichkeiten, sich selbst weiterzubilden. Eine Möglichkeit bietet beispielsweise die Digitalisierung, zumal sie zukünftig in der Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern eine immer größere Rolle spielen wird.
Die meisten Menschen, die in ihrem Beruf Stress haben, versuchen, ihre psychische Widerstandskraft (Resilienz) in der Freizeit und im Urlaub durch Ruhe und Besinnlichkeit zu stärken. Anders ist dies bei Lehrkräften. Kein anderer Berufstand wie der von Lehrenden ist bekannt, der im Urlaub so aktiv ist. Hier werden die privilegierten, langen Ferienzeiten oft zu strapaziösen Fernreisen genutzt, darunter Kombinationsreisen per Schiff und Flugzeug. Das lässt nicht darauf schließen, dass Lehrende Ruhe suchen müssen, weil sie beruflich gestresst sind. Wenn sie sich dennoch öfter gestresst fühlen als andere Menschen, muss es spezifische Ursachen geben. Eine dieser Ursachen ist, dass sie zu wenig auf ihren Beruf vorbereitet werden. Eine zweite ist, dass viele Lehramtswärter in jungen Jahren zu selten gefordert wurden oder sich selbst zu selten gefordert haben. Eine dritte ist, sie müssen nicht wie in anderen Berufen immer mehr leisten und mit immer weniger Zeit auskommen. Deshalb konnten die wenigsten von ihnen lernen, Probleme anzugehen, sie zu lösen und gleichzeitig die eigene Arbeitsweise zu strukturieren. Aber auch dadurch, dass sie aufgrund ihrer guten Bezahlung und der Sicherheit ihres Arbeitsplatzes keine oder selten Existenzsorgen hatten, konnten sie ihre psychischen Widerstandskräfte nie richtig stärken. Dass sie heute oft unnötige Verwaltungsarbeiten erledigen müssen und ihr Beruf zu wenig Abwechslung und Entwicklung bietet, kann letztlich kein alles überlagernder Grund sein. So werden die bei jungen Menschen schon vorhandenen Resistenzen gegen Stress bei ihnen mit der Zeit abgebaut, statt aufgebaut. Dies hat zur Folge, dass bereits kleine Probleme und Belastungen von ihnen als Stress empfunden werden. Mit der Zeit verstärkt sich dieses Empfinden. Gleiches gilt für den Privatbereich vieler Lehrerinnen und Lehrer. Auch hier haben viele Stress-Probleme.
Um die Stressresistenzen von Lehrkräften insgesamt zu stärken, müssten die Anforderungen an sie sehr frühzeitig denen anderer Berufe angeglichen werden. Parallel dazu sollten einige berufliche Dinge verändert werden. Dies sind praxisnähere, auf junge Menschen abgestellte Ausbildungen, mehr berufliche Abwechslungen und weniger sinnlose Verwaltungsarbeiten und Konferenzen. Auf der anderen Seite müssen von den Lehrenden mehr Arbeitsstunden zum Umsetzen der Lehrinhalte, weniger Freizeit, besonders aber eine Änderung ihrer persönlichen Sichtweisen gefordert werden. Dies würde nicht nur ihnen, sondern auch den Schülern und Studenten und somit dem gesamten Bildungswesen helfen. Dass es auch anders geht, beweisen zahlreiche Privatschulen. Hier sind die Lehrerinnen und Lehrer nicht verbeamtet, haben somit keinen sicheren Arbeitsplatz. Sie verdienen in der Regel weniger und haben für ihre Altersversorgung selbst zu sorgen. Trotz allem sind die meisten von ihnen ausgeglichener, engagierter und nehmen ihre Aufgabe, jungen Menschen Freude am Lernen zu vermitteln, ernster. Trotz aller Kritik gibt es auch in den öffentlichen Schulen unseres Landes viele Lehrerinnen und Lehrer, die ihren Beruf verantwortungs- und liebevoll ausüben. Leider sind sie nicht in der Überzahl.
Wirklichen Stress erleben Lehrerinnen und Lehrer dagegen durch psychische Belastungen, denen sie insbesondere in den Grundschulen durch Schüler, Schülerinnen und im zunehmenden Maße durch deren Eltern erleben. Hinzu kommen zu große Klassen, eine nachlassende Konzentration bei Schülern und Schülerinnen, politische Eingriffe in die Lehrtätigkeit sowie in vielen Schulen marode Klassenräume und mangelhaftes und/oder fehlendes Lehrmaterial. Aber auch in anderen Berufen gibt es zahlreiche Widrigkeiten. Deshalb sollte für alle Lehrenden gelten, dass eine frühzeitige Stärkung der eigenen Psyche durch Trainieren der persönlichen Widerstandskraft eine gute Vorbereitung auf alle kommenden beruflichen Anforderungen im Lehrberuf ist und zusammen mit einer Verbesserung der eigenen Arbeitsstruktur helfen sollte, alle beruflichen Probleme beherrschbar zu machen. Ist dies erreicht, kann in Zukunft auf Lehrkräfte zurückgegriffen werden, die wesentlich belastbarer und ausgeglichener sind. Dieses ist von elementarer Bedeutung, da besonders jungen Schülerinnen, Schülern und Studierenden ein Lernen in Augenhöhe vermittelt werden muss, in einer Atmosphäre des gegenseitigen Ausgleichs und Vertrauens. Nur so können Schülerinnen, Schüler und Studenten motiviert werden, selbstbestimmt, lebenslang zu lernen.
Da Bildung immer existenzieller wird und für alle gleich sein sollte, muss darüber nachgedacht werden, ob unser heutiges föderales Bildungssystem dies noch bieten kann. Dieses hat wesentliche Veränderungen nötig, die in der jetzigen Form nicht mehr umsetzbar sind. Hierzu gehört unter anderem die Gleichstellung aller Lehrkräfte. Eine Unterscheidung in nicht verbeamtete und verbeamtete Lehrkräfte bei unterschiedlicher Bezahlung ist unzumutbar. Gerechter und auch in Zukunft bezahlbar wäre für alle ein Angestellten-Verhältnis, zumal im Bildungsbereich immer höhere Ausgaben zu erwarten sind. Auch müssen die Fächer gestärkt werden, die existenzielles Wissen vermitteln. Die Vermittlung geringerer Bildungsinhalte wie in den Fächern Musik und Sport kann auch durch externe Kräfte erfolgen. Und das wesentlich billiger.