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JE TSONGKHAPA
ОглавлениеBuddha Shakyamuni machte im Wurzel-Tantra Manjushris eine Prophezeiung, daß Manjushri später als Je Tsongkhapa erscheinen würde:
Wenn ich dahingegangen bin
Und meine reine Lehre nicht mehr da sein wird,
Wirst Du als gewöhnliches Wesen erscheinen,
Die Taten eines Buddhas vollbringen
Und das Freudvolle Land, den großen Beschützer,
Im Lande des Schnees errichten.
Dieser Vers offenbart die besonderen Qualitäten Je Tsongkhapas. Die dritte Zeile erklärt, daß Je Tsongkhapa zwar ein erleuchtetes Wesen war, eine Manifestation des Weisheits-Buddhas Manjushri, sich aber nicht als besonderes Wesen zeigte, sondern stets in der Form eines gewöhnlichen Praktizierenden erschien. Insbesondere stellte er niemals seine Wunderkräfte oder seine Hellsicht öffentlich zur Schau. Er ermutigte seine Schüler, seinem Beispiel zu folgen und die besonderen Kräfte, die sie möglicherweise erlangt hatten, nicht zu offenbaren.
Statt Wunderkräfte vorzuführen, arbeitete Je Tsongkhapa vorwiegend daran, den reinen Buddhadharma in ganz Tibet einzuführen. Indem er Unterweisungen gab und ein gutes Vorbild war, führte er viele Wesen zur Erlangung reiner, authentischer Realisationen von Sutra und Tantra. Dies ist die Bedeutung der vierten Zeile des Verses.
Der Ausdruck «Freudvolles Land» in der fünften Zeile ist der Name des Reinen Landes von Buddha Maitreya, das im Sanskrit als «Tushita» oder im Tibetischen als «Ganden» bekannt ist. Nach seinem Tod ging Je Tsongkhapa an diesen Ort. Während seines Lebens errichtete Je Tsongkhapa in Tibet ein großes Kloster, das «Kloster Ganden», und verbreitete im ganzen Land eine reine Lehre, die als «Ganden-Lehre» bekannt wurde. Diese Lehre ist ein besonderer, reiner Buddhadharma, der aus Manjushris Weisheit entstanden ist. Sie wird «der große Beschützer» genannt, da sie alle Lebewesen vor dem Ozean samsarischer Leiden beschützt. All dies weist darauf hin, daß Je Tsongkhapa eine Manifestation Buddha Maitreyas ist, des Beschützers der Hunderte von Gottheiten des Freudvollen Landes. Heutzutage ist die Tradition Je Tsongkhapas als die «Gelug-» oder «tugendhafte Tradition» bekannt, und die Anhänger Je Tsongkhapas sind die «Gelugpas». Der ursprüngliche Name «Ganden» stammt jedoch von Buddha Shakyamuni. Dies ist die Bedeutung der fünften Zeile.
Wie Buddha vorhergesagt hatte, erschien Je Tsongkhapa in Tibet, dem Lande des Schnees, wo er von 1357 bis 1419 lebte. Bei seiner Geburt fiel ein Tropfen Blut seiner Mutter auf die Erde. Später wuchs an dieser Stelle ein weißer Sandelbaum mit einhunderttausend Blättern. Auf jedem Blatt erschien ein Abbild des Buddhas Sengei Ngaro, der das gleiche Geisteskontinuum wie Buddha Manjushri ist. Dies weist darauf hin, daß das Kind eine Manifestation Manjushris war. Später sagte der Dritte Dalai Lama, Sönam Gyatso, daß dieser kostbare Baum ein Objekt der Verehrung und der Darbringungen sei. Er brachte ihn in ein nahegelegenes Kloster, wo er ihn in einen silbernen Stupa mit vielen kostbaren Juwelen stellte und ihm reiche Gaben darbrachte. Dieses Kloster wurde als «Kloster Kumbum» oder «das Kloster der einhunderttausend Bildnisse» bekannt. Schließlich wuchsen weitere ähnliche Bäume rund um den Stupa, und ihre Blätter trugen ebenfalls besondere Abbildungen. Auf manchen erschienen die Buchstaben von Manjushris Mantra AH RA PA TSA NA DHI, und auf anderen erschien der Samenbuchstabe Manjushris, der Buchstabe DHI. Diese Blätter wurden als sehr kostbar erachtet, und wenn sie im Herbst fielen, sammelten sie die Menschen und verarbeiteten sie zu Pulver. Viele Menschen wurden durch das Einnehmen dieses Pulvers von Krankheiten geheilt und waren in der Lage, ihre Weisheit zu vergrößern.
Je Tsongkhapa zeigte ein vollkommenes Beispiel, wie die Grundlage für den spirituellen Pfad gelegt wird, wie man auf diesem Pfad voranschreitet und wie man ihn vollendet. Als erstes studierte er den gesamten Dharma von Sutra und Tantra, indem er sich aufrichtig auf seine Spirituellen Meister verließ. Dann setzte er dieses gesamte Wissen in die Praxis um und zeigte die Erlangung aller Realisationen – von sich auf den Spirituellen Meister zu verlassen bis zur Vereinigung des Nicht-mehr-Lernens, der Buddhaschaft. Seither haben Tausende von Praktizierenden das endgültige Glück der Buddhaschaft in einem einzigen Leben erreicht, indem sie Je Tsongkhapas Beispiel folgten und seine Unterweisungen aufrichtig praktizierten. Selbst heute können vertrauensvolle Praktizierende, die Je Tsongkhapas reinem Dharma folgen, diese Ergebnisse erzielen.
Hätte Je Tsongkhapa, statt Unterweisungen zu erteilen und ein reines Beispiel zu geben, hauptsächlich seine eigenen guten Qualitäten gezeigt und Wunderkräfte und andere Formen von Hellsicht zur Schau gestellt, hätten wir keinen Nutzen aus seinen Handlungen erhalten. Was wir brauchen, ist nicht die Vorführung von Wunderkräften, sondern ein klares Vorbild, wie ein fehlerfreier spiritueller Pfad betreten, wie dieser Pfad bequem und problemlos praktiziert und wie er erfolgreich vollendet wird. Das ist die eigentliche Methode, um unsere täglichen Probleme zu lösen. Da uns Je Tsongkhapa gerade dieses Vorbild gab, sollten wir seine unendliche Güte erkennen und unerschütterliches Vertrauen und großen Respekt für ihn entwickeln.
Je Gendundrub, der Erste Dalai Lama, schrieb eine besondere Lobpreisung an Je Tsongkhapa, das Lied des östlichen Schneeberges, das im Tibetischen Shargangrima genannt wird. In diesem Lied sagt er zu Je Tsongkhapa:
Für die glücklichen Menschen von Tibet, dem Lande des Schnees, ist Eure Güte, o Beschützer, unvorstellbar.
Ich selbst im besonderen, Gendundrub, ein Halter von Nyomlä,
Verdanke es einzig Eurer Güte, o Ehrwürdiger Vater und Ehrwürdige Söhne,
Daß mein Geist auf den Dharma gerichtet ist.
Von jetzt an bis ich Erleuchtung erlange,
Werde ich keine andere Zuflucht als Euch suchen.
O Ehrwürdiger Vater und Ehrwürdige Söhne,
Bitte sorgt für mich mit Eurem Mitgefühl.
Obwohl ich Eure Güte nicht erwidern kann, o Beschützer,
Bete ich dafür, daß ich mit einem Geist, frei von Beeinflussung durch Anhaftung und Haß,
Danach streben möge, Eure Lehre zu bewahren und gedeihen zu lassen,
Ohne dieses Bestreben jemals aufzugeben.
Nur schon das vertrauensvolle Visualisieren von Je Tsongkhapa ist eine kraftvolle Methode, um die Segnungen aller Buddhas zu empfangen, und mit starkem Vertrauen wird unser Haus bereits durch das Aufstellen einer Statue Je Tsongkhapas in einen heiligen Ort verwandelt, und sie wird uns vor Armut beschützen.
Als Je Tsongkhapa starb, war das ganze Land von Trauer über den Verlust seines kostbaren Lehrers überwältigt. Nicht nur konnten ihn die Menschen jetzt nicht mehr persönlich sehen, sondern, da es nur wenige Darstellungen von ihm gab, konnten die meisten nicht einmal eine Abbildung von ihm betrachten. Folglich begannen viele Kunsthandwerker Statuen anzufertigen und Thangkhas von ihm zu malen. Zwar hatte Je Tsongkhapa während seines Lebens seine Wunderkräfte nicht öffentlich gezeigt, doch nach seinem Tod vollbrachte er durch diese Statuen und Thangkhas viele Wunder. Besonders acht Statuen sind seit damals sehr berühmt geworden. Sie sind bekannt als:
1. Je she par ma (Die Ehrwürdige, die mit einem Lächeln verschwand)
2. Je nga dra ma (Die Ehrwürdige, die ein besseres Abbild ist)
3. Je shen pän ma (Die Ehrwürdige, die anderen nützlicher ist)
4. Je ku thim ma (Die Ehrwürdige, die sich in den Körper auflöste)
5. Je nam pur ma (Die Ehrwürdige, die in den Raum aufstieg)
6. Je tsong pön gelek ma (Die Ehrwürdige, Oberkaufmann Gelek)
7. Je tsö dog ma (Die Ehrwürdige, die Konflikte befriedet)
8. Je ling pur ma (Die Ehrwürdige, die in ein anderes Land ging)
Die Geschichte der ersten Statue ist folgende: Einst bemühte sich ein demütiger Praktizierender, eine Statue Je Tsongkhapas für sein Retreat zu finden. Da ihm dies nicht gelang, fertigte er während seines Retreats eine kleine Statue an und stellte sie auf seinen Altar. Diese Statue war für ihn wie der lebendige Je Tsongkhapa, und jeden Tag brachte er ihr vor Beginn seiner Meditation Gaben dar und machte Verbeugungen. Als er sich eines Tages von der Meditation erhob, bemerkte er, daß sich die Statue langsam in Licht auflöste. Während er dies beobachtete, lächelte die Statue plötzlich, stieg in den Raum auf und verschwand vollkommen. Der Praktizierende war erstaunt und konnte kaum glauben, was er gesehen hatte. Nach reiflicher Überlegung entschloß er sich, zu seinem Lehrer zu gehen und ihm die Vorkommnisse zu erzählen. Sein Lehrer war hoch erfreut und beauftragte ihn, eine weitere Statue anzufertigen, die der ersten exakt gleichen sollte. Er tat, wie ihm geheißen, und es ist diese Statue, die schließlich unter dem Namen «Die Ehrwürdige, die mit einem Lächeln verschwand» bekannt wurde.
Die zweite und dritte Statue wurde von zwei Kunsthandwerkern hergestellt, die in einem freundschaftlichen Wettbewerb feststellen wollten, wer geschickter in der Herstellung von Statuen war. Sie brachten die beiden Statuen einem hohen Lama zur Beurteilung. Als der Lama diese mit einem vertrauensvollen Geist untersuchte, begann die eine zu sprechen und sagte: «Ich bin das bessere Abbild.» Daraufhin erwiderte die andere: «Aber ich bin anderen nützlicher.» So erhielten diese beiden berühmten Statuen ihre Namen.
Die vierte wurde nach einer Statue benannt, die einem Praktizierenden namens Nyungnä Lama gehörte, dessen Hauptpraxis der Guru-Yoga von Je Tsongkhapa war. Nyungnä Lama hatte eine Statue Je Tsongkhapas auf seinem Altar, und er betrachtete sie als den lebendigen Je Tsongkhapa. Jeden Tag praktizierte Nyungnä Lama den Guru-Yoga, beginnend mit der Zufluchtnahme bis zum Auflösen Guru Tsongkhapas in sein Herz. Da er so aufrichtig praktizierte, entwickelte er ein sehr reines Herz und erzielte eine besondere Erfahrung von Konzentration. Eines Tages, als er die Auflösung Je Tsongkhapas in sein Herz visualisierte, erlebte er, wie sich seine Statue tatsächlich in ihn auflöste, und als er sich von der Meditation erhob, war die Statue auf seinem Altar verschwunden. Nach dieser Erfahrung erlangte er schnell viele hohe Realisationen. Die Kunde dieses Ereignisses verbreitete sich, und der Handwerker, der die Statue angefertigt hatte, wurde sehr berühmt. Später stellte er eine weitere Statue Je Tsongkhapas her, die er «Die Ehrwürdige, die sich in den Körper auflöste» nannte.
Die fünfte Statue gehörte einem Kloster. Dort beobachtete ein besonders aufrichtiger Praktizierender des öfteren, wie sich die Statue in den Raum erhob und dann zu ihrem Platz auf dem Altar zurückkehrte. Deshalb wurde diese Statue unter dem Namen «Die Ehrwürdige, die in den Raum aufstieg» bekannt.
Die sechste Statue wurde von einem Minister der Regierung angefertigt, der ein vertrauensvoller Schüler Je Tsongkhapas war. Je Tsongkhapa selbst hatte diese Statue gesegnet. Eines Tages jedoch stahl sie ein böser Mensch aus Neid, brachte sie weit weg und warf sie in einen großen Fluß. Einige Zeit später reiste ein wichtiger Kaufmann namens Gelek zu Pferde durch jene Gegend und bemerkte einen Regenbogen in leuchtenden Farben, der senkrecht im Raume stand und dem Flußbett zu entspringen schien. Er dachte, daß dies ein ungewöhnliches Zeichen sei, und beschloß daher, die Nacht in der Nähe zu verbringen. Am nächsten Morgen war der Regenbogen noch immer da, und so entschloß er sich, weitere Nachforschungen anzustellen. Zwar konnte die örtliche Bevölkerung im Fluß nichts entdecken, doch Gelek war nicht überzeugt. Er sicherte sich mit Seilen, watete in den eiskalten Fluß und tauchte auf den Grund. Dort fand er die Statue Je Tsongkhapas, die Regenbogenlicht in leuchtenden Farben ausstrahlte. Als er wieder auftauchte, waren die Zuschauer erstaunt, daß er nicht ertrunken war, und noch erstaunter waren sie angesichts der kostbaren Statue in seinen Händen. Da es der Oberkaufmann Gelek war, der die Statue geborgen hatte, wurde sie anschließend als «Die Ehrwürdige, Oberkaufmann Gelek» bekannt.
Die siebte Statue stammte aus einer Gegend im östlichen Tibet, wo einst ein lang anhaltender Bürgerkrieg herrschte. Die Ortsbewohner sehnten sich nach einer Beendigung der Kämpfe, und so gingen sie zu einem Lama in der Nähe, der hohes Ansehen als großer Meditierender genoß und fragten ihn, was sie tun sollten. Er sagte, sie sollten eine große Statue Je Tsongkhapas in ihrer Stadt bauen und Darbringungen und Bitten vor ihr machen. Dies taten sie, und bald darauf endeten die Kämpfe, und der Friede kehrte in jene Gegend zurück. Diese Statue wurde später unter dem Namen «Die Ehrwürdige, die Konflikte befriedet» bekannt.
Die achte Statue wurde nach einer hochverehrten Statue Je Tsongkhapas benannt, die auf geheimnisvolle Art und Weise aus Tibet verschwand. Reine Praktizierende mit Hellsicht erkannten, daß sich die Statue in ein anderes, weit entferntes Land begeben hatte, wo der Boden mit Diamanten bestreut war und Sprache und Sitten vollkommen anders waren. Sie erkannten auch, daß die Statue den Menschen in jenem Land von Nutzen war, und beschlossen deshalb, eine weitere, ihr ähnliche Statue anzufertigen; sie nannten sie «Die Ehrwürdige, die in ein anderes Land ging».
Wunder wie diese sind nicht auf frühere Zeiten beschränkt. Auch heute noch gibt es viele Statuen und andere Darstellungen Je Tsongkhapas, die besondere Qualitäten besitzen. Als ich mich im Kloster Sera in Tibet aufhielt, war ich zum Beispiel gut bekannt mit einem Geshe namens Geshe Jatse. Als dieser seine Geshe-Schulung beendet hatte, zog er sich in eine Berghöhle zurück, um in Abgeschiedenheit zu meditieren. Er blieb für den Rest seines Lebens dort und lebte genau wie Milarepa. Als er starb, gingen seine zahlreichen Schüler gemeinsam mit vielen Zuschauern zur Höhle, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Zu ihrem Erstaunen sahen sie, daß der Je-Tsongkhapa-Statue Geshe Jatses Zähne und Haare gewachsen waren. Ich hörte diese Erzählung direkt von diesen Schülern, die ich zum Teil gut kannte.
Mein erster Philosophielehrer am Kloster Ngamring Jampaling hieß Geshe Palden. Geshe Palden machte einmal ein langes Annäherungs-Retreat über Je Tsongkhapa, bei dem er Migtsema-Gebete zählte. Am Ende seines Retreats erschien ein Bild Je Tsongkhapas auf einer der Perlen seiner Mala. Er zeigte es mir, und ich konnte die Abbildung ganz deutlich sehen.
Es gibt noch viele andere Geschichten wie diese, die uns zeigen, daß auch in diesen unreinen Zeiten vertrauensvolle Praktizierende unablässig Segnungen von Je Tsongkhapa empfangen können.