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Kapitel 2

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Das Essen verlief mit den üblichen Gesprächen über Amelias Schule, Geschichten aus der Vergangenheit und einigen Witzen über Aidas Dates.

Nema musterte ihre Tochter. Für sie war es natürlich nichts Neues, dass ihre Tochter intelligenter, fitter und schneller war als der Rest ihrer Klasse war. Das beunruhigte Nema auch nicht, denn das war bei allen ihrer Herkunft so. Was jedoch sehr wohl Grund zum Nachdenken gab, war, mit welcher Lebensweisheit ihre Tochter gesegnet war. Sie war geistlich für ihr Alter schon so fortgeschritten, dass man manchmal glatt vergessen könnte, dass ihr kleines Mädchen noch keine erwachsene Person war. Ausserdem musste Nema zugeben, dass Amelia mit ihren elf Jahren selbst für jemanden ihrer Art unglaublich stark war. Sie konnte es problemlos mit ihrer Mutter oder ihrer Tante aufnehmen, was sie erst gerade letzte Woche bei einem spielerischen Armdrücken bemerkt hatte. Natürlich liessen weder sie noch Aida sich etwas anmerken, doch Amelias Siege waren keineswegs vorgespielt. Sie war bereits jetzt schon ihrer Mutter und ihrer Tante kraftmässig überlegen. Wohin das führen würde, wollte sie sich nicht ausmalen. Zum Glück merkte man ihr im Alltag nichts von ihrer Stärke an. Nema war klar, dass mit solchen Kräften nicht zu spassen war. Falls Amelia je Verrat oder unsagbare Wut verspüren sollte, konnte sie gefährlich werden. Ein Grund mehr, ihre Tochter rund um die Uhr zu beschützen.

All ihre düsteren Gedanken verschwanden jedoch, als sie Nema lebhaft über die Freundinnen ihrer Klasse reden hörte und sie sah nichts als kindliche Unschuld in ihrem Blick. Ihre ebenholzfarbenen Haare wehten ihr um die Schultern, als sie aufgeregt weitererzählte und ihre tiefschwarzen Augen blickten fröhlich von Aida zu ihr. Nein, Amelia hatte äusserlich nicht viel von ihr geerbt. Abgesehen vom leichten Teint ihrer Haut und der kleinen Stupsnase hatte sie das Aussehen ihres Vaters und dennoch sah sie für Nema total anders aus als er. In ihren Augen spiegelten sich Güte, Liebe und Intelligenz und ihre langen Haare verliehen ihr ein unschuldiges Aussehen; Komponenten, die ihr Vater nicht besessen hatte. Nemas Brust zog sich beim wunderschönen Anblick ihrer Tochter zusammen und sie verspürte den starken Wunsch, sie ewig beschützen zu können.

«Mom, ich würde heute Abend gerne bei meiner Freundin Sarah essen und anschliessend wollen wir Spiele spielen», sagte Amelia und schaute ihre Mutter fragend an. Nema stöhnte innerlich auf. «Muss das heute sein? Wer passt auf euch auf?»

«Ja, bitte. Sarahs Onkel Lucio, hat sie mir heute mitgeteilt. Der soll echt cool sein.» Aida schaltete sich sofort ein. «Ich könnte mitgehen und dem Onkel so lange Gesellschaft leisten.» Die drei begannen zu lachen.

«Kommt nicht in Frage, dass du Amelia vor ihren Freundinnen blamierst», sagte Nema gespielt tadelnd. «Ich bringe dich hin und dann nehme ich mir den Onkel genau unter die Lupe.» In Gedanken war ihr bereits klar, dass sie und Aida im Auto vor dem Haus dieser Familie sitzen und über Amelia und ihre Freunde wachen würden. Das machte weder ihr noch Aida etwas aus. An Amelias Blick konnte sie erkennen, dass auch ihr das bewusst war. «Das ist nicht nötig. Wirklich.» Dieses Mal war es Aida, die antwortete. «Schatz, es ist sehr wohl nötig. Du bist alles, was wir haben. Das weißt du doch. Da draussen ist es nicht sicher und bevor du nicht weißt, wie man einen Roundhouse-Kick ausübt, werden wir auf dich aufpassen.» Amelia erwiderte Aidas liebevolles Lächeln und nickte verständnisvoll. «Den Kick, von dem du eben geredet hast, musst du mir aber noch zeigen.» Aida nickte zustimmend.

«Natürlich.»

Nema beobachtete die beiden. Für Aida war Amelia genauso eine Tochter wie für sie und daran würde sie um nichts auf der Welt etwas ändern wollen. Sie wusste, dass das nicht selbstverständlich war und dass sie mit einer wunderbaren Familie gesegnet war. Denn das waren sie, eine Familie.

Keine fünf Stunden später war es so weit und Amelia klopfte zusammen mit ihrer Mutter an Sarahs Haustür. Nema spürte den neugierigen Blick von Aida aus dem Auto, die unbedingt wissen wollte, wie denn dieser Onkel aussah. Zu Nemas Überraschung öffnete ein unglaublich heiss aussehender Onkel die Türe, der ihr direkt in die Augen sah. Er grinste leicht und sah dann zu Amelia. «Du musst wohl Amelia sein, komm rein.»

Danach blickte er zu Nema. «Ähm, ich bin Lucio. Wollen sie ebenfalls kurz rein kommen?»

Nema gelang ein schwaches Nicken und sie schalt sich innerlich. Normalerweise brachte sie kein Typ so schnell aus der Fassung und es verschlug ihr ganz bestimmt niemals die Sprache. Reiss dich zusammen, dachte sie und folgte Amelia ins Haus. Der Typ konnte nicht viel älter als sie sein und schien sich seiner Wirkung auf Nema absolut bewusst, denn sein Grinsen verwandelte sich in ein kleines Lachen.

«Ich bin Nema», sagte sie schliesslich mit sicherer Stimme und streckte ihm zur Begrüssung die Hand hin. Lucio nahm sie ohne zu zögern und diese kurze Berührung schien ihr Herz schneller schlagen zu lassen. Was war los mit ihr? Lucio runzelte leicht die Brauen und sah sie mit einem wissenden Blick an. Offensichtlich hatte dieser kurze Kontakt auch in ihm eine unerwünschte Reaktion ausgelöst. Er räusperte sich. «Spezieller Name, aber er gefällt mir. Willst du etwas trinken?», bot er freundlich an.

«Nein, danke. Ich bin ausschliesslich hier um mir einen detaillierten Überblick über die Lage zu verschaffen und ich sehe, dass Amelia hier in keiner Weise in Gefahr ist. Ich denke, ich gehe dann wieder. Falls was ist, hier, meine Nummer», sagte sie mit kühler Stimme und gab ihm einen Zettel mit ihrer Handynummer drauf. Amelia und Lucio sahen sie beide etwas schräg an und sie merkte, dass dies wohl nicht die passenden Worte waren, die man dem sexy Onkel einer Freundin der Tochter sagte, der sich grosszügig als Babysitter für den Abend angeboten hatte. Nun ja, daran liess sich jetzt nichts mehr ändern.

«Na dann, ähm, danke für dein Vertrauen. Einen schönen Abend wünsche ich dir.» Nema nickte, küsste ihre Tochter auf die Stirn und verliess das Haus. Mit hochrotem Kopf lief sie zum Auto, wo sie Aidas offenen Mund bereits aus mehreren Metern Entfernung sehen konnte. Am liebsten wäre sie gar nicht eingestiegen.

«Na so was! Sag mir nicht dieser bombastisch aussehende Onkel hat dein kaltes Herz in wenigen Minuten zum auftauen gebracht?», lachte sie und versuchte ihr Interesse gar nicht erst zu verbergen.

«Nicht wirklich. Er interessiert mich in keiner Weise», antwortete Nema mit noch immer leichtem Herzrasen.

«Ach so. Dann darf ich wohl Amelia in drei Stunden bei Onkel atemberaubend abholen?»

«Nenn ihn nicht so!», sagte Nema lachend, «und von mir aus, tu was du nicht lassen kannst.»

«Also hör mal Schwester», meinte Aida kichernd, «du brauchst nur zu sagen, dass er deiner ist und ich lasse die Finger von ihm. Versprochen.»

«Vielleicht würde es mir schon gut tun, wieder einmal ein wenig Spass zu haben, aber ich denke, er ist nicht der Richtige dafür», sagte sie und wusste nicht, wen sie damit überzeugen wollte, sich selbst oder Aida. Aida schien ihr jedenfalls kein Wort zu glauben.

Sie wechselten das Thema und nach wenigen Minuten redeten sie über alte Zeiten und Feste. Aida, deren wirklicher Name Aidos war, gehörte wie Nema zu den wenigen Personen, die seit langem aufgehört hatten zu altern. Die beiden wurden, genau wie viele Andere ihres Stammes, in der Antike für griechische Göttinnen gehalten. Sie waren Nemesis, die Göttin des gerechten Zornes und Aidos, die Göttin der Scham, die gemeinsam für Gerechtigkeit sorgten. Nichts und niemand konnte sich ihnen während sehr langer Zeit in den Weg stellen und sie waren unzertrennlich, seit sie kleine Mädchen waren. Damals war alles einfacher gewesen, denn die Menschen wussten um ihre Langlebigkeit und achteten sie deshalb umso mehr. Heute würden sie wohl eher wie Insekten unter dem Mikroskop eines wissensgierigen Wissenschaftlers landen, weshalb sie alle paar Jahre einen Ortswechsel vorzogen und ihr Geheimnis strengstens bewahrten. Die Menschen hatten gelernt das zu fürchten, was was sich von ihnen unterschied. Toleranz war nur ein Begriff für eine Einstellung, von der die meisten Menschen dachten, sie besässen sie. Dabei ging oft vergessen, dass viele nur dem gegenüber tolerant waren, das sie kannten. Es war in der heutigen Gesellschaft hoch angesehen, sich unvoreingenommen zu präsentieren und das war auch gut so. Noch immer hatte die Menschheit einen langen Weg vor sich, um der Bedeutung dieses Begriffs würdig zu werden.

Würden sie und Aida sich heute der Welt offenbaren, würden die Menschen ihnen garantiert nicht offen und freundlich gegenübertreten und das, obwohl sie schon so lange unter ihnen lebten. Sie würden sie fürchten und vielleicht auch beneiden. Das war etwas, was ihr lieber erspart blieb.

«Hast du eigentlich wieder einmal versucht, Kontakt zu deiner Mutter aufzunehmen?», fragte Nema nach einer Weile. Aida schüttelte leicht traurig den Kopf.

Aidas Mutter war nicht gerade Mutter des Jahres und hatte ihre Tochter öfters ausgenutzt, als Zeit mit ihr verbracht. Wann immer sie in der Klemme steckte, meldete sie sich. Es gab nicht mehr allzu viele von ihrem Stamm und die wenigen Überlebenden hielten sich gut versteckt. Ab und zu trafen sie auf Ihresgleichen und dann war es immer ein fröhliches, jedoch kurzes, Wiedersehen. Es war nicht sicher für sie, wenn sie in zu grossen Gruppen zusammenlebten. Dennoch fragte sie sich manchmal, wie sich ihr Stamm von geliebten und angebeteten Gottheiten zu im Versteckten lebenden Einsiedlern verwandeln konnten. Es war so unsagbar viel Zeit vergangen.

Aida holte sie aus ihren Gedanken. «Ich lasse die Vergangenheit ruhen. Sie wird sich nie ändern.» Sie holte einmal tief Atem und senkte den Kopf. «Ich glaube, das ist das Schwierige dran, wenn man so ist wie wir. Es gibt einfach zu verdammt viel Zeit, um sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen und sich damit unbewusst die Zukunft zu verbauen.»

Daran war definitiv etwas dran. Aus diesem Grund wollten sie immer in Bewegung bleiben.

«Es ist eine dunkle Versuchung, die tag täglich nach uns ruft und uns dazu verführt, uns in ihr zu verlieren. Wenn wir nicht aufpassen, vergessen wir, dass die Zukunft wichtiger als die Vergangenheit ist. Von der Zukunft hängt unser Glück ab.» Sie sah Nema an, die den Blick in die Ferne gerichtet hatte. Ihre Freundin hatte ja so etwas von recht. An Aidas Blick konnte sie erkennen, dass sie wusste, dass auch Nema noch immer mit den Geistern ihrer Vergangenheit zu kämpfen hatte.

«Zukunft hin oder her, mir würde es schon reichen, in Ruhe in der Gegenwart leben zu können», schnaubte sie. Ihre Freundin verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen. «Diesen Gedanken solltest du wirklich in die Tat umsetzen.»

Die paar Stunden gingen schnell vorüber und es wurde Zeit, Amelia abzuholen. Aida fragte Nema noch einmal: «Ganz sicher, dass du nicht mitkommen willst?»

«Absolut.»

Und so machte sich ihre Freundin auf, den Parkplatz zu überqueren und ihre Nichte abzuholen.

Die Tür öffnete sich und Aidos war bereit, um dem attraktiven Onkel von Sarah zur Begrüssung die Hand hinzuhalten. Statt ihrer Wunschperson öffnete die kleine Sarah die Türe. Sie war so verwirrt, dass sie den scharfen Unterton ihrer Fragen nicht zurückhalten konnte.

«Was ist los? Wo ist Amelia?»

Alarmiert und sofort auf der Hut schob sich Aida an Sarah vorbei und stiess beinahe gegen deren Onkel, der sofort um die Ecke geeilt kam.

«Oh», rutschte es ihr über die Lippen.

«Tut mir leid, ich dachte etwas wäre passiert und ich wollte nur nach dem Rechten sehen.» Während sie das sagte, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Nachdem sie mitbekommen hat, dass Nema sich eben schon ziemlich komisch angestellt hatte, wollte wenigstens sie einen guten Eindruck hinterlassen. Dafür war es jetzt wohl definitiv zu spät. Aber hey, vielleicht mochte er ja Frauen, die ein wenig verrückt waren.

«Und sie sind?», fragte Lucio.

«Ach, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Ich bin Aida, Amelias - »

«Tante», beendete Amelia, die nun ebenfalls um die Ecke gerannt kam, den Satz für sie. Die ganze Situation schien mit jeder Sekunde unangenehmer zu werden. Nema behauptete immer, die Zeit würde so schnell umgehen, dass man es gar nicht merkte. Nun, jetzt gerade schienen die Sekunden nicht zu verstreichen zu wollen. Sie räusperte sich, blickte kurz zu Amelia und nickte ihr zur Begrüssung zu.

«Ach so. Ich bin Lucio, Sarahs Onkel.»

«Ja ich weiss», antwortete Aida und schenkte ihm ihr unwiderstehliches Lächeln, bei dem normalerweise jeder Mann in wenigen Sekunden schwach wurde. Bei ihm schien das nicht wirklich zu funktionieren. Komisch.

«Ich nehme an, Nema wartet dann im Auto. Hattet ihr Probleme mit dem Motor oder so?»

Aida sah ihn verwirrt an. Was für eine merkwürdige Frage. Wenn sie gedacht hatte, sie und Nema wären die einzigen schrägen Personen hier, dann wurde sie wohl gerade eines Besseren belehrt.

«Probleme mit dem Motor? Nein. Wieso?»

«Na weil du und Nema die ganzen Stunden in meiner Einfahrt gewartet habt.»

Anstatt peinlich berührt zu sein, wurde Aida misstrauisch, kniff die Augen zusammen und fauchte ihn an. «Was bist du? Detektiv oder so?» War er eine Gefahr für sie? Aida überkam plötzlich das ungute Gefühl, dass man ihm nicht trauen konnte. Sie und Nema hatten das einzige Fenster des Hauses stets im Blick gehabt, durch das er sie hätte sehen können und sie war sich sicher, dass er an diesem Fenster nicht vorbeigelaufen war. Hinzu kam das besorgniserregende Prickeln, das sich auf ihrem Rücken ausbreitete. Sie wusste, dass sie es wegen Lucio verspürte, doch sie dachte zuerst, dass es aufgrund seines unglaublichen Aussehens gewesen sei. Nun war sie sich sicher, dass ihre Sinne ihr unbewusst mitteilen wollten, dass etwas mit ihm nicht stimmte.

«Ich mag es nicht, wenn man uns nachspioniert. Amelia, wir gehen. Danke, dass Amelia bei dir sein durfte», murmelte sie schliesslich und sah ihn nachdenklich an.

Lucio erwiderte verblüfft einige Abschiedsworte und führte sie in Richtung Ausgang. Vorsichtig schaute er an Aida vorbei zum Auto, in dem Nema sass, die offensichtlich mit Absicht auf ihr Handy starrte. Aida versperrte ihm sofort die Sicht und lächelte ihm noch einmal zu. Sie hoffte, dass es echter aussah, als es sich anfühlte.

Amelia wusste, wenn ihre Mutter oder ihre Tante erst einmal misstrauisch waren, konnte man sie so schnell nicht vom Gegenteil überzeugen, weshalb sie sofort gehorchte und Aida zum Auto zog.

«Na, wie war’s?», fragte Nema freundlich, worauf Amelia sofort zu erzählen begann. Währenddessen bemerkte Nema die missbilligenden Blicke von Aida, jedes Mal wenn Onkel Lucio erwähnt wurde. Gerade eben hatte sie noch total an den Lippen dieses Lucios gehangen und nun sah sie aus, als würde sie am liebsten auf etwas einschlagen.

Zu Hause angekommen, zog Amelia sofort ihr Pyjama an und putzte sich die Zähne. Sie wartete auf Aida und Nema, die ihr eine Geschichte vorlasen, bis sie einschlief. So machten sie das immer, denn Aida und Nema war es wichtig, dass sie viel las. In einem ewigen Leben konnte einem schnell langweilig werden und ein gutes Buch hatte ihnen schon oft Zuflucht in eine neue, bessere Welt geschaffen. Es würde nie genug Zeit geben, um alle spannenden Bücher auf diesem Planeten zu lesen. Das wollte sie ihrer Tochter lieber früher als später mitgeben.

Als Amelia die Augen zugefallen waren, schlichen sich die beiden Freundinnen aus dem Zimmer.

«Was war da los?», flüsterte Nema neugierig und daraufhin erzählte ihr Aida vom komischen Moment mit Lucio und von ihrem unguten Gefühl, was ihn anging. Auch Nema musste zugeben, dass ihr das speziell vorkam und sie beruhigte Aida, indem sie ihr versicherte, dass der heisse Onkel nur zu Besuch da war und normalerweise ihre Eltern auf die Mädchen aufpassten.

«Ich hau mich auch mal aufs Ohr. Hab letzte Nacht nicht allzu viel geschlafen», meinte Aida grinsend und dachte zweifellos an ihr Date zurück. Sie küsste ihre Freundin auf die Wange und machte sich auf den Weg in ihr Schlafzimmer im obersten Stock des grossen Hauses. Auch Nema war müde und sie legte sich ins Bett.

Wiedermal träumte sie von ihrem Exmann John, der sie auf grausame Weise verraten hatte. Er versprach ihr die Welt, versprach ihr seine ewig andauernde Liebe und versprach ihr, ihm vertrauen zu können. Wir bauen uns ein Leben mit Amelia auf. Dann kam er näher, nahm ihr Gesicht in die Hände und Küsste sie. Sofort brannte sie und verspürte eine versengende Lust. Sie erwiderte den Kuss und stiess ihn dann zurück, als sie sich daran erinnerte, was er ihr alles angetan hatte.

Es war immer der gleiche Traum. Bei genauerem Hinsehen jedoch merkte sie, dass es nicht John war, der ihr Honig um den Mund schmierte und sie küsste, sondern Lucio. Schockiert wachte sie aus ihrem Traum auf, sass kerzengerade im Bett und atmete zitternd. Schweiss perlte ihr von der Stirn und ihr Puls raste, als hätte sie gerade eine Stunde Extremsport betrieben. Sie stand auf und schaute auf die Uhr. Na toll, 04:15 Uhr. An Schlaf war jedoch nicht mehr zu denken und so zog sie sich ihren Morgenmantel über, holte sich ihr Buch und lief in die Küche, um sich einen starken Kaffee zu machen.

Sie hatte das oberste Buch auf dem Stapel genommen, ohne zu sehen welches es war. Nun schaute sie auf den Buchdeckel und stöhnte genervt auf. Es war Thomas Hardys Roman «Tess d’Urberville», eines ihrer Lieblingsbücher, aber sie wollte gerade wirklich nichts über Schicksal und Männer lesen. Immerhin lag noch ein Buch von Aida neben der Kaffeemaschine und obwohl sie auch nicht gerade in Stimmung für «Philosophie der alten Griechen» war, fand sie diese Lektüre momentan doch um einiges ansprechender als «Tess».

Mit diesem Gedanken und einer Tasse Kaffee und dem Buch in der Hand lief sie zur Couch und machte es sich dort gemütlich.

Used to be a Goddess

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