Читать книгу Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman - Günter Dönges - Страница 36
ОглавлениеDas schwere Motorrad mit den Scheinwerferbatterien am Lenker und auf dem Rahmen lag umgestürzt auf dem Feldweg und schien eine längere Rutschpartie auf dem harten, ausgetrockneten Boden hinter sich zu haben.
Parker, am Steuer seines hochbeinigen Monstrums, bremste sanft und brachte den Wagen zum Stehen. Gemessen stieg er aus und näherte sich dem Motorrad. Sein Interesse galt allerdings weniger der Maschine als vielmehr dem jungen Mädchen, das am Rand des Feldweges lag und offensichtlich bewußtlos war.
Dieses junge Mädchen, höchstens achtzehn oder zwanzig Jahre alt, trug hautenge Jeans und eine knapp sitzende Lederweste, die sich beim Sturz verschoben haben mußte. Im Näherkommen stellte der Butler fest, daß diese Weste das einzige Bekleidungsstück war, das den Oberkörper verhüllte, beziehungsweise jetzt enthüllte.
Parker beugte sich über das junge Mädchen und zog aus einer der Taschen seiner gestreiften Butlerweste einen kleinen Taschenspiegel. Er brachte ihn in die Nähe der vollen, rot lackierten Lippen der Verunglückten und benutzte anschließend seinen Universal-Regenschirm als Golfschläger. Der bleigefütterte Bambusgriff beschrieb einen Halbkreis und legte sich präzise auf die Stirn des jungen Mannes, der plötzlich hinter dem Butler stand und mit Sicherheit den schweren Schraubenschlüssel benutzen wollte, um Parker hart und brutal niederzuschlagen. Ein Blick in den kleinen Taschenspiegel hatte Parker genügt, um dies zu erkennen.
Wie vom Blitz getroffen sackte der junge, untersetzte und stämmige Mann in sich zusammen.
Dafür sprang das junge Mädchen elastisch hoch und warf sich mit einem wütenden Schrei auf den Butler, der diese Reaktion bereits vorausberechnet hatte. Da Parker gegenüber Frauen aller Altersklassen von ausgesuchter Höflichkeit war, dachte er nicht im Traum an Gegenwehr. Höflich, wie es seiner Art entsprach, trat er im letzten Moment ein wenig zur Seite und ließ das junge Mädchen an sich vorbeipreschen.
Es stolperte über den am Boden liegenden jungen Mann und begab sich auf eine Himmelfahrt. Diese Luftreise endete nach anderthalb Metern auf dem Feldweg in der Art einer Bauchlandung.
»Ich fürchte, Sie echauffieren sich völlig unnötig«, sagte Parker gemessen, als sie sich aufrichtete. »Sollte Ihnen möglicherweise entgangen sein, daß Ihr Begleiter die Absicht hatte, meine bescheidene Wenigkeit niederzuschlagen?«
Sie kniete, öffnete den rotlackierten Mund und starrte den Butler wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt an. Dann lachte sie plötzlich unvermittelt und schüttelte den Kopf.
»Sie sind vielleicht ’ne Type!« meinte sie dann mit rauchiger, dunkler Stimme. »Mann, haben Sie nicht kapiert? Wir testen die Reaktion und Hilfsbereitschaft von Verkehrsteilnehmern. Da hinten steht die versteckte Kamera!«
Sie deutete an ihm vorbei in Richtung einer Baumgruppe und wirkte jetzt völlig normal.
»Da! Sehen Sie doch!« wiederholte sie noch einmal, da Parker ihr keineswegs den Gefallen tat, in die angegebene Richtung zu schauen.
»Interessant«, bemerkte Parker nur höflich.
»Sie werden gefilmt«, steigerte sie.
»Wie schmeichelhaft«, stellte der Butler fest, aber er dachte nicht daran, in die angegebene Richtung zu sehen.
»Mit einer versteckten Kamera«, sagte das junge Mädchen nun schon fast ärgerlich, »mein Gott, sind Sie stur!«
»Ich bedaure es außerordentlich, falls ich mich nicht so verhalten sollte, wie Sie es vorausberechnet hatten«, entschuldigte sich Parker und lüftete seine schwarze Melone.
Sie kam lächelnd näher und wollte ihre Handkante einsetzen. Sie schlug auch zu, doch sie stieß einen Schmerzensschrei aus, als besagte Handkante von dem hochgehaltenen Universal-Regenschirm des Butlers jäh gestoppt wurde.
Sie rieb sich verdutzt die Hand und musterte den Butler dann mißtrauisch.
»Wer – wer sind Sie!« fragte sie und trat sicherheitshalber einen Schritt zurück.
»Mein Name ist Parker, Josuah Parker«, stellte der Butler sich vor, »und mit wem habe ich das, offen gesagt, etwas zweifelhafte Vergnügen?«
»Judy …« Sie sprach nicht weiter und preßte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Sie warf den Kopf in den Nacken und sagte dann wütend: »Scheren Sie sich zum Teufel! Los, worauf warten Sie noch?«
Sie wandte sich halb ab und weinte plötzlich. Ihre schmalen Schultern bebten.
»Darf ich mir erlauben, Ihnen meine bescheidene Hilfe anzubieten?« fragte Parker.
»Hauen Sie ab! Sie widern mich an!«
»Und Sie gingen?« fragte Mike Rander eine knappe Stunde später, nachdem Josuah Parker berichtet hatte. Parker befand sich im Studio seines jungen Herrn und nickte jetzt auf die Frage.
»Das war doch eine ausgemachte Wegelagerei«, stellte der junge Anwalt fest, »warum haben Sie nicht die Polizei verständigt? Warum haben Sie das saubere Pärchen nicht gleich aufs nächste Revier gebracht?«
»Ich wollte gewissen Entwicklungen und Dingen nicht vorgreifen, Sir. Darüber hinaus war ich mir bewußt, daß ich erst Ihren juristischen Rat einzuholen hatte.«
»Sie schwindeln, daß die Balken sich biegen«, meinte Rander spöttisch, »geben Sie doch zu, daß Sie einen neuen Fall wittern!«
»Der sich in der Tat anzubieten scheint, Sir …«
»Wenn schon, Parker, aber wir werden nichts unternehmen. Das nur am Rande und nebenbei.«
»Wie Sie befehlen, Sir!«
»Oder haben Sie schon etwas unternommen?«
»In etwa, Sir, wenn ich es so ausdrücken darf.«
»Und zwar?« Rander verzog sein Gesicht und ahnte, was wieder einmal auf ihn zukam.
»Es ergab sich, Sir, daß ich mir die Seriennummer des Motorrades merken konnte.«
»Na, und?«
»Da es sich um ein ausländisches Fabrikat handelt, Sir, das in Deutschland hergestellt wird, müßte es möglich sein, den Eigentümer festzustellen. Das amtliche Kennzeichen dürfte gefälscht sein!«
»Nicht auf Raten, Parker. Sie haben also schon herausbekommen, wem die Maschine gehört?«
»Ich muß dies frei ein- und zugestehen, Sir.«
»Und wem?«
»Einem gewissen Marty Galbert, Sir.«
»Über den Sie inzwischen bereits alles wissen, was wissenswert ist, wie?«
»Ich hoffe, Sir, Sie verzeihen meine Aktivität.«
»Wer ist dieser Marty Galbert?« Rander seufzte. Er wußte längst, daß er tief in einem neuen Fall saß.
»Der Sohn ungewöhnlich begüteter Eltern, Sir. Mister Arthur Galbert ist Verkaufsmanager einer Autoherstellerfirma. Er wohnt in einem Außenbezirk der Stadt.«
»Sind Sie sicher, daß da keine Verwechslung vorliegt? Die Maschine könnte natürlich auch gestohlen worden sein.«
»Da ich mir erlaubte, Sir, bereits an solch eine Möglichkeit zu denken, würde ich der Familie Galbert gern einen Besuch abstatten. Darf ich davon ausgehen, daß Sie mich im Moment nicht benötigen?«
»Fahren Sie schon los, Parker!« Rander lächelte. »Hoffentlich wurde die Maschine gestohlen. Dann haben wir wenigstens unsere Ruhe!«
Ein breit hingelagertes Haus in einem weiträumigen Park, umgeben von einer halbhohen Steinmauer plus Hecke, das war das Anwesen, das vor Parkers Augen zu sehen war.
Parker steuerte sein hochbeiniges Monstrum durch das geöffnete Tor, über den asphaltierten Weg bis vor das Haus. Hier stieg er aus, ging zur Tür und legte seinen Zeigefinger nachdrücklich auf den Klingelknopf.
Nach dreimaligem Klingeln kam er zu der Erkenntnis, daß das Haus leer sein mußte. Hinter der Tür rührte sich nichts. Da er nun aber schon auf dem Grundstück war, ging er um das Haus, um sich die Rückseite anzusehen.
Hier gab es die obligate Terrasse, das Schwimmbecken und ein kleines Holzhaus.
Hinter dem Schwimmbecken verlief sich der Garten in dichtes Strauchwerk, das das ansteigende Gelände kaschierte. Auch hier war weit und breit, kein Mensch zu sehen.
Parker schritt am Schwimmbecken entlang und näherte sich dem kleinen Holzhaus, das seiner Schätzung nach als Umkleidekabine diente.
Als er die Tür aufzog, wußte er sofort, daß er diese Fahrt nicht umsonst gemacht hatte.
Gegen eine Holzwand gelehnt stand das schwere Krad mit den Scheinwerferbatterien am Lenker und auf dem Rahmen. Eine Verwechslung war ausgeschlossen. Dies war die Maschine, die er auf dem Feldweg gesehen hatte!