Читать книгу Butler Parker Box 11 – Kriminalroman - Günter Dönges - Страница 7

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Parker war recht angetan von jener reizenden Nymphe, die nicht weit entfernt vom Boot sich in den Fluten des Pazifik tummelte und jetzt verspielt-kraftvoll auf ein noch leeres Schwimmfloß zuhielt. Sie fühlte sich völlig unbeobachtet, der aber ignorierte den Butler, der stocksteif, wie es seiner Art entsprach, im Heck des Kabinenkreuzers saß.

An sich wäre der Butler einige Blicke wert gewesen. Trotz der sengenden Nachmittagshitze trug er zur gestreiften Hose den pechschwarzen Zweireiher, eine schwarze Melone und den Eckkragen mit der schwarzen Krawatte. In Griffweite lag ein altväterlich gebundener Universal-Regenschirm, von dem er sich eigentlich nie trennte und von dem sein junger Herr ironisch behauptete, er würde ihn sogar mit ins Bett nehmen.

Trotz der Glut, die vom Himmel zu tropfen schien, war auf dem glatten Pokergesicht des Butlers kein einziges Schweißtröpfchen zu sehen. In seinem Innern schien eine präzis eingestellte Kühlmaschine auf Hochtouren zu arbeiten.

Die Nymphe hatte inzwischen das Schwimmfloß erreicht, schwang sich auf die Planken, richtete sich auf und dehnte und reckte sich. Sie sah bezaubernd aus. Sie trug einen äußerst knappen, sehr französischen Bikini, der kaum noch etwas verhüllte. Sie konnte sich diesen Bikini unbedingt leisten, wie der Butler mit Sach- und Fachkunde feststellte. Sie war mittelgroß, schlank, ohne dabei aber mager zu sein, besaß all jene Rundungen, auf die es ankam, und dazu noch die selbstverständliche Geschmeidigkeit eines jungen Tieres.

Jetzt hatte sie den Butler ausgemacht.

Sie hielt die Hand vor die Augen, um gegen die Sonne besser sehen zu können. Dann lächelte sie amüsiert. Und dieses Lächeln galt bestimmt dem Aufzug, in dem Parker sich bewegte. Dann winkte sie lässig und ließ sich hinunter auf die Planken gleiten. Sie verschränkte die Arme unter dem Kopf, winkelte das rechte Bein an und wurde zu einer unbeweglichen Statue, die sich von der Sonne rösten ließ.

Parker verstieß im Grund gegen seine Prinzipien in Hinsicht Takt und Diskretion, denn er griff nach seinem Feldstecher und richtete die Optik mehr als ungeniert auf die junge Bikini-Schönheit, die seiner gekonnten Schätzung nach etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein mochte. Er bekam sie scharf ins Bild und löste dann auf dem Umweg über einen Knopfdruck ein Foto aus. In Parkers Feldstecher befand sich, was eigentlich schon selbstverständlich war, ein eingebauter Fotoapparat. Dieses Gerät hatte ihm in der Vergangenheit schon häufig recht wertvolle Dienste geleistet.

Parker schoß insgesamt drei weitere Aufnahmen, zumal die junge Dame sich nun beobachtet fühlte und sich aufgerichtet hatte. Sie winkte ihm erneut zu und amüsierte sich. Sie sah in Parker wohl einen alten Lebemann, der sich an den schwungvollen Linien eines jungen Körpers erfreuen wollte.

Im Gegensatz zu Parker sah sie die Nixe, die wenige Meter hinter dem Heck des Bootes auftauchte, in dem Parker saß. Diese Nixe trug Maske und Luftschlauch. Sie versorgte sich mit Sauerstoff aus einer Preßluftflasche, was alles noch als normal zu bezeichnen gewesen wäre.

Daß sie aber die Unterwasserharpune auf Parker richtete, war schon nicht mehr normal. Und auch von einem dummen Zufall konnte keine Rede mehr sein. Sie schien es darauf abgesehen zu haben, Parker, die Harpune in den Rücken zu jagen.

Und die Nymphe auf dem Floß, die dies alles deutlich sehen mußte, winkte nur lächelnd und harmlos …

*

Anwalt Mike Rander unterhielt sich um diese Zeit mit Herbert F. Anders, dem Präsidenten der Handelskammer von Los Angeles. Anders, ein großer, massiger Mann, etwa sechzig Jahre alt, mit wasserblauen, wachen Augen, hatte sich in Rage geredet.

„… ganz klarer Fall, Mister Rander, daß wir es hier im Bereich unserer Handelskammer mit organisierter Spionage zu tun haben. Ein Zweifel ist da völlig ausgeschlossen. Die Alarmmeldungen der angeschlossenen Firmen häufen sich Und wir stehen nach wie vor vor einer Wand. Wir haben nicht die geringste Ahnung, wie die Unterlagen über Forschungsergebnisse, Entwicklungen und Produktionstechniken beschafft werden.“

„Was sagt die Polizei?“ Mike Rander, der einen saloppsitzenden, hellgrauen Anzug trug, saß Anders gegenüber, und rauchte eine Zigarette. Er dachte an seinen Butler und an gewisse Vorbereitungen, die er und Parker bereits getroffen hatten. Dieses Gespräch hier mit Präsident Anders diente nur dazu, vertragliche Dinge zu regeln. In solchen Sachen war Mike Rander, der ja schließlich Anwalt war, sehr genau.

„Die Polizei ermittelt nun schon fast fünf Monate“, entgegnete Präsident Anders, „sie ist bisher, keinen Schritt vorangekommen. Alle Spuren verliefen im Sand. Unsere einzige Rettung sind Sie, Mister Rander.“

„Sprechen Sie lieber mit meinem Butler und halten Sie sich an ihn, Mister Anders!“ Rander lächelte. „Parkers Hobby ist die Klärung von Kriminalfällen aller Art. Und bisher hat er es eigentlich immer noch geschafft.“

„Ihr Butler?“ fragte Anders gedehnt zurück. Auch er hatte zu Hause einen Butler, doch der hatte nichts anderes zu tun, als zu servieren.

„Mein Butler“, bestätigte Rander sicherheitshalber noch einmal. „Sie werden ihn eines Tages kennenlernen, denke ich. Aber zurück zu Ihren Sorgen. Haben Sie eine Liste der Firmen, die bisher geschädigt worden sind?“

„Diese Liste ist von meiner Privatsekretärin schon vorbereitet worden.“

„Wie sind die ausspionierten Dinge ans Tageslicht gekommen. Mister Anders?“

„Sehr einfach. Wenn die geschädigten Firmen ihre internationalen Patente anmelden wollten, lagen bereits fast gleichlautende Patentanmeldungen vor oder waren sogar schon erteilt worden. Immer mit einem Vorsprung von nur wenigen Wochen. Sie können sich die Verwicklungen, Rechtsstreitigkeiten und Vergleiche ja wohl vorstellen. Wir müssen diesem Treiben endlich ein Ende bereiten, Mister Rander.“

„Besteht in Ihrem Haus ein bestimmter Verdacht? Oder vielleicht nur ein vager?“

„Ich sagte schon, wir stehen vor einem Rätsel, Mister Rander. Und ich kann Ihnen nicht mit dem kleinsten Hinweis dienen. Wären Sie bereit, diese Aufgabe zu übernehmen?“

„Um ehrlich zu sein, Mister Anders, an diesem Fall arbeiten mein Butler und ich bereits.“

„Wie bitte?“ Anders’ Stimme klang gedehnt.

„Wir arbeiten bereits an diesem Fall“, erklärte Rander erneut. „Eine der geschädigten Firmen hat sich bereits mit Parker und mit mir in Verbindung gesetzt.“

„Darf man fragen, um welche Firma es sich da handelt?“

„Aber selbstverständlich. Es ist die Universal Painting Company, drüben in Burbank.“

„Ich verstehe. Gerade diese Firma ist ungemein geschädigt worden. Sie arbeitete an einem Lack, der Muschelbildung in tropischen Gewässern absolut verhindert. Für die internationale Schifffahrt von einmaliger Bedeutung. Denken Sie an die Rumpfüberholung der Schiffe, die schon nach wenigen Pazifikfahrten notwendig ist. Diese Millionenkosten sind nun einzusparen!“

„Dieser Lack war noch nicht restlos fertig“, gab Rander zu bedenken. „Er stand dicht vor der letzten Formel!“ „Diese letzte Zusammensetzung wird gefunden werden, verlassen Sie sich darauf!“ Anders nickte nachdrücklich. „Diejenigen Gruppen, die die bisherigen Formeln zu diesem Lack auf gekauft haben, werden auch den Rest schaffen.“

„Sieht so aus“, meinte Rander zurückhaltend.

„Können Sie dennoch für die Handelskammer tätig werden, obwohl die Universal Painting Company bereits Ihr Vertragspartner geworden ist?“

„Die Firma ist einverstanden. Über die Kosten werden wir bei Erfolg noch sprechen, Mister Anders. Mein Büro in Chikago wird Ihnen die Verträge zusenden.“

„Und wann, glauben Sie, könnten Sie diesen Spionagering gesprengt haben? Um solch einen Ring handelt es sich nämlich, das ist meine feste Überzeugung.“

„Wegen des Termins werde ich mit meinem Butler sprechen“, schloß Mike Rander die Unterhaltung. „Vielleicht nennt er einen Termin, der uns alle überrascht!“

„Rechnen Sie mit Mord?“ erkundigte sich Anders vorsichtig. „Hier dürften Gegner sein, die keine Rücksichten kennen.“

„Mit Mord sollte man in diesem Beruf eigentlich immer rechnen“, antwortete Rander lächelnd, „aber an Drohungen gewöhnt man sich mit der Zeit. Versuche dieser Art haben sogar einen großen Vorteil …“

„Sie sehen darin einen Vorteil?“ Anders wunderte sich.

„Natürlich!“ Mike Rander stand auf und ging zusammen mit Anders hinüber zur Tür des großen, imposant eingerichteten Büros. „In solch einem Fall verläßt der bisher unbekannte Täter nämlich seine Deckung und setzt die ersten Spuren.“

„Geht diese Rechnung immer auf?“ fragte Anders.

„Nur dann, wenn man solch einem Mordanschlag nicht zum Opfer fällt“, schloß Mike Rander, „aber dagegen kann man ja etwas tun!“

*

Die Unterwassernixe korrigierte noch einmal die Richtung und feuerte dann ihre Harpune ab.

In Sekundenbruchteilen zischte sie durch die Luft. Direkt auf den Rücken des Butlers zu.

Bevor sie allerdings zu treffen vermochte, hatte der Butler sich entschlossen, den Gruß der Nymphe auf dem Wasserfloß zu beantworten. Dazu hatte er nach seiner Melone gegriffen, sie höflich gelüftet und dabei eine dezente Verbeugung angedeutet.

Und genau diese leichte Verbeugung rettete ihm das Leben, ruinierte dafür aber seinen schwarzen Zweireiher. Die Harpune zischte über sein linkes Schulterblatt hinweg und riß das Jackett auf. Parker, der zwar völlig überrascht wurde, rutschte sofort gekonnt in sich zusammen, ohne dabei allerdings überhastet zu wirken. Seine Bewegungen blieben würdevoll und gemessen.

Die etwas aus der Richtung gekommene Harpune landete im splitternden Holz des niedrigen Kajütenaufbaus und blieb federnd und zitternd stecken.

Die Nymphe im Hintergrund schien noch gar nichts mitbekommen zu haben. Sie winkte allerdings nicht mehr, sondern kniete nieder und verlor jedes weitere Interesse an Parker.

Der Butler war indigniert, als er die Harpune begutachtete. Sie hätte vollkommen ausgereicht, ihn zu durchbohren. Und sie war in voller Absicht auf ihn abgefeuert worden. Daher blieb der Butler erst einmal in Deckung und wartete der Dinge, die da wahrscheinlich noch kommen mußten.

Er brauchte nicht lange zu warten.

Neben dem Bootsrumpf hörte er ein zusätzliches Plätschern, dann ein schnelles, heftiges Atmen. Ein nackter Unterarm langte über den Bordrand, dann stemmte sich ein nackter Oberarm auf und anschließend war das Rüsselgesicht eines Unterwasserschwimmers zu sehen.

Parker genierte sich nicht lange.

Er griff herzhaft und mit Nachdruck zu.

Ein erschreckter Aufschrei war zu hören. Heftiges Wehren erfolgte. Doch der Butler, ließ sich nicht beeindrucken. Er brauchte sich noch nicht einmal sonderlich anzustrengen, um die Nixe zu bergen.

Strampelnd landete sie an Bord, blieb einen Moment lang auf dem Boden des Außenborders liegen, um dann aber wütend aufzuspringen. Dabei griff die erstaunlich gut gewachsene Nixe nach ihrem scharfen Kappmesser.

„Ich muß feststellen, Madam, daß Ihre Haltung die notwendige Würde vermissen läßt“, sagte Parker und griff seinerseits nach seinem Universal-Regenschirm.

„Ich, ich bringe Sie um!“ keuchte die Nixe, die das Mundstück des Atemgeräts ausgespuckt hatte, aber noch die Preßluftflasche trug, die sie behinderte. Die langen Flossen an den Füßen der jungen Schwimmerin waren ebenfalls ungeeignet, auf das Tempo zu drücken.

„Ich möchte unterstellen, daß Sie diesen Versuch bereits unternahmen“, sagte Parker und ließ die Spitze seines Regenschirms nach vorn schnellen.

Die Nixe wich zurück, wollte sich aber erneut auf den Butler stürzen. Parker, dem Auseinandersetzungen dieser Art verhaßt waren, wußte sich zu helfen. Erneut schnellte die Spitze des Regenschirms vor.

Die Nixe merkte zuerst überhaupt nicht, was sich getan hatte. Dann allerdings stieß sie einen erstickt-überraschten Aufschrei aus und fingerte hastig nach ihrem kleinen, fest sitzenden Büstenhalter, der nun nicht mehr fest saß. Die Regenschirmspitze hatte einen Träger gelöst, worauf die Gesamtkonstruktion nachgab.

„Ich bedaure außerordentlich, daß ich zu diesen Maßnahmen greifen mußte“, murmelte der Butler leicht verschämt. „Bitte, zwingen Sie mich nicht, auch weiterhin auf diesen! Spezialgebiet tätig zu werden!“

Ob die Nixe überhaupt zuhörte, war mehr als fraglich. Sie kämpfte mit dem Büstenhalter, vergaß darüber ihr Kappmesser und war nur noch eine junge Frau, die ein gewisses Schamgefühl zeigte.

„Falls es Ihnen hilft, Madam, könnte ich Ihnen eine Sicherheitsnadel verschaffen“, sagte der Butler, seine Dienste anbietend.

„Scheren Sie sich zum Teufel“, fauchte sie gereizt und entschloß sich, die Arme vor der Brust zu kreuzen, da der Träger nicht mehr zu reparieren war.

„Ich kann verstehen, Madam, daß Sie einem alten, müden und verbrauchten Mann gram sind“, gab der Butler gemessen zurück, „aber ich kann nicht verstehen, warum Sie mich umbringen wollten.“

Sie erinnerte sich wohl ihres Auftrages.

Sie wollte wieder aufspringen und nach dem Kappmesser greifen. Aber dann besann sie sich im letzten Moment auf ihr fehlendes Kleidungsstück und blieb sitzen.

„Dafür werden Sie noch büßen“, verhieß sie und sah sich dabei unentschlossen in der Runde um. Wartete sie auf Hilfe? Trieb sich eine weitere Nixe im Wasser herum?

Parker gestand sich ein, daß er von der jungen Dame abgelenkt worden war. Es wurde höchste Zeit, Zusätzliches für seine Sicherheit zu tun.

„Dort!“ sagte er, als habe er gerade etwas entdeckt. Gleichzeitig wies er mit dem Regenschirm auf den weiten Pazifik hinaus. Die halb entblößte Nixe fiel auf diesen Trick herein und nahm den Kopf herum.

Nun hatte der Butler Zeit und Gelegenheit, seinen Feldstecher noch einmal einzusetzen. In knapp einer Sekunde hatte er nun auch die junge Unterwassernixe fotografiert.

Sie merkte wohl, daß etwas nicht stimmte. Sie hatte wohl eingesehen, daß ihr nur noch die Flucht blieb. Sie schnellte plötzlich hoch und warf sich rücklings ins Wasser. Rauschend schlug das Wasser über ihr und dem Preßluftgerät zusammen. Sie ging sofort auf Tiefe und verschwand aus Parkers Sicht.

Der Butler barg die Harpune, schüttelte indigniert den Kopf und betrachtete sich auch das zurückgelassene Kappmesser. Mit solch einem Angriff hatte er keineswegs gerechnet. Gewisse Kreise schienen also sehr daran interessiert zu sein, ihn so schnell wie möglich ins Jenseits zu befördern. Die bisher entdeckten und aufgenommenen Spuren mußten demnach gut sein.

Er hielt Ausschau nach der Nymphe auf dem Floß.

Das Badefloß war leer.

In Richtung Strand entdeckte er die Nymphe, die schnell und kraftvoll auf den weißen Strand zuhielt. Fühlte sie sich wie die Nixe hier draußen nicht mehr sicher?

Parker nahm sich vor, ihr seine Hilfe anzubieten. Vielleicht ließ sie sich dazu überreden, zu ihm ins Boot zu steigen.

Doch ein anderes Boot war wesentlich schneller. Es tauchte aus dem Sonnenglast, der über dem Wasser lag, wie eine Erscheinung auf, preschte an die Schwimmerin heran und verhielt kurz. Dann, mit rauschender Bugwelle, jagte es direkt auf den Außenborder des Butlers zu.

Josuah Parker machte sich keine Illusionen. Situationen dieser Art waren ihm nicht unbekannt. Nun sollte wohl der nächste Versuch erfolgen, ihn ins Jenseits zu befördern. Er war froh, daß er seinen kleinen, schwarzen Spezialkoffer vor diesem Ausflug befragt hatte!

*

Die Absicht wurde immer unverkennbarer.

Das Schnellboot, wesentlich kleiner als der Außenborder, in dem der Butler saß, korrigierte noch einmal seinen Kurs und nahm die Jagd auf. Es kam ungemein rasch näher. Und vorn in der Bootsspitze richtete sich ein Mann auf, der eine Tauchermaske trug, damit man sein Gesicht nicht erkennen konnte. Er hielt eine Maschinenpistole in der Hand und wartete auf seine Gelegenheit. Noch war die Distanz zu groß, um das Feuer zu eröffnen.

Parker hatte nun wirklich keine Lust, sich als Zielscheibe anzubieten, obwohl er sonst ein durchaus gefälliger und höflicher Mensch war.

Er hatte sich ja erfreulicherweise vor der Fahrt aus seinem Spezialkoffer versorgt und wieder einmal die richtigen Utensilien ausgewählt. In solchen Fällen verfügte er erwiesenermaßen über einen ausgeprägten siebten Sinn.

Parker nahm seine schwarze Melone ab und griff in die Wölbung hinein, die mit Stahlblech ausgefüttert war, was von außen natürlich nicht zu sehen war. Er löste einen kugelschreiberlangen Blechzylinder aus einer Spezialhalterung. Dieser Zylinder hatte den Durchmesser einer gewöhnlichen Eieruhr.

Parker verdrehte die beiden Hälften dieses Zylinders gegeneinander und warf ihn dann weit ins Meer, genau zwischen sich und den heranpreschenden Flitzer.

Der Effekt war erstaunlich, fast herzbeklemmend.

Als der Blechzylinder auf dem Wasser aufschlug, platzte er mit einem dumpfen Knall auseinander. Gleichzeitig schoß eine Art Feuerwand hoch von etwa drei Meter Höhe. Dieses Feuer verwandelte sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in eine dichte Nebelwand.

Der Flitzer versuchte abzudrehen. Doch dazu war das kleine Boot zu schnell, hatte zu große Fahrt. Es raste in diese Feuernebelwand hinein und zog Feuer an.

Parker hatte beigedreht und wartete darauf, helfend eingreifen zu können. Er hatte sich diese Feuernebelbombe von einem phantasiebegabten Chemiker entwickeln und herstellen lassen. Hier draußen auf dem Pazifik erlebte diese Waffe ihre erste Feuertaufe. Und das in des Wortes wahrster Bedeutung!

Der Flitzer kam aus der Nebelwand heraus und brannte lichterloh. Der Mann, der die Maschinenwaffe in der Hand gehabt hatte, klopfte an seiner rauchenden und brennenden Sommerkleidung herum. Das Boot schlug Haken wie ein verfolgter Hase und erreichte offenes Wasser, ohne daß das Feuer aber erloschen wäre.

Daraufhin entschlossen sich die Insassen, schleunigst ins Wasser zu hüpfen. Zwei Männer und die Nymphe vom Badefloß erledigten das mit erstaunlicher Schnelligkeit. Das führerlose Boot aber jagte hinaus in den Sonnenglast und war bald nicht mehr zu sehen.

Parker umfuhr die Brandstelle und näherte sich den drei Schwimmern, Sie machten einen leicht deprimierten Eindruck.

Parker lüftete seine Melone.

„Darf ich mir erlauben, Ihnen meine Hilfe anzubieten?“ erkundigte er sich.

„Los, Mann, holen Sie uns hier ’raus!“ rief ihm einer der beiden jungen stämmigen Männer verärgert zu, „machen Sie schon!“

„Ladies first“, antwortete Parker zurückhaltend, „die Dame zuerst, wenn ich darauf hinweisen darf …

Sie stand noch unter dem Schock der Ereignisse. Sie streckte ihren Arm hoch und ließ sich von Parker an Bord ziehen. Bei der Gelegenheit stellte der Butler fest, daß der an sich schon knappe Bikini einige Brandlöcher davongetragen hatte. Abgesehen von einigen Brandblasen, die sich bestimmt noch bildeten, war die Frau aber unverletzt. Sie ließ sich erschöpft und beeindruckt auf dem Boden des Bootes nieder und schnappte nach Luft.

„Na, worauf warten Sie noch?“ rief der zweite der beiden Männer böse zu Parker herüber, „wie lange sollen wir noch Wasser treten?“

„Das hängt davon ab, wann man Sie auffischt“, sagte der Butler, „im Interesse der Ruhe und des Friedens muß ich darauf verzichten, Sie an Bord zu nehmen. Ich hoffe, Ihnen ist mit zwei Rettungsringen gedient, die Sie bestimmt über Wasser halten werden!“

Klatschend landeten die beiden angekündigten Rettungsringe neben den Kanalschwimmern. Dann drehte Parker das Boot ab und verließ die Badestelle. Ihn interessierte zur Zeit nur die hübsche Nymphe, die er ja nicht umsonst hinaus aufs Wasser verfolgt hatte …

*

Parker nahm sich Zeit, zum Yachthafen zu kommen.

Die Nymphe mit dem leicht versengten Bikini hatte sich inzwischen von ihrem Schock erholt. Parker hatte ihr ein Badelaken geliefert, in das sie sich einhüllte.

„Was hat das alles zu bedeuten?“ fragte sie mit noch belegter Stimme.

„Zu meinem Leidwesen sehe ich mich außerstande, darauf konkret zu antworten“, sagte der Butler, „Ihnen wird allerdings nicht entgangen sein, daß man die feste Absicht hatte, meine bescheidene Wenigkeit zu ermorden. Und zwar erst auf dem Umweg über eine Unterwasserharpune, dann mittels einer Maschinenpistole!“

„Es, es war schrecklich, als die beiden Männer mich an Bord holten“, gab sie stockend zurück, „sie rissen mich einfach aus dem Wasser. Und dann rasten sie auf Sie zu!“

„Ich möchte als sicher unterstellen, daß Sie die beiden Männer natürlich nicht kannten.“ Parkers Stimme verriet höfliche Ironie.

„Ich hatte sie wirklich vorher noch nie gesehen“, gab sie zurück.

„Darf ich weiter annehmen, daß Sie die Unterwasserschwimmerin ebenfalls nicht gesehen haben?“

„Nein! Wirklich nicht! Wer sind Sie eigentlich?“

„Parker mein Name, Josuah Parker. Ich habe die Ehre, für Mister Rander als Butler meine bescheidenen Kräfte einsetzen zu dürfen.“

„Ich dachte mir gleich, daß Sie Butler sind!“ Sie lächelte schwach. „So wie Sie sehen die Butler immer in Filmen aus.“

„Ich freue mich, daß ich diesen Vorbildern nahekomme, Miß …?“

„May Clark“, stellte sie sich vor, „ich bin Sekretärin.“

„Ein interessanter Beruf“, bemerkte der Butler und verschwieg, daß er ihren Namen bereits seit einigen Tagen kannte. Er verschwieg auch, daß er noch mehr über sie wußte.

„Setzen Sie mich doch am Landungssteg ab“, bat sie, „für heute ist mir die Lust an meinem freien Nachmittag vergangen.“

„Ich werde Sie selbstverständlich nach Hause bringen“, schlug Josuah Parker vor.

„Nein! Nein!“ Sie schüttelte hastig den Kopf, „ich komme schon allein zurecht, Mister Parker. Vielen Dank noch einmal für Ihre Hilfe!“

„Darf man fragen, für welche Firma Sie tätig sind?“

„Für die Universal Painting Company“, antwortete sie. Dabei sah sie ihn etwas unsicher und irgendwie lauernd dazu an. „Sie werden diese Firma bestimmt nicht kennen.“

„Ich erinnere mich schwach, diesen Firmennamen schon einmal gehört zu haben“, meinte der Butler leichthin. „Bestehen Sie darauf, die Polizei zu informieren? Ich meine, was diesen schrecklichen Vorfall auf dem Wasser angeht?“

„Warum eigentlich?“ Sie lächelte etwas müde, „das gibt doch nur unnötige Fragen, die nichts einbringen. Wenn Sie nicht darauf bestehen. Mister Parker, dann könnten wir eigentlich …“

„Ich schließe mich Ihrer Meinung selbstverständlich an“, sagte Parker.

„Und ich möchte Sie doch bitten, mich nach Hause zu bringen“, schlug sie nun überraschend vor. „Irgendwie habe ich Angst. Ich muß immer wieder an diese beiden schrecklichen Männer denken. Mit ihren Tauchermasken sahen sie schauderhaft aus.“

„Es wird meiner bescheidenen Person eine Ehre und ein Vergnügen sein. Sie zu begleiten“, bedankte sich Parker.

*

Das junge Paar im kleinen Sportwagen hatte sehr mit sich zu tun. Die Umwelt schien vergessen zu sein. Sie hatten die Köpfe zusammengesteckt und sprachen leise miteinander. Und beobachteten dabei die Zufahrt zum Yachthafen von Long Beach.

„Da kommen sie!“ flüsterte die junge Dame und küßte ihren Begleiter zärtlich und mit Hingabe. Dann gluckste ein Lachen in ihr hoch und schüttelte sie wenig später. Sie drückte ihren Begleiter zurück, schüttelte nicht begreifend den Kopf und sagte: „Das kann doch nicht wahr sein. Sieh dir das Möbel an, Jeff!“

Jeff riskierte ebenfalls einen Blick und weitete die Augen.

„Das sowas überhaupt noch fährt!“ meinte er dann verwundert und verfolgte das Vehikel mit seinen Augen, das dort auf fast lastwagengroßen Rädern vorbeirollte.

Es handelte sich um Parkers Privatwagen, ein ehemaliges Taxi aus London, das nach seinen speziellen Wünschen umgebaut worden war. Dieser Wagen war im Grund eine einzige Überraschung auf Reifen. Entsprechend dem starken Rennmotor war auch das Fahrgestell nachträglich ausgelegt worden. Die Unzahl der kleinen Hebel, Kippschalter und Bedienungsknöpfe auf dem Armaturenbrett lösten ganz nach Wunsch diverse Überraschungen aus.

Äußerlich gesehen schienen die Motten an diesem Gefährt genagt zu haben. Der eckige, kastenförmige Aufbau, typisch für die Taxis in London, war vom Rost angefressen und notdürftig wieder instandgesetzt worden.

Am Steuer dieses Monstrums – anders war dieser Wagen beim besten Willen nicht zu bezeichnen – saß Josuah Parker in seiner bereits bekannten, stocksteifen Haltung. Der Universal-Regenschirm stak in einer Klemmvorrichtung seitlich neben dem Steuer. Und neben Parker hatte es sich die Nymphe May Clark bequem gemacht. Sie sah etwas unglücklich aus. Solch einen Wagen hatte sie ganz sicher nicht erwartet.

„Scheint draußen nicht geklappt zu haben“, stellte Jeff Halton fest, „der Kerl lebt ja noch!“

„Und sieht verdammt gesund aus“, erklärte Joyce Stafford in etwas rüder Sprache, „was mag da draußen passiert sein?“

„Werden wir gleich wissen. Wir hängen uns an den Schnüffler, klar?“

Er wartete die Antwort nicht ab, ließ den Motor anspringen und verfolgte das hochbeinige Monstrum, das sie bereits passiert hatte. Dabei hatte May Clark ihnen einen schnellen, etwas hilflosen Blick zugeworfen, der in Anbetracht der Lage sogar verständlich war.

Jeff Halton und Joyce Stafford hätten überhaupt keine Mühe, Parkers Wagen zu folgen. Er bewegte sich scheinbar mühevoll durch den Verkehr und schien auf dem letzten Loch zu pfeifen.

„Er bringt May nach Hause“, stellte Joyce Stafford nach zehn Minuten Verfolgung fest, „was meinst du, Jeff, versuchen wir’s dann? Kann doch nicht besonders schwer sein!“

„Und ob wir es versuchen werden.“ Jeff Halton grinste, „damit verschaffen wir uns bei der Leitung Pluspunkte, die sich gewaschen haben. Gib das mal durch! Die Leitung muß Bescheid wissen, was wir Vorhaben!“

Joyce Stafford ließ sich tiefer in den Sitz gleiten und griff nach dem Autotelefon …

*

Mike Rander hatte es sich in seinem Hotelzimmer bequem gemacht. Er bewohnte einen kleinen Doppelbungalow in Strandnähe und hatte von der Terrasse aus einen wunderbaren Blick hinüber zum Sandstrand. Dennoch herrschte hier im Hotelpark, in dem die Bungalows standen, Ruhe. Zur Straße hin wurde das Grundstück durch eine niedrige Mauer mit hoher Hecke abgeschirmt.

Rander ging methodisch vor.

Nach seinem Besuch bei Herbert F. Anders, dem Präsidenten der Handelskammer, hatte er sich die Liste der bisher geschädigten Firmen aushändigen lassen. Diese rief er nun der Reihe nach an und sprach mit den betreffenden Firmenleitern. Er bereitete damit den Boden vor. Er stellte sich als Rander vor, sprach von seiner Unterhaltung mit Anders und ließ deutlich werden, daß er den Industriespionen ans Leder wollte.

Verständlicherweise waren die Antworten erst einmal zurückhaltend. Mike Rander bat seine Gesprächspartner, sich umgehend mit Anders in Verbindung zu setzen, damit seine Identität geklärt wurde. Anschließend wollte er sich erneut melden und dann Termine ausmachen. Mike Rander ging es darum, gewisse Interna der Firmen zu erfahren. Dazu brauchte er Vertrauen auf der Gegenseite und freie Hand.

Nach etwa sechs Anrufen gönnte er sich eine kleine Pause und ließ sich per Telefon mit der Hotelbar verbinden. Er bat um frischen, heißen Kaffee. Er lehnte sich im Sessel zurück und zündete sich eine Zigarette an.

Was wird Parker machen, fragte er sich. Ob es ihm gelungen ist, den gesuchten, ersten Kontakt herzustellen?

Es klopfte an der Tür.

„Herein!“ Rander rechnete mit dem heißen Kaffee und drehte sich nicht weiter um. Er spähte hinaus zum Strand und zuckte zusammen, als ein harter Gegenstand gegen seinen Rücken gepreßt wurde.

„Keine Dummheiten“, warnte eine rauhe Stimme, „schön brav die Hände heben!“

„Darf ich mich wenigstens umdrehen?“ fragte Rander. Er bemühte sich, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen.

„Aber ganz langsam!“

Rander drehte, sich langsam um und sah sich einem mittelgroßen, schlanken Mann gegenüber, der etwa vierzig Jahre alt sein mochte. Er trug helle Ferienkleidung und eine Sonnenbrille, die sein Gesicht zu einem guten Drittel verdeckte.

„Was wollen Sie?“ fragte Rander weiter.

„Sie zu einer kleinen Fahrt einladen, Rander. Sie haben doch hoffentlich nichts dagegen, oder?“

„Wie sollte ich?“ Rander deutete mit dem Kinn hinunter auf den 38er in der Hand des Mannes. „Diese Argumente haben mich bisher immer noch überzeugt. Wohin soll’s denn gehen?“

„Wollen Sie sich denn gar nicht überraschen lassen?“ Die Stimme des Mannes klang etwas höhnisch und aufreizend. „Sie werden vorausgehen, ich bleibe dicht hinter Ihnen. Wenn Sie mir Ärger machen wollen, schieße ich Sie nieder! Sofort!“

„Ich glaube Ihnen jedes Wort. Aber ich muß doch ehrlich sagen, daß ich überrascht bin.“

„Worüber?“

„Daß gewisse Industriespione so schnell schalten!“

„Dann werden Sie sich gleich noch mehr wundern, Rander. Los jetzt, wir wollen es nicht unnötig spannend machen!“

Rander hatte seine Chancen abgeschätzt. Ein Überraschen des Gegners war nicht möglich. Dieser Mann mußte auf jeden Fall schneller sein. Nun galt es, die Nerven zu behalten.

In diesem Moment tat sich etwas, womit der Besucher und Rander nicht gerechnet hatten.

Die Tür zum Wohnraum wurde nun schwungvoll aufgestoßen.

„Der Kaffee!“ sagte dazu eine frische, gutgelaunte Stimme.

Der Besucher fuhr herum, stieß mit dem Tablett zusammen, auf dem die Thermoskanne mit dem heißen Kaffee stand, und verlor für einen kurzen Moment die Übersicht, zumal der heiße Kaffee oben aus der aufgeschraubten Öffnung schwappte und ihm das Oberhemd verdarb.

Mike Rander nutzte eiskalt seine Chance.

Er erledigte die Affäre mit einem schnellen, harten und gekonnten Handkantenschlag. Der Besucher rutschte sofort in sich zusammen und kam nicht mehr dazu, seine Waffe zu benutzen.

„W… w… was ist denn hier los?“ stotterte der Kellner und sah verdutzt auf den ohnmächtigen Besucher hinunter, neben dem der 38er lag.

„Wir proben für’s Fernsehen“, frotzelte Rander, um dann aber sofort wieder ernst zu werden, „kleiner Überfall am späten Nachmittag. Ich muß schon sagen, daß Ihre Hotelleitung allerhand zur Unterhaltung der Gäste tut!“

„Ich … wir … ich …“

„Schon gut“, sagte Rander, „rufen Sie den Hoteldetektiv und verständigen Sie die Polizei! Drüben auf dem Sideboard steht das Telefon!“

Während der Kellner zum Telefon rannte, untersuchte Rander die Taschen seines jetzt friedlich schlafenden Besuchers.

*

„Ich hoffe, Miß Clark, ich war in der Lage, Ihnen ausreichenden Komfort zu bieten.“

Parker stand neben seinem hochbeinigen Monstrum und reichte May Clark die Hand. Sie wirkte etwas verlegen, als sie ausstieg. Wahrscheinlich war sie soviel Höflichkeit nicht gewohnt. Sie sah an ihm vorbei hinunter auf die Straße.

Parker stand vor der Rückseite eines alten, ausgedienten Hotels, das in ein Apartmenthaus umgewandelt worden war. Das alte Hotel war wirklich nicht der geeignete Rahmen für die reizende Nymphe, die der Butler aus dem Wasser geborgen hatte.

Plötzlich hatte sie es sehr eilig, ins Haus zu kommen. Sie verabschiedete sich hastig von Parker.

„Ich muß jetzt gehen“, sagte sie, „vielen Dank!“.

Bevor Parker antworten konnte, ging sie sehr schnell auf den rückwärtigen Eingang zu und ließ den Butler allein zurück. Er stand auf einem recht engen Hof, der von Brandmauern umgeben war. Im Grund handelte es sich um eine Fälle, aus der es kein Entwischen gab, falls der Fallensteller es nur etwas geschickt anfaßte.

Und wie geschickt er war!

Der Sportwagen stand quer zur Ausfahrt und blockierte den Rückweg zur Straße. Jeff Halton stieg aus dem Wagen und ging langsam, aber ziemlich unauffällig auf die Hotelrückfront zu. Parker und das hochbeinige Monstrum schien er überhaupt nicht zu bemerken.

Und genau das war es, was dem Butler auffiel, zumal ihm während der Fahrt der Sportwagen nicht entgangen war. Er hatte sich immer wieder im Rückspiegel des Wagens sehen lassen. Der Butler wußte also Bescheid.

Auch er benahm sich unauffällig!

Um jedem geplanten Feuergefecht aus dem Weg zu gehen, bestieg er seinen Wagen und setzte sich ans Steuer. Dann machte er sich daran, das hochbeinige Monstrum zu wenden. Als er das hinter sich gebracht hatte, stand Jeff Halton winkend seitlich neben dem Wagen. Er schien etwas fragen zu wollen.

Parker lüftete höflich seine Melone und beugte sich vor. Die Scheibe ließ er allerdings hoch. Sie bestand aus dickem Panzerglas und schützte ihn gegen Blei aller nur erdenklichen Kaliber.

„Der Vorderreifen!“ rief Halton laut und deutete nach vorn, als sei dort etwas nicht in Ordnung.

Parker legte seine hohle Hand hinter das Ohr und tat so, als habe er nicht verstanden.

Jeff Halton grinste harmlos. Er griff nach der Türklinke und wollte die Wagentür öffnen. Doch sie war und blieb fest verschlossen. Als er zu Parker hochschaute, machte der eine vage Kopfbewegung, die so etwas wie eine Entschuldigung bedeuten sollte und zeigte anschließend auf die hintere Wagentür.

Jeff Halton war mehr als zufrieden.

Er sollte also hinten im Fond einsteigen. Von dieser Position aus konnte er den Butler leicht und ohne jede Schwierigkeit erledigen. Dieser mörderische Job war jetzt nur noch eine Frage von wenigen Sekunden.

*

Halton stieg also ein und zog die Wagentür hinter sich zu. Der Schuß, den er aus der an sich bereits schallgedämpften Pistole abfeuern wollte, wurde dadurch noch zusätzlich abgedämpft und gemildert.

Er riß seine Waffe aus dem Schulterhalter und … merkte erst jetzt, daß er die Trennscheibe zwischen den Vorder- und Rücksitzen übersehen hatte.

Worauf Halton etwas verwirrt war!

Er suchte nach einer Möglichkeit, die zweiteilige Trennscheibe aufzureißen, aber er fand keinen Griff. Dafür hörte er ein aufdringliches, hartes Zischen. Er geriet in Panik und wollte noch schießen, fand aber dazu nicht mehr die Kraft. Betäubt und gelähmt sackte er auf dem Rücksitz zusammen und geriet ohne jeden Übergang in beseligtes Träumen …

*

Joyce Stafford hatte sich inzwischen ans Steuer des Sportwagens gesetzt und den Wagen zurückgestoßen. Sie wendete ihn, damit Jeff nach dem Mord sofort lospreschen konnte. Sicherheit war in diesem Beruf alles.

Sie stand also seitlich von der Zufahrt und brauchte sich nur etwas zur Seite zu beugen, um jetzt das hochbeinige Monstrum beobachten zu können.

Sie geriet leicht in Verwirrung, als dieser Wagen bereits heranrollte. Durch die tiefstehende Sonne konnte sie nicht ausmachen, wer am Steuer war.

Dann geschah alles sehr schnell …

Das hochbeinige Monstrum zischte in einer atemberaubenden Schnelligkeit aus dem Hotelhof heraus und passierte den kleinen Sportwagen. Joyce zog unwillkürlich den Kopf ein. Sie hatte das Gefühl, von einem Panzer überrollt zu werden.

Dann erkannte sie den Fahrer. Nur ganz kurz zwar, doch immerhin. Es war dieser Butler, der den Wagen steuerte! Bild von Jeff war weit und breit nichts zu sehen. Joyce zog scharf die Luft ein, sah zurück in den Hof und suchte nach Halton, der vielleicht dort auf dem brüchigen Zement lag.

Dort lag er aber nicht. Also mußte er sich in diesem scheußlichen Gefährt befinden! Joyce riß den Kopf herum und wollte mit den Augen Maß nehmen. Doch zu ihrer grenzenlosen Überraschung war das hochbeinige Monstrum nur noch winzig klein auf der Hauptstraße zu sehen. Es schien sich mit einer fast irrsinnigen Geschwindigkeit fortbewegt zu haben.

Joyce schluckte. Sie war einen Moment lang ratlos. So etwas hatte sie bisher noch nie erlebt. Dann faßte sie sich, griff nach dem Funktelefon und ließ sich mit der Leitung verbinden. Hastig, stotternd, verwirrt und aufgeregt meldete sie, was sich getan hatte …

*

Es war dunkel geworden.

Parkers Wagen stand in einer der hintersten Reihen eines Drive-in-Kinos und konnte im Schutz der Dunkelheit nicht mehr belächelt werden. In diesem weiträumigen Auto-Kino standen etwa fünfzig Wagen, deren Insassen interessiert einem Krimi zusahen. Josuah Parker ignorierte diesen Film. Er wartete auf seinen jungen Herrn, den er per Telefon verständigt hatte.

Sein unfreiwilliger Gast war inzwischen zu sich gekommen und saß still auf dem abgetrennten Rücksitz. Jeff. Halton hatte längst eingesehen, daß hier für ihn nichts mehr zu holen war. Er nahm es in Kauf, daß er ohne Parkers Erlaubnis diesen Wagen nicht mehr verlassen konnte. Die Türschlösser waren von Parker verriegelt worden. Und für den Fall unbotmäßigen Betragens hatte der Butler angekündigt, eine weitere Dosis Tränen- und Schlafgas in den Wagenfond zu blasen. Halton zog es also vor, erst einmal abzuwarten.

Neben Parkers Wagen erschien ein Ford, dessen Fahrer ausstieg und Parker zuwinkte. Der Butler verließ daraufhin sofort den Wagen, ging seinem jungen Herrn entgegen und forderte ihn mit einer höflichen Geste und dem Lüften seiner Melone zum Einsteigen auf.

„Ich hoffe, Sir, Sie nicht belästigt zu haben, als ich Sie bat, hierher ins Auto-Kino zu kommen.“

„Ach was“, sagte Rander und grinste wie ein großer Schuljunge, „ich konnte nur nicht früher kommen, weil ich erst die Polizei abschütteln mußte.“

„Die Polizei, Sir …?

„Die Polizei …! Ja, jetzt staunen Sie, was? Bei mir hat sich nämlich auch einiges getan. Aber jetzt sind Sie erst mal an der Reihe. Was läuft …?“

Parker faßte sich kurz, während vorn auf der Leinwand die beiden Killer vom Helden der Geschichte in ein Feuergefecht verwickelt wurden. Dennoch brauchte der Butler knappe zehn Minuten, bis er erschöpfend Auskunft gegeben hatte.

„Der junge Mann im Fond des Wagens weigerte sich allerdings bisher, seinen Namen zu nennen“, schloß Parker, „ich möchte annehmen, daß dies aber ohne jeden Belang ist!“

„Lassen Sie ihn erst mal weiter schmoren …!“ Rander schaute sich kurz nach Jeff Halton um, der trotzig zurücksah, „mit der Zeit wird er schon weich werden, denke ich!“

„Sie haben Kontakt zur Polizei aufnehmen können?“

„Müssen, Parker, müssen“, korrigierte Mike Rander, „man wollte mich kidnappen, aber eine Kanne Kaffee wurde mir genau im richtigen Moment angeliefert.“

Als er Parkers erstauntes Gesicht sah, was sich allerdings nur im Hochsteilen einer Augenbraue äußerte, kam Mike Rander zur Sache und erzählte auch seine Geschichte.

„Der Mann nennt sich Hal Carter“, schloß Rander, „ob der Name richtig oder falsch ist, hängt von der Echtheit seiner Papiere ab, die ich bei ihm fand. Er ist danach Mechaniker für Schreib- und Rechenmaschinen und arbeitete in der Firma Portcliff!“

„Portcliff, Sir?“

„Kenne Sorge, diese Firma existiert! Ich habe das bereits festgestellt. Ein kleinerer, aber augenscheinlich gut geführter Betrieb …“

„Ist dieser Mister Hal Carter dort bekannt, Sir?“

„Müssen wir noch feststellen, Parker. Nach Ihrem Anruf fuhr ich sofort hierher ins Auto-Kino. Und in Gegenwart der Polizei wollte ich nicht anrufen. Die wären sonst zu neugierig geworden.“

„Ich glaube zu verstehen Sir. Sie haben es darauf angelegt, nichtwissend zu erscheinen?“

„Richtig. Als man mich nach den Hintergründen dieses Hotelbesuchs fragte, habe ich mich herausgeredet. Viel wird das nicht nutzen, Parker. Dieser Sergeant Halloway ist ein ausgekochter, intelligenter Bursche, dem man auf die Dauer nichts vormachen kann. Ich wette, wir werden noch mit ihm zu tun bekommen.“

„Beabsichtigen Sie, Sir, diesen Sergeant Halloway einzuweihen?“

„Wie stehen Sie dazu, Parker? Dies ist schließlich auch Ihr Fall?“

„Man sollte diesem Herrn hin und wieder mit einigen Tips dienen, Sir.“

„Dachte ich mir auch, Parker. Leicht werden wir es bestimmt nicht haben. Eines steht fest: Die Gegenseite ist bereits auf uns aufmerksam geworden, sonst hätte man nicht versucht, Sie draußen auf dem Pazifik zu ermorden. Mir scheint sogar, daß wir bereits in dieses Wespennest hineingegriffen haben.“

„Wobei zu beachten sein wird, Sir, daß der Dreh- und Angelpunkt, wenn ich mich einmal so ausdrücken darf, die Universal Painting Company sein dürfte. Es ist immerhin interessant, daß jene bezaubernde Nymphe dort als Sekretärin arbeitet.“

„Na ja, falls, sie Sie nicht belogen hat, Parker. Lassen wir uns überraschen und befassen wir uns erst mal mit Ihrem Fahrgast! Es wird Zeit, daß er etwas aus sich herausgeht, finden Sie nicht auch?“

*

Die Ruhe Jeff Haltons war nur gespielt.

Im hermetisch abgeschlossenen Fond des Wagens kam er sich wie in einer Zelle vor. Er wußte inzwischen aus Erfahrung, daß dieser verdammte Butler ihn jederzeit wieder zurück in das Land der Träume schicken konnte.

Neben sich hatte er die immer noch schußbereite, schallgedämpfte Waffe gelegt. Er hoffte, daß die beiden Männer da vorn sich eine Blöße gaben. Dann wollte er ungeniert schießen, was das Zeug hielt.

Nun, vorerst war an ein Entwischen nicht zu denken.

Dieser unmögliche Wagen, in dem er festgehalten wurde, setzte sich in Bewegung und verließ das Auto-Kino. Er wurde hinaus auf die breite, asphaltierte Zufahrtstraße gesteuert und nahm dann Kurs hinauf in die Berge, die Los Angeles umgeben.

Die Fahrt dauerte etwa 45 Minuten, dann war ein enger, steil ansteigender Canon erreicht, in dem es weit und breit wohl kein Haus gab. Licht konnte Jeff Halton nicht entdecken.

Er zuckte zusammen, als er die Stimme von Parker hörte. Sie kam aus einem Lautsprecher, der im Wagenboden versteckt war und aus dem Keller zu dringen schien.

„Darf ich nun höflichst anregen, daß Sie Angaben zu Ihrer Person machen?“ fragte diese distanzierte, kühle, fast unbeteiligte Stimme.

„Den Dreck dürfen Sie …!“ fauchte Halton, froh, endlich reden zu können.

„Ich fürchte, Sie mißverstehen und unterschätzen Ihre Situation.“

„Wenn schon …! Aus mir bekommen Sie nichts heraus!“

„Hoffentlich dauert Ihre Sicherheit für längere Zeit an“, antwortete der Butler. „Ich weiß nicht, ob Ihre Auftraggeber es sonderlich schätzen werden, wie sehr Sie versagt haben. Immerhin ist es Ihnen nicht gelungen, einen relativ alten und verbrauchten Mann zu ermorden.“

„Weil Sie mit diesem verdammten Trick wagen … Wer sagt denn, daß ich Sie ermorden wollte? Das müssen Sie mir erst mal beweisen.“

„Dies liegt keineswegs in meiner Absicht. Die Vertreter von Gesetz und Recht werden vorerst nicht informiert. Sie möchten sich also nicht äußern?“

„Nie! Und wenn Sie sich auf den Kopf stellen!“

Jeff Halton wartete auf eine Antwort, doch sie blieb aus. Dafür hörte er plötzlich wieder dieses unheimliche, scharfe Zischen, das ihm bereits vertraut war.

„Was … was soll das?“ brüllte Halton erregt und wütend. „He, Sie da vorn … was soll das?!“

Auch jetzt blieb die Antwort aus.

Das Zischen ließ nicht nach. Halton sah sich wie eine gefangene Ratte nach allen Seiten um, wurde immer nervöser und erregter und suchte nach dem Einlaß. Und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

Blausäure …! Der Geruch von bitteren Mandeln war doch unverkennbar! Diese Kerle da vorn wollten ihn umbringen! Halton konnte sich nichts anderes vorstellen, Gewalt, Brutalität und Mord waren ihm zu sehr vertraut.

„Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie in weniger als dreißig Sekunden mit Sicherheit kein Zischen mehr hören werden“, ließ Parkers Stimme sich in diesem Augenblick endlich wieder vernehmen, „richten Sie Ihre Handlungsweise möglichst darauf ein!“

Der Geruch nach bitteren Mandeln wurde noch aufdringlicher.

„Aufhören! Aufhören!“ brüllte Halton und spürte, daß ihm ansehnliche Schweißbäche über Stirn und Wangen flössen, „aufhören …! Ich bekomme keine … keine Luft mehr … ich werde … reden. Aufhören!“

*

„Die vornehme englische Tour war das gerade nicht“, sagte Mike Rander leicht vorwurfsvoll zu seinem Butler.

„Ich habe mich streng an die Wahrheit gehalten, Sir. In dreißig Sekunden hätte der junge Mann das Zischen auf keinen Fall mehr gehört.“

„Weil Sie’s abgestellt hätten, klar. Aber er wußte ja nicht, daß Sie’s so gemeint hatten.“

„Mißverständnisse, Sir, dürften so alt sein wie die Menschheit.“

„Wie tröstlich. Und wie war das mit dem Bittermandelgeruch?“

„Eine geschmackliche Bereicherung meines Hinweises, Sir“

„Na, ja, hören wir uns an, was der Bursche zu sagen hat. In der richtigen Stimmung wird er ja bestimmt sein.“

Mike Rander hatte sich nicht getäuscht.

Der junge Mann – er stellte sich hastig als Jeff Halton vor – redete wie ein Alleinunterhalter in einem Variete. Mike Rander und sein Butler erfuhren, daß Jeff Halton Angestellter eines Bootsverleihs in Long Beach war. Dieser Bootsverleih nannte sich laut Halton Pacific Boat Renting und gehörte einem gewissen Arthur Henderson.

„Hat Mister. Henderson Sie auf meinen Butler angesetzt?“ wollte Mike Rander über die Sprechanlage wissen.

„Der hat damit überhaupt nichts zu tun … Ich … ich bin angerufen worden. Von einem ehemaligen Kumpel.“

„Der wie heißt?“ erkundigte Parker sich.

„Saul Bantam … Den kenne ich aus dem Gefängnis … Er bot mir fünftausend Dollar für … für …

„Weitere Hinweise auf dieses Geschäft können Sie sich ersparen“, sagte Parker, „hingegen möchte ich Einzelheiten über besagten Mister Bantam erfahren.“

„Der kam einfach ’runter zum Bootsverleih“, erzählte Jeff Halton hastig weiter, „nicht, daß wir uns mißverstehen. Ich … ich sollte Sie nicht umbringen. Bestimmt nicht. Nur ankratzen und dafür sorgen, daß Sie für ein paar Wochen ins Krankenhaus kommen. Wirklich nicht mehr“

„Wie rücksichtsvoll“, stellte der Butler fest, „wußte Ihr Arbeitgeber, Mister Henderson, von diesem Geschäft?“

„Der hat keine Ahnung“, antwortete Halton.

„Seit wann kennen Sie Hal Carter?“ fragte Mike Rander überraschend über die Sprechanlage nach hinten in den Wagenfond.

„Hal Carter?“ Die Stimme von Jeff Halton klang zu harmlos, als er diesen Namen wiederholte, „wer soll denn das sein?“

„Ein junger Mann, der gern mit einem 38er spielt“, meinte Rander lächelnd, „ein junger Mann, der ab sofort bestimmt nicht mehr gern an heißen Kaffee denkt.“

„Ich … ich verstehe kein Wort …

„Wer hingegen ist die junge Dame, die Sie im Sportwagen begleitete?“ wollte nun Josuah Parker wieder wissen, „ich möchte nicht hoffen, daß Sie an dem leiden, was man plötzlichen Gedächtnisschwund nennt.“

„Die … die ist … mit mir befreundet.“

„Dies ist anzunehmen, Mister Halton. Aber wie ist der Name dieser jungen Dame?“

„Joyce Stafford …

„Und welchem Beruf geht sie nach? Wo könnte man sie unter Umständen erreichen?“

„Joyce ist Hostess im Bootsverleih, in dem auch ich arbeite“, lautete die Auskunft. „Aber wirklich, sie hat mit der ganzen Geschichte überhaupt nichts zu tun.“

„Man wird sehen“, ließ Parker sich vorn vom Steuer aus vernehmen. „Eine Frage am Rande: Vermietet Ihr Chef, Mister Henderson, auch Tauchausrüstungen?“

„Natürlich! Alles, was mit Booten und mit dem Schwimmsport zu tun hat.“

„Gehört auch eine gewisse Miß May Clark zu Ihren Kunden?“

„Mir völlig unbekannt!“ Halton wußte wieder einmal von nichts. Ob er log, oder aber die Wahrheit sagte, war nicht recht herauszufinden. Wahrscheinlich stand er aber noch unter der Angst, die der Butler ihm geschickt eingejagt hatte.

„Kommen wir doch noch einmal auf Ihre Begleiterin, Miß Joyce Stafford zurück“, bat Parker in seiner einmalig höflichen Art, „würden Sie die Liebenswürdigkeit haben, Mister Rander und meiner Wenigkeit die Adresse besagter Person zu nennen?“

„Von Joyce?“ Haltons Stimme vibrierte nervös, „warum? Sie hat doch mit der ganzen Geschichte überhaupt nichts zu tun?“

„Bitte, Mister Halton!“ Mehr sagte der Butler nicht, doch dies reichte vollkommen.

„Sie wohnt unten in Long Beach“, sagte Halton hastig, „in einem Apartment House. Wie ich übrigens. Ich wohne zwei Etagen unter ihr.“

„Die Adresse …

Jeff Halton beeilte sich, auch sie zu nennen. Der Geruch nach Bittermandeln stak ihm noch in der Nase. Er hatte nicht die geringste Lust, diesen penetranten Geruch noch intensiver zu verspüren …

*

Arthur Henderson, der Inhaber des Bootsverleihs, war ein bieder aussehender Seebär von 60 Jahren, hager, mit gegerbtem Gesicht und Augen, in denen die Weite des Meeres zu erkennen war. So wenigstens hätte sich ein Schriftsteller und durch und durch ahnungsloser Mensch ausgedrückt.

Josuah Parker hätte dies alles möglicherweise auch unterschrieben, nur die Augen, in denen die Weite der Meere zu erkennen war, diesen Augen traute er nicht. Sie waren zu hellgrau eingefärbt und drückten so etwas wie Tücke und Brutalität aus.

Henderson trug eine zerschlissene Jacke und ausgebeulte Segelhosen. Er verließ gerade das Bootshaus und ging hinüber zum nahen Parkplatz. Er trug eine sehr solide aussehende Tasche in der Hand und schrak zusammen, als der Butler plötzlich vor ihm stand.

Er schrak zusammen, aber er reagierte gleichzeitig ungemein schnell und wirkungsvoll. Er hielt wie durch Zauberei plötzlich einen Revolver in der Hand, dessen Kaliber nicht zu verachten war.

„Mir scheint, Master Henderson, ich habe Sie ein wenig erschreckt“, räumte Parker ein, übersah den 45er in der Hand des Bootsverleihers und lüftete höflich seine schwarze Melone, „ich habe doch den Vorzug, mit Mister Henderson zu sprechen?“

„Was wollen Sie? Wer sind Sie? Hendersons Stimme klang drohend. Er hielt sich im Schatten der leicht pendelnden Lampe am Giebel des Bootshauses und beobachtete den Butler, der voll vom Licht getroffen wurde.

„Mein Name ist Parker … Josuah Parker“, stellte der Butler sich vor, „könnte es im Bereich der Möglichkeit liegen, daß Sie meinen Namen schon einmal gehört haben?“

„Was wollen Sie?“ Henderson ging auf die Frage überhaupt nicht ein, senkte aber den Lauf der schußbereiten Waffe.

„Erkundigungen einziehen, wenn ich es so ausdrücken darf.“

„Ich habe jetzt keine Zeit. Gehen Sie mir aus dem Weg aber ein bißchen plötzlich!“

„Es betrifft Ihre Angestellten Halton und Stafford.“

„Jeff und Joyce? Was ist mit ihnen?“ Henderson, der sich an Parker hatte vorbeischleichen wollen, blieb stehen.

„In der Tat, so lauten die Vornamen der betreffenden Herrschaften“, entgegnete der Butler steif und gemessen, „sie sind schon seit längerer Zeit bei Ihnen beschäftigt?“

„Was geht das Sie an!?

„Ich pflichte Ihnen bei, Sir“, räumte der Butler ein, „im Grunde dürfte ich diese unbescheidenen und indiskreten Fragen nicht stellen, jedoch liegt ein aktueller Anlaß hierfür vor.“

„Und?“

„Mister Jeff Halton und Miß Joyce Stafford scheinen in das geraten zu sein, was man gemeinhin schlechte Gesellschaft nennt. Mit anderen Worten, sie haben und hatten es sich in den Kopf gesetzt, meine bescheidene Wenigkeit ungebührlich zu belästigen.“

„Hören Sie mal genau zu. Wenn Sie zuviel getrunken haben, dann schnappen Sie sich ein Taxi und lassen Sie sich in Ihr Hotel bringen!“

„Ich möchte betonen, daß ich dem Alkohol keineswegs zugesprochen habe, Mister Henderson. Zudem darf ich darauf aufmerksam machen, daß Mister Halton so etwas wie ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, was die geplanten Belästigungen meiner Person angeht. Aber vielleicht sollte ich Sie morgen noch einmal auf suchen, wenn ich meine Befragungen abgeschlossen habe …“

Die kalten und brutalen Augen Hendersons verengten sich zu den obligaten Schlitzen, wie es sich für solche Situationen nun einmal gehörte.

„Scheren Sie sich zum Teufel“, stieß er dann hervor, „ich weiß überhaupt nicht, warum ich Ihnen zuhöre. Wenn Ihre Quasselei irgendein Trick sein soll, dann sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Hauen Sie endlich ab!“

„Meine Grüße an Mister Bantam!“ sagte Parker, lüftete seine Melone und drehte Henderson den Rücken zu, obwohl der Bootsverleiher die Waffe noch immer nicht weggesteckt hatte. Parker konnte sich diesen scheinbaren Leichtsinn allerdings leisten, zumal sein junger Herr in der Nähe und in der schützenden Dunkelheit stand, um eventuell blitzschnell eingreifen zu können.

„He … Moment mal!“ Henderson war verblüfft. „Vielleicht sollten Sie mir doch erklären, was eigentlich los ist …“

„Morgen ist auch noch ein Tag, wie ein altes Sprichwort sagt“, schloß Parker und verschwand in der Dunkelheit, einen sehr nachdenklichen Mann zurücklassend, der nun darauf verzichtete, zum Parkplatz zu gehen, sondern sich dafür entschied, noch einmal in sein Bootshaus zurückzukehren …

*

„Jetzt bin ich aber gespannt, wie viele Gäste sich in unserem Bungalow versammelt haben“, sagte Mike Rander eine knappe halbe Stunde später, als sie das Hotel am Strand erreicht hatten. „Ich glaube, Parker, wir können uns da auf einige Überraschungen gefaßt machen.“

„Ich erlaube mir, Sir, mich Ihrer Meinung anzuschließen“, antwortete Parker. „Ihr Besucher mit dem 38er war sicherlich kein Einzelgänger, der sich nur zufällig verirrte. Von Mister Henderson einmal ganz zu schweigen. Man sollte also gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.“

„Polizei?“ fragte Rander nur knapp.

„Darf ich davon abraten. Sir?“

„Sie dürfen … Denken Sie aber daran, daß wir die übrigen Hotelgäste nicht durch eine wilde Schießerei aufschrecken wollen. Lassen Sie mal sehen, was Ihre Trickkiste so an Überraschungen bietet!“

„Ich bin sicher, Sir, daß ich Sie nicht enttäuschen werde.“ Parker hielt das hochbeinige Monstrum an und beeilte sich, seinem Herrn beim Aussteigen behilflich zu sein, was an sich natürlich ein Witz war. Mike Rander stand längst neben dem Wagen, als sein Butler um das Heck herumkam.

„Und was ist Ihnen eingefallen?“

„Ich denke an die Klimaanlagen, Sir.“

„Na, und …?“

„Darf ich Sie bitten, Sir, mir zu folgen!?“ Parker übernahm die Spitze und schritt gemessen über den Rasen. Dank seiner pechschwarzen Kleidung war er in der Dunkelheit überhaupt nicht zu sehen. Mike Rander mußte sich beeilen, wenn er den Anschluß nicht verpassen wollte. Und er wollte ihn nicht verpassen, denn er rechnete mit einem Trick seines Butlers, den er noch nicht kannte …

Parker und sein junger Herr erreichten die Rückseite des kleinen, einstöckigen Bungalows, der im Moment noch einen völlig neutralen und unverdächtigen Eindruck machte.

Parker blieb vor der Wandöffnung stehen, durch die die Klimaanlage hervorlugte. Geschützt von einem feinmaschigen Gitter wurde hier von einem Ventilator die Außenluft angesogen, elektrisch gekühlt und dann ins Innere des Bungalows befördert.

Parker zog einen der vielen Kugelschreiber aus einer Westentasche seines Dienstanzugs, schraubte ihn auf und hielt die stumpfe Öffnung nahe an das bewußte Maschengitter heran. Es war dabei nichts zu sehen und nichts zu hören.

Selbst bei Tageslicht hätte man die feinen, grauen Schwaden nicht gesehen, die vom Ventilator angezogen und ins Innere des Hauses befördert wurden. Dennoch war es so. Ein schnell wirkendes, gesundheitlich unschädliches Schlafmittel in Gasform beeilte sich, sich im Bungalow zu verteilen.

„Nicht schlecht, Parker“, flüsterte Rander und grinste wie ein großer Schuljunge, „aber was machen wir? Schlafen wir nicht auch ein, wenn wir ’reingehen?“

„Darf ich anregen, in der Hotelbar einen Drink zu nehmen, Sir?“

„Gute Idee …! Kommen Sie …

„Ich werde mir erlauben, den Bungalow unter Sichtkontrolle zu halten, Sir …!“

„Aber keine Extratouren, Parker, klar?“

„Sie können sich, wie immer, Sir, fest auf meine Wenigkeit verlassen!“

„Hoffentlich, Parker! Rander war noch einen Moment lang unentschlossen, bevor er es riskierte, seinen Butler allein zurückzulassen. Dann verschwand er innerhalb von Sekunden in der Dunkelheit, um wenig später auf den erleuchteten Wegen wieder aufzutauchen. Josuah Parker nickte erleichtert und legte sein rechtes Ohr prüfend gegen die an sich dünne Wand des Bungalows.

Er war nicht überrascht, als er müde, schleppende Schritte hörte, die in einem Poltern umstürzender Kleinmöbel untergingen. Er durfte sicher sein, daß sein Schlafmittel bereits intensiv wirkte …

*

Mike Rander hatte zwei Drinks zu sich genommen und ging nun zurück zum Bungalow. Er war von einer unerklärlichen Nervosität erfaßt worden. Vielleicht rechnete er wieder einmal mit überraschenden Reaktionen seines Butlers, vielleicht befürchtete er insgeheim aber auch, daß seinem Butler diesmal etwas zugestoßen war.

Er beeilte sich, durch den dunklen Park zu gehen, dessen Wege zu den einzelnen Hotelbungalows allerdings beleuchtet waren. Als sein Bungalow in Sicht kam, griff Rander prüfend nach seinem 38er und entsicherte ihn. Er wollte jeder Eventualität begegnen können.

Nun, er fand sehr schnell heraus, daß irgend etwas nicht stimmte.

Die Eingangstür zum Bungalow war halb geöffnet …

Rander wechselte mit einigen schnellen Sätzen zur Hauswand hinüber und pirschte sich dann vorsichtig an die Tür heran. Sein Zeigefinger hatte am Stecher der Waffe bereits Druckpunkt genommen. Er rechnete mit einer Falle, konnte sich gleichzeitig aber nicht erklären, warum Parker sich nicht meldete.

Rander stieß mit dem Fuß die Tür auf. Dann wartete er, horchte und hoffte, die Stimme seines Butlers zu hören.

Doch nichts rührte sich!

Er schaltete mit einem schnellen Griff das Licht im Eingangskorridor ein und hechtete von dort aus in den großen Wohnraum, in dem ein mittelschwerer Orkan gewütet zu haben schien. Die Beistelltische waren umgestürzt, einige Stühle lagen am Boden. Von einem Fenster waren Vorhänge und Jalousetten heruntergerissen worden.

„Parker!? Parker … Wo stecken Sie?“

Während Mike Rander sich blitzschnell nach allen Seiten umschaute, während er sich darauf gefaßt machte, sofort zu schießen, klingelte plötzlich das Telefon. Schrill und aufdringlich, irgendwie sogar höhnisch.

„Rander …!“ Der junge Anwalt hatte sich gemeldet und wartete auf die Stimme des Anrufers.

„Ihr Butler läßt schön grüßen“, sagte eine angenehm weibliche Stimme. „Er wird nie wieder nach schönen Nymphen schielen, Mister Rander! Richten Sie sich darauf ein, ihm bald zu folgen! Ihr Sarg steht bereit. Sie brauchen sich nur noch zu bemühen!“

Es klickte in der Leitung.

Mike Rander schüttelte den Hörer, als könnte er die Sprecherin so ans Tageslicht befördern. Dann legte er langsam auf und biß sich auf die Unterlippe.

Ihm war völlig klar, daß er es hier nicht mit einem makabren Scherz zu tun hatte. Sein Butler befand sich in Lebensgefahr, falls er nicht schon ermordet worden war!

*

„Sieht böse aus“, sagte Sergeant Halloway und drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus, „die Gegenseite scheint es ernst zu meinen.“

„Davon bin ich überzeugt“, erwiderte Mike Rander, „umsonst habe ich Ihnen ja nicht alles haarklein erzählt!“

„Fassen wir mal schnell zusammen.“ Halloway rieb sich konzentriert das stopplige Kinn Er war von Mike Rander alarmiert und ins Hotel gerufen worden. Hier hatte er sich alle Einzelheiten erzählen lassen. Mike Rander war viel zu besorgt, um Details zu verschweigen. Er brauchte nach dem Kidnapping seines Butlers unbedingt die Hilfe der Polizei. Halloway zündete sich bereits die nächste Zigarette an, bevor er weiterredete. „Seit der Harpunengeschichte scheint festzustehen, daß Sie eine heiße Spur dieser Industriespione gefunden haben. Und all diese Spuren scheinen auf den Bootsverleih von Arthur Henderson hinzudeuten!“

„Kennen Sie Henderson?“

„Nur beiläufig, Mister Rander, Polizeilich liegt gegen ihn nichts vor. Noch scheint er eine weiße Weste zu haben, was aber nichts zu besagen hat.“

„Könnte es zwischen Henderson und diesem Saul Bantam eine Verbindung geben?“

„Schon möglich, aber die müßte erst bewiesen werden. Ich werde sofort nach Bantam suchen lassen. Aber sagen Sie, was ist eigentlich aus diesem Halton geworden, den Ihr Butler aus dem Verkehr gezogen hat?“

„Wirklich, ich weiß es nicht. Parker hat ihn an einem sicheren Ort untergebracht. So wenigstens drückte er sich mir gegenüber aus.“

„Hoffentlich handelt er sich damit keinen Ärger ein. Beweise für seine Mordabsicht stehen auf schwachen Beinen. Da wird im Höchstfall Aussage gegen Aussage stehen.“

„Konnten Sie sich nicht um Hal Carter kümmern?“ Rander nahm einen Schluck aus seinem Glas. „Sie wissen doch, das ist dieser Bursche, der mit dem 38er bei mir im Bungalow erschien. Halten Sie ihn noch fest?“

„Noch sitzt er, aber ich wette, er wird morgen gegen Kaution entlassen werden.“

„Das begreife ich nicht. Halloway.“ „Ich auch nicht, aber so sind nun mal die Tatsachen. Er behauptet, er habe in Ihrem Hotelbungalow verdächtige Geräusche gehört und habe sich verpflichtet gefühlt, nach Einbrechern Ausschau zu halten.“

„Klingt aber sehr dürftig!

„Ist auch bestimmt erstunken und erlogen, Mister Rander, aber das ändert nichts an den Tatsachen. Gegen Kaution wird man ihn wieder auf freien Fuß setzen. Er hat eine feste Arbeitsstelle und einen festen Wohnsitz. Zudem bürgt sein Chef für ihn.“

„Mister Portcliff, nicht wahr? Kennen Sie diese Rechen- und Schreibmaschinenfirma?“

„Diese Firma ist sogar gut bekannt Und zwar durchaus positiv, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht. Portcliff beliefert alle großen Firmen hier in der Stadt. Das heißt, es ist vor allen Dingen sein Reparaturservice … Und dann kommt noch die Firma seiner Schwester hinzu. Sie unterhält einen Service für Urlaubsvertretungen.“

Rander hörte aufmerksam zu. Auch jetzt zuckte er mit keiner Wimper.

„Wissen Sie mehr über diese Schwester?“ fragte er.

„Helen Portcliff …“ berichtete Sergeant Halloway, „ältere, sehr nette Dame. In ihrer Agentur versammelt sie Stenotypistinnen um sich, die früher mal fest gearbeitet haben und jetzt nur noch zeitweise einspringen und aushelfen. Sie wissen doch, wie das bei großen Firmen so ist. Wenn die Urlaubswelle anrollt, sind die meisten Büros unterbesetzt. Hier springen die Damen von Helen Portcliff ein und übernehmen die jeweiligen Vertretungen. Sehr seriöser Laden. Seriös, wie der von Hubert Portcliff! Sagen Sie, Mister Rander, warum interessieren Sie sich für diese Firmen?“

„Weil … weil dieser Carter in der Firma arbeitet und weil der Mann mich immerhin umgebracht hätte, wenn ihm der heiße Kaffee nicht über den Rücken gegossen worden wäre!“

*

Parker war beeindruckt, doch er ließ sich selbstverständlich nichts anmerken.

Er lag auf üppigen Polstern und kam sich vor wie in einem Harem, wie er in Hollywoodfilmen so gern gezeigt wird. In der warm-feuchten Luft dieses großen Kellerraumes fühlten sich Tropenpflanzen aller Art ausgesprochen wohl. Von geschickt hergerichteten Baumstümpfen und Ästen hingen Orchideen herab, deren Blütenpracht fast sinnverwirrend war.

Doch dies war nicht alles. Beileibe nicht …!

Dieser Kellerraum war an sich ein einziger großer Swimmingpool, auf dessen Wasseroberfläche Seerosen schwammen. Irgendwo in der Dämmerung des Raums plätscherte melancholisch ein Springbrunnen. Das große Schwimmbecken wurde von einem Rand umgeben, der etwa anderthalb Meter breit war und von den Kellerwänden begrenzt wurde. An der Stirnfläche, wo Parker lag, stiegen breite Treppenstufen an, die samt und sonders mit diesen schwellenden Ruhepolstern ausgelegt waren.

Parker war, wie schon gesagt, beeindruckt, doch er ließ sich nichts anmerken. Er schüttelte leicht den Kopf. Er wollte sichergehen, daß er nicht träumte. Als er sich zusätzlich noch kneifen wollte, merkte er, daß man seine Hände nachdrücklich gebunden hatte.

Die drei jungen Damen, die im Wasser plätscherten, übersahen ihn. Für sie war er überhaupt nicht vorhanden. Sie schwammen ziellos umher, sprachen kaum miteinander und schienen nur ihre Umgebung zu genießen. Mit etwas Phantasie nur fühlte man sich in tropische Gefilde versetzt.

Parker versuchte sich zu erinnern. Wieso war es seinen Gegnern gelungen, ihn zu überlisten und zu entführen? Mit welchen Mitteln hatte man ihn außer Gefecht gesetzt? In wessen Gewalt befand er sich hier?

Er wurde abgelenkt.

Die drei jungen Damen stiegen aus dem Wasser. Sie trugen knappe Bikinis und schmeichelten dem Schönheitssinn Josuah Parkers. Sie gingen mit wiegenden Hüften auf ihn zu, übersahen ihn nach wie vor und ließen sich etwas oberhalb von ihm auf den Stufen nieder. Fast wollüstig kuschelten sie sich in den Polstern und gaben sich dem süßen Nichtstun hin.

„Ich möchte Sie auf keinen Fall inkommodieren“, sagte Parker und richtete sich etwas auf, „aber darf ich vielleicht erfahren, wo ich mich befinde?“

Die drei jungen Damen reagierten überhaupt nicht.

„Sollte bei Ihnen möglicherweise der Geist auf Kosten Ihrer körperlichen Reize zurückgeblieben sein?“ tippte Parker weiter an. „Leider findet man dieses häufiger, als man gemeinhin annehmen kann.“

Sie antworteten nicht, dafür reagierten sie aber endlich. Sie standen langsam, fast träge auf. Sie stiegen mit fast lasziven Bewegungen zu Parker hinunter und bauten sich vor ihm auf. Der Butler sah sich ungemein wohlgeformten, langen und schlanken Beinen gegenüber, die in wohlgefällig gerundete Hüften übergingen. Bei dieser Gelegenheit stellte er erneut fest, wie knapp Bikinis sein konnten. Er schien es hier mit Sonderanfertigungen zu tun zu haben.

„Ich muß gestehen, daß Sie einen alten, müden und relativ verbrachten Mann verwirren“, redete Parker weiter. Er studierte die schmalen Taillen der Damen und begutachtete die Oberweiten, die kaum verhüllt waren. Er hatte plötzlich das Gefühl, sich in einer Sauna zu befinden.

Sie beugten sich zu ihm hinunter und griffen nach ihm.

„Aber … aber … meine Damen!“ stieß Parker überrascht hervor, „möglicherweise versprechen Sie sich zuviel von meiner bescheidenen Wenigkeit!“

Sie ließen sich nicht beirren. Sie lifteten ihn an und warfen ihn schwungvoll in das auf klatschende Wasser. Bevor Parker unterging, hörte er das amüsierte Lachen der drei eigenwilligen Damen und dachte gleichzeitig an die Bügelfalten seiner schwarzen Hose, die jetzt natürlich völlig ruiniert wurden.

*

Mike Rander verließ den Hotelbungalow. Er hielt es vor Unruhe kaum noch aus. Er wußte seinen Butler in Lebensgefahr und wollte etwas für ihn tun. Er hatte allerdings keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. Wo sollte er den Hebel ansetzen?

Die Spuren deuteten auf den Bootsverleiher Henderson hin. Eben noch hatte er darüber mit Sergeant Halloway diskutiert. War es also richtig, noch einmal zum Strand und zum Yachthafen hinauszufahren? Sollte er sich die Privatadresse Hendersons beschaffen? Sollte er dort nach Parker schauen?

Rander ging hinüber zum Parkplatz, wo sein Mietwagen stand. Es gab ihm einen Stich, als er das hochbeinige Monstrum seines Butlers sah. Seine Unruhe und Sorge steigerte sich.

Er zündete sich eine Zigarette an und blieb einen Moment nachdenklich stehen. Gab es wirklich nur die Spur Henderson? Da war schließlich noch Mister Hubert Portcliff, der zusammen mit seiner Schwester eine renommierte Firma leitete.

Zwei junge Damen lenkten ihn ab.

Sie kamen aus dem Hintereingang des Hotels und schienen einige Drinks zuviel zu sich genommen zu haben. Sie lachten, produzierten Tanzschritte und gingen dann auf leichten Umwegen hinüber zu ihrem Wagen, der dicht neben Randers Mietwagen zu stehen schien.

Irgendwie spürte Mike Rander genau in diesem Moment Gefahr.

Er konnte später nicht sagen, worauf sich dieser Verdacht gegründet hatte. Er spürte nur, daß irgend etwas nicht stimmte.

„Hallo?“ Eine der jungen Damen sprach ihn mit erotisch klingender Stimme an und winkte ihm zu.

„Hallo!“ antwortete Rander und lächelte breit wie ein großer Schuljunge. Innerlich aber nahm er bereits Verteidigungshaltung ein. Er rechnete mit einem Überraschungsangriff. Und der sollte nicht lange auf sich warten lassen.

„Darf ich mal Feuer haben? fragte die junge Dame und glutete ihn aus großen, dunklen Augen an, die im Licht der Parkplatzbeleuchtung wie kleine Scheinwerfer wirkten.

Die zweite junge Dame beschäftigte sich plötzlich mit ihrem Strumpfband und genierte sich nicht, den an sich schon recht kurzen Rock noch weiter anzuheben.

Randers Blick konzentrierte sich unwillkürlich auf den gerundeten Oberschenkel. Dann, praktisch im letzten Augenblick, siegte seine Vorsicht. Er sah hoch und konnte durch schnelles Wegducken dem Schlag der ersten jungen Dame entgehen.

Sie hatte mit ihrer kleinen Handtasche weit ausgeholt und die Absicht, sie ihm auf den Kopf zu legen.

Von der Wucht des fehlgegangenen Schlages mitgerissen, verlor sie das Gleichgewicht und taumelte in Randers Arme. Er riß ihr sofort die Handtasche aus der Hand und war schon gar nicht mehr erstaunt, wie schwer diese kleine Tasche war. Wahrscheinlich enthielt sie einen pfundschweren Bleikern.

Die zweite junge Dame drückte sich gekonnt und vehement ab und sprang den jungen Anwalt an. Rander, an sich höflich zu Damen, wußte sich nicht anders zu helfen, als die erbeutete Handtasche kreisen zu lassen.

Die junge Dame wurde rasch außer Gefecht gesetzt, kickste überrascht auf und rutschte haltlos in sich zusammen. Dabei verlor sie einen Schlagring, den sie sich um die Fingerknöchel gelegt hatte.

Rander brüllte, als die erste junge Dame ihm gegen das Schienbein trat. Er ließ sie los, verbeugte sich förmlich vor ihr und handelte sich einen Handkantenschlag ein. Rander, hart im Nehmen, verdaute diesen Schlag, zog die junge, aggressive Dame hoch und drückte sie in den Wagen, dessen Tür er aufgezogen hatte. Sie wehrte sich wie eine wütende Katze und trat erneut nach ihm. Dann jedoch wirkte sich die Handtasche aus, und mit einiger Verzögerung schaltete die resolute Angreiferin ab und wurde ohnmächtig. Rander setzte sich hastig ans Steuer, stieß den Mietwagen zurück und ergriff die Flucht. Eine dieser beiden Damen reichte ihm vollkommen. Er wollte sein Schicksal nicht unnötig provozieren.

*

Parker war wieder einmal die fleischgewordene Selbstbeherrschung Er dachte nicht im Traum daran, wie ein Ertrinkender, im Wasser herumzustrampeln oder gar um Hilfe zu schreien. Er ließ sich still und würdevoll untergehen, zumal er seine Lungen mit einem ausgiebigen Luftvorrat versorgt hatte.

Hinderlich waren ihm die Fesseln an den Händen. Sie gedachte er bei erstbester Gelegenheit loszuwerden. Um das aber zu schaffen, brauchte er die Hilfe der drei jungen Damen, die sich jetzt am Rand des Schwimmbeckens aufgebaut hatten und den Butler beim Kentern beobachteten.

Als Parker mit dem Gesicht nach unten wieder auftauchte, sich aber nicht rührte, da wurden die drei Nymphen außerordentlich unruhig. Mit diesem perfekten Ertrinken hatten sie nicht gerechnet. Sie bekamen prompt ein schlechtes Gewissen und hüpften nacheinander ins Wasser, um den Butler zu bergen.

Josuah Parker genoß es, von hilfreichen Händen umsorgt zu werden. Die drei jungen Damen wendeten ihn wie einen Schiffsrumpf, mühten sich ab und trugen ihn schwimmend an den Rand des Beckens. Dann stemmten und lifteten sie ihn hoch, bis er wieder auf einem der schwellenden und üppigen Polster lag.

Sie redeten nicht miteinander, so konzentriert waren sie bei der Sache. Sie versorgten ihn mit erster Hilfe und kamen auf die erfreuliche Idee, es zusätzlich mit künstlicher Beatmung zu versuchen. Zu Parkers innerlich schmunzelndem Leidwesen bedienten sie sich dabei leider nicht der letzten Erkenntnisse auf diesem Gebiet. Mit anderen Worten, sie verzichteten auf die heute übliche Mund-zu-Mund-Beatmung, sondern benutzten seine Arme als Pumpenschwengel. Dazu mußten sie allerdings die hinderlichen Fesseln von Parkers Handgelenken entfernen.

Der Butler war mit dieser Lösung sehr einverstanden, obwohl er es natürlich nicht zeigte.

Er ließ die drei eifrigen Bikinischönheiten gewähren und machte ihnen die Arbeit nicht leicht. Dabei wartete er leider vergeblich auf eine Unterhaltung zwischen ihnen, die ihm vielleicht einige Informationen gegeben hätte.

Plötzlich ließen die Hände von ihm ab.

Parker konnte es nicht riskieren, ein Auge zu öffnen. Er fühlte aber, daß die Situation sich geändert hatte.

„Was ist denn?“ sagte eine energisch klingende Damenstimme, in der eine gewisse Altersbrüchigkeit mitschwang. „Gehen Sie bitte!“

Nackte Fußsohlen entfernten sich schnell. Parker blieb allein zurück. Und noch immer wußte er nicht, was sich getan hatte. Waren die drei jungen Damen von einer energischen, älteren Frau abgelöst worden? Der Stimme nach zu urteilen mußte es so sein.

Ein harter, spitzer Gegenstand stieß gegen seine rechten Rippen.

„Stehen Sie auf, lassen Sie das Theater“, sagte die energische Frau, „mir machen Sie nichts vor!“

„Ich fürchte, daß ich Ihnen kaum etwas vermachen kann“, entgegnete Parker und riskierte ein Auge. Dann richtete er den Oberkörper auf und lüftete seine Melone, die er während der ganzen Zeit wie durch ein Wunder nicht verloren hatte. „Mein Name ist Parker. Josuah Parker.“

„Ich weiß, Parker“, sagte die handfest aussehende Frau, die vor ihm stand. Sie trug keinen Bikini, was durchaus zu begrüßen war. Sie sah stämmig, untersetzt und sehr muskulös aus. Sie war etwa vierzig Jahre alt und trug einen weißen Kittel, wie Masseusen ihn bevorzugen. In der Hand hielt sie einen etwa meterlangen Bambusknüppel, der dick war wie ein ausgewachsener Daumen.

Parker stand auf und sah etwas traurig an sich hinunter.

„Ich bedaure meinen derangierten Aufzug“, entschuldigte er sich. „Leider machte ich mit dem Wasser Bekanntschaft, ohne genau zu wissen, wo ich mich befinde.“

„Kommen Sie. Der Chef will Sie sprechen“, sagte sie.

„Und wer, bitte, ist jener Chef, den Sie gerade erwähnten?“

„Das werden Sie schon sehen!“

„Sollte es der Mann sein, der so erfolgreich in der heimischen Industrie spioniert?“

„Kommen Sie endlich, oder muß ich Ihnen Beine machen?“

„Echauffieren Sie sich nicht, Madam“, gab Parker zurück. Er hob seinen Universal-Regenschirm auf, den er auf einem der Polster entdeckt hatte. Er legte ihn sich formgerecht über den linken Oberarm, lüftete noch einmal seine Melone und folgte der Richtung, in die der Bambusknüppel wies.

Die Masseuse blieb ihm dicht auf den Fersen. Parker machte keine Schwierigkeiten und verzichtete darauf herauszufinden, wer wohl schneller und geschickter war. Seine Neugier war geweckt worden. Er weilte endlich den geheimnisvollen Chef der Spionageorganisation kennenlernen, der sich aus irgendwelchen Gründen den Luxus der Bikinischönheiten leistete.

Links, oberhalb der ansteigenden Stufen befand sich der Ausgang. Es ging durch eine Art Luftschleuse, dann hinein in einen Korridor, dessen Wände mit polierten Hölzern ausgelegt waren und schließlich in einen Lift, der sich hinter ihm und der energischen Masseuse schloß.

„Stehen Sie nun in Diensten von Master Henderson oder Mister Portcliff?“ erkundigte er sich, als der Lift sich in Bewegung setzte.

„Sie wissen zuviel“, sagte sie leise, „hängen Sie nicht alles an die große Glocke, Parker. Es stirbt sich schnell!“

*

Sie kam zu sich und wollte ihm sofort an die Kehle.

„Nur nicht auf regen“, warnte Mike Rander und war noch nachträglich froh, daß er um die Handgelenke seines weiblichen Gastes etwas Isolierband geschlungen hatte. Der Drei-Punkt-Sicherheitsgurt hielt die junge Dame zusätzlich auf dem Beifahrersitz fest. Sie strampelte eine Weile, sah aber schließlich ein, daß sie nichts auszurichten vermochte.

„Das werden Sie noch büßen“, fauchte sie schließlich, „daran werden Sie sich noch erinnern!“

„Mit Sicherheit“, sagte Rander lächelnd, während er den Wagen durch die nächtliche Stadt steuerte, „es kommt schließlich nicht alle Tage vor, daß zwei junge Damen sich als Wegelagerer betätigen!“

„Wer hat wen belästigt und angefallen?“ zischte sie den jungen Anwalt an, „beweisen Sie mir mal, daß ich“ Sie angegriffen habe! Kein Mensch wird Ihnen glauben!“

„Wieso kommen Sie darauf, daß ich so etwas beweisen will?“

„Etwa nicht?“ Sie sah ihn verblüfft an, wollte zusätzlich noch etwas sagen, preßte dann aber den Mund zusammen.

Rander, führte die Unterhaltung nicht weiter fort. Er schwieg und spekulierte darauf, daß sein Gast früher oder später doch Fragen stellen würde. Dazu gehörte es aber, daß er den Stadtkern verließ und hinaus ins offene Gelände fuhr.

Sie hatte gute Nerven, doch als Rander sich den Bergen näherte, bekam sie doch so etwas wie Angst.

„Was haben Sie vor?“ wollte sie wissen.

Rander antwortete nicht, sondern zog den Wagen in eine enge Kurve, schaltete herunter und gab Gas. Mit aufheulendem Motor fuhr der Mietwagen einen Canon hoch.

„Was haben Sie vor?“ wiederholte sie die Frage. „Glauben Sie etwa, Sie könnten mir Angst machen?“

Rander dachte nicht daran, ihr diese Angst zu nehmen. Er hatte die richtige Gegend ausgewählt. Von Verkehr war hier draußen nicht mehr die Rede. Nur hin und wieder kam ihnen ein Auto entgegen, das aber schnell in der Dunkelheit verschwand.

Es war Randers Glück, daß er Los Angeles mit sämtlichen Vorstädten kannte. Zusammen mit seinem Butler war er schon häufig hiergewesen und hatte Kriminalfälle gelöst. Daher war ihm auch bekannt, daß sich in einem Seitencanon dieser riesigen Schlucht ein altes Bergwerk befand. Dort wollte er eine kleine Pause einlegen.

„Wenn Sie mir was tun wollen, bringe ich Sie um!“ Noch fauchte sie wie eine gereizte Großkatze, doch Sekunden später wandelte sich ihre Stimme: „Bitte fahren Sie zurück in die Stadt! Das ist doch alles ein fürchterliches Mißverständnis!“

„Kaum!“ Der junge Anwalt bemühte sich um den Unterton perfider Filmgangster.

„Was – was wollen Sie denn von mir?“ fragte sie hastig.

„Was wohl schon!“ Rander war richtig stolz darauf, wie gemein und brutal sein Auflachen wirkte. Ein Gangster hätte ihn darum wahrscheinlich beneidet. Er schaltete die Punktscheinwerfer ein, die die zerfallenen Gebäude des ehemaligen Bergwerks anstrahlten. Sie boten einen unheimlichen Anblick, zumal einige Fledermäuse aufgescheucht wurden, die sich umgehend absetzten.

„Nein, nein!“ stammelt sie. Rander entging nicht, daß ihr die an sich völlig harmlosen Fledermäuse auf die Nerven fielen. Sie stemmte sich mit den Beinen gegen das Bodenbrett des Wagens ab. Ihr Gesicht wurde zu einer angstverzerrten, angeekelten Maske …

„Haben Sie was gegen Fledermäuse?“ fragte Rander.

„Bringen Sie mich weg“, stieß sie hervor, „bringen Sie mich weg, bitte!“

„Wozu bin ich wohl hierher gefahren?“ Rander lachte leise und gekonnt diabolisch. „Sie sollen mir doch in aller Ruhe erzählen, wer Sie und Ihre Freundin auf mich gehetzt hat. Drüben in dem alten Kesselhaus sind wir völlig ungestört und haben Zeit genug!“

„Nein – nein!“ sagte sie nur.

„Sollten Sie nicht reden wollen, lasse ich Sie für ein paar Stunden allein, damit Sie sich den Fall in aller Ruhe überdenken können. Sie kommen nicht eher in die Stadt zurück, bis Sie mir die ganze Wahrheit gesagt haben“

Er ließ den Wagen vor dem alten, zerfallenen Kesselhaus ausrollen und schaltete noch einmal die ganze Festbeleuchtung des Mietwagens ein. Daraufhin fühlten sich etwa drei Dutzend Fledermäuse veranlaßt, davonzusegeln.

„Kommen Sie!“

Rander war um den Wagen gegangen und schnallte die junge Dame los. Sie war vor Grauen und Schreck wie gelähmt. Sie ließ sich ohne jede Gegenwehr vom Sitz ziehen und hinüber zum Eingang des Kesselhauses führen.

Als ein Fledermaus-Nachzügler dicht über ihren Kopf davonstrich, schrie sie und warf sich gegen Rander.

„Ich – ich sage alles!“ keuchte sie. „Bitte, bringen Sie mich zum Wagen zurück. Ich werde Ihnen alles sagen!“

*

Parker sah sich einem untersetzten, aggressiv wirkenden Mann gegenüber, der etwa fünfundvierzig Jahre alt war. Dieser Mann trug einen gutsitzenden, bestimmt nicht billigen Anzug und hielt ein Kabelende in der Hand. Er stand neben seinem Schreibtisch und fühlte sich als Herr der Situation.

„Parker mein Name“, stellte der Butler sich vor, „Josuah Parker, wenn es gefällig ist.“

„Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“ Der Mann reagierte ausgesprochen ungewöhnlich, fast sauer, wie der Volksmund es ausgedrückt hätte. „Schwafeln Sie nicht lange ’rum, Parker! Ich will wissen, wo Sie Jeff Halton festhalten, ist das klar?“

„Jeff Halton?“ Parker studierte das Gesicht seines Gegenüber und ordnete den Mann in die Kategorie harter und erfolgreicher Gangster ein.

„Sie wissen doch verdammt genau, wen ich meine.“ Der Mann grinste und verwandelte sich dadurch plötzlich in einen brutalen Gangster, der eigentlich nur darauf wartete, sein Kabelende einsetzen zu können. „Sie haben ihn doch gekidnappt, als er Ihnen auf den Fersen war, oder?“

„Richtig. Jetzt erinnere ich mich.“ Parker nickte. „Es handelt sich um jenen jungen Mann, der mir zusammen mit seiner Begleiterin in einem italienischen Sportwagen folgte und alles daransetzte, mich zu ermorden.“

„Sie sind ein kluges Kind.

„Demnach habe ich es mit Mister Saul Bantam zu tun, wenn ich nicht sehr irre!?“

„Erraten“, sagte Saul Bantam, „und Sie werden mich bald richtig kennenlernen, Parker, wenn Sie nicht schleunigst auspacken. Also, wo steckt Halton?“

„Er hat das angetreten, was man einen kleinen Zwangsurlaub nennt.“

„Wo steckt Jeff Halton? Ich wette, er hat gesungen wie ein Opernstar, wie?“

„Nun, er war nicht gerade zurückhaltend, Mister Bantam.“

„Was weiß er schon!“ Bantam lachte verächtlich auf. „Halton weiß doch überhaupt nicht, wohin der Hase läuft.“

„Unterschätzen Sie Ihren Mitarbeiter nicht.“ Parker sah sein Gegenüber verweisend an. „Immerhin ist Mister Halton bekannt, daß er für eine Spionageorganisation arbeitet, die die Industrie bespitzelt!“

„Und was weiter? Bantam sah den Butler sehr interessiert an.

„Halton weiß fernerhin, daß zu dieser Organisation ein gewisser Mister Henderson gehört, der am Strand von Lang Beach Boote und Taucherausrüstungen verleiht.“

„Na und?“

„Mister Halton hat sich ferner Gedanken darüber gemacht, auf welchem Weg seine Organisation sich Zutritt zu den erwähnten Industriegeheimnissen verschafft.“

„Und was hat er herausgefunden?“ Bantam grinste etwas abfällig, doch dieses Grinsen war nicht echt. Bantam war nervös geworden und konnte dies nur noch schlecht tarnen.

„Mister Halton verwies mich auf gewisse junge Damen, die in Urlaubszeiten Vertretungen übernehmen.“

Parkers Schuß ins Blaue, der natürlich durch gewisse Kombinationen abgesichert war, erwies sich als ein Volltreffer. Bantam sog scharf die Luft ein und weitete die Augen.

„Quatsch!“ meinte er schließlich gespielt verächtlich. „Halton ist ein Hohlkopf!“

„Sie werden verstehen, daß ich mich darüber mit Ihnen in keine Diskussion einlassen möchte!“

„Setzen Sie sich bloß nicht aufs hohe Pferd! Kommen wir zum Thema zurück. Wo steckt Halton?“

„Darf ich noch eine zusätzliche Bemerkung machen, Mister Bantam?“

„Wollen Sie Zeit schinden? Dann befinden Sie sich auf dem falschen Dampfer, Parker. Hier holt Sie kein Mensch heraus. Sie ahnen nicht, wie sicher Sie untergebracht sind.“

„Um auf meine Bemerkung zurückzukommen, Mister Bantam. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, und dies hängt wahrscheinlich mit meinem akuten Mangel an Phantasie zusammen, daß ausgerechnet Sie der Chef dieser Organisation sein sollen!“

„Und warum nicht?“

„Sie scheinen meiner bescheidenen Ansicht nach nicht das notwendige Format zu besitzen. Verzeihen Sie die Ehrlichkeit und Offenheit eines alten, müden und relativ verbrauchten Mannes!“

Bantam wurde böse.

„Haben Sie noch mehr davon auf Lager?“ Er ging langsam auf den Butler zu, hinter dem die Masseuse stand, die sich bisher nicht eingemischt hatte.

„Ich vermute, wenn ich also weiter ausführen darf, daß Sie nur der Strohmann des eigentlichen Chefs sind. Mit anderen Worten, man hat sie vorgeschoben, um die echten Tatsachen zu tarnen.“

„Wo steckt Halton?“ Bantam wurde ungeduldig. Er ließ das Kabelende vorsichtig in die linke flache Hand klatschen und grinste. Seine Drohung war weder zu übersehen noch zu überhören.

„Gehe ich richtig in der Annahme, daß Sie Mister Halton umbringen wollen?“

„Natürlich! Wer quatscht, der ist reif! Also?“

Als Parker nicht sofort antwortete, holte Bantam blitzschnell aus und schlug zu.

*

Mike Rander saß wieder am Steuer seines Mietwagens und fuhr schnell zurück in die Stadt. Die junge Dame hatte ihm einiges gesagt. Daraus wollte Mike Rander jetzt im Interesse seines Butlers Kapital schlagen.

Die junge Dame saß neben ihm auf dem Beifahrersitz und war nach wie vor nicht in der Lage, unerfreulich zu werden. Ihre Hände waren wieder gebunden, der Sicherheitsgurt hielt sie auf dem Sitz fest.

„Mir – mir wird schlecht“, stöhnte sie plötzlich, „bitte, Mister Rander, halten Sie an!“

Rander bremste den Wagen an und steuerte ihn hart an den Straßenrand.

„Was ist denn?“ fragte er.

„Ich glaube, ich muß mich übergeben“, redete sie weiter, „diese schrecklichen Fledermäuse!“

Rander mußte notgedrungen die Wagentür aufstoßen. Dazu beugte er sich über die Knie seiner Begleiterin und stöhnte gequält auf, als ein irrsinniger Schmerz durch seinen Kopf schoß. Er wußte sofort, daß sie ihn überlistet hatte, riß sich zusammen, wollte dem zweiten Angriff noch entgehen, schaffte es aber nicht mehr. Sie schlug erneut zu und beförderte, ihn in das Land der Träume, wie es in der üblichen Umschreibung so nett formuliert wird.

Als Mike Rander wieder zu sich kam, wußte er im ersten Moment nicht, was sich zugetragen hatte. Er kämpfte gegen den rasenden Kopfschmerz an, riß weit die Augen auf und erinnerte sich. Er lag irgendwo in der Dunkelheit auf einer geschotterten Straße. Es war vor allen Dingen ein scharfkantiger Stein, der ihn zur Eile an trieb. Dieser Stein drückte sich peinlich tief in seinen Rücken.

Dann hörte er das Durchtouren von Reifen auf dem Schotter, sah geblendet in das Licht voll aufgedrehter Scheinwerfer und merkte erst jetzt, daß er das Opfer war.

Ein Motor heulte in hohen Touren auf. Die Scheinwerfer schienen ihn auf dem Schotter festzunageln. Ihre Lichtquellen wurden groß und größer.

Rander wurde von einer fürchterlichen Panik erfaßt. Er sollte überfahren, überrollt werden. Man wollte ihn umbringen!

Er brauchte wertvolle Sekunden, bis er sich zu einem Entschluß aufzuraffen vermochte. Dann, als er sich bereits überrollt wähnte, warf er sich mit all seiner Kraft zur Seite, rollte sich ab und landete wie durch ein Wunder im Straßengraben. Dicht an seinem Körper vorbei raste eines der Vorderräder des Wagens, dessen knallrote Schlußlichter jetzt zu sehen waren.

Rander zitterte am ganzen Körper. Er war dem Tod gerade noch entronnen. Würde es noch zu einem zweiten Mordversuch kommen? Oder ergriff die junge Dame jetzt die Flucht, ohne sich weiter um ihr vermeintliches Opfer zu kümmern? Hatte sie überhaupt mitbekommen, daß Rander ohne Schaden blieb?

Der Wagen wurde gewendet.

Dies geschah schnell und gekonnt. Ein zweiter Mordversuch sollte unternommen werden! Rander, der inzwischen zu seiner eiskalten Ruhe zurückgefunden hatte, lag wieder auf dem Schotter, ganz in der Nähe des rettenden Straßengrabens. Er wollte versuchen, der Fahrerin eine Falle zu stellen. Dazu gehörte es, sie noch einmal an ihn heranzulocken.

Sie fiel auf Randers Trick herein.

Der Wagen näherte sich. Diesmal war die Fahrt wesentlich langsamer. Die Fahrerin, die ihn mit zwei Handkantenschlägen ausgeschaltet hatte, mußte annehmen, daß Rander bereits wehrlos war. Der junge Anwalt lag in verkrümmter Haltung auf der geschotterten Straße und bot das Bild eines Überfahrenen. In seiner rechten Hand befand sich ein faustdicker Schotterstein. Mit ihm gedachte er noch einiges zu unternehmen.

Der Wagen glitt heran.

Rander wartete bis er auf günstige Reichweite herangekommen war. Dann aber sprang er elastisch hoch, holte gleichzeitig zum Wurf aus und schmetterte den Stein gegen die Windschutzscheibe des Wagens.

Der Erfolg war frappierend.

Die Windschutzscheibe splitterte und wurde blind. Die Fahrerin erlitt einen Überraschungsschock und verriß das Steuer. Gleichzeitig trat sie wohl auf das Gaspedal statt auf die Bremse. Der Wagen hechtete nach vorn, kam aus dem Kurs und landete krachend im an sich nicht besonders tiefen Straßengraben.

Rander spurtete dem Wagen nach, erreichte ihn, als er sich gerade zur Ruhe gesetzt hatte und riß die Wagentür auf.

Die Fahrerin hatte sich den Kopf gestoßen. An der rechten Stirnseite gab es eine geringfügige Rißwunde, die aber blutete. Die junge Frau war benommen und leistete keinen Widerstand, als Rander sie aus dem Wagen zog, um sie dann erneut zu binden. Diesmal kombinierte der Anwalt das Isolierband mit seiner Krawatte. Er wollte nicht noch einmal überrascht werden.

„In Ihrer Organisation herrschen ganz schöne Sitten“, meinte er dann kopfschüttelnd, als sie wieder klar war, was nur wenige Sekunden gedauert hatte, „Mord scheint bei Ihnen groß geschrieben zu werden!“

Sie starrte ihn haßerfüllt an und wußte, daß sie keine zweite Chance bekommen würde, Rander zu beseitigen.

*

Parker parierte den Schlag mit dem Kabelende.

Sein Universal-Regenschirm verwandelte sich in eine Art Degen. Saul Bantam schnappte überrascht nach Luft, als seine Hand geprellt wurde und das Kabelende plötzlich auf dem Boden lag.

Parker dachte an die Masseuse und wollte sich gemessen zur Seite bewegen, um ihrem Bambusknüppel zu entgehen. Doch zu spät! Sie hatte bereits zugelangt. Und zwar hart und sehr nachdrücklich. Dabei hatte sie jedoch erfreulicherweise nur die Melone getroffen, die Parker sich längst wieder aufgesetzt hatte. Da sie mit Stahlblech ausgefüttert war, schluckte sie die Gewalt des Schlages und vernichtete alle Energie.

„Sie benehmen sich ausgesprochen unerfreulich“, sagte Parker, in dessen Stimme leichter Vorwurf mitschwang. Dann ließ er die Spitze seines Universal-Regenschirms vorschnellen und drückte gleichzeitig auf den am Griff verborgen angebrachten Knopf.

Blitzartig zischte der eingebaute Stockdegen hervor. Als die aufdringliche Masseuse zum zweiten Schlag ausholte und zuschlug, blockte der Butler diesen Schlag ab und zerschnitt den Bambusknüppel glatt in zwei Teile.

Die Masseuse starrte ungläubig auf den kurzen Knüppelstumpf in ihrer Hand.

„Die Arbeit eines Samuraischmiedes“, erläuterte der Butler, um sich dann Saul Bantam zu widmen, der nach seiner Schußwaffe griff, um das Gefecht zu beenden.

Parker ritzte den Arm des Gangsters an, der daraufhin schreiend und entsetzt seine Schußwaffe fallen ließ. Parker barg sie und sah sich nach dem Ausgang um. Er hatte nicht die geringste Lust, noch länger in, diesem gastlichen Haus zu bleiben. Als Mann der Ruhe, des Friedens und des Ausgleichs wollte er weiterem Ärger freiwillig aus dem Weg gehen.

Er brauchte der Masseuse nur zu folgen.

Sie hatte die Flucht ergriffen und wies ihm ungewollt den Weg. Sie rannte in den Korridor und drückte eine Tür auf, die in ein Treppenhaus führte, das sehr schmal und steil war.

Parker hielt den notwendigen Anschluß und stieg schnell diese Treppe hinunter. Die Masseuse entwickelte ein ungemein olympiareifes Tempo und vergrößerte den Abstand. Sie schien zudem auf irgendeine Art und Weise einen Großalarm ausgelöst zu haben. Als Parker den unteren Flur erreicht hatte, sah er sich drei jungen Damen gegenüber, die jetzt allerdings angekleidet waren. Sie hatten sich mit Schußwaffen ausgerüstet und machten einen entschlossenen Eindruck.

„Los, Kinder. Faßt ihn!“ Die Masseuse übernahm die Führung und kam zurück.

Josuah Parker war peinlich berührt. Sollte er mit jungen Damen kämpfen? Sollte er auf der anderen Seite kampflos aufgeben, nur um Blutvergießen zu vermeiden?

Er zog sich also zurück, ließ sich über die Treppe nach oben treiben, wo Bantam ihn bereits erwartete. Bantam hielt wieder das Kabelende in der Hand und schwang es drohend in der Luft.

„Nun kommen Sie schon, Parker“, rief er grimmig, „darauf habe ich gewartet! Jetzt werde ich es Ihnen heimzahlen!“

„Sie dürften das sein, was man nachtragend nennt“, tadelte der Butler, während er sich von den Damen weiter in Richtung Bantam treiben ließ. Während er noch redete, zog er einen der vielen Kugelschreiber aus einer Westentasche seines schwarzen Dienstanzugs und warf ihn fast achtlos zu Boden.

Das Resultat dieses Wurfes war beachtlich!

Der Kugelschreiber platzte auseinander und verbreitete in Bruchteilen von Sekunden ein Gas, das den Brechreiz aktivierte. Da Parker den Atem anhielt, passierte ihm nichts. Ganz im Gegensatz zu den übrigen Beteiligten, die jedes Interesse an der Verfolgung verloren.

Um die allgemeine Verwirrung noch zu steigern, opferte der Butler einen zweiten Kugelschreiber, den er ebenfalls zu Boden fallen ließ. Nun wallten dichte Nebelschwaden hoch, die jede Sicht nahmen. Im Schutz dieses Nebels zog der Butler am haltlos hustenden und spuckenden Saul Bantam vorbei und machte es sich erst einmal in jenem Raum bequem, in dem der Gangster ihn hatte verhören wollen. Dann interessierte er sich für seinen Abgang.

Dieses seltsame Haus war ihm gründlich verleidet worden.

*

„Darf ich meiner Freude Ausdruck darüber geben, Sir, Sie wiederzusehen?“

Josuah Parker verbeugte sich steif und würdevoll, als sein junger Herr leicht lädiert im Hotelbungalow erschien.

„Ich freue mich nicht weniger“, meinte Rander lächelnd, „aber bevor wir unsere Erlebnisse austauschen, Parker, müssen Sie mir erst noch eine junge Dame vom Hals schaffen! Sie sitzt draußen im Wagen.“

„In welcher Form, Sir, möchten Sie sich von besagte junger Dame trennen?“

„Lassen Sie sich was einfallen!. Was halten Sie davon, wenn wir sie zu Jeff Halton schaffen, falls Sie den überhaupt noch festhalten!?“

„Mister Halton ist nach wie vor Gast des Hauses“, gab der Butler gemessen zurück, „ich bitte diesen Hinweis aber nicht wörtlich nehmen zu wollen.“

„Wo haben Sie ihn versteckt?“

„Hier in der Nähe, Sir. Wenn ich Sie dorthin führen darf?“

Rander war selbstverständlich einverstanden. Zusammen mit Parker ging er hinaus zum Mietwagen, auf dessen Beifahrersitz die junge kratzbürstige Dame saß, die den Butler nun noch zusätzlich wütend mit Blicken durchbohrte.

Josuah Parker setzte sich an das Steuer des Wagens, Rander nahm im Fond Platz. Dann ging die Fahrt los, die schon nach kurzer Zeit vor einem bunkerähnlichen Steinbau der Straßenverwaltung endete. Dieses flachgedeckte Steinhaus stak bis zur Hälfte im Boden und barg im Innern Gerätschaften aller Art für die Ausbesserung der Ausfallstraße. Der Zugang erfolgte über eine schmale, relativ niedrige Tür, die über vier Treppenstufen zu erreichen war. Sie konnte mit einem Spezial-Vierkantschlüssel geöffnet werden, was dem Butler selbstverständlich nicht schwer gefallen war und fiel.

„Wie sind Sie denn ausgerechnet auf diesen Bunker gekommen?“ Rander grinste wieder wie ein großer Schuljunge, der einen Streich ausheckt.

„Dieses improvisierte Gefängnis bietet sich förmlich an, Sir, wenn ich es so ausdrücken darf. Die aus Beton gegossenen Wände sind ohne Spezialhilfsmittel nicht zu bezwingen, zudem haben sie den Vorteil, Geräusche aller Art zu verschlucken, was in Anbetracht der Lage ja angebracht sein dürfte.“

„Schön, verpacken wir also unsere junge Dame, vergessen wir aber nicht, Sergeant Halloway zu informieren, sonst bekommen wir Ärger.“

Dank der Dunkelheit gab es überhaupt keine Schwierigkeiten, die junge Dame in den Bunker zu bringen. Hier wartete Jeff Halton schon ungeduldig auf etwas Abwechslung. Er war von Josuah Parker sorgfältig verschnürt worden und saß vor einem Eisenregal, das an der Wand befestigt war. Er atmete erleichtert auf, als die Besucher erschienen. Dann, als er die junge Dame sah, schaute er vollkommen verständnislos drein. Er schien sie vorher noch nie gesehen zu haben.

Die junge, streitlustige Dame wehrte sich wieder einmal, doch sie hatte natürlich keine Chance. Innerhalb weniger Minuten saß sie ebenfalls vor dem Regal, fest verschnürt und in gebührender Entfernung von Halton. Parker hielt stets auf Schicklichkeit.

„Vielleicht vertreiben Sie sich die Zeit damit, sich auszutauschen“, schlug Josuah Parker höflich vor, „Mister Halton interessiert bestimmt, wie die zweite Seite der Organisation aussieht. Und die junge Dame möchte vielleicht Details über Hendersons Mitarbeiter erfahren. Ich wünsche von Herzen gute Unterhaltung und darf versichern, daß Sie bald erlöst sein werden.“

Rander und Parker verließen den Betonbunker der Straßenbauverwaltung und setzten sich zurück in den Wagen. Rander zündete sich eine Zigarette an und wirkte befreit.

„Bin ich froh, diese Katze los zu sein“, meinte er, „Sie ahnen nicht, Parker, wieviel Nerven sie mich gekostet hat!“

„Dies, Sir, kann ich Ihnen durchaus nachfühlen, zumal auch ich es mit streitbaren Damen zu tun hatte. Mit recht attraktiven Damen, wie ich aus Gründen der Ehrlichkeit hinzufügen möchte.“

„Auf Ihre Geschichte bin ich gespannt. Ich möchte wissen, wo Sie die ganze Zeit über gesteckt haben? Wieso waren Sie so plötzlich aus dem Hotelbungalow verschwunden?“

„Ich muß gestehen und einräumen. Sir, daß mein Plan mit der Klimaanlage nicht so recht wirkte. Als ich den Bungalow betrat und durchaus annehmen mußte, darin tief schlafende Gäste zu sehen, wurde ich peinlicherweise gerade von diesen Gästen überrascht.“

„Daß Ihnen so etwas auch passieren kann, beruhigt mich!“ Rander lächelte.

„Ich muß zugeben, daß man meine bescheidene Person erwartete und entsprechend außer Gefecht setzte. Dazu benutzte man einen harten Gegenstand, der leider meinen Nackenwirbel traf und mich ohnmächtig werden ließ. Als ich wieder zu mir kam, Sir, fand ich in einer Umgebung wieder, die mich in einiges Erstaunen versetzte.“

„Jetzt scheint’s spannend zu werden, Parker.“

Der Butler ließ seinen jungen Herrn nicht länger warten und schilderte alle Einzelheiten seiner Erlebnisse. Als er die Bikinischönheiten, die vollschlanke Masseuse und schließlich noch Saul Bantam erwähnte, schüttelte Rander nur noch den Kopf.

„Sagenhaft“, meinte der junge Anwalt dann, „das ist nicht zu schlagen, Parker. Sie haben wieder einmal den Vogel abgeschossen. Meine Erlebnisse waren da wesentlich bescheidener.“

Parker hörte aufmerksam zu, als sein junger Herr berichtete. Mike Rander faßte sich wesentlich kürzer als sein Butler, der die barocken und oft umständlichen Umschreibungen bevorzugte.

„Die Fledermäuse brachten meinen Gast in Stimmung“, schloß Mike Rander, „die junge Dame redete daraufhin wie ein Wasserfall. Unser anfänglicher Verdacht war schon richtig, Parker! Diese Spionageorganisation schmuggelt Sekretärinnen in die betreffenden Firmen! Sie übernehmen Urlaubsvertretungen und nutzen die Zeit, sich die wichtigen Unterlagen zu verschaffen!“

„Vermittelt die Agentur Helen Portcliff diese jungen Damen, Sir?“

„Richtig, Parker. Diese angeblich so nette ältere Dame werden wir uns sehr bald aus der Nähe ansehen müssen.“

„War Ihrem weiblichen Gast der Name Henderson vertraut, Sir?“

„Damit wußte sie nichts anzufangen, aber ich kann mir vorstellen, daß unsere nette ältere Dame sich eine Gang hält, die gewisse Dinge nach bewährtem Muster zu regeln hat. Ich denke da an Gewalt, Terror und sogar Mord. Wir haben ja entsprechende Erlebnisse hinter uns.“

„Durchaus, Sir! Aber wußte Ihr weiblicher Informant mit letzter Sicherheit, daß Mrs. Helen Portcliff von der Geheimtätigkeit ihrer Sekretärinnen doch weiß?“

„Das vermutete sie nur.“

„Ich möchte annehmen, daß sie ihre Aufträge und Einsätze von Saul Bantam erfuhr.“

„Richtig. Saul Bantam scheint die Fäden in der Hand zu haben. Aber glauben Sie, Parker, daß dieser Gangster als Chef der Industriespionage in Betracht kommt? Sie halten doch nicht viel von ihm, oder?“

„Ich sehe in Mister Saul Bantam einen Strohmann, Sir. Er dürfte der Arm des wirklichen Chefs sein.“

„Henderson?“ tippte Rander an, „wohl kaum möglich, wie?“

„In der Tat, Sir. Henderson dürfte seinerseits der Arm Mister Bantams sein.“

„Bliebe also Mrs. Portcliff … Oder Mister Portcliff …?“

„Sehr wohl, Sir! Dieses Geschwisterpaar rückt immer weiter in den Mittelpunkt des Interesses.“

„Dann sollten wir schleunigst etwas unternehmen. Sie wissen ja, an welche Adresse wir uns zu wenden haben!“

„Ich fürchte, Sir, ich muß Sie enttäuschen.“

„Wie soll ich das verstehen?“

„Es wird schwierig sein, jenes Haus aufzuspüren, in dem ich Kontakt mit Mister Bantam aufnehmen konnte. Nach meinem etwas überstürzten Abgang konnte ich mir nur die ungefähre Lage des Hauses merken, zumal der obligate Nebel von Los Angeles ein zusätzliches Hindernis darstellte.“

„Wir werden diesen Bau samt Swimmingpool finden“, meinte Rander optimistisch, „ich baue da auf Ihren Spürsinn, Parker. Enttäuschen Sie mich nur nicht!“

„Ich werde mir, wie immer, Sir, alle erdenkliche Mühe geben. Für den Rest der Nacht würde ich allerdings Vorschlägen, ein wenig der Ruhe zu pflegen.“

„Im Hotelbungalow?“ Randers Stimme drückte Ablehnung aus.

„Keineswegs, Sir“, erwiderte Parker, „ich habe mir erlaubt, bereits umzudisponieren. Ich könnte mit einem Hotel der bescheidenen Mittelklasse dienen. Ganz in der Nähe des Strandes und des Yachthafens von Long Beach. Dies hätte den Vorteil, daß man Mister Henderson schon am frühen Morgen einen Höflichkeitsbesuch abstatten könnte.“

„Einverstanden, Parker. Aber dann sind unsere tippenden Nymphen an der Reihe. Sieht so aus, als hätten wir diesen Fall in aller Kürze geschafft.“

„Ich begrüße Ihren erfreulichen Optimismus, Sir“, entgegnete der Butler in seiner zurückhaltenden, vornehmen Art, die allerdings gerade deswegen gewisse Bedenken aufkommen ließ.

*

Am anderen Tag trat so etwas wie Ruhe vor dem Sturm ein. In der Nacht hatte es keine Schwierigkeiten gegeben. Die Gegenseite wußte ja auch schließlich nicht, wo sie Mike Rander und Josuah Parker finden sollte. Nicht umsonst hatte man darauf verzichtet, im Hotelbungalow zu übernachten.

Zusammen mit seinem Butler fuhr Mike Rander all jene Firmen ab, die er am Vortag angerufen hatte. Er wurde überall mit offenen Armen empfangen und kam sofort zur Sache. Sein Verdacht fand Nahrung und schließlich auch Bestätigung. In allen Fällen, in denen Finnen mit Industriespionage zu tun hatten, in all diesen Fällen hatte man aushilfsweise und vertretungsweise Sekretärinnen beschäftigt, die aus der Agentur von Mrs. Helen Portcliff stammten.

„Deutlicher kann man’s nicht serviert bekommen“, meinte Rander zu seinem Butler, als er den letzten Namen auf seiner Liste abgehakt hatte. „Diese Portcliff werden wir uns schleunigst ansehen müssen, Parker.“

„Nicht nur Mrs. Helen Portcliff, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, Sir.“

„Natürlich werden wir auch dem Bruder dieser Dame auf den Zahn fühlen. Was haben Sie denn herausgefunden?“

„Interessante Tatsachen, die jetzt allerdings wie selbstverständlich klingen, Sir! Alle besuchten Firmen lassen ihre Rechen-, Buchungs- und Schreibmaschinen von der Firma Portcliff betreuen. Möglicherweise haben wir es hier mit einer gewissen Zweigleisigkeit zu tun.“

„Fahren wir doch zu den Portcliffs ’raus“, sagte Rander unternehmungslustig. „Vielleicht sehen Sie den Swimmingpool wieder, Parker. Von den reizenden Bikini-Schönheiten ganz zu schweigen!“

„An jene Damen, Sir, denke ich nur im Interesse an der Sache.“

„Natürlich, Parker. Von Ihnen hätte ich auch gar nichts anderes erwartet.“ Rander grünste und stieg zurück in das hochbeinige Monstrum, das sie zur Doppelfirma Portcliff brachte.

Hier erwartete sie die erste Überraschung.

Die reizende Empfangsdame in der Vorhalle der Sekretärinnen-Agentur war eine liebe Bekannte. Sie zuckte mit keiner Wimper, als Rander und Parker erschienen.

„Oh, Miß Clark. Ich freue mich ehrlich, Sie wiederzusehen“, begrüßte Parker die Bikinischönheit vom Badefloß. „Sie haben, wie ich schließen darf, Ihre Stelle bei der Universal Painting Company auf gegeben?“

„Ich habe dort ja nur aushilfsweise gearbeitet“, sagte sie. Auch in ihrem hellblauen Nylonkittel, der Arme und Schultern freigab und in der Taille eng gebunden war, sah sie reizend aus. „Sie möchten zu Mrs. Portcliff?“

„In der Tat!“ Parker schob sich etwas in den Hintergrund, damit sein junger Herr die reizende Empfangsdame aus der Nähe begutachten konnte.

„Rander mein Name. Ich bin Anwalt. Melden Sie uns bitte an!“

Sie wandte sich ihrem Apparat zu und ließ sich mit dem Vorzimmer ihrer Chefin verbinden. Sie hörte einen kurzen Moment zu und nickte dann, während sie auflegte.

„Mrs. Portcliff steht Ihnen in wenigen Minuten zur Verfügung“, sagte sie dann, „wenn Sie vielleicht im Patio warten wollen?“

„Gute Idee!“ Rander und Parker verließen die Empfangshalle durch eine Glasschiebetür und gingen hinaus in den geräumigen Innenhof, der nach Art eines spanischem Patios hergerichtet war. Um einen plätschernden Springbrunnen gruppierten sich intime Sitznischen, Blumenarrangements und Laubengänge. Die Stadt mit ihrem Hasten und Treiben war hier in wenigen Sekunden völlig vergessen. Man schien sich auf einer Insel der Ruhe und des Friedens zu befinden.

„Sehr geschmackvoll, aber auch recht aufwendig“, stellte Mike Rander fest, „Haus und Büroräume im spanischen Stil … Mrs. Portcliffs Firma scheint zu florieren!“

Parker kam nicht dazu, darauf zu antworten. May Clark, die Nymphe vom Badefloß, erschien und wies lächelnd auf eine geschwungene Freitreppe.

„Mrs. Portcliff erwartet Sie auf dem Dachgarten ihres Büros“, meldete sie, „Sie brauchen nur die Treppe dort zu benutzen, meine Herren!“

Rander griff unwillkürlich nach seiner Schußwaffe, als er zusammen mit seinem Butler zum Dachgarten ging.

„Waren Sie hier in der Gegend, als Sie mit Bantam Ärger hatten?“ fragte er dann leise.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, Sir“, antwortete Josuah Parker, der sich wirklich nicht genau erinnerte, „ich denke, man sollte sich überraschen lassen!“

*

Mrs. Helen Portcliff war wirklich eine nette alte Dame.

Sie mochte etwa sechzig Jahre alt sein, hatte sich aber noch gut gehalten, war schlank und tat nichts, um die vielen kleinen Lachfältchen in den Augenwinkeln zu verbergen. Sie trug ein einfaches Leinenkostüm, das ihre noch recht schlanke Figur gut unterstrich. Ihr graues Haar hatte einen Stich ins Blaue, doch dies paßte zu ihr.

Sie kam um einen massiven Gartentisch herum, um den Stühle und Liegen gruppiert waren.

„Sie wollten mich sprechen?“ Ihre Stimme klang angenehm, vielleicht war sie etwas leise.

„Mike Rander. Ich bin Anwalt. Dies ist mein Butler. Josuah Parker!“

„Es hat wohl keinen Sinn, Sie abwerben zu wollen?“ Sie lächelte Parker freundlich an.

„Kaum, Madam!“ gab der Butler höflich zurück.

„Sie kommen in geschäftlichen Angelegenheiten?“ Sie deutete auf die Gartenstühle. Rander nahm Platz, während sein Butler sich schräg hinter seinem jungen Herrn aufbaute.

Parker sah sich ungeniert in der näheren Umgebung um.

Vom Dachgarten aus ging der Blick hinüber auf die vielen kleinen und großen Villen dieser Gegend. Das Wohnhaus dieser Frau und die Bürogebäude befanden sich inmitten eines großen Gartens. Alles sah sehr zivil aus. Die Wohnlage konnte durchaus als gut bis exklusiv bezeichnet werden.

„Ich möchte offen zu Ihnen sein, Madam“, begann Mike Rander, direkt auf das Thema zusteuernd. „Die Industrie- und Handelskammer von Los Angeles hat meinen Butler und mich gebeten, in Sachen Industriespionage zu ermitteln!“

„Und was habe ich damit zu tun?“ Sie sah ihn aus gütigen Augen lächelnd und abwartend an.

„Es besteht ein gewisser Verdacht, daß Ihre Sekretärinnen, die Sie an Firmen ausleihen, vielleicht damit zu tun haben!“

Mrs. Helen Portcliff lachte leise. Dann schüttelte sie den Kopf.

„Entschuldigen Sie, Mister Rander, aber sind Sie sicher, sich nicht zu irren? Was haben meine jungen Damen damit zu tun?“

„In allen Firmen, die sich Ihrer Aushilfs-Sekretärinnen bedienen, ist spioniert worden. All diese Firmen sind empfindlich geschädigt worden.“

„Das kann nur ein Zufall sein. Für meine jungen Damen lege ich die Hand ins Feuer.“

„Erlauben Sie mir ein paar zusätzliche Fragen?“

„Aber selbstverständlich. Hier geht es doch darum, offensichtliche Mißverständnisse aus dem Weg zu räumen.“

„Auf welchem Weg nehmen Sie Kontakt zu den jungen Damen auf? Aus welchen Kreisen rekrutieren sie sich?“

„Das ist schnell erklärt, Mister Rander. Angefangen hat es mit Inseraten, doch das ist schon sehr lange her. Inzwischen überlaufen mich die jungen Damen und bitten, in die Agentur aufgenommen zu werden. Meine Firma, das darf ich wohl sagen, hat einen guten Namen.“

„Welche Sicherheiten haben Sie, daß die jungen Damen nicht kriminell sind?“

„Ich erkundige mich bei der Polizei. Zudem arbeitet eine Detektei für mich. Sie zieht Erkundigungen über meine Damen ein. Ich möchte jeder Eventualität Vorbeugen, wie Sie verstehen werden. Nun zu Ihrer zweiten Frage. Woher stammen die jungen Damen? Es sind in der Mehrzahl erstklassig ausgebildete und geschulte Fachkräfte, die nicht mehr ihre Stunden in Büros absitzen möchten. Sie wollen unabhängig sein und lieben die Abwechslung, neue Kollegen und neue Arbeitsbedingungen. Sie wissen vielleicht, wie niederschmetternd es sein kann, jahrelang in derselben Firma zu arbeiten.“

„Was wissen Sie über das Privatleben Ihrer Damen? Entschuldigen Sie diese Frage, aber es geht ja darum, Ihre Agentur von einem häßlichen Verdacht zu befreien.“

„Sie brauchen sich keineswegs zu genieren.“ Mrs. Helen Portcliff blieb reizend und verständnisvoll. „Ich lasse von der Detektei Stichproben vornehmen. Bisher hat es nie irgendwelche Beanstandungen gegeben.“

„Könnte man den Namen dieser Detektei erfahren?“

„Aber selbstverständlich. Sagen Sie, Mister Rander, ich brauche doch wohl nicht zu befürchten, daß man plötzlich auf meine Mitarbeiterinnen verzichten wird, wie?“

„Wir haben völlig diskret gearbeitet, Mrs. Portcliff. Zudem fehlt ja bisher jeder Beweis. Mein Butler und ich gehen nur gewissen Vermutungen nach.“

„Dennoch, ich mache mir jetzt natürlich Sorgen.“

„Die wir möglichst schnell aus dem Weg räumen werden, Mrs. Portcliff. Ist es möglich, Kontakt zu Ihren Mitarbeiterinnen aufzunehmen?“

„Wie stellen Sie sich diesen Kontakt vor?“

„Mein Butler und ich … nun, wir würden uns gern mit einigen Aushilfs-Sekretärinnen unterhalten.“

„Aber gern, wir unterhalten hier in der Agentur eine ständige Bereitschaft. Ich werde Sie nach unten bringen!“

„Darf auch ich mir eine bescheidene Frage erlauben?“ schaltete Josuah Parker sich in diesem Augenblick ein.

Rander und Mrs. Portcliff sahen den Butler fragend und erwartungsvoll an.

„Besteht zwischen Ihnen, Madam, und der Firma Ihres Herrn Bruders eine Art Arbeitsgemeinschaft?“

„Nein, nein, wir arbeiten auf eigene Rechnung. Nur der Name stimmt überein.“

„Sagen Ihnen die Namen Henderson und Bantam etwas, Madam?“

Mrs. Portcliff schüttelte den Kopf und wußte von nichts. Sie war wirklich eine reizende ältere Dame und schien völlig arglos zu sein. Selbst Josuah Parker wußte nicht mit letzter Sicherheit, was er von ihr halten sollte. Er prüfte sein an sich gut ausgebildetes Gefühl für Doppelbödigkeit, doch dieses Gefühl blieb stumm.

„Eine letzte Frage, Madam!“

„Aber gern.“ Sie sah ihn ermunternd an.

„Besitzen Sie im Keller Ihres Hauses einen Swimmingpool?“

„Aber ja!“ antwortete sie spontan, „wieso interessiert Sie das? Hat auch das etwas mit dem Fall zu tun?“

„Mein Butler interessiert sich seit einiger Zeit für Swimmingpools, die in Keller angelegt sind. Könnten wir ihn mal sehen?“

Auch dagegen hatte Mrs. Portcliff erstaunlicherweise nichts einzuwenden. Sie erbot sich, die Führung zu übernehmen.

„Nun?“ fragte Mike Rander eine halbe Stunde später, nachdem sie den Swimmingpool der Mrs. Portcliff besichtigt hatten.

„Ich bedaure mitteilen zu müssen, Sir, daß dieser Swimmingpool nicht dem entspricht, was sich in meine Erinnerung eingegraben hat. Ich fürchte, man wird weiter suchen müssen!“

*

„Haben Sie diesen Kugelschreiber verloren?“ fragte May Clark, als Rander und Parker zurück in die Halle kamen. Sie hatten sich von Mrs. Helen Portcliff verabschiedet und wollten sich nun die Firma von Mister Hubert Portcliff ansehen.

„Schon möglich“, sagte Rander und wartete, bis May Clark ihn erreicht hatte. Sie lächelte unsicher und drückte ihm den bewußten Kugelschreiber in die Hand. Rander merkte sofort, daß zu diesem Kugelschreiber ein kleiner Zettel gehörte, den sie zusammengefaltet hatte.

„Richtig, das ist mein Kugelschreiber“, sagte er also schnell und nickte ihr dankend zu. Dann verließ er zusammen mit seinem Butler ohne Umschweife die Sekretärinnen-Agentur.

In Parkers hochbeinigem Monstrum faltete er den kleinen Zettel auseinander und überflog die wenigen Zeilen, die zu Stichworten angeordnet waren.

„Helfen Sie …“ stand auf dem Zettel, „ich bin in einer halben Stunde am Beach Drive, Long Beach Nr. 3244. Vorsicht, Verfolger!“

„Eine interessante Nachricht“, stellte Parker fest, der aufmerksam zugehört hatte.

„Was halten Sie von ihr?“

„Miß Clark scheint ein gewisses Mitteilungsbedürfnis zu haben, Sir. Man sollte die junge Dame erhören.“

„An eine Falle denken Sie wohl gar nicht, oder?“

„Gewiß, Sir. Diese Möglichkeit lasse ich keineswegs außer Betracht. Doch gegen Fallen, darauf möchte ich verweisen, läßt sich selbstverständlich etwas tun. Wenn Sie erlauben, Sir, werde ich entsprechende Maßnahmen treffen.“

„Und ob ich das erlaube, Parker. Und wie denken Sie über Mrs. Helen Portcliff?“

„Eine reizende ältere Dame, Sir! Sehr aufgeschlossen, sehr intelligent, sehr wachsam!“

„Trauen Sie ihr zu, daß sie diese Spionageorganisation leitet?“

„Durchaus. Sir. Die intellektuellen Fähigkeiten dürften zweifelsfrei vorhanden sein.“

„Sie können sich noch immer nicht erinnern, wo man Sie festhielt?“

„Wenn ich es recht bedenke. Sir, müßte dieses Haus mit Swimmingpool im Souterrain sich in der Nähe des Pazifik befinden.“

„Wie kommen Sie denn darauf?

„Während meines etwas überhasteten Weggangs, Sir, verspürte ich den Geruch von Seetang und Jod. Sichere Anzeichen dafür, daß das betreffende Haus sich in der Nähe der Küste befunden haben muß.“

„Na, schön … lassen Sie sich möglichst bald weitere Details einfallen, Parker. Sehen wir uns jetzt erst mal den Bau an, in dem uns diese May Clark treffen will!“

Während der Fahrt achtete Parker darauf, ob sie verfolgt wurden. Doch nichts war zu erkennen. Die Fahrt verlief ohne jede Schwierigkeit.

„Dort ist es!“ Rander hatte das Haus bereits ausgemacht. Durch die Windschutzscheibe deutete er auf eine Art Strandvilla, die in einer Reihe ähnlicher Bauten lag. All diese Häuser machten einen ungepflegten bis zerfallenen Eindruck. Die Gärten waren verwildert und haften seit vielen Monaten keinen Gärtner mehr gesehen. Die Häuser waren Jahrzehnte alt und schienen durchweg nicht bewohnt zu werden.

„Sie stehen zum Verkauf!“ stellte Parker weiter fest. „Sehen Sie sich die Verkaufstafeln an, Parker.“

„Ich habe mir erlaubt, sie bereits zu registrieren, Sir!“ Der Butler hielt den Wagen an und beeilte sich, seinem jungen Herrn beim Aussteigen zu helfen. Natürlich kam er wieder einmal zu spät, denn der Anwalt war bereits mit gewohnter Elastizität herausgeklettert und reckte und dehnte sich.

„Ziemlich einsame Gegend hier“, sagte Rander und sah sich argwöhnisch um, „hinter den Gärten scheint die Küste liegen. Sehen wir uns doch mal um!“

Zwischen den alten, unansehnlichen Villen gab es eine schmale Gasse, die hinunter zum Wasser führte. Rander und Parker benutzten sie und erreichten nach wenigen Minuten den Strand, der hier grau und unansehnlich war. Die Gezeiten hatten dicke, schwarzgrüne Stränge von Seetang aufgehäuft. Möwen stolzierten herum und pickten faulig riechende Muscheln auf. Es gab viel Treibholz und Unrat, die von einer Querströmung angeschwemmt worden waren.

„Sieht ja trist, aus“, stellte Rander fest und schaute gleichzeitig auf seine Armbanduhr, „wir müssen zurück, Parker, wenn wir die Nymphe nicht versäumen wollen!“

Die beiden Männer schritten wieder zum hochbeinigen Monstrum und warteten im Innern des Wagens auf die Sekretärin, die sich per Geheimzettel angekündigt hatte. Im Wagen war es sicherer, Die Panzerglasscheibe machte es unmöglich, von einem Gewehrgeschoß getroffen zu werden.

„Was ist los mit Ihnen, Parker?“ erkundigte sich Rander. „Sie machen einen sehr nachdenklichen Eindruck.“

„Ich prüfe die Gerüche, die vor wenigen Augenblicken meine Nase trafen“, erwiderte der Butler gemessen, „ich möchte annehmen, daß sie mit jenen identisch sind, die ich in der Fluchtnacht wahrnahm.“

„Moment mal. Sie glauben, daß man Sie in einer dieser Villen festgehalten hat?“

„Ich bin mir selbstverständlich nicht ganz sicher, Sir!“

„Dann sollten wir uns nachher die Villen vorknöpfen“, sagte der Anwalt unternehmungslustig. „Vielleicht hat sich der Chef der Organisation hier eingenistet. Unliebsame Nachbarn braucht er in dieser Gegend ja nicht befürchten.“

Bevor Josuah Parker antworten konnte, erschien vor ihnen auf der Straße ein unscheinbar aussehender Ford, der schnell näherkam und in ihrer Höhe, aber auf der anderen Straßenseite parkte. Die Tür öffnete sich, May Clark stieg aus.

Sie machte einen nervösen Eindruck und schaute sich wiederholt um, als fürchte sie, verfolgt zu werden.

„Lange kann ich nicht bleiben“, rief sie Rander und Parker zu, die ausgestiegen waren und ihr entgegengingen, „ich glaube, daß man auf mich aufmerksam geworden ist!“

„Was können wir für Sie tun?“ Rander sah sie prüfend an.

„Ich, ich möchte aussteigen“, sagte sie hastig, „ich halte das nicht mehr aus. Halten Sie sich an Mrs. Portcliff! Sie ist ein Teufel in Menschengestalt!“

„Leitet sie die Organisation?“ fragte Rander.

„Das weiß ich nicht so genau. Aber sie hat uns alle in der Hand. Bitte, fragen Sie nicht, ich muß weiter! Sehen Sie sich dort das Haus an!“

„Hat Bantam dort Quartier bezogen?“

Sie nickte nur und ging schon wieder zum Ford zurück.

„Darf ich fragen, Miß Clark, wem diese Villen gehören?“ rief der Butler ihr nach.

„Mrs. Portcliff natürlich“, kam die überraschende Antwort, „sie hat ihre Hände überall drin!“

*

„Wenn das keine Falle ist, will ich nicht mehr Mike Rander heißen“, sagte der junge Anwalt, als der Ford verschwunden war, „hält man uns für so dumm, Parker?“

„Ich möchte annehmen, daß man es auf einen Versuch ankommen lassen will, Sir. Doch das Innere des Hauses sollte man sich unbedingt ansehen!“

Sie drückten das Tor zum Vorgarten auf und gingen langsam auf das zweistöckige Haus zu, das einen völlig unbewohnten Eindruck machte. Rander und Parker waren auf der Hut. Sie rechneten jeden Moment mit einem Feuerüberfall und richteten sich darauf ein.

Sie hielten sich in Deckung der wild hochgeschossenen Sträucher und brauchten einige Zeit, bis sie die Haustür erreicht hatten.

„Was würden Sie sich einfallen lassen, um Eindringlinge zu verscheuchen oder gar niederzuschießen, Parker?“

„Man könnte geschickte Selbstschußanlagen anbringen, Sir!“

„Eben! Damit rechne ich, Parker. Müssen wir unbedingt durch die Haustür gehen?“

„In der Tat, Sir, genau dies würde ich mir erlauben vorzuschlagen.“

„Wo ist da die Logik?

„Falls es sich um eine Falle handelt, Sir, rechnet man damit, daß die Eindringlinge den normalen Zugängen nicht trauen. Man rechnet ferner damit, daß besagte Eindringlinge versuchen werden, das Haus auf ungewöhnlichen Wegen zu betreten.“

„Kellerfenster, Balkontüren und so weiter?“

„Selbstverständlich, Sir. Und dort wird man die Selbstschüsse oder Todesfällen installiert haben.“

„Dann überzeugen Sie mich mal, Parker! Ich lasse Ihnen diesmal gern den Vortritt!“

Parker nickte und bemühte sein Spezialbesteck zum öffnen widerspenstiger Türschlösser. Innerhalb einiger Sekunden hatte er es auch hier geschafft. Das Schloß gab nach, die Tür war zu öffnen.

Parker setzte nun seinen Universal-Regenschirm ein und fuhr mit ihm durch den schmalen Türspalt. Er suchte nach Kontaktschnüren, die Sprengladungen auslösen oder Schüsse abfeuern sollten.

Nichts rührte sich.

„Ich möchte annehmen, Sir, daß der Weg frei ist!“ Parker drückte die Tür mit der Spitze seines Universal-Regenschirms vollends auf. Sie sahen in eine große, dunkle Wohnhalle hinein, in der es nach Moder, erstaunlicherweise aber auch nach Blumen roch.

„Wohin wollen Sie?“ fragte Rander erstaunt, als sein Butler darauf verzichtete, sich die oberen Räume dieser Villa anzusehen. Parker hielt auf eine Tür unterhalb der geschwungenen Treppe zu, die wahrscheinlich hinunter in den Keller führte.

„Ich möchte mir den Swimmingpool ansehen, Sir!“

„Wie, bitte? Ach so, Sie glauben, daß man Sie hier festgehalten hat?“

„Ich glaube, Sir, daß ich gleich diesen Swimmingpool Wiedersehen werde!“

Parker behielt recht.

Es gab keine Fallen, keine Überraschungen, denn die Existenz des Swimmingpools wertete der Butler keineswegs als eine Überraschung.

„Sieht recht Üppig aus“, meinte Rander lächelnd, als er mit seinem Butler im Keller des Hauses stand und das große Schwimmbecken besichtigte. „Ist ja die reinste Sauna! Und Gewächshaus dazu! Du lieber Himmel, ist das heiß hier!“

Parker nahm alles in sich auf. Die Blumenpracht, die vom Amazonas zu stammen schien, die Treppenstufen mit den schwellenden Sitzpolstern und das schmale Laufband, das um das Becken herumführte.

„Demnach scheint Mrs. Portcliff die gesuchte Person zu sein“, sagte Rander, „was meinen Sie, Parker, müssen Sie sich noch die oberen Räume ansehen?“

„Selbstverständlich, Sir!

Parker erkannte jede Einzelheit wieder. Da war der kleine Lift, der prompt funktionierte und hinauf ins Obergeschoß führte, da war der Raum, in dem er sich mit Saul Bantam und der Masseuse auseinandergesetzt hatte und da war schließlich auch das Flachdach angrenzender Garagen und Wirtschaftsräume, über das er in der Nacht geflüchtet war.

Darüber hinaus aber gab es einfach keine zusätzlichen Überraschungen. Es traten weder Bikinischönheiten auf noch setzten sich Gunner in Szene. Alles blieb ruhig und friedlich. Die Besitzerin des Hauses und des komfortablen Schwimmbeckens schien keine Ahnung zu haben, daß man hinter ihr Geheimnis gekommen war …

*

„Sie ist weggefahren, Mister Parker“, sagte May Clark, die einen recht nervösen Eindruck machte, „als ich vom Strand zurückkam, war Mrs. Portcliff bereits weg.“

„Ich darf wohl unterstellen, daß Sie nicht wissen, wo Mrs. Portcliff jetzt zu erreichen ist?“

„Nein, wirklich nicht.“

„Nun denn, dann werde ich mich der Mühe unterziehen müssen, nach ihr zu suchen. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag!“

Parker lüftete seine schwarze Melone und verließ die Halle der Sekretärinnen-Agentur. Er hatte sich von seinem jungen Herrn getrennt. Mike Rander sprach um diese Zeit wohl schon mit Sergeant Halloway, um die Zusammenarbeit mit der Polizei zu intensivieren. Zudem müßten ja Jeff Halton und die junge streitlustige Dame aus dem Betonbunker der Straßenbauverwaltung befreit werden.

Parker verließ also die Halle der Agentur und ging zu seinem hochbeinigen Monstrum zurück. Er fuhr allerdings nicht weit, ließ seinen Privatwagen in einer nahen Seitenstraße stehen und ging zu Fuß zurück zur Agentur.

Diesmal meldete er sich aber nicht bei May Clark an. Er wollte ungesehen in die Räume der Agentur eindringen und dort in aller Ruhe nachforschen. Er interessierte sich für junge attraktive Sekretärinnen und hoffte, liebe Bekannte wiederzusehen.

Die Umstände machten es ihm leicht.

Parker öffnete mühelos eine Gartenpforte in der Umgrenzungsmauer des Grundstücks, legte sich den Universal-Regenschirm korrekt über den linken Unterarm und schritt auf den Bürotrakt der Agentur zu, der sich an das Haus der Mrs. Portcliff anschloß. Es handelte sich um einen Anbau in der Form eines Wirtschaftsgebäudes.

Im Näherkommen hörte der Butler Radiomusik und weibliche Stimmen. In der Agentur schienen sich einige Sekretärinnen aufzuhalten, ja, sogar fest zu wohnen.

Parker betrat ohne Umschweife das Haus und blieb in einem fast quadratischen Korridor stehen. Von hier aus führte eine Treppe hinunter in die Kellerräume. Eine zweite Treppe war der Zugang zum Flur im Erdgeschoß.

Butler Parker benutzte die zweite Treppe, um sich im Haus etwas näher umzusehen Eine passende Ausrede hatte er sich bereits zurechtgelegt. Er rechnete selbstverständlich damit, überrascht zu werden. Als er Stimmen hörte, die schnell lauter wurden, als diese Stimmen von hämmernden Schuhabsätzen unterstrichen wurden, drückte er wahllos eine der vielen Türen auf und stand in einem sehr weiblich betonten Zimmer, das in der Art eines komfortablen Hotelzimmers eingerichtet war.

Die Schritte und Stimmen kamen näher, sie hielten auf die Zimmertür zu, die der Butler gerade erst aufgedrückt und hinter sich geschlossen hatte.

Wohin jetzt?

Josuah Parker bemühte sich in den angrenzenden Waschraum und stellte sich in der Duschnische ab, die mit einem Plastikvorhang geschlossen werden konnte. Er hatte sich gerade in Sicherheit gebracht, als zwei junge Damen den Raum betraten. Parker beobachtete sie durch die nur angelehnte Tür des Badezimmers.

May Clark, die als Empfangsdame fungiert hatte, ging voraus. Ihr folgte eine zweite Dame, die dem Butler ebenfalls nicht unbekannt war. Es handelte sich um jene handfeste Masseuse, die ihn in der vergangenen Nacht zu Saul Bantam gebracht hatte.

„Nun, beeil dich schon“, sagte die Masseuse, „wir dürfen keine Zeit verlieren, May.“

„Was soll ich denn mitnehmen?“ fragte May Clark, die wie schon vor einer Viertelstunde einen sehr nervösen Eindruck machte.

„Nur ein paar Kleinigkeiten“, entschied die Masseuse, „morgen bist du ja schon wieder zurück.“

May Clark sammelte ein paar Kleinigkeiten, wie Josuah Parker am Auf- und Zuschieben von Schubladen hörte. Dann erschien sie im Badezimmer und griff nach Zahnbürste und verschiedenen Flakons, deren Inhalt der Erhaltung ihres guten Aussehens diente. Nach knapp einer Minute kehrte sie dem Baderaum den Rücken.

Parker wartete, bis die beiden Frauen den Raum verlassen hatten. Dann stahl er sich nach draußen in den Korridor und beeilte sich, ungesehen zurück zu seinem Wagen zu gelangen. Er wollte sich, wenn es sich eben einrichten ließ, an den Wagen der beiden Frauen hängen und herausbekommen, wohin sie fuhren. Er rechnete mit der vagen Möglichkeit, daß sie ihn ungewollt ins Hauptquartier und in die Zentrale der Spionageorganisation brachten …

*

Mike Rander wurde von Hubert Portcliff sofort empfangen.

Hubert Portcliff, etwa fünfzig Jahre alt, mittelgroß, gut ausgepolstert, streckte Rander die Hand entgegen und bat ihn in sein Büro.

„Fein, daß Sie mich noch erreichen“, sagte er, „ich werde heute in Urlaub gehen. Irgendwann muß der Mensch ja mal ausspannen.“

„Richtig“, bestätigte Rander lächelnd, „in Ihrer Branche geht es sicher rund um die Uhr, wie?“

„Wir erstickten in Aufträgen“, antwortete Portcliff, „aber das soll nicht bedeuten, daß ich einen neuen Auftrag ausschlagen werde. Rander war Ihr Name, ja?“

„Mike Rander, Anwalt aus Chikago“, stellte, der Anwalt sich noch einmal vor. Nach seiner Unterhaltung mit Sergeant Halloway wollte er nun Hubert Portcliff auf den Zahn fühlen.

„Sie wollen hier ein Büro eröffnen?“

„Vielleicht …“

„Ich verstehe, Sie interessieren sich für Büromaschinen. Ich kann Ihnen besorgen, was immer Sie wünschen. Und selbstverständlich übernehmen wir auch den anschließenden Service. Darauf sind wir besonders spezialisiert.“

„Sehr schön.“ Rander gab sich zurückhaltend.

„Über Rabatte und Prozente können wir uns unterhalten, wenn ich genau weiß, was Sie an Maschinen so brauchen, Mister Rander. In welcher Anwaltssparte sind Sie tätig?“

„Ich bin unter anderem Patentanwalt“, erwiderte Rander, der noch nicht einmal zu schwindeln brauchte. „In dem Zusammenhang brauchte ich auch eine gute Sekretärin. Wissen Sie da vielleicht eine Adresse?“

„Aber natürlich.“ Hubert Portcliff nickte lächelnd, „wenden Sie sich an meine Schwester. Sie hat eine Agentur für Sekretärinnen. Erstklassige Mädchen. Sie werden bestimmt die richtige Mitarbeiterin finden.“

Die Unterhaltung zwischen Mike Rander und Hubert Portcliff plätscherte dahin, wie nicht anders zu erwarten war. Rander hütete sich, mit der Tür ins Haus zu fallen. Er hatte aber die ganze Zeit über das sichere Gefühl, daß Hubert Portcliff sehr wohl wußte, mit wem er es zu tun hatte. Das Lächeln des Mannes, war etwas ironisch. Vielleicht amüsierte sich Portcliff sogar über ihn.

„Tja, das wär’s dann wohl“, meinte Rander nach knapp zehn Minuten. Er stand auf und verabschiedete sich. „Noch etwas, Mister Portcliff … Von der Industrie- und Handelskammer habe ich erfahren, daß es bei einigen Firmen hier in der Stadt Ärger mit der Diskretion gegeben hat.“

„Ich verstehe kein Wort.

„Man scheint dort sicher zu sein, daß einige Firmen ausspioniert worden sind. Wichtige Produktions- und Geschäftsgeheimnisse sind an Konkurrenten im In- und Ausland weitergegeben worden.“

„Tatsächlich?“ Hubert Portcliff schüttelte empört den Kopf. „Wie ist denn sowas möglich?“

„Keine Ahnung!“ Rander lächelte, „noch nicht, Mister Portcliff, noch nicht. Ich weiß, daß man diesen Burschen hart auf den Fersen ist.“

„Sollte mich freuen“, sagte Portcliff, „was diese Spionage angeht, so scheint die Schuld aber auch auf seiten der betroffenen Firmen zu liegen. Dort hat man wahrscheinlich die Geheimnisse nicht richtig unter Verschluß gehalten.“

„Möglich, aber wenig wahrscheinlich.“ Rander ging zur Tür. „Mir scheint, daß die Spione sich da einige Tricks haben einfallen lassen, die ungewöhnlich raffiniert sind.“

„Haben Sie etwa Schon einen bestimmten Verdacht?“

„Mein Butler und ich haben uns da Gedanken gemacht. Theoretisch und praktisch wäre es sehr leicht, diese Firmen auszuhorchen.“

„Jetzt interessieren Sie mich aber. Tricks? Kann ich mir nicht vorstellen!“

„Das wundert, mich! Sie als Techniker müßten doch Möglichkeiten am laufenden Band finden und aufzählen können.“

„No, ich wüßte wirklich nicht, Mister Rander.“ Portcliff stand jetzt knapp vor dem jungen Anwalt.

„Jetzt enttäuschen Sie mich aber! Denken Sie doch nur an die Rechen- und Büromaschinen, die von Ihrer Firma gewartet werden.“

„Na, und?

„Ich glaube, ich habe da mehr Phantasie als Sie. Mister Portcliff. Könnte man nicht während der Wartungsarbeiten an den Maschinen kleine Minisender einbauen, die alle wichtigen Diktate aufzeichnen und per Funk weitergeben?“

„Soll das heißen, daß Sie mich …!?“ Portcliff wirkte echt verdutzt und sah den Anwalt in einer Mischung aus Empörung und Überraschung an.

„Wäre das theoretisch nicht möglich?“ fragte Rander, ohne auf Portcliffs Frage einzugehen.

„Doch, natürlich. Aber glauben Sie nicht, daß die Firmen mit solchen Möglichkeiten rechnen? Gegen Minisender ist heute aber ein Kraut gewachsen! Man braucht doch nur einen Elektroniker zu bemühen. Die haben Spezialgeräte, die schnell aufspüren, wo sich solch ein Minisender befindet.“

„Minisender. Ja!“

„Mister Rander, ich muß sagen, daß mir dieses Gespräch nicht mehr gefällt.“ Hubert Portcliff wurde abweisend. „Wollen Sie mir was anhängen? Dann spiele ich nämlich nicht mehr mit!“

„Kein Mensch will Ihnen was anhängen, Mister Portcliff. Statt dieser Minisender könnte man ja auch Wesen aus Fleisch und Blut einsetzen.“

„Jetzt sprechen Sie aber in Rätseln.“

„Ich denke an Sekretärinnen. An junge Damen, die man auf irgendwelche Art und Weise in der Hand hat.“

„Geht das jetzt auf meine Schwester Helen?“ Portcliff wurde wieder sauer.

„Ich rede ununterbrochen von theoretischen Möglichkeiten, Mister Portcliff. Aber lassen wir das Thema! Ich werde mich in nächster Zeit wieder mit Ihnen in Verbindung setzen, einverstanden?“

„Okay!“ Portcliffs Stimme klang abweisend. „Wir werden uns dann sehen. Hören Sie, Mister Rander, ich habe noch eine Frage. Traut man meiner Firma in der Industrie- und Handelskammer nicht mehr? Glaubt man etwa, daß meine Techniker … Daß vielleicht ich sogar …?“

„Kennen Sie einen Mister Hal Carter?“

„Hal Carter? Natürlich!

„Wissen Sie, wo er sich zur Zeit aufhält?“

„Seine Frau rief an. Er hat sich Urlaub genommen. Irgendeine dringende Familiengeschichte. Was ist mit Carter? Nun reden Sie schon!“

„Rufen Sie Sergeant Halloway von der Stadtpolizei an! Fragen Sie ihn nach Hal Carter! Dort bekommen Sie Auskunft aus erster Hand. Auf Wiedersehen, Mister Portcliff! Hat mich gefreut!“

Mike Rander nickte grüßend und verließ das Büro. Er hoffte, eine Zeitbombe gelegt zu haben.

*

Josuah Parker wunderte sich überhaupt nicht, daß die Fahrt der beiden Damen vor dem Bootsverleih eines gewissen Mister Henderson endete.

May Clark und die Masseuse stiegen aus und verschwanden in der Firma. Parker verließ nach kurzer Wartezeit sein hochbeiniges Monstrum und schritt dann gemessen und voller Würde auf das Bootshaus zu, um dort seine Aufwartung zu machen.

Ihm war völlig klar, was ihn erwartete. Dennoch änderte er nicht seine Absichten. Er spielte wieder einmal sehr hoch und baute darauf, daß er in Sachen psychologischer Kriegsführung nicht gerade unbegabt war.

Seine Erwartungen wurden voll bestätigt.

Man hatte ihn während der Fahrt durch die Stadt beobachtet. Man hatte selbstverständlich sein Näherkommen registriert. Entsprechend war der Empfang.

Parker sah sich plötzlich Saul Bantam gegenüber, der aus einem Zimmer kam.

„Ich erlaube mir, einen wunderschönen Tag zu wünschen“, grüßte der Butler und lüftete seine Melone.

„Zu wem wollen Sie?“ fragte Bantam vorsichtig.

„Zu Ihnen, Mister Bantam. Zu Mister Henderson.“

„Kommen Sie!“ Bantam wies einladend in das Zimmer, aus dem er gekommen war. Parker trat ohne weiteres ein und wunderte sich überhaupt nicht, als Bantam ihm dann den Lauf einer Schußwaffe gegen die rechte Niere drückte.

„Muß dies wirklich sein?“ fragte Parker verweisend, „ich denke, Mister Bantam, daß Sie sich solche Abgeschmacktheiten ersparen können.“

„Lieber nicht, Parker. Sie stecken voller Tricks. Und noch einmal legen Sie sich nicht ’rein. Stellen Sie erst mal diesen komischen Regenschirm weg! Das Ding kann ich nicht mehr sehen!“

Parker kam diesem Wunsch nach, legte den Universal-Regenschirm aus der Hand und wandte sich dann zu Bantam um, der ihn mißtrauisch anschaute.

„Setzen Sie sich!“ kläffte Bantam dann.

„Ich darf doch wohl hoffen, Mister Henderson zu sehen?“

„Sie werden noch ganz andere Dinge zu sehen bekommen, Parker“, drohte Bantam und ließ den Butler nicht aus den Augen, „keine Tricks, sonst gibt es sofort Zunder!“

„Wie nervös Sie doch sein müssen!“

„Wollen Sie mich auf die Palme bringen?“

„Noch mehr, als Sie es ohnehin schon sind? Das könnte Ihrer Gesundheit nicht sonderlich zuträglich sein. In Ihrer Organisation scheint es einige Aufregung gegeben zu haben.“

„Aber doch nicht wegen Ihnen, Parker! Bilden Sie sich bloß nichts ein!“

Parker brauchte nicht zu antworten. Mister Henderson, der Bootsverleiher, betrat den Raum und sah den Butler grimmig an. Er baute sich breitbeinig neben Bantam auf.

„Wir werden jetzt einen kleinen Ausflug unternehmen“, sagte er, „machen Sie keinen Ärger, dann werden Sie noch mal mit heiler Haut davonkommen.“

„Sollte man nicht erst meine Bewacher davon verständigen?“

„Wollen Sie bluffen?“ Bantam lachte leise auf. „Mit diesem Trick hatte ich gerechnet.“

„Sind Sie sicher, es wirklich mit einem Trick zu tun zu haben?“

„Ist er nun von der Polizei beschattet worden oder nicht?“ Henderson wandte sich an Bantam.

„Nein. Wir haben genau aufgepaßt. Die Luft ist rein!“

„Ich weiß nicht, Bantam. Wir dürfen kein Risiko eingehen.“

„Was ist gegen eine kleine Bootsfahrt einzuwenden, Henderson? Völlig unverdächtig!“

„Na schön. Der Chef hat es so bestimmt. Fahren wir also los! Aber ein gutes Gefühl habe ich nicht!“

„Wenn schon!“ Bantam hob geringschätzig die Schultern. „Hauptsache, wir legen diesen Schnüffler hier auf Eis. Kommen Sie, Parker, gegen eine kleine Ausfahrt haben Sie doch wohl nichts einzuwenden, oder?“

„Ich freue mich auf diesen Ausflug“, gab Parker höflich zurück, „man tut im Grunde viel zu wenig für seine Gesundheit. Wohin soll die Fahrt denn gehen?“

„Lassen Sie sich überraschen“, sagte Bantam, der hier das große Wort führte, „ich wette, Sie werden Augen machen!“

*

Josuah Parker traf liebe alte Bekannte.

An Bord der Motoryacht befanden sich außer Bantam und Henderson zwei Männer, die er seinerzeit nicht aus dem Wasser gefischt hatte Sie erinnerten sich noch recht gut an diese Unterlassungssünde und maßen den Butler mit mehr oder weniger finsteren Blicken.

Hinzu kamen zwei junge Damen, die ihm ebenfalls nicht unbekannt waren. Da war einmal eine gewissen Joyce Stafford, die zusammen mit ihrem Partner Jeff Halton in einem italienischen Sportwagen gesessen und per Funk telefoniert hatte. Sie strafte den Butler mit Verachtung und konnte ihm wohl nicht vergessen, daß er ihren Freund nach dem Mordversuch entführt hatte.

Die wohl erfreulichste Begegnung war die mit einer gewissen Nixe. Sie erinnerte sich wohl noch mehr ihres Pechs mit ihrem Oberteil eines äußerst knappen Bikinis. Sie ließ den Butler während des Ablegemanövers nicht aus den Augen und hoffte, ihm bald endgültig eine Harpune in den Rücken jagen zu können, wie sie es schon einmal versucht hatte.

Josuah Parker ignorierte all diese Freundlichkeiten. Er saß steif, würdevoll und äußerst gemessen auf der Sitzbank neben dem Niedergang der hinunter in die Kabine der Yacht führte.

Die Motoryacht nahm schnell Fahrt auf und ließ das Bootshaus der Firma Henderson samt Landungssteg weit zurück. Die Mittagssonne stand hoch, auf dem Wasser bildeten sich die typischen Hitzeschleier, die in dunstigen Sonnenglast übergingen.

„Ich vermisse das Geschwisterpaar Portcliff an Bord“, sagte Parker, sich an Bantam wendend, „sollten Mister und Miß Portcliff auf diesen Ausflug freiwillig verzichtet haben?“

„Was haben Sie eigentlich mit diesen Portcliffs?“ wollte Bantam wissen. Jetzt war er ohne Waffe. Er fühlte sich völlig sicher und rauchte mit Genuß eine Zigarette.

„Nun, Mister Bantam, ich möchte doch annehmen, daß Sie so etwas wie einen Vorgesetzten oder Arbeitgeber haben.“

„Sie trauen mir wohl nicht zu, daß ich den Laden hier führe, wie?“

„Ich glaube, darüber ließ ich mich schon bei anderer Gelegenheit negativ aus, Mister Bantam. Um offen und ehrlich zu sein: Sie besitzen keineswegs das notwendige Format, um eine Spionageorganisation zu leiten, wenngleich ich nicht verschweigen möchte, daß Sie als Vollstrecker fremder Wünsche und Artordnungen gute Dienste leisten werden.“

Bantam wurde wütend. Die Insassen der Yacht hatten alles mitbekommen. Sie grinsten verstohlen, woraus Parker schließen konnte, daß er der Wahrheit Und den Tatsachen sehr nahe gekommen war.

„Schön, dann bin ich in Ihren Augen eben nur ein Vollstrecker“, gab Bantam wütend zurück, „wir werden sehen, wie gut ich hin. Warten Sie’s ab!“

„Besteht die Absicht, meine bescheidene Person umzubringen?“

„Manchmal landen auch Sie einen Treffer.“

„Hat man sich über die mögliche Todesart bereits geeinigt?“

„Sie werden einem unglücklichen Unfall zum Opfer fallen. Was man mit einer Harpune an fangen kann, wissen Sie doch wohl!“

„Doch, ich erinnere mich.“ Parker zeigte sich überhaupt nicht beeindruckt. „Darf ich aber vorher noch erfahren, ob meine Vermutungen wenigstens richtig gewesen sind?“

„Ist doch jetzt uninteressant für Sie, Parker.“

„Sagen Sie das nicht, Mister Bantam! Als von Natur aus neugieriger Mensch möchte ich gern erfahren, wer nun der geheimnisvolle Chef dieser Spionageorganisation ist. Mister Hubert Portcliff. Oder vielleicht Mrs. Helen Portcliff?“

„Auf wen tippen Sie denn?“ Bantam grinste und zwinkerte Henderson zu, der neben ihm erschien.

„Ich möchte mich da lieber nicht festlegen“, gab Parker zurück, „sowohl Mister Hubert Portcliff als auch seine Schwester Helen hatten Gelegenheit, die Firmen ausspionieren zu lassen.“

„Und wie das?“ mischte Henderson sich in die Unterhaltung.

„Einmal auf dem direkten Weg über die diversen Sekretärinnen. Sie waren durchaus in der Lage, Geheimnisse in Erfahrung zu bringen. Doch möchte ich gleich abschwächend hinzufügen, daß diese Möglichkeiten nicht überzeugend waren. Man wird die Aushilfskräfte bestimmt nicht damit beschäftigt haben, Firmengeheimnisse abzuschreiben!“

„Bliebe also Hubert Portcliff, wie?“

„In der Tat, Mister Henderson. Der Reparaturservice dieses Herrn bietet die echte Chance, eine Dauerspionage auszuführen. Ich denke da verständlicherweise an Minisender, an Minitonbandgeräte und ähnliche Einrichtungen.“

Henderson und Bantam sahen sich an und lächelten wissend. Dann erstarb ihr Lächeln, als die Nixe auf das Wasser hinausdeutete und ausrief: „Achtung – dort kommt ein Boot!“

Alles sah aufs Wasser hinaus.

Nur Parker nicht, den das Boot überhaupt nicht interessierte. Er stand auf. Diesmal weniger gemessen als sonst. Er griff nach seinem Universal-Regenschirm, der neben dem Niedergang stand und begab sich hinunter in die Kabine.

Die Nixe wurde aufmerksam.

Sie warf sich auf den Butler und zog gleichzeitig ihr Kappmesser, mit dem sie bereits einmal schon an dem Butler hatte herumschnitzen wollen.

Parker, an dieser Feinarbeit nicht interessiert, trat im rechten Moment zur Seite. Die Nixe verlor den gedachten Festpunkt und segelte an Parker vorbei hinunter in die Kabine.

Als die übrigen Passagiere an Bord munter wurden, befand der Butler sich bereits unter Deck und blockierte den Niedergang mittels einer Maschinenpistole, die er an einem Wandschrank hängend vorgefunden hatte.

„Ich bitte, mich vorerst nicht stören zu wollen“, rief er in seiner höflichen Art hinauf an Deck, „Sie können ja inzwischen schon den Leiter der Organisation verständigen. Dieser listreichen Person wird möglicherweise etwas einfallen!“

*

Die Zeitbombe, die Mike Rander bei Portcliff gelegt hatte, platzte schneller, als er erwarten konnte. Als er die Firma verlassen wollte, stand plötzlich Hal Carter vor ihm, und zwar in der gewohnten Aufmachung. Er trug den gut geschnittenen Anzug und die obligate Sonnenbrille. Er hatte seine rechte Hand in die Tasche seines Jacketts gesteckt, die sich erstaunlich weit ausbeulte.

„Ich brauche ja wohl nicht viel zu sagen“, meinte Carter trocken, „wenn Sie nicht niedergeschossen werden wollen, brauchen Sie nur mitzukommen!“

„Die Polizei hat Sie also doch entlassen?“

„Gegen Stellung einer Kaution!“ Hal Carter lächelte und zwinkerte Rander zu, „hatten Sie damit nicht gerechnet?“

„Das schon“, räumte Mike Rander bereitwillig ein. „Aber es ging schneller, als ich es berechnet hatte. Was haben Sie jetzt vor, Carter?“

„Was wohl. Der Chef will Sie sehen.“

„Dagegen läßt sich wohl nichts machen, wie?“

„Das schon, aber dazu würde ich Ihnen nicht raten, Rander. Kommen Sie jetzt! Da unten steht mein Wagen!“

„Wieso? Wir müssen wegfahren? Warum gehen wir nicht zurück zu Portcliff?“

„Was sollen wir bei Portcliff?“

„Ist das denn nicht der Mann, der die Organisation leitet?“

„Was Sie sich da alles zusammenreimen, Rander!“ Hal Carter schüttelte fast vorwurfsvoll den Kopf und grinste ironisch dazu, „lassen Sie sich doch überraschen!“

Rander sah keine Möglichkeit, Hal Carter außer Gefecht zu setzen. Immerhin hatte er es mit einem ausgekochten Gegner zu tun, der so ziemlich alle Tricks kannte. Und mit einer Kanne Kaffee, brühheiß und frisch serviert, war hier in der Halle leider nicht zu’ rechnen. Also ließ er sich von dem Mann hinunter zum wartenden Wagen bugsieren. Sie stiegen in Carters Wagen ein, während Randers Auto zurückblieb. Über diese Tatsache wunderte sich Rander, ohne sein Erstaunen aber laut werden zu lassen. Sein zurückgebliebener Wagen war doch immerhin ein wichtiger Hinweis dafür, daß er bei Hubert Portcliff gewesen war.

Wurde der Wagen gleich weggebracht, oder legte man Wert darauf, den Inhaber des Reparatur-Service zu belasten? War Portcliff nun doch nicht der gesuchte Mann?

Rander steuerte den Wagen Carters, während der Gangster ihn mit gezogener Waffe überwachte. Carter sah wiederholt in den Rückspiegel, den er zu sich herumgedreht hatte, Er wollte wohl sichergehen, daß man ihn nicht verfolgte.

Rander fand schnell heraus, wohin die Fahrt ging. Erst vor kurzer Zeit war er zusammen mit seinem Butler in jener Villa gewesen, in der Parker den bewußten Swimmingpool wiederentdeckt hatte.

„Ich verstehe nicht, warum man mich erst noch sprechen will“, sagte Rander, als er den Wagen vor das Haus steuerte, „glaubt Ihr Chef, aus mir irgendwelche Geheimnisse herausholen zu können?“

„Keine Ahnung, Rander, das ist nicht mein Bier. Warten Sie doch, bis er Sie gefragt hat! So, wir steigen aus. Und dann ’rüber zur Rückseite!“

„Ja, ich weiß Bescheid“, meinte Rander spontan.

„Bescheid? Woher?

„Na hören Sie mal. Mein Butler und ich …“ Rander brach den Satz ab und ärgerte sich, daß ihm diese Worte herausgerutscht waren. Ihm schien, daß er bereits zuviel gesagt hatte. Wußte Carter wirklich nicht, daß er und Parker sich dieses Haus schon einmal angesehen hatten?

„Was war mit Ihrem Butler und mit Ihnen?“ drängte Carter, während er den Anwalt zu dem Anbau dirigierte, „’raus mit der Sprache, Rander. Waren Sie schon mal hier?“

„Fragen Sie doch Ihren Chef“, wich Mike Rander aus. „Sie dürfen nicht vergessen, daß die Polizei Sie für eine gewisse Zeit aus dem Verkehr gezogen hat. Da sind Sie bestimmt nicht mehr auf dem laufenden. Sie werden Nachhilfestunden nehmen müssen!“

Carter ließ sich abspeisen. Mike Rander aber zerbrach sich den Kopf über eine junge Dame namens May Clark. Hatte sie sich für ein Doppelspiel entschieden?

*

Die Nixe – sie trug knappe, gut gefüllte Shorts und eine ärmellose Bluse, die unter der Brust hochgebunden und verknotet war – kam zu sich und fuhr sich stöhnend über die rechte Kopfseite.

„Falls Sie Hilfe brauchen, Madam, lassen Sie es mich, bitte, wissen.“ Parker nickte der jungen Dame freundlich, aber dennoch reserviert zu und deutete auf eine kojenähnliche Liege. „Vielleicht empfiehlt es sich, ein wenig der Ruhe Zu pflegen. Ihr Sturz hinunter in die Kabine ist keineswegs als eine Harmlosigkeit zu bezeichnen.“

Sie stand vorsichtig und langsam auf, rieb sich die schmerzende Kopfseite und schielte dabei bereits nach dem Kappmesser, das noch auf dem Boden lag.

„Ich fürchte, Sie werden für eine gewisse Zeit zusammen mit meiner bescheidenen Wenigkeit in der Kabine bleiben müssen. Dort oben an Deck scheint man mir nicht sonderlich hold zu sein.“

„Glauben Sie, das hier lange durchhalten zu können?“ fragte sie und setzte sich auf den Rand der Koje. Sie tat so, als interessiere sie sich nicht mehr für das Kappmesser.

„Ich glaube nicht, daß man meine bescheidene Person so ohne weiteres zurück an Deck holen kann, Madam!“ Während Parker sprach, blickte er kurz auf die Maschinenpistole, die sich in seinen Händen befand.

„Wollen Sie mich etwa als Druckmittel einsetzen?“ Sie lachte leise auf.

„Dies würde ich mir niemals erlauben, Madam.“

„Warum vergleichen Sie sich nicht mit meinen Freunden?“

„Dieser Vergleich würde wohl sehr einseitig ausfallen, fürchte ich.“

„Er ist und bleibt Ihre einzige Chance. Sie sah plötzlich ungemein schnell zur Seite und wollte den Butler ablenken. Dann warf sie sich gekonnt auf den Boden und langte nach dem Kappmesser. Sie erwies sich als sehnig und sportgestählt.

Ihre Hände griffen ins Leere!

Parker hatte das begehrte Kappmesser mit der Schuhspitze in die Tiefe der Kabine gekickt. Es landete unter einem Klapptisch und war für die Nixe vorerst unerreichbar.

Sie steckte nicht auf!

Sie schnellte sich hoch und wollte dem Butler das Gesicht zerkratzen.

„Ich fürchte, ich werde Sie etwas zur Vernunft bringen müssen“, sagte Parker und drückte sie vorsichtig von sich. Doch die temperamentvolle Nixe steckte nicht auf. Sie warf sich erneut vor und versuchte es mit einem weiteren Angriff.

Parker trat geschickt wie ein Torero zur Seite. Die Nixe schoß an ihm vorbei und landete mit dem Kopf zuerst in der kleinen Kombüse. Sie rammte den Kühlschrank, seufzte fast wohlig auf und rutschte zu Boden.

„Ich muß feststellen, daß Ihre Erziehung nicht als abgerundet und perfekt bezeichnet werden kann“, tadelte der Butler. Dann legte er die junge Dame, die im Moment geistig abwesend war, auf die Koje und wurde abgelenkt, da auf dem Niedergang katzenhaft schleichende Schritte zu hören waren.

Ein paar Schüsse aus der Maschinenpistole sorgten für Ruhe. Die Schritte waren plötzlich nicht mehr zu hören. Parker wandte sich seinem weiblichen Gast zu und suchte nach geeigneten Mitteln, um ihr die Hände zu binden. Er wollte vorerst nicht unnötig abgelenkt werden.

„Parker. Parker!?“ Die Stimme gehörte Bantam.

„Was kann ich für Sie tun?“ rief der Butler mit leicht erhobener Stimme zurück.

„Wir haben Ihnen einen Vorschlag zu machen.“

„Ich werde mit Interesse zuhören.“

„Stecken Sie auf. Dafür geben wir Ihnen eine echte Chance.“

„Und diese erwähnte Chance soll wie aussehen, Mister Bantam?“

Parker antwortete, doch seine Konzentration galt dem Skylight, einem vergitterten Fenster im Dach des Kabinenaufbaus. Man wollte ihn ablenken und hereinlegen. Es galt, auf der Hut zu sein.

Was sich wenige Sekunden später auch prompt lohnte.

Eine Hand erschien, die einen Revolverknauf in den Fingern hielt. Die dicke Scheibe platzte unter der Wucht des Dreinschlagens auseinander und löste sich auf. Gleichzeitig feuerte eine zweite Waffe hinunter in die Kabine.

Parker schätzte dies nicht sonderlich, auch wenn er nicht in akute Gefahr geriet. Er beschloß, zur Strafe und Erziehung der Gangster, die Motoryacht anzubohren. Gewissen Menschen mußte man eben nachdrücklich in Sachen Erziehung nachhelfen.

*

Unter den Geschoßgarben aus der Maschinenpistole zersplitterte der Kunststoffrumpf der Motoryacht.

Wasserfluten schossen in die Kabine und füllten den Raum auf. Die Nixe, die wieder zu sich gekommen war, starrte den Butler völlig entgeistert an. Sie war vor Schreck wie gelähmt.

„Was – was machen Sie denn?“ rief sie plötzlich mit heiserer, fast erstickter Stimme, „wir ertrinken doch wie die Ratten.“

„Ihren durchaus unpassenden und völlig unfeinen Vergleich muß ich entschieden zurückweisen“, tadelte Parker, ohne sich aber aus der Ruhe bringen zu lassen. Er deutete nach vorn ins Boot und fügte hinzu: „Sie brauchen sich nur zu bedienen, Madam. Ich bin sicher, daß Sie mit einem Tauchgerät umzugehen verstehen.“

Die Nixe verstand endlich und erwachte aus ihrer körperlichen Erstarrung. Sie beeilte sich, durch das schnell ansteigende Wasser zu waten und sich eine Taucherausrüstung zu besorgen. Parker hatte dies bereits getan. Auf seinem Rücken befand sich die Stahlflasche mit der Preßluft. Das Mundstück baumelte, festgehalten von den Schläuchen, vor seiner Brust.

Zufrieden stellte Parker fest, daß die Yacht bereits leichte Schlagseite zeigte. Er horchte nach oben, ohne sich weiter um die hastig arbeitende Nixe zu kümmern, die sich beeilte, die Preßluftflasche anzulegen.

An Deck waren Rufe, Schreie, Flüche und Verwünschungen zu hören. Nackte Füße trappelten und trippelten scheinbar sinnlos umher. An Deck schien sich so etwas wie ein kleines Chaos anzukündigen.

Parker sah sich nach der Nixe um.

Die junge Dame hielt ein Preßluftgewehr in der Hand, dessen eingespannte Harpune auf ihn gerichtet war. Sie lachte ihn böse an.

„Ihr Benehmen, Madam, läßt aber nun wirklich zu wünschen übrig“, sagte Parker und schüttelte andeutungsweise den Kopf, „Ihr Innenleben muß außer jeder Ordnung geraten sein.“

„Auf diesen Moment habe ich gewartet“, giftete sie ihn an und drückte los.

Parker rührte sich nicht. Er zuckte auch mit keiner Wimper. Er hatte es überhaupt nicht nötig, nervös zu reagieren, denn sicherheitshalber hatte er dem Gewehr eine geleerte Preßluftflasche zugeordnet.

Die Nixe schaute verdutzt auf das Gewehr, das nicht reagierte. Dann begriff sie, warf die Unterwasserflinte wütend in die weiter steigenden Fluten und bekam daraufhin so etwas wie einen Weinkrampf. Hatte sie endlich eingesehen, daß gegen einen Josuah Parker eben kein Kraut gewachsen war?

„Sie sollten dies nicht zu tragisch nehmen“, tröstete Parker seine an sich reizende Feindin, „vielleicht werden Sie eines Tages mehr Glück haben. Ich möchte nur wissen, wer Sie am laufenden Band, wenn ich mich so vulgär ausdrücken darf, zu diesen Mordtaten anstiftet?“

Sie konnte keine Antwort geben, denn ihr Weinkrampf verstärkte sich. Sie lehnte gegen die gefährlich schräge Kabinenwand und hatte nur mit sich selbst zu tun. Parker überließ sie also ihrem Kummer, begab sich gemessen hinüber zu einem der Bullaugen, das weit über dem in der Kabine herumschwappenden Wasser lag und sah hinaus auf den Pazifik.

Er nickte zufrieden.

Im Wasser strampelten und schwammen bereits die ersten Besatzungsmitglieder der Motoryacht. Sie hatten sich mit einigen Schwimmwesten ausgerüstet und schienen in Streit geraten zu sein, wer sie benutzen durfte.

„Ich denke und schlage vor, Madam, sich nun bereitzuhalten“, wandte Parker sich an die Nixe, „lange dürfte es nicht mehr dauern, bis die Yacht vollends unter Wasser geht. Es gilt dann, den geeigneten Moment des Aussteigens nicht zu versäumen. Darf ich Sie also bitten, sich meiner Führung anzuvertrauen!“

*

Diesmal hatte Mike Rander den Vorzug, die Umgebung genießen zu dürfen.

Er lag, wenn auch gebunden und gefesselt, auf weichen Polstern und sah auf das Schwimmbecken hinunter, in dem Wasserrosen trieben. Er schwitzte, denn die Atmosphäre war feucht-heiß und tödlich zugleich.

Hal Carter, der elegante Gangster aus der Firma Henderson, hatte sich den Kragen gelockert und rauchte. Er wartete in einiger Entfernung von Rander, schien aber keineswegs ungeduldig oder nervös zu sein.

Er stand jetzt auf und stieg über die restlichen Liegestufen hinauf zur Tür.

„Lassen Sie sich die Zeit nicht zu lang werden“, rief er Rander lächelnd zu, „und kommen Sie mir bloß nicht mit Tricks, Rander. Ohne meine Erlaubnis kommen Sie hier nicht mehr heraus!“

Mike Rander verzichtete auf eine Antwort. Sie wäre in dieser Situation sinnlos gewesen. Er richtete sich allerdings auf, als Hal Carter gegangen war. Endlich konnte er sich etwas freier bewegen und versuchen, die lästigen Stricke an Fuß- und Handgelenken loszuwerden.

Rander machte sich sofort an die Arbeit und entsann sich der vielen Tricks, die sein Butler ihm beigebracht hatte. Theoretisch beherrschte der junge Anwalt all diese Dinge, doch jetzt, als er sie in die Praxis umsetzen wollte, da klappte es nicht. Vielleicht lag es aber auch daran, daß Hal Carter ihn eben zu geschickt verschnürt, hatte. Nach Luft schnappend, mußte Rander aufstecken. Er ließ sich zurücksinken und wartete auf die Rückkehr Carters. Und dachte selbstverständlich an seinen Butler, der ihm gerade so sehr fehlte, Wo mochte Parker jetzt stecken?

Carter kam zurück.

Er mühte sich mit einem Benzinfaß ab, das offensichtlich gefüllt war. Er ließ es von Liegestufe zu Liegestufe hüpfen und konnte im letzten Moment gerade noch verhindern, daß es ins Becken stürzte. Dann erst hatte Carter wieder Zeit für den Anwalt.

„Benzin schwimmt“, stellte der Gangster ironisch fest, „und brennt darauf, wenn man es anzündet.“

„Das ist nicht besonders neu“, antwortete Rander, der sich seine Beklemmung um keinen Preis der Welt anmerken lassen wollte.

„In einer halben Stunde ist hier unten die Hölle los“, redete Hal Carter weiter, „es wird höchste Zeit, daß unser Hauptquartier sich in Rauch und Flammen auflöst.“

„Warum auf einmal? Ist Ihnen die Polizei bereits so dicht auf den Fersen?“

„Das hat mit der Polizei überhaupt nichts zu tun“, sagte Carter, „aber irgend jemand von unserer Organisation scheint ein Doppelspiel getrieben zu haben. Er muß diesen Bau hier verraten haben. Damit ist er für uns überflüssig geworden.“

„Auf wen warten Sie?“ Rander fragte fast gleichmütig, als gingen ihn all diese Dinge überhaupt nichts an, „muß erst noch Ihr Chef kommen?“

„Ihr Butler“, korrigierte Hal Carter lächelnd, „Sie wollen doch wohl nicht allein in die Hölle fahren, oder?“

*

Die Nixe vertraute sich Parkers Führung an. Er schwamm aus der bereits restlos überfluteten Kabine heraus und erreichte das Deck, das bereits gut und gern zwei Meter unter der Wasseroberfläche lag. Während die leckgeschossene Motoryacht weiter sank, erreichten Parker und die Nixe schließlich die Wasseroberfläche.

Sie verzichtete auf jeden Dankbarkeitsbeweis, schwamm schleunigst von ihm weg und beeilte sich, zu ihren Freunden zu kommen, die reichlich betroffen im Wasser herumschwammen. So hatten die Gangster sich den Bootsausflug gewiß nicht vorgestellt!

Parker kümmerte sich nicht weiter um die Schiffbrüchigen. Gefahr für sie bestand keineswegs. Sie verfügten über einige Rettungsringe, konnten schwimmen und hatten es nicht allzuweit bis zum rettenden Strand. Zudem näherte sich bereits ein Außenborder der Untergangsstelle, und gerade diesem Außenborder traute der Butler nicht so recht über den Weg.

Er dachte nicht daran, seine Butlerkleidung abzustreifen, um besser schwimmen zu können. Solch einen Formfehler hätte Josuah Parker sich niemals verziehen. Er schwamm mit gleichmäßigen, äußerst kraftvollen Schwimmstößen auf den Strand zu, vergaß dabei aber nicht, den Außenborder immer wieder unter Sichtkontrolle zu halten.

Der Außenborder, dessen Bootsführer nicht zu erkennen war, hatte die im Wasser treibenden Gangster erreicht und barg sie nacheinander. Dies alles klappte sehr gut und ging schnell über die Bühne. Das Boot lag nach der Rettungsaktion zwar tief im Wasser, doch es blieb bewegungsfähig.

Nun war der Butler an der Reihe!

Der Außenborder hielt auf ihn zu und näherte sich recht schnell. Bantam, Henderson und die beiden anderen Gangster machten sich bereit, ihn an Bord zu hieven, doch sie hatten die Rechnung ohne den Butler gemacht, der an dieser Rettungsaktion überhaupt nicht interessiert war. Er hatte die Motoryacht ja nicht ohne Grund angebohrt. Nach diesem Intermezzo wollte er nicht wieder in die Hände der Gangster fallen.

Als der Außenborder ihn fast erreicht hatte und etwas beidrehte, suchte der Butler tiefere Gefilde auf. Und wieder einmal zeigte es sich, daß Parker sich in so gut wie allen Sätteln zurechtfand. Auch das Tauchen machte ihm überhaupt nichts aus. Er schien es von Grund auf gelernt zu haben, was übrigens den Tatsachen entsprach.

Parker schaute hoch.

Er sah den flachen Kiel des Außenborders und die Schraube, die sich nur langsam drehte und hatte plötzlich eine Idee. An einem mehr oder weniger neckischen Herum jagen war ihm nicht gelegen, dabei hätte er sich nur unnötig echauffiert. Es galt also, den Außenborder etwas zu verlangsamen. Dazu brauchte er nur die Schraube aus der Richtung zu bringen.

Parker fand die Lösung.

Er band sich, immer noch unter Wasser und seinen Sauerstoff aus der Preßluftflasche beziehend, seine schwarze Krawatte ab und schwamm steil nach oben.

Dabei entging ihm nicht, daß von Bord des Bootes aus ein Taucher ins Wasser schoß. Er wollte wohl Jagd auf ihn machen und ihn zurück an die Wasseroberfläche scheuchen.

Parker ließ sich selbstverständlich nicht verblüffen. Für Späße dieser Art hatte er durchaus Verständnis. Er übersah den herumschwimmenden Taucher, der nach ihm suchte, näherte sich bereits der langsam drehenden Schraube des. Außenborders und schlang seine Spezialkrawatte um die kurze Welle, die aus der Stopfbuchse hervorragte.

Der Erfolg war frappierend, obwohl Parker ihn natürlich genauso vorausberechnet hatte!

Die Krawatte, die feine Stahlfäden enthielt, wickelte sich prompt um die Schraubenwelle und verkeilte sich. An Bord schien man den Widerstand bemerkt zu haben Der Motor wurde voll aufgedreht. Man wollte aus der Gefahrenzone herauspreschen.

Man erreichte genau das Gegenteil! Nun wurde die Spezialkrawatte des Butlers noch fester um die Schraube gewickelt, bis sie unverrückbar fest saß. Das Boot verlor an Fahrt und blieb dann auf der Stelle liegen.

Parker hielt Ausschau nach dem Taucher.

Dieser Taucher hatte ihn endlich ausgemacht und wollte ihm ans Leder. Der Mann hielt ein Messer in der Hand und griff an. Er schwamm schnell und kraftvoll. Wenn Parker nicht alles täuschte, hatte er es mit dem Bootsverleiher Henderson zu tun.

Auf einen Kampf wollte Josuah Parker es nicht ankommen lassen. Selbstverständlich wurde dieser Entschluß nicht aus der Angst heraus geboren. Parker haßte jedoch Auseinandersetzungen körperlicher Art. Sie brachten seiner bescheidenen Ansicht nach niemals etwas ein. Um Henderson unschädlich zu machen, erinnerte der Butler sich an einen seiner vielen Kugelschreiber.

Gelassen zog er ihn aus der Weste und zerbrach ihn.

Daraufhin schien ein Tintenfisch seine Sepia ausgespuckt und verbreitet zu haben. Dunkle Tintenwolken breiteten sich im Wasser aus und nahmen dem angreifenden Mister Henderson die Sicht.

Parker nutzte die Verwirrung seines Gegners und empfahl sich. Um ein Haar hätte er dabei noch seine schwarze Melone gelüftet. Sie saß – es war nicht anders zu erwarten – nach wie vor auf seinem Kopf. Wieso sie hielt, das war Parkers Geheimnis.

Nach etwa zweihundert Metern Unterwassermarsch stieg der Butler zurück an die Wasseroberfläche und orientierte sich. Er nickte beifällig und zufrieden. Der Außenborder war nicht von der Stelle gekommen. Er kämpfte nach wie vor mit seinem Schraubenschaden. An eine Verfolgung des Unterwassersportlers Josuah Parker dachte kein Mensch mehr. An Bord hatte man jetzt andere Sorgen.

Josuah Parker sah hinüber zum Strand und ging wieder auf Tauchstation. Er wollte sich nun so schnell wie möglich mit seinem jungen Herrn und mit Sergeant Halloway in Verbindung setzen. Es ging darum, den Chef der Spionageorganisation zu stellen.

*

Mike Rander wußte nun, daß seine Überlebenschancen auf den Nullpunkt gesunken waren.

Der tropisch heiße Kellerraum mit dem Swimmingpool hatte sich gefüllt. Hal Carter empfing Freunde beiderlei Geschlechts und begrüßte die Herren Bantam und Henderson, elfte beiden Killer, die sich ebenfalls an Bord befunden hatten und dann die Damen May Clark, Joyce Stafford und die Masseuse.

Sie alle machten einen recht durchnäßten Eindruck und waren schlechter Laune. Diese schlechte Laune steigerte sich noch, als sie von ihrem Abenteuer auf See berichteten.

„Soll das heißen, daß Ihr Parker nicht erledigt habt?“ fragte Hal Carter ungläubig.

„Er ist uns entwischt“, sagte Bantam knurrig, „aber keine Sorge, auch den werden wir noch erwischen!“

„Dann wird’s aber höchste Zeit, daß wir hier Schluß machen. Sonst rückt er womöglich noch mit der Polizei an!“ Carter wurde unruhig. Parkers Name allein schon verursachte ihm wahrscheinlich Magendrücken.

„Warten wir, was der Chef sagt! Bantam sah hinauf zur Eingangstür. „Er hat uns schließlich aus dem Wasser gefischt und hierhergebracht.“

Keiner achtete auf Mike Bänder, der sich nun neugierig aufrichtete und ebenfalls hinauf zur Tür schaute.

Er wußte nicht, ob er sich wundern sollte, als dort Mrs. Helen Portcliff erschien, die jetzt einen energischen Eindruck machte. Sie trug Segelhosen und darüber einen langen Pulli.

„Worauf wartet ihr noch?“ rief sie nach unten, „Carter. Bantam, Das Benzin ins Schwimmbecken. Henderson, holen Sie meinen Bruder! Wir dürfen keine Zeit verlieren!“

Die Männer machten sich an die Arbeit. Helen Portcliff stieg langsam zu Mike Rander hinunter und baute sich vor ihm auf.

„Überrascht?“ fragte sie, während das Benzin aus dem geöffneten Faß ins Wasser des Schwimmbeckens gluckerte.

„Kaum“, erwiderte der Anwalt, „als Chef kamen nur Sie oder Ihr Bruder in Betracht. Ehrlich gesagt, ich hätte auf Ihren Bruder getippt, Mrs. Portcliff!“

„Sehen Sie, und genau das sollen die Beamten der Polizei später auch denken“, meinte sie lächelnd. „Sobald die installierten Büromaschinen untersucht werden, wird man auch kleine Minisender finden. Dafür haben meine Damen schon gesorgt.“

„Sehr raffiniert!“

„Man muß Einfälle haben“, sagte Helen Portcliff, die reizende ältere Dame, die gar nicht so reizend war, wie sie aussah. „Nur so kommt man an das große Geld!“

„Ihr Bruder soll mm also für Ihre Spionagetätigkeit büßen?“

„Er wird wie Sie hier im Keller verschmoren!“

„Und Sie glauben, davonzukommen? Unterschätzen Sie die Polizei nur nicht!“

„Was soll sie machen? Sie findet in den von meinem Bruder gelieferten Büromaschinen Minisender. Also muß er der Mann gewesen sein, der die Industrieunternehmen ausspioniert hat. Gibt es einen schlüssigen Beweis?“

„Kaum“, räumte Rander ein, „aber wie haben nun die Damen Ihrer Agentur die Geheimnisse ausspioniert?“

„Nichts leichter als das! Gewissenhafte junge Damen, die dazu noch attraktiv aussehen, beschäftigt man gern, wenn es zum Diktat geht, glauben Sie nicht auch?“

„Allerdings!“ Rander lächelte unwillkürlich. „Und diese jungen Damen haben dann die diktierten Geheimnisse an Sie weitergeleitet?“

„So war es, und so wird es bald wieder sein, Rander. Meine Damen tragen während der Arbeit Minitonbandgeräte bei sich, versteckt am Körper. Diese Kleinsttonbandgeräte hielten alles Wissenswerte fest. Wir brauchten die Bänder anschließend nur noch auszuwerten!“

„Und Carter sorgte dafür, daß die nur zum Schein installierten Minisender in die Büromaschinen wanderten, wie?“

„Sie sind schnell von Begriff.“ Helen Portcliff lächelte.

„Nicht schnell genug!“ Rander schielte zum Benzinfaß hinüber, das sich für seine Begriffe viel zu schnell leerte. Es roch bereits penetrant nach Benzin. Auf der Wasseroberfläche des Swimmingpools breiteten sich schillernde Lachen aus.

„Was möchten Sie denn noch wissen?“ erkundigte sich Helen Portcliff gnädig.

„Wie brachten Sie die Sekretärinnen dazu, für Sie zu arbeiten?“

„Es finden sich immer Mädchen, die an Geld interessiert sind. Man fängt mit Harmlosigkeiten an, überzeugt auf dem Umweg über Dollarnoten und kann schließlich intensive Mitarbeit fordern. Diese Angelegenheit war schnell zu regeln.“

„Sie müssen mit diesem Trick ein Vermögen gemacht haben.“

„Wir alle können uns nicht beklagen.“

„Wieso schalteten Sie Henderson ein? Was hat der Bootsverleiher mit der Industrie zu tun?“

„Henderson und seine Leute haben die Überwachung meiner Damen übernommen. Man soll sein Schicksal ja nicht herausfordern. Zudem verfügt Henderson über eine Telefonfunkzentrale. Er war die Schaltstelle, bei ihm wurden auch die Bänder abgeliefert. Auf, meine Agentur durfte nicht der Schatten eines Verdachts fallen.“

„Ob das immer geklappt hat?“

„Ich weiß, Sie denken jetzt an Ihren Butler, nicht wahr? Geben Sie sich keinen falschen Hoffnungen hin, Rander! Der kann Ihnen nun auch nicht mehr helfen!“

Helen Portcliff wandte sich um und nickte Henderson zu, der Hubert Portcliff heranschleppte. Der Inhaber des Reparaturservice, der mit all diesen Dingen nichts zu tun hatte, sah unglücklich, eingeschüchtert und verfallen aus.

„Es ist soweit, Hubert“, sagte Helen Portcliff, sich an ihren Bruder wendend, „du mußt wieder einmal für mich einspringen.“

„Wie konntest du das alles nur tun?“ fragte Hubert Portcliff mit versagender Stimme.

„Komme mir bloß nicht wieder mit deiner Moral“, fauchte Mrs. Portcliff ihren Bruder an, „damit bist du mir schon immer auf die Nerven gegangen. Jetzt ziehen wir den Schlußstrich!“

„Das alles wird sich eines Tages rächen!“

„Möglich, aber darüber mache ich mir jetzt keine Sorgen, Hubert, Hauptsache, du springst für mich ein und lieferst der Polizei einen geeigneten Täter!“

„Du willst mich umbringen?“

„Was denn sonst?“ fragte, sie höhnisch zurück, „glaube nur ja nicht, ich hätte Skrupel!“

„Du bestimmt nicht!“ Hubert Portcliff senkte den Kopf.

Helen Portcliff drehte sich zu Rander um und beugte sich zu ihm hinunter.

„Ich hörte, daß Sie und Ihr Butler schon einmal hier im Keller waren. Stimmt das?“

„Ist das so wichtig?

„Für mich schon. Dann befindet sich unter meinen Leuten nämlich ein Verräter. Wer hat Ihnen zugesteckt, wo das Schwimmbecken zu finden ist? Antworten Sie schnell!“

„Ich soll doch so oder so sterben“, meinte Rander gleichmütig, „mich können Sie nicht mehr schrecken!“

„Da haben Sie sich aber gründlich getäuscht.“ Helen Portcliff verwandelte sich von Sekunde zu Sekunde immer mehr in eine Megäre. „Es ist ein großer Unterschied, ob sie auf dem brennenden Wasser herumtreiben und langsam den Tod finden, oder ob Sie hier liegenbleiben dürfen, finden Sie nicht auch?“

„Sie dürften pervers sein“, stellte Rander fest.

„Werft ihn ins Wasser! Und dann das Benzin anzünden!“ Helen Portcliff hatte sich aufgerichtet und sah Bantam und Carter wild an.

„Darf ich davon abraten, wenn ich mich dazu äußern darf?“ Die Stimme von Josuah Parker war nicht zu überhören. Er stand oben an der Tür zum Schwimmkeller und hielt eine Handgranate in der Hand.

*

Rander atmete hörbar erleichtert auf. Das war die Rettung in letzter Sekunde! Auf seinen Butler konnte er sich eben doch verlassen!

„Los, holt ihn herunter! geiferte Helen Portcliff ihre Mitarbeiter an.

„Davor möchte ich tunlichst warnen! Parkers Stimme klang sanft, fast überhöflich. „Ich habe die Handgranate hier in meiner Hand bereits entsichert. Sollte man auf mich schießen, wird sie meiner Hand entfallen und sofort zünden. Über den Mechanismus solch einer Waffe brauche ich die anwesenden Männer ja wohl nicht besonders aufzuklären!“

Henderson, Bantam und Carter zuckten zurück.

„Worauf wartet ihr noch?“ Helen Portcliffs Stimme überschlug sich.

„Eine Detonation würde das Luft-Gas-Gemisch zur Explosion bringen“, warnte Parker, „das bereits verdunstete Benzin würde verheerende Wirkung haben.“

Henderson, Bantam und Carter sahen das sofort ein. Nicht aber Helen Portcliff.

„Dann gehen wir eben alle zum Teufel“, schrie sie mit schriller Stimme. Sie hatte plötzlich eine kleine Schußwaffe im der Hand und wollte den Butler niederschießen.

Bantam war dagegen.

Er hatte nicht die geringste Lust, in die Luft zu fliegen. Mit einer schnellen Handbewegung schlug er ihr die Waffe aus der Hand. Helen Portcliff schrie gellend auf, warf sich über die Waffe und riß sie noch einmal an sich.

Sie schaffte es, den Schuß zu lösen.

Gewiß, Josuah Parker wurde zwar nicht getroffen, doch das Geschoß prallte gegen die Steigeleiter, die ins Wasser hinunterführte und verursachte dabei so etwas wie einen Funken.

Dieser Funke reichte aus, das Gasgemisch zur Explosion zu bringen. Nach einer bösen Erschütterung flammte das Benzin auf der Wasseroberfläche des Schwimmbeckens auf. In Bruchteilen von Sekunden wurde der Badekeller zu einer wilden Flammenhölle.

Schreiend rannten die Damen davon.

Schweigend, aber nicht weniger schnell folgten die Herren des Spionageringes. Da Parker höflich zur Seite getreten war, konnten sie alle ungehindert den Keller verlassen.

Parker stieg schnell, aber nicht unter Verzieht auf Würde, zu seinem jungen Herrn hinunter und zerschnitt dessen Fesseln.

„Darf ich Sie bitten, sich um Mister Portcliff zu kümmern?“ fragte er dann höflich, während Rander bereits nach Luft schnappte und glaubte, bei lebendigem Leib gebraten zu werden.

Rander zerrte den wie starr dastehenden Portcliff über die Stufen nach oben. Dabei schaute er sich nach seinem Butler um, der von der wütenden Flammenhölle kaum berührt oder beeindruckt wurde. Parker ging auf Helen Portcliff zu, die wie verloren in die Flammen starrte, die über die Wasseroberfläche des Schwimmbeckens brodelten und zuckten. Sie hielt den kleinen Browning in der Hand, schien ihn aber vergessen zu haben.

„Kommen Sie!“ sagte Parker leise zu der Chefin des Spionagerings, „Sie sollten hier nicht länger verweilen, Mrs. Portcliff!“

Sie hatte nur gespielt.

Sie hatte es in unmittelbarer Nähe der Flammenhölle nur ausgehalten, um den Butler ganz sicher erledigen zu können. Sie riß den Browning hoch und zischte: „Sie werden bezahlen, Parker! Für alles, was Sie mir angetan haben. Sie werden in der Hölle rösten!“

Ein Schuß peitschte auf.

Sie ließ den Browning aus der Hand fallen, taumelte und sah den Butler ungemein überrascht an. Dann fiel sie zur Seite und drohte in das brennende Schwimmbecken zu fallen. Parker riß sie im letzten Moment zurück und zerrte sie dann energisch aus der Reichweite der Flammen, die sich schnell weiter ausbreiteten.

Jetzt wehrte sie sich nicht mehr.

Sie griff nach der verletzten Schulter, schluchzte trocken auf und ließ sich dann von Sergeant Halloway in Empfang nehmen. Halloway hatte geschossen. Er war von Parker alarmiert worden und zusammen mit seiner Einsatzgruppe „hierher zur Villa gefahren.

„Jetzt wird’s aber auch Zeit für Sie, Parker“, sagte Halloway, als er Helen Portcliff abführte und dann seinen Leuten zuschob, „Der Fall ist geklärt und erledigt. Die Leute sitzen bereits im Transportwagen!“

„Auch Miß Clark?“

„Natürlich!

„Sie sollte man etwas besser und nachsichtiger behandeln“, schlug Parker vor, während er mit Halloway den Keller verließ, „sie hat Mister Rander und meiner Wenigkeit schließlich den Tip gegeben, hierher zur Villa zu fahren!“

„Sie wird schon mit einem blauen Auge davonkommen!“

*

Während die alarmierte Feuerlöschpolizei sich mit der brennenden Villa befaßte, standen Rander, Halloway und Parker neben dem hochbeinigen Monstrum des Butlers. Seit der Massenverhaftung waren gut und gern dreißig Minuten verstrichen. Die Villa brannte noch lichterloh und war wohl kaum zu retten.

„Ich weiß nicht, wie ich mich bedanken soll“, sagte Halloway, „in Rekordzeit haben Sie diesen vertrackten Fall gelöst. Damit haben Sie mir graue Haare erspart.“

„Lassen Sie’s gut sein“, winkte Rander lächelnd ab. „Hauptsache, diesen Gaunern wurde das Handwerk gelegt. Wer das geschafft hat, ist schon nicht mehr wichtig. Ich möchte sogar sagen, daß es für meinen Butler und für mich eine angenehme Abwechslung war!“

„In der Tat, Sir“, erlaubte Parker sich bemerkbar zu machen, „es schmeichelt einem alten, müden und relativ verbrauchten Mann, von reizenden Nymphen und Nixen umgeben zu sein.“

„Die Sie aber um ein Haar umgebracht hätten!“ Halloway wiegte den Kopf zweifelnd hin und her.

„Diese Risiken muß man in Kauf nehmen, Sir.“ Parker ließ sich nicht beirren. Dann sah er auf seine zwiebelförmige Taschenuhr und wandte sich an Rander: „Darf ich darauf aufmerksam machen, Sir, daß Sie in dreißig Minuten in der Industrie- und Handelskammer erwartet werden?“

„Wir sehen uns später“, meinte Halloway.

„Ganz sicher.“ Rander nickte Halloway zu und ging zusammen mit seinem Butler hinüber zum hochbeinigen Monstrum. Als sie im Wagen des Butlers Platz genommen hatten, griff Parker in die Tasche seines Zweireihers und zog die bewußte Handgranate hervor, die er den Gangstern im Schwimmkeller gezeigt hatte. Er legte sie ohne jede Vorsicht in das Handschuhfach.

„Sind Sie wahnsinnig?“ schrie Rander und sprang entsetzt hoch, „Sie haben doch den Sicherungsstift herausgezogen.“

„Nun, Sir, messen Sie dem keine Bedeutung bei“, bat Josuah Parker würdevoll, „selbstverständlich handelte es sich um eine Plastikhandgranate, wie man sie in einschlägigen Spielwarengeschäften leider erstehen kann. In diesem Fall muß ich jedoch gestehen, daß sie ihre Wirkung nicht verfehlte! Ich hoffe, Sir, Sie waren mit meiner bescheidenen Wenigkeit zufrieden.“

„Zufrieden?“ Rander schmunzelte und setzte sich wieder behaglich zurecht, „Sie sind unerreichbar, aber das wissen Sie wohl selbst!“

Parker errötete.

„Sie schmeicheln einem alten Mann“, gestand er dann leicht verschämt, „ich werde mich bemühen, Sie auch in Zukunft zufrieden zu stellen!“

- E N D E -

Butler Parker Box 11 – Kriminalroman

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