Читать книгу Butler Parker Staffel 23 – Kriminalroman - Günter Dönges - Страница 9

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»Ein hübscher Nachmittag, Mister Parker«, stellte Lady Agatha fest. »Ich habe mir vorgenommen, endlich einmal zu entspannen.«

»Ein Vorhaben, zu dem man Mylady nur beglückwünschen kann«, ließ sich der Butler vernehmen. Josuah Parker war das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers. Er trug einen schwarzen Zweireiher konventionellen Zuschnitts, einen Eckkragen und einen schwarzen Binder. Die Hände steckten in weißen Servierhandschuhen.

Agatha Simpson schnupperte den Duft des Apfelkuchens und langte nach der Sahne. Parker goß Kaffee ein und trat in seiner unnachahmlichen höflichen Art einen halben Schritt zurück. Die ältere Dame war eine majestätische Erscheinung und erinnerte an eine pensionierte Heroine. Sie war immens vermögend und konnte sich den kostspieligen Luxus erlauben, als Detektivin zu arbeiten. Sie glaubte an ihre einmalige Begabung und merkte nicht, daß Parker stets seine schützende Hand über sie hielt.

»Was soll denn das?« fragte sie plötzlich halblaut und leicht verärgert. Sie schlug mit der Kuchengabel nach einer summenden Biene, die Witterung genommen hatte.

»Mylady sollten das kleine und an sich harmlose Insekt vielleicht nicht unnötig reizen«, äußerte Parker.

»Unsinn«, gab sie zurück. »Ich werde erst gar keinen Präzedenzfall aufkommen lassen, Mister Parker.«

»Wie Mylady zu meinen geruhen.« Josuah Parker ließ sich grundsätzlich nicht aus der Reserve locken, sein Gesicht blieb glatt und ausdruckslos. Er beobachtete die muntere Biene, die um den Apfelkuchen strich und kunstvolle Flugfiguren zeigte. Lady Agatha aber schlug mit der Gabel immer wieder zu und traf nichts als Luft.

»Nun, was habe ich Ihnen gesagt, Mister Parker?« fragte sie wenig später triumphierend und blickte dem davonsummenden Insekt nach. »Man muß eben unerbittlich sein.«

»Möglicherweise hat die Biene die Absicht, den Gesamtschwarm zu informieren«, warnte der Butler. »Meine Wenigkeit könnte den Apfelkuchen auch im Salon servieren, Mylady.«

»Eine Lady Simpson läßt sich nicht verdrängen«, stellte sie sehr deutlich fest. Danach widmete sie sich dem Kuchen und zeigte, wie gut entwickelt ihr Appetit war. Sie nahm eine gehörige Portion Sahne auf den Teller und genoß die weiße Pracht.

»Würde ich nicht strengste Diät halten, Mister Parker, könnte ich mir das hier nicht leisten«, sagte sie. »Was habe ich für den Abend geplant?«

»Mylady haben die Absicht, an einem Wohltätigkeitsball teilzunehmen.«

»Richtig«, gab sie zurück. »Es soll da eine recht hübsche Tombola geben mit wertvollen Preisen.«

»Man müßte noch die Eintrittskarte erwerben, Mylady.«

»Unsinn, Mister Parker! Eine Lady Simpson kauft sich keine Eintrittskarte. Man wird mich selbstverständlich als Ehrengast empfangen. Sorgen Sie übrigens dafür, daß ich genügend Freilose bekomme. Ich kann es mir nicht leisten, mein Geld zum Fenster hinauszuwerfen.«

Agatha Simpson war nicht nur sparsam, sie war geizig, wenn es um solche Dinge ging. Beschäftigte sie sich aber mit einem Kriminalfall, dann spielten Kosten für sie keine Rolle.

Die ältere Dame wollte noch etwas sagen, doch sie wurde abgelenkt. Das kleine Insekt hatte seinen Schwarm verständigt. Ein Geschwader lüsterner Bienen brummte und summte heran und nahm Kurs auf den Apfelkuchen und die Sahne. Lady Agatha leistete zwar erbitterte Gegenwehr und schlug um sich, doch damit forcierte sie nur den Angriffsgeist der Insekten.

»Scheußlich«, grollte die passionierte Detektivin schließlich und räumte das Feld. »Finden Sie nicht auch, Mister Parker, daß diese Bienen sehr aufdringlich sind?«

»Ein artspezifisches Verhalten, Mylady, wenn man Insekten reizt.«

»Besorgen Sie mir ein Insektenspray«, forderte sie gereizt. »Ich werde mir so etwas nicht bieten lassen und...«

Sie kam nicht mehr dazu, ihren Satz zu vollenden. Mylady und Butler Parker hörten einen Aufschrei und dann ein unmißverständliches Fluchen. Wenig später erschien an der Seite der Terrasse ein untersetzter, bullig aussehender Mann von etwa fünfundfünfzig Jahren, der am linken Handrücken sog und zwischendurch immer wieder ausspuckte.

»Sollten Sie gestochen worden sein, mein lieber McWarden?« fragte die ältere Dame hoffnungsfroh. Die perfekte Schadenfreude stand in ihrem Gesicht.

*

»Ein merkwürdiger Zufall«, sagte McWarden. Er hatte sich die kleine Einstichwunde von Josuah Parker versorgen lassen und blickte durch das große Fenster auf die Terrasse. Der Butler hatte dort einen mit Sahne bedeckten Teller zurückgelassen, der von den munteren Bienen förmlich zugedeckt wurde.

»Es gibt keine Zufälle, mein lieber McWarden«, erklärte die Lady. »Die Insekten wissen natürlich, mit wem sie sich befassen.«

»Ich habe nichts gegen Insekten, generell gesehen«, meinte der Chief-Superintendent. Er leitete im Yard ein Sonderdezernat, das sich mit dem organisierten Verbrechen befaßte. McWarden war häufiger Gast im Haus der Lady Simpson und ertrug es mit Fassung, daß Mylady ihn oft und gern frotzelte. McWarden schätzte die kriminalistischen Fähigkeiten des Butlers und suchte immer wieder seinen Hat.

»Können Mylady davon ausgehen, Sir, daß Sie nicht zufällig hierher nach Richmond gekommen sind?« erkundigte sich Parker. Er servierte dem Chief-Superintendent Kaffee und Kuchen, was Mylady mit Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm.

»Mister Rander und Miß Porter sagten mir, daß Sie für einige Tage hier Urlaub machen wollen«, schickte McWarden voraus, »aber ich könnte mir vorstellen, Mylady, daß sie ihn abbrechen werden.«

»Sie können mich für nichts interessieren«, lautete ihre Antwort. »Sie werden Ihre Fälle allein lösen müssen, falls Sie das überhaupt schaffen.«

McWarden bekam prompt einen roten Kopf und ärgerte sich erst mal.

»Dann werde ich selbstverständlich schweigen, Mylady«, meinte er.

»Sehr vernünftig, mein lieber McWarden«, gab die ältere Dame zurück. »Auch eine Frau wie ich braucht hin und wieder eine schöpferische Pause.«

»Mylady lehnen strikt die Beschäftigung mit einem neuen Fall ab«, warf Josuah Parker ein und tauschte einen schnellen Blick mit McWarden. Der Butler wußte aus Erfahrung, wie neugierig Mylady war.

»Mister Parker hat völlig recht«, sagte sie, »aber man muß natürlich auch Ausnahmen machen können. Wo drückt Sie der Schuh?«

»Nein, nein, Mylady, ich respektiere selbstverständlich Ihren Wunsch«, versicherte der Chief-Superintendent.

»Humbug«, erwiderte sie umgehend. »Haben Sie sich gefälligst nicht so! Sie brauchen doch meine Hilfe, ich sehe Ihnen das an der Nasenspitze an.«

»Es handelt sich um Bienen, Mylady.« McWarden unterdrückte mühsam ein Schmunzeln. Die Neugier der älteren Dame war doch übermächtig.

»Bienen?« Sie stutzte. »Wollen Sie etwa ablenken?«

»Es geht um sogenannte Mörderbienen«, versicherte McWarden ihr. »Sie werden davon sicher schon mal gelesen haben.«

»Natürlich«, behauptete sie umgehend. »Mister Parker, wie war das noch?«

»Es handelt sich um Bienen, Mylady, die sich durch besondere Aggressivität auszeichnen. Nach meiner bescheidenen Erinnerung stammen die Insekten aus Afrika, die südamerikanische Züchter zur zuchtmäßigen Einkreuzung mit heimischen Bienen paarten. Das Ergebnis sind die erwähnten Mörder- oder Killerbienen, deren Gift unverhältnismäßig lebensgefährlich ist.«

»Das sind die Mörderbienen«, pflichtete der Chief-Superintendent ihm sofort bei. »Einzelheiten sind nicht so wichtig, Mylady. Wir wissen nur, daß die verdammten Insekten längst Mittelamerika erreicht haben und sich weiter in den Süden Nordamerikas ausdehnen.«

»Sie dürften bereits hier im Großraum London sein«, vermutete die ältere Dame und blickte auf das Pflaster, das McWardens Handrücken zierte. Sie meinte das ironisch, doch der Yardbeamte blieb ernst und nickte.

»Leider ist das so, Mylady«, berichtete er. »Es gab bereits die ersten Todesopfer.«

»Sie übertreiben, mein guter McWarden«, antwortete Agatha Simpson wegwerfend. »Es gibt immer wieder mal Todesfälle, wenn Wespen oder Bienen stechen.«

»Falls das oder die Opfer allergisch gegen Wespen- und Bienengift sind«, pflichtete McWarden ihr bei. »Diese Fälle sind mir durchaus bekannt. Wovon ich aber berichtete, Mylady, sind gezielte Mordanschläge mit tödlichem Ausgang.«

»Könnte Mylady dazu mehr erfahren?« tippte der Butler an.

»In zwei Fällen drangen die Mörderbienen in geschlossene Wohnungen ein und töteten ihre Opfer.«

»Mylady geht davon aus, daß man die erwähnten Insekten gezielt in diese Wohnungen verbrachte, Sir.«

»Eine andere Erklärung gibt es gar nicht«, meinte McWarden und nickte. »Diese Bienen sind als Mordwaffe eingesetzt worden.«

»Konnten Bienen dieser neuen Kreuzung an den beiden Tatorten gefunden werden, Sir?«

»Genug, um sie genau untersuchen zu können, Mister Parker. Unsere Fachleute haben die Mörderbienen eindeutig identifiziert.«

»Kann man erfahren, wie viele Stiche den Tod herbeiführen, Sir?«

»Ein halbes Dutzend reicht bereits aus, Mister Parker, vielleicht sogar noch weniger. Es kommt darauf an, wie anfällig das Opfer ist. Ich sollte vielleicht noch sagen, daß wir es mit Mörderbienen zu tun haben, die noch mal zusätzlich hochgezüchtet wurden, wie man mir sagte.«

»Wer sind die beiden Opfer, McWarden?« Mylady war voll bei der Sache und blickte wieder auf die Terrasse. Die Bienen hatten die Sahne vom Teller geräumt und stritten sich gerade mit einem kleineren Wespenschwarm.

»In einem Fall haben wir es mit einem Kaufmann zu tun, der in der Modebranche tätig war und einige Boutiquen betrieb, im anderen Fall war das Opfer ein Börsenmakler.«

»Ich werde auch diesen Fall lösen, mein lieber McWarden«, versprach die Detektivin und wandte sich an ihren Butler. »Besorgen Sie mir eine Fliegenklatsche, Mister Parker. Ich will gewappnet sein, falls ich angegriffen werde.«

*

Sie waren groß, muskulös und erinnerten an wandelnde Kleiderschränke. Sie mußten die Mauer des kleinen Parks überstiegen haben, denn sie standen plötzlich auf der Terrasse und marschierten auf den Butler zu, der sie in der Tür stehend – längst in Augenschein genommen hatte.

Beim Überklettern der Parkmauer hatten die beiden Männer eine unsichtbare Lichtschranke passiert, womit der hausinterne Alarm ausgelöst worden war. Natürlich war der Butler auf einen Besuch bestens vorbereitet, auch wenn es nicht danach aussah.

»Darf man sich erlauben, Ihnen ein herzliches Willkommen zu wünschen?« fragte der Butler und verbeugte sich leicht.

»Leicht überrascht, wie?« Der Mann mit der Warze an der Nase grinste überlegen wie ein Filmschurke.

»Mylady erhält selten Besuch hier auf dem Landsitz«, gab Josuah Parker zurück.

»Dann kriegt sie jetzt wenigstens mal ’ne Abwechslung«, gab der zweite Muskulöse zurück und ließ einen vergoldeten Schneidezahn blinken.

»Wen darf man melden?« erkundigte sich Parker höflich.

»Rudy und Stan«, meinte die Warzennase, die Rudy hieß. »Mehr braucht ihr nicht zu wissen. Los, Mann, setzen Sie sich in Bewegung, wir wollen die Lady doch nicht warten lassen, oder?«

»Mylady meditiert gerade, meine Herren.«

»Was macht die?« fragte der Mann mit dem Goldzahn verblüfft.

»Mylady pflegt um diese Zeit stets zu meditieren«, wiederholte der Butler. »Mylady versenkt sich dabei in ihr Ich und prüft das Verhältnis des erwähnten Ich zum Kosmos.«

»Sie pennt also, wie?« übersetzte der Warzenbehaftete sehr unpoetisch.

»Möglicherweise ist Mylady in einen leichten Schlaf gefallen«, räumte der Butler ein und trat zur Seite. Die beiden Besucher passierten ihn ungeniert. Sie waren sich ihrer Kraft und Überlegenheit bewußt und konnten sich überhaupt nicht vorstellen, daß etwa eine Enttäuschung auf sie wartete.

Doch zu dieser Enttäuschung kam es umgehend!

Der Warzenträger, der vorausgegangen war, hörte plötzlich ein feines Zischen und wollte noch reagieren, doch dazu reichte die Zeit nicht mehr. Der perlenbestickte Pompadour der älteren Dame setzte sich auf seinem Quadratschädel ab.

Der im Pompadour untergebrachte Glücksbringer der Agatha Simpson hatte die Wirkung eines Pferdetritts, was eindeutig damit zusammenhing, daß dieser Glücksbringer nichts anderes war als ein veritables Hufeisen eines altgedienten Brauereigauls.

Kommentarlos ging der Mann in die Knie und legte sich auf den Teppich. Sein Begleiter war ein durchaus schneller Mann. Er griff bereits nach seiner Schulterhalfter und hatte natürlich die feste Absicht, nach der Schußwaffe zu langen. Josuah Parker aber, der hinter ihm stand, erstickte dieses Wollen im Keim.

Er hatte aus den Falten des schweren Türvorhangs seinen altväterlich gebundenen Regenschirm hervorgeholt und klopfte mit dem bleigefüllten Bambusgriff auf den Hinterkopf des Goldzahnbesitzers. Der Mann produzierte einen ächzenden Seufzer, entspannte sich und nahm neben seinem Begleiter auf dem Teppich Platz.

»Die Unterwelt läßt mir keine Ruhe«, meinte Lady Agatha durchaus erfreut. »Machen Sie die beiden Lümmel verhörfertig, Mister Parker. Ich glaube, ich werde ein paar harte Fragen stellen.«

*

Sie verstanden die Welt nicht mehr.

Warzennase und Goldzahn saßen an der Wand des großen Wohnraums und blickten auf die Terrasse des Landsitzes. Die Aussicht war einmalig, doch dafür hatten sie keinen Blick. Sie sahen nichts von den Baum- und Strauchgruppen, von dem gepflegten Rasen und von den Blumenrabatten.

Die beiden Sendboten der Unterwelt waren an Händen und Füßen gefesselt. Parker hatte dazu nylonverstärktes Packband benutzt, das sich durch besondere Reißfestigkeit und Zähigkeit auszeichnete. Auf dem Beistelltisch an der Wand lagen die beiden Schußwaffen, die Rudy und Stan mitgebracht hatten.

»Mann, machen Sie keinen Quatsch«, sagte der Warzenträger gereizt, als der Butler aus dem Salon trat und ihnen zunickte.

»Wir schneiden dich in Streifen, Junge«, drohte der Goldzahnbesitzer. »Komm schon, schneid uns los. Wir werden glatt vergessen, daß ihr uns reingelegt habt.«

»Darf man nach dem Grund Ihres Kommens fragen?« wollte Josuah Parker wissen.

»Wir sollten die Lady und dich einladen«, erwiderte der Man mit der Warze ungeduldig.

»Und wer, bitte, sprach diese Einladung aus?«

»Damit rücken wir erst heraus, wenn wir wieder frei sind.«

»Dann wird Mylady wohl nie erfahren, wer Ihr Auftraggeber ist, meine Herren.«

Parker wandte sich ab und wollte zurück in den Salon.

»Was soll das heißen?« brüllte der mit dem Goldzahn wütend.

»Mylady gab strenge Anweisung, Sie zunächst mal in einen Kellerraum zu schaffen.«

»Ist die Alte wahnsinnig?« fauchte der Kerl mit der Warze. »Die hat doch keine Ahnung, wer wir sind!«

»Zwei schlecht erzogene Subjekte«, war in diesem Moment die baritonal gefärbte Stimme der Lady zu vernehmen. Die resolute Dame kam aus einem anderen Raum und schritt majestätisch auf die beiden Männer zu. »Würden Sie die Beleidigung wiederholen?«

Sie lächelte in freudiger Erwartung und hob eine Heckenschere.

»Was... Was soll das?« fragte der Warzenträger und wurde sofort nervös.

»Mylady haben vor, an Ihnen eine erzieherische Maßnahme durchzuführen«, kündigte Parker höflich an.

»Was hat sie?« Die Stimme des Goldzahnbesitzers wurde ein wenig heiser.

»Mylady wird Ihnen die Haare stutzen, um ein Exempel zu statuieren«, erklärte der Butler. »Sie werden sich nach dieser Behandlung mit einiger Sicherheit tage- oder wochenlang nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen.«

»So wurden Strauchdiebe von meinen Vorfahren bestraft«, ließ die ältere Dame sich vernehmen und setzte die Heckenschere in Bewegung. Ihre kräftig entwickelten Arme und Hände handhabten die Heckenschere mit spielerischer Leichtigkeit. Das Geräusch der beiden Messer war enervierend.

»Mylady sollten diesmal vielleicht ein wenig darauf achten, die Ohren ungeschoren zu lassen«, empfahl Josuah Parker höflich.

»Es war nicht meine Schuld, Mister Parker, daß ich dieses Ohr erwischte«, gab Agatha Simpson unwirsch zurück. »Der Lümmel wehrte sich ja wie ein Verrückter.«

»Ein herbeigerufener Notarzt hatte einige Mühe, den Blutstrom zu bändigen«, erinnerte der Butler. Er und Lady Agatha waren ein eingespieltes Team, wenn sie sich solche Horrorgeschichten erzählten und die entsprechenden Stichworte dazu lieferten.

Die beiden Besucher nahmen ihnen Wort für Wort ab. Sie sahen sich einem skurrilen Paar gegenüber, dem sie plötzlich alles zutrauten. Rudy und Stan schwitzten bereits ausgiebig.

»Okay, okay, Lady«, sagte der Goldzahnbesitzer hastig, als die ältere Dame sich geradezu lüstern ihm näherte und dabei mit der Heckenschere klapperte. »Andy Cradling hat uns geschickt. Er will Sie unbedingt mal sprechen.«

»Nur so«, fügte der Warzenträger nicht weniger hastig hinzu. »Unser Besuch hat nichts mit Zoff zu tun.«

»Wen kann Mylady sich unter Andy Cradling vorstellen?« fragte Josuah Parker gemessen.

»Sie kennen Andy Cradling nicht?« staunte der Goldzahnbesitzer und machte einen verblüfften Eindruck.

»Der Boß handelt mit Möbeln und so«, erklärte der Warzenträger etwas präziser. »Der hat in Whitechapel sein Lagerhaus.«

»Würden Mylady einem der beiden Herren gestatten, Mister Cradling anzurufen?« fragte Parker bei seiner Herrin an.

»Dieses Subjekt soll sich schleunigst zu mir herbemühen«, verlangte sie energisch. »Nehmen Sie das in die Hand, Mister Parker. Ich erwarte den Möbelhändler spätestens in einer Stunde hier im Haus, sonst werde ich ihm Beine machen.«

Die beiden wandelnden Kleiderschränke staunten nur noch. So etwas war ihnen in ihrer bisherigen Laufbahn noch nie passiert.

*

»Sie können sich verdammt was darauf einbilden, daß ich gekommen bin«, sagte Andy Cradling, als Parker ihn in die große Diele des Landsitzes führte.

»Sie benötigten erstaunlich wenig Zeit, Mister Cradling«, stellte der Butler fest. Er hatte es mit einem Mann zu tun, der etwa fünfzig Jahre zählte, mittelgroß und schlank war.

Cradling schien Schmuck zu lieben. An seinen Händen funkelten Goldringe mit offensichtlich echten Steinen. Der Mann, der die beiden Muskulösen geschickt hatte, präsentierte eine Art Pferdegesicht, wozu sein Gebiß noch beitrug. Die Augen bewegten sich schnell.

Natürlich war er nicht allein gekommen, doch seine beiden Mitfahrer blieben beim Wagen zurück.

»Übrigens Respekt, daß Sie meine Leute so ohne weiteres geschafft haben«, meinte Cradling und lächelte knapp. »Eigentlich sind die verdammt gut.«

»Sie sind das also?« fragte Lady Agatha und musterte Cradling ungeniert. Sie trat dicht an ihn heran und blickte durch ihre aufgeklappte Lorgnette.

»Cradling ... Andy Cradling«, stellte der Mann sich vor. »Hören Sie, Lady, ich hätt’ vielleicht meine beiden Leute telefonisch ankündigen sollen.«

»Man ruft eine Lady Simpson nicht zu sich, man bittet darum, sie besuchen zu dürfen«, gab die resolute Dame zurück. »Merken Sie sich das gefälligst für die Zukunft.«

»Ich habe schon viel von Ihnen gehört, Lady.«

»Das möchte ich mir auch ausgebeten haben, junger Mann«, dröhnte ihre energische, dunkel gefärbte Stimme. »Aber zur Sache jetzt, ich habe meine Zeit nicht gestohlen. Wenden Sie sich an Mister Parker.«

»Es geht um ... Bienen«, lautete die verblüffende Antwort, die Mylady die Stirn runzeln ließ. Parkers Gesicht hingegen blieb glatt und ausdruckslos.

»Um Bienen«, wiederholte Cradling. »Ich weiß, daß sich das verdammt komisch anhört, aber man will mir Mörderbienen auf den Hals schicken.«

»Machen Sie sich nicht lächerlich, junger Mann«, sagte die ältere Dame.

»Sie erwecken den Eindruck, Mister Cradling, als würden Sie diese Vorankündigung ungewöhnlich ernst nehmen«, urteilte Josuah Parker.

»Darauf können Sie sich verlassen, Mister Parker.« Cradling nickte. »In meinem Bekanntenkreis gab’s bereits fast einen Toten. Ein Freund von mir ist von den Bienen überfallen worden. Diese kleinen Bestien haben ihn fürchterlich zusammengestochen. Der Mann liegt jetzt auf der Intensivstation in einem Hospital. Ja, und die Ärzte wissen noch nicht mal genau, ob er durchkommt.«

»Wurde Ihr Bekannter oder Freund vorgewarnt? Sollte er möglicherweise gewisse Bedingungen erfüllen?«

»Er sollte blechen ... Er sollte fünftausend Pfund zahlen. Hat er natürlich nicht gemacht. Und dann waren da plötzlich die Mörderbienen in seinem Büro und überfielen ihn. Er konnte sich im letzten Moment gerade noch retten.«

»Demnach werden auch Sie aufgefordert, eine bestimmte Summe zu bezahlen?«

»Ebenfalls fünftausend Pfund«, bestätigte Cradling. »Es geht mir nicht ums Geld, verstehen Sie? Es geht mir um diese verdammten Bienen. Ich hab’ keine Lust, zerstochen zu werden.«

»Gibt es Gründe dafür, sich an Mylady gewandt zu haben, Mister Cradling?«

»Die Lady und Sie sollen ja verdammt gute Detektive sein, hat man mir gesagt.«

»Soll das etwa heißen, daß Sie mich um Hilfe bitten?« staunte Agatha Simpson.

»Klar doch«, gestand Cradling ohne jede Umschweife. »Meine Freunde kommen nicht weiter, die haben zwar alle Hebel in Bewegung gesetzt, um an diesen Bienenmörder ranzukommen, doch das klappt nicht.«

»Wann wurde Ihr Bekannter von den Mörderbienen heimgesucht?« fragte der Butler.

»Vor acht Tagen«, entgegnete Cradling. »Und mich hat man vor zwei Tagen angerufen. Wenn ich bis morgen nicht gezahlt habe, sollen die verdammten Bienen anschwirren.«

»Über Details sollte man sich vielleicht noch ausführlich unterhalten«, schlug der Butler vor, doch Cradling hörte nicht mehr zu. Er starrte auf die geöffnete Doppeltür, die zur Terrasse führte. Dann schluckte er, zog den Kopf ein und schob sich fast ängstlich zurück.

»Was ist denn, junger Mann?« raunzte Agatha Simpson.

»Bienen«, sagte Cradling mit heiserer Stimme. »Bienen! Sehen Sie doch! Nichts als Bienen!«

*

»Es waren natürlich völlig harmlose Insekten«, berichtete Agatha Simpson Stunden später. Sie war mit Butler Parker in ihr Stadthaus in Shepherd’s Market zurückgekehrt. Dieses zweistöckige, schon sehr alte Fachwerkhaus stand auf den Gewölben einer noch wesentlich älteren Abtei und beherrschte einen kleinen Platz, der ebenfalls von Fachwerkbauten begrenzt wurde.

Eine hohe Mauer schirmte diese Oase der Stille zu einer nahen Durchgangsstraße ab. Ein schweres Gittertor versperrte auf Wunsch den Zugang zu Myladys Haus.

Die ältere Dame hielt sich im großen Wohnraum des Hauses auf und nahm vor dem mächtigen Kamin ihren Sherry. Ihre Zuhörer waren Kathy Porter und Mike Rander. Josuah Parker servierte gerade Gebäck, was die ältere Dame wohlgefällig zur Kenntnis nahm.

Kathy Porter, etwa dreißig Jahre alt, war eine exotisch anmutende, sehr attraktive Erscheinung. Sie erinnerte ein wenig an ein scheues Reh, wozu ihr kastanienbraunes Haar mit dem leichten Rotstich noch beitrug.

Dieses scheue Reh aber konnte zur Pantherkatze werden, wenn man es herausforderte. Kathy Porter war die Gesellschafterin und Sekretärin der Lady Simpson, hielt sich aber kaum noch im Haus der älteren Dame auf.

Sie bildete mit Mike Rander ein Team und arbeitete mit ihm in seiner Praxis in der nahen Curzon Street. Menschlich waren sich die beiden jungen Leute sehr nahegekommen, und Lady Agatha träumte davon, sie eines Tages miteinander verheiraten zu können...

»Dieser Cradling wollte Sie und Mister Parker engagieren?« wunderte sich Mike Rander und lächelte amüsiert.

»Der erwähnte Mister Cradling befindet sich in einem Zustand der Panik«, beantwortete Parker die Frage. »Diese Angst dürfte mit seinem Besuch im Hospital Zusammenhängen.«

»Und wer ist da von seinen Freunden zusammengestochen worden?« lautete Mike Randers nächste Frage.

»Ein gewisser Mister Joel Hagman«, gab Parker Auskunft. »Es handelt sich dabei um ein Mitglied der Londoner Unterwelt. Mister Joel Hagman arbeitet, wenn man so sagen darf, in der Diebstahlbranche.«

»Sie haben das Ansinnen dieses Cradling natürlich abgelehnt, Mylady, oder?« fragte Mike Rander. Er war groß, schlank und sah einem bekannten James-Bond-Darsteller nicht unähnlich. Nach seiner Rückkehr aus den USA, wo er mit Parker zusammengearbeitet hatte, verwaltete er jetzt das Vermögen der älteren Dame und fand kaum Zeit, sich seiner eigentlichen Art als Anwalt zu widmen.

»Nun, eine Frau in meinen Verhältnissen muß mit jedem Penny rechnen, mein Junge«, meinte Lady Agatha. »Ein kleiner Nebenverdienst könnte nicht schaden. Denken Sie nur an die Unkosten, Mike, die ich Monat für Monat mühselig aufbringen muß.«

»Sie leben am Rand des Existenzminimums, Mylady«, versicherte Mike Rander ihr ernst.

»Tatsächlich?« Sie sah ihn erschrocken an. »Sehen Sie, wie gut es war, daß ich nicht sofort generell abgelehnt habe.«

»Wieso wandte dieser Gangster sich ausgerechnet an Sie und Mister Parker?« fragte Kathy Porter nachdenklich.

»Mister Parker hat da eine Erklärung, die ich aber natürlich für völlig falsch halte«, gab die ältere Dame zurück.

»Der Mensch pflegt zu irren«, schickte Josuah Parker höflich voraus. »Meiner bescheidenen Vermutung nach wollte Mister Cradling dem Züchter der Mörderbienen einen Hinweis auf Mylady geben.«

»Warum sollte er, Mister Parker?« fragte die ältere Dame spöttisch.

»Um Mylady ins Spiel zu bringen«, redete Josuah Parker weiter. »Mister Cradling will demonstrieren, daß er sich an eine Kapazität in Sachen moderner Kriminalistik gewandt hat. Er hofft möglicherweise, daß Mylady ab sofort das Ziel dieses Bienenmörders wird.«

»Da ist was dran«, erwiderte Mike Rander nach kurzem Nachdenken. »Der Bienenhalter wird sein eingeplantes Opfer Cradling natürlich überwachen und bei dieser Gelegenheit auf Mylady stoßen. Er wird sich informieren und erfahren, wie erfolgreich Sie bisher gewesen sind, Mylady. Also muß er seine Mörderbienen erst mal auf Sie ansetzen. Sie sind seine gefährlichste Feindin.«

»Das stimmt allerdings«, gab die Detektivin ein wenig kokett und selbstzufrieden zurück. »Dieser Lümmel weiß inzwischen längst, was ihn erwartet. Mister Parker, treffen Sie alle erforderlichen Vorbereitungen, und kaufen Sie endlich Fliegenklatschen.«

*

Lady Agatha war unterwegs.

Sie saß im Fond von Parkers hochbeinigem Monstrum und ließ sich in den nahen Stadtteil Chelsea bringen. Parkers Privatwagen war ein ehemaliges Londoner Taxi und wirkte sehr betagt. Es zeichnete sich durch Eckigkeit aus, war sehr bequem und fügte sich in das Verkehrsbild der Millionenstadt ohne weiteres.

Unter der Motorhaube befand sich allerdings ein hochgetrimmter Motor, der jedem Rennwagen zur Ehre gereicht hätte. Darüber hinaus bot das Gefährt eine Fülle von Tricks, um Verfolger und Angreifer in die Schranken weisen zu können.

Butler Parker hatte sich, phantasiereich, wie er war, diese technischen Überraschungen einfallen lassen. Er mochte zwar äußerlich recht konservativ wirken, tatsächlich aber hielt er mit der Technik Schritt.

Das Ziel der abendlichen Ausfahrt war ein in Chelsea wohnender Insektenforscher, den Parker um Informationen bitten wollte. Parker hatte sein Kommen angekündigt und befand sich auf der bekannten King’s Road.

Der Verkehr war um diese Zeit mehr als lebhaft. Man kam nur langsam voran. Nur Zweiradfahrer hatten noch eine Chance, im Slalom durch die vielen Staus zu kommen. Deshalb hatte Parker auch die Scheiben seines hochbeinigen Monstrums geschlossen. Er war nicht daran interessiert, daß man ihm etwas ins Wageninnere warf. Schüsse brauchte er nicht zu fürchten. Die Scheiben waren schußsicher und ließen jedes reguläre Geschoß ohne weiteres abprallen.

»Werde ich inzwischen verfolgt?« stellte Agatha Simpson ihre Standardfrage, die dem Butler nur zu bekannt war.

»Man sollte davon ausgehen, Mylady, auch wenn im Augenblick kein Indiz zu erkennen ist«, lautete Parkers Antwort.

»Natürlich verfolgt man mich«, redete sie sich ein. »Dieser Bienenmörder ist längst hinter mir her. Wer ist übrigens dieser Insektenforscher, Mister Parker?«

»Es handelt sich um einen international bekannten Entomologen, Mylady«, gab Parker Auskunft. »Sein Name lautet Charles Darwill.«

»Sie vermuten, daß dieser Mann der Täter ist?«

»Keineswegs und mitnichten, Mylady«, antwortete Parker. »Er könnte aber Mylady dahingehend informieren, wie man sich der Mörderbienen erwehren kann.«

»Ich habe meine Fliegenklatschen«, erwiderte sie optimistisch. »Was sollte mir denn jetzt noch passieren, Mister Parker?«

»Über die Fliegenklatschen hinaus sollte man sich vielleicht noch mit zusätzlichen Abwehrmitteln ausstatten, Mylady.«

»Unsinn«, wehrte sie prompt ab. »Das sind doch nur unnötige Ausgaben. An was habe ich denn da so gedacht?«

»Darüber müßte man sich mit einem Chemiker und einem Imker unterhalten, Mylady.«

»Verzetteln Sie sich nicht wieder, Mister Parker«, mahnte sie. »Sie neigen dazu, die Vorsicht zu übertreiben.«

»Wie Mylady zu meinen geruhen.« Während Parker sprach, blickte er wieder in den Rückspiegel des Wagens und konzentrierte sich auf einen Motorroller, auf dem ein offensichtlich junger Mann saß. Er trug einen Jeansanzug und einen Sturzhelm, dessen Sonnenblende heruntergeklappt war. Dieser Zweiradfahrer arbeitete sich an der langsam dahinschiebenden Kolonne vorüber und steuerte das hochbeinige Monstrum an. In einem Gitterkorb, der vor dem Lenker angebracht war und der über dem Vorderrad hing, sah man deutlich ein kleines Weidenkörbchen.

Eine Ampel schaltete auf Rot. Parker hielt und beobachtete den Fahrer des Motorollers, der um einen ebenfalls haltenden Wagen kurvte und sich an das hochbeinige Monstrum heranschob. Der Fahrer griff nach dem kleinen Weidenkorb und nahm ihn in die linke Hand.

Parker wendete den Kopf und blickte den Fahrer an, dessen Gesicht er wegen des Sonnenvisiers nicht erkennen konnte. Dann lud er ihn ein, aktiv zu werden. Der Butler kurbelte die Wagenscheibe hinunter und erweckte den Anschein, als wolle er frische Luft schnappen. Doch er ließ seine Hand auf der Kurbel, um blitzschnell reagieren zu können. Er traute dem Zweiradfahrer nicht über den Weg.

Und der Fahrer ging auf diese Einladung ein...

Als der Spalt der sich öffnenden Scheibe seiner Schätzung nach groß genug war, um den Weidenkorb ins Wageninnere zu werfen, beugte er sich zur Seite und warf. Gleichzeitig gab der Fahrer Gas und jagte davon, ohne sich vom endgültigen Erfolg seines Wurfes zu überzeugen.

Parker ließ das Weidenkörbchen an der blitzschnell wieder hochfahrenden Scheibe abprallen.

»Was ist denn, Mister Parker?« rief Lady Agatha nach vorn.

»Meine Wenigkeit kann sich des Eindrucks nicht erwehren, Mylady, daß man gerade einen Anschlag versuchte«, gab der Butler gelassen zurück und öffnete die Wagentür vorsichtig, obwohl das Licht der Ampel bereits wechselte.

Das Weidenkörbchen lag auf dem Straßenbelag. Deutlich sichtbar waren einige Bienen dabei, durch den schmalen Spalt des leicht geöffneten Deckels nach außen zu klettern.

Parker setzte seine schwarze Melone ein...

*

»Und wie haben Sie es geschafft, die kleinen Teufel unter Kontrolle zu bringen?« fragte Charles Darwill. Er beobachtete etwa zwei Dutzend erstaunlich große Bienen, die in einem feinmaschigen Behälter herumsirrten und schon rein äußerlich einen unheimlichen Eindruck machten.

»Meine Kopfbedeckung hinderte die Insekten nachdrücklich daran, das Freie zu gewinnen«, erklärte Josuah Parker. »Mittels einer Zeitung konnte man die Öffnung verschließen und so die Insekten hierher transportieren.«

»Es sind keine einheimischen Bienen«, sagte der Entomologe. »Von der Größe her müßten es diese Mörder- oder Killerbienen aus Süd- und Mittelamerika sein.«

»Für mich steht fest, daß man mich umbringen wollte«, ließ Lady Agatha sich vernehmen. Sie baute sich neben Charles Darwill auf und beobachtete die Insekten durch ihre Lorgnette.

Der Entomologe war ein etwa sechzigjähriger Mann, mittelgroß und fast hager. Er trug eine Brille mit dicken Gläsern und hatte die Angewohnheit, stets ein wenig zu schniefen. Er schien von einem permanenten Schnupfen geplagt zu werden.

»Darf man fragen, Sir, wie man solche Mörderbienen züchtet und hält?« erkundigte sich Josuah Parker. »Dazu bedarf es sicher besonderer klimatischer Verhältnisse.«

»Die man schnell herstellen kann«, lautete Darwills Antwort. Er richtete sich auf und nahm die Brille in die linke Hand. »Man braucht dazu nur ein entsprechendes Vivarium.«

»Aha, mein Lieber.« Agatha Simpson nickte verstehend. »Und was stelle ich mir darunter vor?«

»Einen speziellen Lebensraum, Mylady«, erwiderte der Entomologe, »eine Art Terrarium, das durchaus mit einem Feuchtraum oder Aquarium gekoppelt sein kann. Sind Sie an Einzelheiten interessiert?«

»Auf keinen Fall«, wehrte die ältere Dame ab. »Details interessieren höchstens Mister Parker.«

»Nun, man braucht ein kleines Bienenvolk, das man dann gezielt hochzüchten kann«, erläuterte Charles Darwill. »Wenn die klimatischen Verhältnisse stimmen, ist das überhaupt kein Problem.«

»Wie kam es zu der Kreuzung zwischen afrikanischen und südamerikanischen Bienen, Sir?«

»Man wollte die Honigerträge verbessern und widerstandsfähigere Völker hochzüchten«, lautete Darwills Antwort. »Wie Sie vielleicht wissen, leiden die Bienen seit Jahren an einer bösen Milbenkrankheit, die ganze Völker hinwegrafft.«

»Durch die neue Kreuzung potenzierte sich das Gift der Bienen?«

»So kann man durchaus sagen.« Der Entomologe nickte eifrig. »Den Züchtern ist das überhaupt nicht bewußt gewesen. Man sollte der Natur eben nicht ins Handwerk pfuschen.«

»Die sogenannten Mörderbienen zeichnen sich durch besondere Angriffslust aus, wie man Mylady versicherte.«

»Sie sind ungewöhnlich reizbar, Mister Parker, sie haben sich jeder Domestikation entzogen, ein Erbteil der afrikanischen Bienen.«

»Hätten diese wenigen Bienen ausgereicht, mich umzubringen?« wollte die Detektivin wissen.

»Mit Sicherheit, Mylady«, bestätigte der Insektenforscher. »Falls es sich um Mörderbienen handelt, doch dazu müßte ich sie erst mal untersuchen. Haben Sie Zeit, bis das Ergebnis vorliegt? Ich brauche gut eine Stunde, ich möchte da völlig sichergehen.«

»Rufen Sie mich an, mein Lieber.« Die ältere Dame gab sich überraschend freundlich. »Und nun möchte ich noch wissen, wie man sich gegen diese kleinen Mörder schützen und wehren kann.«

»Gegen die Bienen hilft nur eine komplette Imkerausrüstung, Mylady«, gab der Entomologe zurück. »Aber hat man sie immer zur Hand, wenn man von den Plagegeistern überfallen und angegriffen wird?«

*

Josuah Parker hatte Lady Agatha in Shepherd’s Market abgesetzt und trug einige nicht gerade kleine Pakete ins Haus. Kathy Porter und Mike Rander blickten erstaunt und belustigt zugleich auf diesen Einkauf. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit schien Agatha Simpson diesmal viel Geld ausgegeben zu haben.

»Ich habe keine Kosten gescheut, meine Lieben«, schickte sie voraus, nachdem Parker die schwere Haustür geschlossen hatte. »Es geht um unsere Sicherheit.«

»In Sachen Bienen, Mylady?« fragte der Anwalt.

»Mylady erstand eine komplette Imkerausrüstung«, erklärte Josuah Parker in seiner höflichen Art. »Mylady will den Bienen wehren.«

»Ist etwas passiert?« Kathy Porter kannte die ältere Dame. Sie hatte sofort gemerkt, daß es einen aufregenden Zwischenfall gegeben haben mußte. Agatha Simpson ließ sich in einem tiefen Ledersessel vor dem Kamin in der großen Wohnhalle nieder und verlangte nach einem Kreislaufbeschleuniger.

»Man hätte mich um ein Haar ermordet«, berichtete sie mit empörtem Ton in der Stimme. »Man warf einen kleinen Bienenkorb zu mir in den Wagen. Später stellte sich heraus, daß wenigstens drei bis vier Dutzend Mörderbienen nur darauf gewartet hatten, mich zerstechen zu können. War es nicht so, Mister Parker?«

»Mylady schwebten in der Tat in akuter Lebensgefahr«, erklärte der Butler, ohne eine Miene zu verziehen. »Die kleinen Angreifer werden zur Zeit von einem Entomologen genauer untersucht.«

»Sie haben die Bienen ab gewehrt, Mylady?« fragte Kathy Porter.

»Erfolgreich«, sagte sie knapp und widmete sich ihrem Kreislaufanreger, den Parker bereits servierte. Es handelte sich um einen doppelten Kognak.

»Sie wollen also sicherheitshalber nur noch in Imkerkleidung herumlaufen?« erkundigte sich der Anwalt.

»Unsinn, mein Junge.« Sie lächelte verzeihend. »Ich habe ja noch meine Fliegenklatschen. Die Imkerkleidung ist nur für den Fall des Falles gedacht. Wenn man mir Bienenvölker hier ins Haus werfen sollte.«

»Die Schornsteine führen direkt hinunter in die Kamine«, erinnerte Mike Rander.

»Ein Hinweis, Sir, den man unbedingt aufgreifen sollte«, schaltete der Butler sich ein.

»Scheußliche Geschichte.« Mike Rander verzog das Gesicht. »Dieser Bienenmörder hat da eine Waffe, die wir noch nicht kennen und gegen die wir uns normalerweise kaum schützen können. Das Ganze ist schlimmer als ein Geschoß.«

»Wenn Sie erlauben, Sir, möchte meine Wenigkeit Ihnen vollinhaltlich beipflichten«, gab Parker zurück. »Man wird sich Gedanken darüber machen müssen, ob man über die Imkerkleidung hinaus nicht andere Schutzmaßnahmen ergreifen kann.«

»Das überlasse ich Ihnen, Mister Parker.« Ihr Kreislauf hatte sich stabilisiert. Lady Agatha stand auf und schritt zur Treppe, die ins Obergeschoß des Hauses führte. »Ich werde über diesen neuen Fall jetzt intensiv nachdenken.«

»Mylady wünschen nicht gestört zu werden?« erfragte Parker.

»Nur, wenn meine Anwesenheit unbedingt erforderlich ist«, lautete ihre Antwort. Sie brachte ihre majestätische Fülle auf die erste Stufe und schritt dann mit der Würde einer regierenden Monarchin nach oben.

Von der Galerie aus winkte sie noch mal ausgesprochen huldvoll nach unten, um dann im Korridor zu verschwinden.

»Haben wir es mit Gangstern zu tun?« fragte Rander, als man allein war.

»Kaum im direkten und bekannten Sinn, Sir«, gab Josuah Parker zurück. »Man sollte allerdings die Tatsache zur Kenntnis nehmen, daß zwei Mitglieder der Unterwelt bisher in die bereits bekannten Vorfälle mit einbezogen wurden.«

»Im Fall dieses Boutiquenbesitzers und Börsenmaklers kann man davon ausgehen, daß hier eine Erpressung vorlag«, meinte Kathy Porter. »Aber hatte und hat man vor, auch die beiden Gangster zu erleichtern, Mister Parker?«

»Das behauptete Mister Cradling, Miß Porter«, erwiderte der Butler gemessen. »Er und Mister Hagman sollten angeblich je fünftausend Pfund zahlen.«

»Nehmen Sie das diesem Cradling ab, Parker?« fragte der Anwalt. Skepsis lag in seiner Frage.

»Nur bedingt, Sir«, lautete Parkers Antwort. »Man wird den Dingen noch intensiv auf den Grund gehen müssen. Der Besitzer der Mörderbienen aber muß sich zumindest in der kriminellen Szene einigermaßen auskennen, sonst hätte er sich nicht an die Herren Cradling und Hagman gewandt, die für ihre hohen Einkommen bekannt sind, wie Mister Pickett mir auf Anfrage telefonisch versicherte.«

»Demnach ist unser Pickett schon wieder mal unterwegs, wie?« Rander lächelte.

»Hingebungsvoll wie stets, Sir«, versicherte Josuah Parker. »Meine Wenigkeit wird sich in knapp einer Stunde mit ihm treffen.«

»Brauchen Sie Begleitung, Parker?«

»Ihre Gegenwart ist stets ehrenvoll für meine Wenigkeit, Sir.«

»Dann werde ich also wieder mal das Haus hüten müssen«, seufzte Kathy Porter.

»Und Mylady begleiten, falls es Mylady doch plötzlich danach gelüsten sollte, Miß Porter. Wenn Sie gestatten, wird meine Wenigkeit sich jetzt zurückziehen.«

»Sie gehen in Ihre Bastelstube?« spöttelte der Anwalt.

»In der festen Hoffnung, Sir, eine erste Abwehrwaffe gegen Mörderbienen entwickeln zu können.« Parker deutete ein zustimmendes Kopfnicken an.

*

Die privaten Räume des Butlers befanden sich im Souterrain des Hauses. Er verfügte hier über einen großen Wohnraum, eine kleine Pantry und über ein Schlafzimmer. Das alles hatte er nach seinem persönlichen Geschmack eingerichtet. Es gab allenthalben Mahagonimobiliar, das aus einer Kapitänskajüte stammte.

Aber über die Räume hinaus hatte der Butler sich hier noch eine Art Labor eingerichtet, das von Mike Rander auch gern als Bastelstube bezeichnet wurde.

In diesem mit allen technischen Finessen eingerichteten Raum entwickelte Parker die vielen Überraschungen, die seine Gegner immer wieder vor neue Probleme stellten.

Josuah Parker hatte bereits eine gewisse Vorstellung darüber, wie er angriffslüsterne Bienen nachhaltig in die Schranken weisen konnte. Er dachte in diesem Zusammenhang an einen gewissen Spray, wie er im Sport verwendet wird. Dieser Spray sorgte für eine schlagartige Unterkühlung anschwellender Gewebepartien. Parkers Ansicht nach mußten die empfindlichen Insekten unter der Einwirkung eines solchen Sprays ebenfalls schlagartig unterkühlt werden. Damit verlor sich bestimmt ihre Aggressivität. Darüber hinaus aber schwebte Parker vor, den Insekten die Flugfähigkeit noch zusätzlich zu nehmen. Möglicherweise war in diesem Fall eine Art Haarfestiger in der Lage. Es galt also, beide Stoffe zu kombinieren.

Parker experimentierte ein wenig und rief dann einen ihm bekannten Chemiker an, der ihm schon manch wertvollen Hinweis gegeben hatte. Dieser Mann hörte sich Parkers Fragen sehr genau an und erklärte sich dann bereit, eine entsprechende Mixtur herzustellen und unter Druck auf Spraybehälter zu ziehen.

»Wenn es sich einrichten läßt, sollten diese Sprayflaschen aber handlich sein«, fügte der Butler seiner Anregung hinzu. »Meiner Wenigkeit schwebt vor, daß man sie relativ unauffällig am Körper tragen kann.«

»Die Form des Druckbehälters ist kein Problem, Mister Parker«, antwortete der Chemiker. »An welche Form haben Sie denn so gedacht?«

»Sie kennen die bewußten Taschenflaschen, in denen man geistige Getränke zu transportieren pflegt«, gab Josuah Parker zurück.

»Schon verstanden, Mister Parker.« Der Chemiker lachte leise. »Der Inhalt einer solchen Flasche müßte völlig ausreichen, einen Schwarm Insekten abzuwehren.«

Parker bat abschließend um möglichst schnelle Erledigung seines Auftrags und machte sich dann daran, aus leichter Gaze Kopfschleier zurechtzuschneiden, die man in einem Hut unterbringen konnte. Er ging davon aus, daß der Bienenmörder seinen nächsten Anschlag schon bald wiederholen würde. Der Täter hatte herausgefunden, daß Lady Simpson und ein gewisser Butler Parker sich eingeschaltet hatten. Diese beiden Gegner mußte er nun erst mal ausschalten, bevor er seine Erpressungen fortsetzen konnte.

Parkers anfänglicher Verdacht hatte sich damit bestätigt. Cradling war wirklich gezielt auf Myladys Landsitz aufgetaucht, um die Mörderbienen auf eine neue Fährte zu lenken.

Parker hatte sein Gespräch mit dem Chemiker gerade beendet und aufgelegt, als das Telefon läutete.

»Parker, nicht wahr?« meldete sich eine undeutliche Stimme, nachdem der Butler seinen Namen genannt hatte. »Sie haben sehr viel Glück gehabt, wie ich höre.«

»Sollte meine Wenigkeit mit dem Verteiler der Mörderbienen sprechen?« fragte der Butler in seiner höflichen Art.

»Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, Parker«, hörte der Butler. »Ich habe einen ganz hübschen Vorrat an diesen Bienen.«

»Davon geht meine Wenigkeit in der Tat aus«, erwiderte Josuah Parker. »Sie betreiben das Geschäft der Erpressung?«

»Vielleicht, Parker, aber vielleicht auch nicht«, sagte der Mann und lachte hintergründig. »Ich verfolge meine Absichten und lasse mich nicht stoppen. Auch nicht von Ihnen, Parker! Sie werden nicht mehr lange leben. Das gilt auch für Ihre Lady und für das Paar aus der Curzon Street.«

»Sie sprechen jetzt von Miß Porter und Mister Rander?«

»Das wissen Sie doch, Parker. Gegen meine Mörderbienen ist kein Kraut gewachsen, da können Sie sich einfallen lassen, was immer Sie wollen. Und Einfälle sollen Sie ja haben, wie man mir gesagt hat.«

»Sie halten Mylady für eine Bedrohung Ihrer Person?«

»Ich habe mich informiert, Parker. Sie sollen nicht gerade schlecht sein.«

»Vielen Dank für das freundliche Kompliment«, lautete Parkers Antwort. »Bis zum nächsten Anschlag also, wenn meine Wenigkeit so sagen darf.«

*

Horace Pickett mochte etwa sechzig sein. Er war groß und schlank und erinnerte in seinem Aussehen an einen pensionierten Offizier. Vor Jahren hatte er als Eigentumsübertrager gearbeitet und war als Taschendieb ein wahrer Meister gewesen.

Von Parker auf den Pfad der Tugend zurückgeführt, betätigte er sich jetzt nur noch für Lady Simpson und den Butler. Selbstverständlich stand er auch Kathy Porter und Mike Rander jederzeit zur Verfügung. Horace Pickett kannte sich in der Szene der Millionenstadt aus und hatte immer noch die besten Verbindungen.

Pickett erwartete den Butler und Mike Rander in einer kleinen Teestube der Innenstadt. Nachdem man sich begrüßt hatte, kam er sofort zur Sache.

»Die Angst geht um«, berichtete er. »Die Sache mit den Mörderbienen hat sich herumgesprochen, Mister Parker. Wissen Sie, mit Messern und Schußwaffen kennt man sich aus, Bienen aber sind fremd und unheimlich. Inzwischen kursieren die wildesten Gerüchte. Man behauptet, ein Stich allein würde bereits genügen, einen Menschen zu töten.«

»Man sollte diese Möglichkeit keineswegs ausschließen«, erwiderte der Butler. »Meiner Wenigkeit versicherte man allerdings aus berufenem Mund, dazu bedürfe es besonders unglücklicher Umstände.«

»Joel Hagman ist in seinem Büro von diesen Bienen überrascht worden«, erzählte Pickett weiter. »Hagman läßt sich normalerweise von erstklassigen Leuten abschirmen, doch mit Mörderbienen hatte er ganz sicher nicht gerechnet.

»Mister Joel Hagman betätigt sich in der sogenannten Diebstahlbranche?«

»Seine Spezialität, Mister Parker«, bestätigte der ehemalige Eigentumsumverteiler. »Er läßt Großlager ausräumen und hält sich natürlich nur an hochwertige Waren.«

»Er ist mit Mister Andy Cradling befreundet, Mister Pickett?«

»Sehr eng sogar, Mister Parker. Ich gehe davon aus, daß Cradling das weiterverkauft, was Hagman besorgt. Beide wohnen im Osten der Stadt, in Limehouse.«

»Gibt es in der Szene inzwischen Gerüchte, wer der Bienenmörder sein könnte?« schaltete Mike Rander sich ein.

»Man steht vor einem Rätsel, Mister Rander«, beantwortete Pickett die Frage und hob bedauernd die Schultern. »Sehen Sie, die meisten Leute aus der Szene kennen sich auf dem Land nicht aus, sie sind hier in der Stadt aufgewachsen. Man geht davon aus, daß ein Außenseiter sich hier neu festsetzen will. Nur einem Außenseiter traut man den Umgang mit Bienen zu.«

»Von einem möglichen Rachefeldzug wird demnach nicht gesprochen?« wollte Parker wissen.

»Davon war bislang nicht die Rede. Glauben Sie denn an solch eine Möglichkeit, Mister Parker?«

»Meine Wenigkeit möchte sie auf keinen Fall ausschließen«, lautete Parkers Antwort. »Man hat es in jedem Fall mit einem Täter zu tun, der vor einem Mord nicht zurückschreckt.«

»Offen gestanden, Mister Rander, besonders wohl fühle ich mich auch nicht gerade«, gestand Horace Pickett. »Welche Chance hat man schon gegen einen Schwarm Bienen? Die kleinen Biester sind doch überall und greifen von allen Seiten an.«

»Dem möchte meine Wenigkeit nicht unbedingt widersprechen«, sagte der Butler.

»Ich hab’ mir bereits ’ne Imkerpfeife angeschafft«, sagte Pickett, »aber ob der Qualm wirklich helfen wird, wenn man angegriffen wird?«

»Sie sollten sich tunlichst nicht darauf verlassen, Mister Pickett«, warnte Josuah Parker. »Meine Wenigkeit hofft, Ihnen morgen schon eine Verteidigungswaffe andienen zu können. Man arbeitet bereits daran.«

»Lassen Sie sich eine von Mister Parkers Zigarren geben«, riet Mike Rander dem ehemaligen Barmittelumverteiler. »Ich möchte wetten, daß jede Mörderbiene abdreht, wenn sie in den Dunstkreis einer solchen Zigarre kommt.«

»Ich würde solch ein Angebot sofort annehmen«, erwiderte Pickett.

»Wenn Ihnen damit geholfen ist, Mister Pickett?« Parker langte in die Innentasche seines schwarzen Zweireihers und holte ein Lederetui hervor, das mit Zigarren gefüllt war, die an schwarze Torpedos erinnerten. Es handelte sich bei diesen Tabakwaren um eine Spezialanfertigung für den Butler. Die Farbe der Zigarren wirkte allein schon bedrohlich. Grüne Deckblätter mischten sich mit einer schwarzgrauen Marmorierung.

Nachdem Pickett sich freudig bedient hatte, griff auch Mike Rander zu.

»Sicher ist sicher«, erklärte er. »Zur Not kann mir ja nur schlecht werden.«

Genau in diesem Augenblick segelte ein kleiner Weidenkorb von der Größe einer Zigarrenkiste in die kaum besetzte Teestube. Dabei öffnete sich der Deckel und gab somit den Weg frei für einen Bienenschwarm...

*

Josuah Parker reagierte augenblicklich.

Während Pickett und Rander aufsprangen und sich in den hinteren Teil der intimen Teestube zurückzogen, griff Parker blitzschnell in die linke Tasche seines schwarzen Covercoats und zog eine kleine Gasflasche hervor. Sie war kaum größer als eine handelsübliche Sprayflasche, in der sich Haarspray befindet.

Auf dem Ventil dieser kleinen Gasflasche war eine Art Brenner aufgeschraubt, der mit einem Krümmerrohr verbunden war. In Sekundenschnelle hatte der Butler das Ventil geöffnet und die Flamme gezündet. Fauchend schoß sie blauweiß gefärbt aus dem Brenner.

Während eine Panik unter den Teetrinkern ausbrach, befaßte sich der Butler konzentriert mit den Bienen, die sich erfreulicherweise auf ihn konzentrierten, da er in der Nähe des geöffneten Weidenkörbchens geblieben war.

Die ersten Angreifer sirrten heran. Die hohe Frequenz der Flügelschläge hörte sich bereits schon giftig an. Die erstaunlich großen Insekten schwärmten aus und wollten ihr Opfer nach bewährter Manier von allen Seiten angreifen, doch Parker wußte sich zu wehren.

Mit dem Brenner versengte er den Flugapparat der Bienen und brachte sie reihenweise zum Absturz. Parker paßte höllisch auf, um keines der Insekten zu übersehen. Die Bienen, noch aggressiver als vor wenigen Augenblicken, drangen von allen Seiten auf Josuah Parker ein. Einige Mörderbienen konzentrierten sich auf seinen freien Nacken über dem Mantelkragen. Doch der Butler wußte sich zu helfen.

Mike Rander traute seinen Augen nicht, als Parker die Angreifer höflichst zu grüßen schien. Er lüftete kurz die schwarze Melone, doch dann sah der Anwalt, wie eine Art Imkerschleier aus dem Innern der Kopfbedeckung über Parkers Gesicht, Nacken und Schultern fiel.

Die eindeutig verunsicherten Bienen korrigierten ihren Kurs, kurvten um den Kopf des Butlers herum und wurden hier vom Lötbrenner voll erwischt. Nach wenigen Augenblicken hatte Josuah Parker auch das letzte Insekt unschädlich gemacht.

»Guter Gott, Parker!« seufzte der Anwalt vernehmlich. »Das war aber verdammt knapp.«

»Ein gezielter Mordversuch, Sir, ohne Rücksicht auf Unbeteiligte«, erwiderte der Butler und drehte die Brennerflamme zurück, ohne sie jedoch auszuschalten.

»Ich glaube, ich werde für ein paar Tage London verlassen«, meinte Pickett und atmete tief durch.

»Wie, zum Teufel, sind Sie auf dieses Lötgerät gekommen?« fragte der Anwalt beeindruckt.

»Es bot sich in meinem privaten Labor zum Test förmlich an, Sir«, antwortete der Butler gemessen und beugte sich vor, um die Bienen in Augenschein zu nehmen, »Jetzt weiß ich, was ich mir sofort kaufen werde«, warf Horace Pickett ein. »Ich werde selbstverständlich in London bleiben, Mister Parker.«

»Meine Wenigkeit hatte auch gar nichts anderes erwartet, Mister Pickett«, gab der Butler zurück, um sich dann an Mike Rander zu wenden. »Man muß von der Tatsache ausgehen, daß der Mörder erneut eine erfolgreiche Verfolgung wahrnahm.«

»Ist Ihnen nichts aufgefallen, Parker?«

»Bestürzenderweise nicht, Sir. Man hat es mit einem ungewöhnlich geschickten Täter zu tun, der über erstaunliche Fachkenntnisse verfügt.«

»Demnach haben wir noch einiges zu erwarten«, seufzte Mike Rander. Er warf einen kurzen Blick auf die übrigen Gäste, die gezahlt hatten und die Teestube hastig räumten. Man schien etwas gegen Bienen zu haben.

»Jetzt weiß der Täter natürlich, daß ich mit Ihnen zusammenarbeite«, stellte Pickett fest. »Ich denke, ich werde ab sofort Maske machen.«

»Sie kommen einer Anregung zuvor, die meine Wenigkeit gerade machen wollte«, sagte Josuah Parker. »Mister Cradlings Plan erwies sich wieder mal als richtig. Der Täter konzentriert sich zuerst auf die seiner Ansicht nach akute Gefahr in Gestalt meiner Wenigkeit.«

»Ich werde ab sofort ebenfalls Maske machen«, entschied Mike Rander, »und Kathy selbstverständlich auch. Und wir werden uns Lötgeräte besorgen. Womit wird die Flamme eigentlich angeheizt, Parker?«

»Es handelt sich um eine fertige, handelsübliche Mischung aus Propan und Butan, Sir«, lautete Parkers Antwort. »Die Flammentemperatur beträgt etwa eintausendsiebenhundertfünfzig Grad.«

»Ganz schöne Hitze«, konstatierte der Anwalt, der sich inzwischen längst wieder entspannt hatte. »Wird der Täter bei seinen Mörderbienen bleiben?«

»Darauf sollte man sich nicht unbedingt verlassen, Sir«, warnte der Butler. »Auch mit scharfen und gezielten Schüssen ist wohl zu rechnen, nachdem zwei Bienenangriffe abgewehrt werden konnten.«

»Wollen wir nicht verschwinden?« fragte Rander. »Der Täter hält sich bestimmt noch in der Nähe auf.«

»Um den parkenden Wagen zu erreichen, könnte man ein sicheres Ziel abgeben, Sir. Ein Umstand, den man unbedingt vermeiden sollte.«

»Und was schlagen Sie vor, Parker?« Rander, Pickett und der Butler waren allein noch in der Teestube. Der ältere Mann, der den Tee verkauft hatte, war nicht mehr zu sehen. Er schien sich ebenfalls mit den übrigen Gästen in Sicherheit gebracht zu haben.

»Weiß der Täter überhaupt, daß wir noch leben?« fragte Pickett.

»Er dürfte sich inzwischen bei den geflüchteten Gästen informiert haben, Mister Pickett.«

»Also, was machen wir?« Mike Rander schob sich vorsichtig an das kleine Schaufenster der Teestube heran – und zuckte zusammen, als es plötzlich schmetternd zerbarst. Glassplitter flogen durch die Luft. Das Geschoß landete klatschend in der gegenüberliegenden Wand.

»In solch einem Fall ist eine kompakte Nebelwand angeraten«, schickte Josuah Parker voraus. Er hielt bereits eine Plastikkapsel in der linken Hand, die in einem schwarzen Lederhandschuh steckte. Er zerdrückte die in der perforierten Kapsel befindliche Glasampulle und warf die Kapsel dann geschickt durch das zerbrochene Fenster nach draußen.

In Sekundenschnelle verband sich die wasserklare Flüssigkeit in der Kapsel mit dem Sauerstoff der Luft, reagierte spontan und sehr heftig und schuf so eine wirklich kompakte Nebelwand, die dem Mordschützen die Möglichkeit nahm, gezielt einen weiteren Schuß abzufeuern.

*

Es war eine heruntergekommene Straße, in der Joel Hagman sein Büro hatte. Es befand sich in einem nackten Ziegelbau, in dessen Erdgeschoß einige kleine Läden untergebracht waren. Joel Hagmans Firma befaßte sich laut Hinweisschild mit Renovierungen aller Art, was immer man sich darunter auch vorstellen mochte.

Als Parker das Büro betrat, blickten ihn zwei stämmige junge Männer sehr desinteressiert, fast phlegmatisch an. Doch der Butler wußte es besser. Die beiden Männer waren mit Sicherheit hartgesottene Schläger, die das eigentliche Büro bewachten.

»Man wünscht einen ausgesprochen guten Abend«, grüßte Josuah Parker und lüftete seine schwarze Melone. Da er die Schutzgaze fixiert hatte, blieb sie in der Wölbung seiner Kopfbedeckung.

»Was sollen wir denn?« fragte einer der beiden Männer lässig und spöttisch zugleich.

»Mein Name ist Parker, Josuah Parker«, stellte der Butler sich formvollendet vor. »Ließe es sich ermöglichen, Mister Joel Hagmans Stellvertreter zu sprechen?«

»Was wollen Sie denn von dem?«

»Wenn Sie erlauben, wird man ihm dies persönlich unterbreiten. Es handelt sich um ein Thema von besonderer Delikatesse.«

»Tickst du nicht richtig?« erkundigte sich der zweite Schläger und stand geschmeidig auf. »Willst du uns auf den Arm nehmen?«

»Nur, falls dies Ihr erklärter Wunsch ist«, gab der Butler zurück und... stach mit der Spitze seines altväterlich gebundenen Universalregenschirms gezielt zu. Er setzte sie auf den Solarplexus des Mannes, der scharf die Luft einsog, sich aber nicht in der Lage sah, sie auch wieder auszustoßen. Er bekam daher einen roten Kopf, knickte ein und fiel zurück in den Bürosessel.

Der erste Profi sprang vor und zog gleichzeitig seine Schußwaffe, das heißt, er hatte die feste Absicht, dies zu tun, doch Parker gestattete es nicht. Er setzte die Spitze des Schirmes auf die Oberarmmuskulatur des Mannes und paralysierte auf diese Art den Arm und auch die Hand.

»Sie inkommodieren sich völlig unnötig, meine Herren«, stellte der Butler in seiner höflichen Art fest. »Es handelt sich nur um einen Höflichkeitsbesuch. Wenn Sie erlauben, verschaffe ich Ihnen eine kurze Erholungspause.«

Während er noch sprach, ließ er den Schirm senkrecht in die Luft steigen, umspannte mit der rechten, schwarz behandschuhten Hand den unteren Teil des Schirmstocks und legte den bleigefüllten Bambusgriff seines Regendaches kurz nacheinander auf die beiden Stirnpartien der Männer.

Sie fielen um, als wären sie von einem auskeilenden Pferd getroffen worden, sackten auf den staubigen Fußboden und merkten nicht, daß Parker sie entwaffnete. Er ließ die beiden Schußwaffen in seinen Manteltaschen verschwinden.

Danach öffnete er die Verbindungstür zum Nebenraum und sah sich einem Vierschrötigen gegenüber, der eine Lederweste trug. Das Gesicht des Mannes war aufgeschwemmt.

»Sie müssen mein höfliches Anklopfen völlig überhört haben«, erklärte Parker und lüftete erneut die schwarze Melone. »Sie sind Mister...?«

»Clay Balkins«, kam automatisch die Antwort. Doch danach sprang Clay Balkins auf und beugte sich vor. »Wer hat Sie reingelassen?«

»Ihre Mitarbeiter sahen sich außerstande, zu diesem Thema Stellung zu nehmen«, gab der Butler wahrheitsgemäß zurück. »Sie vertreten Mister Joel Hagman, wie anzunehmen ist?«

»Verdammt, wer sind Sie?«

»Parker, mein Name, Butler Parker«, sagte Balkins’ Besucher gemessen.

»Mann, Sie sind das?« Balkins konnte mit dem Namen etwas anfangen, wie deutlich zu sehen war.

»Ihr Vorgesetzter, der erwähnte Mister Hagman, wurde, wie man meiner Wenigkeit mitteilte, von einer besonderen Art von Bienen lebensgefährlich zugerichtet?«

»Sie sind also dieser Butler Parker!« Clay Balkins entspannten sich.

»Der im Auftrag Lady Simpsons einige Fragen zu stellen hat«, führte der Butler weiter aus. »Wie konnte es, zum Beispiel, passieren, daß Mister Joel Hagman von den sogenannten Mörderbienen attackiert wurde?«

»Die Biester kamen dort durch das Fenster«, antwortete Balkins und wandte sich halb um. Er zeigte auf ein Oberlicht, das jetzt allerdings geschlossen war.

»Demnach muß der Bienenhalter also die hiesige Örtlichkeit recht gut gekannt haben, Mister Balkins.«

»Wieso fragen Sie überhaupt?« staunte Balkins. »Was haben denn Sie damit zu tun?«

Und danach zuckte er wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Er hatte das Summen und Brummen eines Insekts gehört, hob abwehrend die Hände und blickte in panischer Furcht um sich.

»Eine Schmeißfliege, Mister Balkins, die sich in diesen Räumen sicher besonders wohl fühlt«, deutete Parker das tiefe Brummen. Dann wies er mit der Schirmspitze auf das dicke Insekt, das vor der Scheibe torkelte.

Bei dieser Gelegenheit setzte Josuah Parker seinen Schirm noch mal gezielt ein. Die beiden Schläger hatten nämlich die Absicht, sich endlich mit ihm zu befassen.

*

Sie lagerten sich erneut auf dem Boden und bedachten Parker mit anklagendem Blick. Dann schlossen sie die Augen und begaben sich ins Land ihrer speziellen Träume.

»Damit... damit habe ich nichts zu tun«, erklärte Clay Balkins hastig und warf einen enttäuschten Blick auf die beiden Schlafenden. »Ich bin selbst überrascht worden.«

»Sie hätten es selbstverständlich zutiefst bedauert, wenn meine Wenigkeit überrascht worden wäre«, gab Parker höflich zurück.

»Na ja, nicht unbedingt, Mister Parker.« Der Vierschrötige räusperte sich leicht. »Aber darf man noch mal fragen? Weshalb interessieren Sie sich für meinen Boß?«

»Mylady und meine bescheidene Wenigkeit haben dem Halter der sogenannten Mörderbienen den Kampf angesagt.«

»Das ist gut.« Balkins nickte nachdrücklich. »Unheimlich, diese verdammten Bienen, das können Sie mir glauben. Der heimtückische Kerl ist auch hinter Cradling her.«

»Ein Geschäftsfreund jenes Mannes, den Sie gerade als Boß bezeichneten, Mister Balkins?«

»Das ist ja kein Geheimnis, Mister Parker. Sehen Sie eine Chance, diesen Mörder zu erwischen?«

»Sie sprechen jetzt sicher von dem unbekannten Bienenhalter, wie zu vermuten ist?«

»Natürlich, natürlich.« Clay Balkins lächelte für eine Sekunde.

»Haben sich bei Ihnen bereits erste Vermutungen eingestellt, was die Person dieses Täters betrifft?«

»Wir haben keinen blassen Schimmer.«

»Und wieso bezeichnen Sie ihn als Mörder? Mister Hagman dürfte ja vorerst noch unter den Lebenden weilen.«

»Der Bienenmörder hat schon ein paar Leute erwischt«, lautete die Antwort.

»Können Sie mit Namen dienen, Mister Balkins?«

»Nicht direkt«, entgegnete Balkins. »Aber man hört, daß besondere Personen betroffen sind.«

»Die aus dem Bereich Ihrer geschäftlichen Aktivitäten stammen?«

»Wo sollen die her sein? Ach so, jetzt verstehe ich. Ja, ja, die sollen aus der Szene stammen, aber wie gesagt, Namen sind nicht bekannt. Sie ahnen ja nicht, Mister Parker, was hier bei uns los ist. Bienen hatten wir noch nicht. Und dann ausgerechnet Mörderbienen! Wie soll man sich gegen ’nen Schwarm von solchen Biestern schützen?«

»Aber Sie haben das Empfinden, daß der Täter sich in Ihren Kreisen bestens auskennt?«

»Unbedingt, Mister Parker«, erklärte der Vierschrötige. »Wissen Sie, ich glaube, daß hier ein ganz raffinierter Hund kassieren will, einer, den wir vielleicht alle kennen, dem wir so ’ne Masche aber überhaupt nicht zutrauen.«

»Sie sind nicht zufällig auf dem Land aufgewachsen, Mister Balkins?« fragte der Butler unvermittelt.

»Auf dem Land? Wieso? Ach, kapiert! Sie glauben, ich hätte da ’ne Tour gefunden, Hagman aus dem Geschäft zu boxen?«

»Sie haben meine Frage bedauerlicherweise noch nicht beantwortet.«

»Okay, ich bin auf dem Land aufgewachsen«, erklärte Clay Balkins und lächelte verkniffen, »und mein Vater hat sogar Bienenstöcke gehabt. Sehen Sie jetzt klarer?«

»Man bedankt sich für Ihre Offenheit, Mister Balkins«, schloß der Butler die Unterredung. »Hoffentlich ziehen Ihre Freunde keine falschen Schlüsse aus der Tatsache, daß Sie Bienen immerhin aus nächster Nähe kennen.«

*

Josuah Parker war auf dem Weg zurück zu seinem hochbeinigen Monstrum.

Mike Rander, der den Wagen verlassen hatte und von einem nahen Hausflur die nähere Umgebung beobachtete, winkte dem Butler. Demnach schien alles in Ordnung zu sein. Doch dies änderte sich schlagartig...

Die beiden Schläger rannten auf sehr unsicheren Beinen aus der Tür und schlugen wie besessen um sich. Dabei stießen sie Schreie aus, die Todesangst verrieten.

Parker blieb ruckartig stehen und wandte sich um.

»Mörderbienen ... Mörderbienen«, rief einer der Flüchtenden und jagte quer über die Fahrbahn. Dabei wäre er um ein Haar von einem Wagen angefahren worden.

Parker fotografierte automatisch mit seinen Augen diesen schnell verschwindenden Wagen, der geschickt ausgewichen war. Dann winkte er dem zweiten Schläger.

»Man muß sicher davon ausgehen, daß etwas passiert ist«, sagte er höflich. Der Ton seiner Stimme beruhigte den aufgeregten Mann, der tief Luft holte, sich mißtrauisch umschaute und dann sichtlich entspannte.

»Bienen«, sagte er, »Bienen, oben im Büro!«

»Und wo befindet sich Mister Balkins?«

»Keine Ahnung, der war plötzlich nicht mehr da. Hören Sie, das sind diese verdammten kleinen Killer, die da plötzlich...«

Parker wartete weitere Erklärung nicht ab, sondern schritt gemessen ins Haus zurück. Dabei griff er nach seinem Lötset und machte es fertig für einen schnellen Einsatz. Nach wenigen Augenblicken erreichte er das Vorzimmer des Hagman-Büros und blickte sich um.

Von Bienen war nichts zu hören, auch nichts zu sehen. Die Tür zum eigentlichen Büro war allerdings fest geschlossen. Der Butler öffnete sie vorsichtig – und hörte das giftige Summen aufgebrachter Insekten.

Er präparierte sich, löste die Fixierung des Kopfschutzes unter der schwarzen Melone, sicherte Gesicht und Nackenpartie, öffnete erneut die Tür und zündete gleichzeitig die Brennerflamme des Lötgerätes. Fauchend schoß die blauweiß gefärbte Flamme hinaus.

Die beiden Schläger hatten nicht gelogen.

Im Büro schwirrten etwa zwei Dutzend Bienen herum, die einen sehr aggressiven Eindruck machten. Als sie den Butler erspähten, formierten sie sich sofort und drangen auf ihn ein.

Parker handhabte den Lötbrenner wie ein Flammenschwert. Er schnitt damit durch den kleinen Schwarm der Insekten und setzte ihrem Treiben schnell ein Ende. Anschließend kümmerte er sich um einige Biester, die es vorgezogen hatten, zur Fensterscheibe zu fliegen.

Bei dieser Gelegenheit nahm der Butler zur Kenntnis, daß das eben noch geschlossene Oberlicht jetzt geöffnet war. Bevor die letzten Bienen sich auf diesem Weg absetzen konnten, erledigte Parker auch sie noch.

Als er die Flamme zurückdrehte, machte er auf seinem linken, schwarzen Handschuh eine letzte Biene aus. Sie krabbelte über das Leder und suchte offensichtlich nach einer Möglichkeit, den Giftstachel in die Haut zu treiben.

Parker wunderte sich. Er hatte es, wenn ihn nicht alles täuschte, mit einer völlig normalen Honigbiene zu tun. Dennoch, er war und blieb vorsichtig! Bedächtig hob er die Hand an und betrachtete das Insekt aus nächster Nähe. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Er hatte es mit einer regulären Biene zu tun.

Der Butler schnippste sie vom Handschuh und suchte dann nach Clay Balkins, der den im Hospital liegenden Joel Hagman vertrat. Er entdeckte ihn in einem engen Wandschrank.

Clay Balkins war schweißüberströmt und stand unter einem Schock. Er knickte in den Knien ein, als er aus dem Wandschrank treten wollte.

»Sie waren plötzlich da«, sagte er und blickte sich mißtrauisch um.

»Sie hatten das Oberlicht geöffnet?«

»Als Sie gegangen waren«, redete Clay Balkins weiter. »Und plötzlich segelte da ’ne Papiertüte durchs Fenster und landete neben dem Schreibtisch.«

Parker fand die Tüte beim Papierkorb. Sie war der Länge nach aufgerissen und innen mit einem eigroßen Stein beschwert worden, um sie zielsicher werfen zu können.

»Haben Sie alle Bienen erwischt?« fragte Balkins.

»Es handelte sich um völlig harmlose Honigbienen, die von meiner Wenigkeit leider getötet wurden«, bedauerte Josuah Parker. »Auch Sie, Mister Balkins, scheinen für den Täter von Interesse zu sein. Sie sollten davon ausgehen, daß Sie gefährlich leben!«,

*

»Interessante Geschichte, Parker, die man Ihnen da eben erzählt hat«, sagte Mike Rander. Er saß auf dem Beifahrersitz des hochbeinigen Monstrums, das von Parker wieder nach Shepherd’s Market gesteuert wurde.

»Sie wundern sich ebenfalls darüber, Sir, daß der Täter seine an sich harmlosen Bienen erst in das Büro warf, nachdem meine Wenigkeit gegangen war?«

»Exakt, Parker, genau das meine ich.« Rander lachte leise. »Will Clay Balkins Ihnen Sand in die Augen streuen?«

»Man sollte diese Möglichkeit auf keinen Fall ausschließen, Sir, wenngleich man dann unterstellen müßte, daß er den kleinen Bienenschwarm abrufbereit im Büro hatte.«

»Er hatte immerhin keine Ahnung, daß Sie ihn besuchen würden.« Mike Rander nickte.

»Man wird sich dieser Frage noch intensiv widmen müssen, Sir.« Auch Parker machte sich seine Gedanken. »Mister Balkins könnte die Bienen für die beiden Herren im Vorzimmer besorgt haben.«

»Um sie im geeigneten Moment losschwirren zu lassen und sich als das Opfer eines Attentates auszugeben.«

»Mister Pickett sollte sich möglichst umgehend mit dem Vorleben Mister Clay Balkins’ befassen«, schlug der Butler vor. »Darüber hinaus wäre die Frage zu klären, wer die Renovierungsfirma führen wird, falls Mister Joel Hagman das sogenannte Zeitliche segnet.«

»Das wird uns bestimmt weiterbringen, Parker.« Rander nickte und blickte Parker an. »Und dann wäre da auch noch die Rolle des Andy Cradling zu klären. Wir wissen noch zu wenig von diesem Knaben. Sagen Sie, wer ist laut McWarden noch umgebracht worden?«

»Der Besitzer einer Boutique, Sir, dann ein Börsenmakler. Möchten Sie die Namen hören?«

»Nee, nicht jetzt«, wehrte der Anwalt ab. »Aber wir sollten in Erfahrung bringen, wer die Toten sind. Sie müssen Familie und ein Umfeld haben.«

»Sie denken an gewisse Verbindungen, Sir?«

»Und ob, Parker!« Mike Rander nickte. »Hatten die beiden Opfer mit der Unterwelt Kontakt? Falls ja, hätten wir’s mit einer bandeninternen Sache zu tun.«

»Wenn Sie erlauben, Sir, möchte meine Wenigkeit sich Ihrer Betrachtungsweise vollinhaltlich anschließen.«

»Tun Sie nicht so, als ob Sie an solch eine Querverbindung nicht auch schon gedacht hätten, Parker.«

»In Umrissen, Sir«, meinte Parker in seiner höflich-diskreten Weise. »Die Tatsache bleibt bestehen, daß der Täter sich in der kriminellen Szene gut auskennen muß.«

»Wo war Balkins, als die Mörderbienen sich auf Joel Hagman stürzten?«

»Diese Frage, Sir, wurde von meiner Wenigkeit sehr bewußt nicht gestellt, um einen möglichen Verdacht Mister Balkins’ nicht zu wecken.«

»Sie alter Fuchs.« Rander nickte. »Ich weiß, daß Sie Ihre Karten nur sehr vorsichtig auf den Tisch legen. Wie wird es jetzt Ihrer Ansicht nach weitergehen?«

»Der Bienenmörder wird alles daransetzen, schnell zum Erfolg zu kommen, Sir.«

»Das glaube ich allerdings auch. Ich fürchte, er wird den nächsten Anschlag noch in dieser Nacht ausführen, Parker.«

»Man wird gewappnet sein, Sir.«

»Ihr Trick mit dem Lötset war bestens, Parker.«

»Sie lassen meine Wenigkeit erröten, Sir.«

»Ich weiß, man sieht’s Ihnen direkt an«, spöttelte Mike Rander. »Lassen wir uns also überraschen. Sie haben noch so ein Lötset parat?«

»Es könnte schnell im einschlägigen Fachhandel besorgt werden, Sir, man sollte allerdings nicht ausschließlich auf diesen kleinen Flammenwerfer setzen, wenn meine Wenigkeit sich so ausdrücken darf.«

»Er hilft nur gegen kleinere Schwärme, wie?«

»Diese Befürchtung muß man in der Tat hegen, Sir.«

»Hoffentlich braut Ihr Chemiker da das richtige Abwehrmittel zusammen, Parker. Werden wir diesem Renovierungsfachmann Hagman einen Besuch abstatten?«

»Sobald er vernehmungsfähig ist, Sir. Dies wurde bereits mit Mister McWarden vereinbart.«

»Bestens, Parker. Aber bringen wir erst mal die Nacht hinter uns. Hoffentlich hat Lady Simpson nicht die Absicht, sich noch zu betätigen.«

»Falls dem so sein sollte, Sir, besteht nur wenig Aussicht, Mylady von einer Unternehmung abzubringen«, prophezeite der Butler, der seine Herrin nur zu gut kannte.

*

Agatha Simpson wartete bereits mehr als ungeduldig.

Als Mike Rander und Butler Parker die große Wohnhalle betraten, schüttelte sie vorwurfsvoll den Kopf.

»Erstaunlich, Mister Parker, daß Sie in dieser Nacht überhaupt noch mal zurückkommen«, grollte sie. »Ich erhielt einen Anruf von höchster Wichtigkeit.«

»Darf man in Erfahrung bringen, Mylady, wann dieser Anruf von wem erfolgte?« Parker deutete seine Verbeugung an.

»Vor gut einer halben Stunde«, erwiderte sie nervös. »Ich bin angerufen worden.«

»Ein Informant hat sich gemeldet«, schaltete Kathy Porter sich ein. »Er fragte an, ob Interesse bestünde, etwas über Mörderbienen und ihren Züchter zu hören.«

»Dieser Anruf kommt ja direkt wie bestellt«, mokierte sich Mike Rander.

»Das sagte Mylady auch, Mike«, gab sie zurück und zwinkerte ihm zu.

»Sagte ich das, Kindchen?« wunderte sich Agatha Simpson.

»Unüberhörbar, Mylady«, behauptete Kathy weiter.

»Ließ dieser Anrufer erkennen, woher er weiß, daß Mylady sich mit Mörderbienen befaßt?« wollte Josuah Parker wissen.

»Davon sagte er kein Wort.« Sie schüttelte den Kopf.

»Es handelt sich natürlich wieder mal um eine Falle, meine Lieben«, erklärte die passionierte Detektivin energisch. »Eine Lady Simpson kann man nicht übertölpeln. Aber da ich weiß, daß mich eine Falle erwartet, werde ich den Spieß umdrehen. Mister Parker, ich überlasse Ihnen die Details.«

»Myladys Vertrauen ehrt meine Wenigkeit.«

»Man erwartet Mylady und Sie gegen Mitternacht auf einem Hausboot in den Docklands«, berichtete Kathy Porter. »Ich habe mir die genaue Adresse aufgeschrieben.«

»Gegen Mitternacht? Wie dramatisch«, spottete der Anwalt.

»Ich werde diesen Termin wahrnehmen«, entschied Agatha Simpson. »Ich weiß bereits jetzt, daß ich damit den Fall lösen werde.«

»Wir haben es mit einem Täter zu tun, der rücksichtslos ist, Mylady«, warnte Mike Rander nun doch sehr eindringlich.

»Gegen eine Lady Simpson hat er keine Chance«, wußte sie wieder mal besser. »Wie oft schon wollte man mich in der Vergangenheit umbringen, mein Junge? Und ich lebe immer noch.«

»Mylady gehen davon aus, daß man es möglicherweise nicht nur mit Mörderbienen zu tun bekommen wird«, stellte Parker fest.

»Ob Schußwaffen oder Sprengstoff, Mister Parker, ich scheue selbstverständlich kein Risiko.« Sie griff nach ihrem perlenbestickten Pompadour und versetzte ihn unternehmungslustig in Schwingung. »Kathy und Mike, Sie bleiben natürlich hier im Haus. Ich kann nicht auch noch auf Sie aufpassen. Es genügt mir völlig, daß ich Mister Parker vor unüberlegten Handlungen bewahren muß.«

»Wenn Mylady gestatten, wird meine Wenigkeit noch einige Vorbereitungen für die Ausfahrt treffen.«

»Aber beeilen Sie sich, Mister Parker.« Sie nickte wohlwollend. »Sie haben mein vollstes Vertrauen.«

Der Butler begab sich in seine privaten Räume und suchte für etwa fünf Minuten sein Labor auf. Anschließend erschien er mit einer kleinen Reisetasche, die einen gut gefüllten Eindruck machte.

»Was schleppen Sie denn da mit sich herum?« erkundigte sich die ältere Dame belustigt.

»Es handelt sich um einige Abwehrmittel, Mylady«, beantwortete der Butler die Frage.

»Papperlapapp, Mister Parker.« Die Hausherrin winkte belustigt ab und deutete dann auf eine Fliegenklatsche, deren Größe Parker erstaunte.

»Ich fand sie auf dem Dachboden«, meinte sie stolz. »Damals wußte man noch, was Fliegenklatschen sind, Mister Parker.«

»Dieses Gerät, Mylady, hält den Vergleich mit den herkömmlichen Fliegenklatschen mehr als aus«, beurteilte der Butler die »Waffe«. »Damit könnte man auch, mit Verlaub gesagt, Klein- und Niederwild erlegen.«

Mike Rander und Kathy Porter preßten ihre Lippen fest aufeinander und wandten sich hastig ab. Sie wollten nicht dabei ertappt werden, daß sie unmittelbar vor einem Heiterkeitsausbruch standen.

*

»Natürlich werde ich bereits von dem Bienenmörder beobachtet, Mister Parker«, stellte Agatha Simpson schon nach wenigen Minuten fest Sie saß im Fond des hochbeinigen Monstrums und fühlte sich augenscheinlich sehr wohl.

»Man muß in der Tat davon ausgehen, Mylady, daß der Täter sehr geschickt ist.«

»Das wird ihm alles nichts helfen«, wußte sie mit letzter Sicherheit. »Mir ist da übrigens eine Idee gekommen, was den Mörder betrifft.«

»Myladys Ideen zeichnen sich stets durch ein hohes Maß an Ungewöhnlichkeit aus.«

»Unser Insektenforscher könnte durchaus der gesuchte Mörder sein, Mister Parker.«

Der Butler antwortete nicht sofort. Er mußte die Worte der älteren Dame erst mal verarbeiten.

»Warum sagen Sie nichts, Mister Parker?« forschte sie.

»Es hat meiner Wenigkeit die Sprache verschlagen, wenn man es mal so ausdrücken darf, Mylady.«

»Sie sind also überrascht, nicht wahr?« Satte Genugtuung beherrschte ihre Stimme.

»Geradezu überwältigt, Mylady. Demnach dürfte der Zufall seine Hand im Spiel gehabt haben, als man zu Mister Charles Darwill fuhr.«

»Wie auch immer, Mister Parker. Dieser Insektenforscher hat doch alle Möglichkeiten, solche Mordinsekten zu züchten, oder etwa nicht?«

»Die fachliche Eignung dürfte in der Tat gegeben sein.«

»Sehen Sie!« Agatha Simpson räusperte sich explosionsartig. »Ich sah vor einigen Tagen einen mäßig spannenden Kriminalfilm im Fernsehen, Mister Parker. Im Mittelpunkt der Handlung stand ein Wissenschaftler, der verrückt war und die Welt beherrschen wollte.«

»Ein immer wieder beliebtes Thema, Mylady.«

»Dieser Insektenforscher könnte durchaus verrückt sein, Mister Parker. Sie sollten dem nachgehen.«

»Wie Mylady zu wünschen geruhen.«

»Haben Sie meinen Verfolger inzwischen endlich ausgemacht, Mister Parker?«

»Noch nicht unmittelbar, Mylady«, bedauerte Parker, der bisher keinen Verfolger registriert hatte.

»Informieren Sie mich rechtzeitig, damit ich tätig werden kann, Mister Parker«, verlangte die ältere Dame und rekelte sich wohlig in den Polstern. »Der gesuchte Täter könnte natürlich auch dieses Subjekt sein, das mich auf meinem Landsitz besuchte.«

»Mylady sprechen von Mister Andy Cradling?« staunte Parker verhalten.

»Wie er heißt, ist unwichtig«, entschied sie grollend. »Ich traue ihm auf jeden Fall nicht über den Weg.«

Parker verzichtete auf eine Antwort und steuerte seinen Privatwagen geschickt durch den Verkehr. Er durchquerte die City und hielt sich dann ostwärts. Er kannte die genaue Adresse, unter der das Hausboot zu finden war. Es lag in einem der vielen, kaum noch benutzten Verbindungskanäle der West India Docks.

Seit einiger Zeit waren die sogenannten Docklands neu entdeckt worden, die jahrzehntelang dem Verfall preisgegeben schienen. Inzwischen baute man alte Lagerhäuser zu stilvollen Apartmenthäusern um, gab es Büroetagen und Firmen der elektronischen Industrie. Dennoch warteten weite Regionen auf eine Umgestaltung. Die Docklands waren hier unübersichtlich und geheimnisvoll. Wer nicht unbedingt mußte, mied die Gegend.

Bis Mitternacht fehlten noch fünfundvierzig Minuten.

Parker näherte sich dem Stichkanal, wo das Hausboot liegen sollte. Mit peinlichen Überraschungen war jederzeit zu rechnen. Der Täter wußte inzwischen, daß er mit seinen Mörderbienen und auch mit einer Schußwaffe nichts ausrichten konnte. Es fragte sich deshalb, welche Mittel er nun anwenden würde, um sich endlich durchzusetzen. Parker ging davon aus, daß dieser Unbekannte Phantasie hatte.

Der Butler hielt und verließ seinen Wagen. Er blieb an einer Kaimauer stehen und warf einen prüfenden Blick auf den Stichkanal, der einige Meter unterhalb von ihm an verbrauchtes Motorenöl erinnerte, was sein Wasser betraf. Aneinandergereiht und an der Kaimauer festgemacht, lagen Hausboote in diesem Kanal.

Jenseits der Kaimauer standen einige ausgediente Lagerschuppen, deren Fenster zumeist eingeworfen waren. Man hörte das Pfeifen und Trippeln von Ratten, die sich gestört fühlten. Irgendwo schrie eine Möwe. Es roch nach Brackwaser, Tang und Teer.

Um das gesuchte Hausboot zu erreichen, mußte Parker die alten Lagerschuppen passieren. Und genau das machte ihn mißtrauisch. Hinter den vielen blinden und eingeworfenen Fenstern konnte überall der Täter auf seine Chance lauern ...

Würde er noch mal eine reguläre Schußwaffe verwenden?

Hatte er sich eine Steigerung einfallen lassen?

Parkers Wagen war zwar schußsicher, doch eine Panzerfaust war durchaus in der Lage, den gepanzerten Wagen in die Luft zu befördern.

Parker horchte in sich hinein.

Er setzte wieder mal auf seinen stets wachen Instinkt. Seinem Gefühl nach lauerte der Mörder in einem der Lagerschuppen. Und dieser Mann mußte bereits das hochbeinige Gefährt wahrgenommen haben. Parker spürte förmlich, daß er beobachtet wurde.

Er schritt langsam zurück zu seinem Wagen, um die schwarze Reisetasche aus Leder zu öffnen. Er hatte nicht umsonst einige brauchbare Utensilien mitgenommen.

*

Josuah Parker bemühte ein unförmig aussehendes Gerät, das entfernt an ein klobiges Fernglas erinnerte. Es handelte sich in der Tat um ein Fernglas, das allerdings mit einem sogenannten Restlichtverstärker gekoppelt war. Selbst letzte Lichtspuren wurden elektronisch aufgearbeitet und verstärkt.

Die Dunkelheit hier am Stichkanal und vor den alten Lagerschuppen wurde so aufgehellt, daß man an ein überraschend scharfes Schwarz-Weiß-Foto erinnert wurde. Gespeist wurde dieses raffinierte Restlichtgerät durch einen Batteriesatz, der die nötige Energie lieferte.

Parker blieb seitlich hinter seinem hochbeinigen Monstrum stehen und suchte mit seinem Spezialgerät die unübersichtlichen Fassaden der Lagerschuppen ab. Er setzte darauf, daß der Täter seinerseits dabei war, sich einen Überblick zu verschaffen. Dazu mußte er seine Deckung wenigstens teilweise aufgeben.

»Was ist denn, Mister Parker?« fragte Lady Agatha ungeduldig. »Vergessen Sie nicht, daß ich den Täter ausheben will.«

»Es kann sich nur noch um Sekunden handeln, Mylady«, erwiderte Josuah Parker und konzentrierte sich auf einen Lagerschuppen, der etwa dort stand, wo das bewußte Hausboot festgemacht haben mußte. Parker ließ sich Zeit – und hatte Erfolg.

Er bemerkte eine vage Bewegung im dritten Stock des Lagerschuppens, der insgesamt vier Etagen aufwies. Wenige Augenblicke später wußte der Butler endgültig Bescheid.

In einer leeren Fensterhöhle lag auf der ehemaligen Fensterbank eine Gestalt, die ein Fernglas in Händen hielt und das hochbeinige Monstrum beobachtete. Dem Besitzer dieses Fernglases stand kein Restlichtverstärker zur Verfügung. Er konnte also unmöglich ausmachen, was sein eventuelles Opfer in Händen hielt.

Damit waren die Würfel gefallen.

Butler Parker stieg zurück in den Wagen und erstattete Mylady Bericht.

»Und welche Schlußfolgerung ziehe ich daraus?« fragte sie.

»Mylady werden die Falle zu vermeiden wissen.«

»Das dürfte doch selbstverständlich sein, Mister Parker«, erwiderte sie. »Ich werde diesem Subjekt meinerseits eine Falle stellen und erwarte Ihre Vorschläge dazu.«

»Man könnte der Person im Lagerschuppen Schwierigkeiten bereiten, was seine normale Atmung betrifft, Mylady.«

»Aha.« Sie räusperte sich explosionsartig. »Und wie stelle ich mir das im Detail vor?«

»Man müßte die Atemwege ein wenig reizen, Mylady, was sich mit einem entsprechenden Spezialgeschoß bewerkstelligen ließe.«

»Genau das wollte ich gerade vorschlägen, Mister Parker«, behauptete sie prompt. »Tun Sie sich keinen Zwang an, Sie dürfen frei schalten und walten. Sie müssen endlich lernen, selbständig zu werden.«

Parkers Pokergesicht blieb selbst jetzt glatt und ausdruckslos. Er verzichtete auf jede Antwort, holte seine Zwille aus einer der Innentaschen seines schwarzen Covercoats und steckte sie zusammen.

Dabei handelte es sich um eine Gabelschleuder, wie sie von heranwachsenden Jungen immer wieder aus kleinen Astgabeln angefertigt wird. Parker verfügte selbstverständlich über eine Eigenkonstruktion, mit der er erstaunliche Weiten überbrücken konnte. Nur er war eigentlich in der Lage, die beiden Gummistränge voll zu spannen.

Er ließ sein hochbeiniges Gefährt wieder anrollen und steuerte zu jenem Teil des Kais, an dem die Hausboote lagen.

»Behalten Sie die Nerven, Mister Parker«, ließ die ältere Dame sich vernehmen. »Nehmen Sie sich an mir ein Beispiel.«

»Ein leuchtenderes Vorbild könnte meine bescheidene Wenigkeit kaum wählen«, lautete Parkers höfliche Antwort. Er näherte sich langsam dem kritischen Punkt der Fahrt und holte bereits ein seltsames Geschoß aus einer seiner vielen Westentaschen. Es war noch etwas kleiner als ein Wachtelei und bestand aus einer dünnen Plastikhaut, die ein fest eingesetztes Glas umschloß. In diesem Miniaturbehälter befand sich eine wasserklare Flüssigkeit, die nur darauf wartete, eine heftige Verbindung mit der Luft einzugehen.

Josuah Parker kurbelte das Wagenfenster hinunter und machte sich bereit. Er hatte sich die Lage der bewußten Fensterhöhle genau gemerkt und handelte blitzschnell, als er die richtige Schußposition erreichte.

Bevor sich auf der Gegenseite etwas tun konnte, hielt der Butler sein Katapult bereits in Händen und schickte das Miniaturei hinauf in den Lagerschuppen.

Man hörte das feine Klirren, als der Glasbehälter in der perforierten Plastikhülle zersprang.

*

Parker hatte nur ausgekuppelt.

Der erste Gang war eingelegt, der Motor lief. Der Butler hörte von oben her ein gequältes Husten, dann das Knirschen von Schritten. Er sah jetzt erneut durch sein Spezialgerät nach oben und entdeckte für wenige Augenblicke die Umrisse einer Gestalt, die sich gegen einen weißen Nebel abhob, der sich in der Fensterhöhle zeigte.

Parker hörte hinter sich ein leichtes Schnaufen, ein sicheres Zeichen dafür, daß Lady Agatha Anstalten machte, den Wagen zu verlassen.

Die ältere Dame wollte wieder mal bedenkenlos zum Gegenangriff übergehen, doch Parker kam dem zuvor. Blitzschnell betätigte er die Zentralverriegelung. Dann ließ er die Kupplung kommen und sorgte dafür, daß das hochbeinige Monstrum einen wilden Satz nach vorn tat.

Myladys Schnaufen ging in ersticktes Ächzen über, als sie vom Andruck in die Rückpolster gedrückt wurde. Parker gab noch zusätzlich Gas und brachte seinen Wagen erst mal aus der Gefahrenzone. Er rechnete mit der Verschlagenheit des Bienenmörders. Seiner Schätzung nach verfügte diese Person sicher noch über eine Trumpfkarte, die er nicht ausspielen durfte.

»Was ... was soll... denn ... das?« Agatha Simpson hatte sich hochgestemmt und giftete.

»Mylady werden sicher ebenfalls die zweite Person entdeckt haben«, schwindelte Parker postwendend.

»Zweite Person?« Sie hatte natürlich überhaupt nichts gesehen.

»Eine zweite Person, die für Rückendeckung sorgte, Mylady«, gab Parker höflich zurück.

»Ich habe sie sogar sehr deutlich gesehen, Mister Parker.« Letzte Sicherheit hörte man aus ihrer Stimme. »Und wie reagiere ich jetzt?«

»Der erste Täter wird mit einiger Sicherheit auf der Kaistraße erscheinen, Mylady, falls er nicht einen Hinterausgang benutzt.«

»Den ich sofort zu sehen wünsche«, ordnete sie an.

»Umgehend, Mylady«, entgegnete der Butler, der nichts anderes plante.

*

»Da ist er!«

Lady Agatha war wie elektrisiert und beugte sich vor. Sie deutete auf eine Gestalt, die in gebeugter Haltung über eine schmale, gepflasterte Fahrbahn lief und dabei überraschenderweise seltsame Verrenkungen machte.

Das Licht auf dieser Straße lieferten allein die Wagenscheinwerfer. Parker blendete auf und schnitt die Gestalt noch deutlicher aus der Dunkelheit. Diese Gestalt warf sich gerade zu Boden und wälzte sich wie im Krampf.

»Was soll denn das?« wunderte sich die ältere Dame.

»Meiner bescheidenen Ansicht nach dürfte der Mann von Insekten geplagt werden«, deutete Parker den Vorgang.

»Mörderbienen, Mister Parker?«

»Davon sollte man sicherheitshalber ausgehen, Mylady«, gab Parker zurück. »Es könnte sich selbstverständlich auch um eine raffinierte Täuschung handeln.«

Der Butler langte bereits nach dem kleinen Feuerlöscher, der an der Wand des Nebensitzes angebracht war. Er fuhr dicht an die Person heran, die sich nach wie vor auf dem Boden wälzte, riß den Sicherungsstift aus dem Schaumlöscher und richtete die Spritzdüse auf den Mann, der knapp neben dem hochbeinigen Monstrum lag.

Dann hörte Parker auch schon das giftige Summen der Bienen, die von der Annahme ausgingen, sich mit einem neuen Opfer befassen zu dürfen. Parker betätigte den kleinen Pistolengriff des Feuerlöschers und wehrte die angreifenden Mörderbienen ab. Seiner Ansicht nach konnte es sich hier nur um die lebensgefährlichen Insekten handeln.

Er schoß sie im wahrsten Sinn des Wortes mit dem Schaum ab, nahm den Mörderbienen die Sicht, verklebte ihre Facettenaugen und machte es ihnen unmöglich, ihren Flugapparat zu betätigen. Nach wenigen Sekunden hatte der Butler für klare Verhältnisse gesorgt.

Die Person auf dem Pflaster sah aus wie ein Riesenkokon.

Parker hatte die Gestalt ebenfalls in Löschschaum gehüllt, um die attackierenden Bienen zu neutralisieren. Er stieg vorsichtig aus und näherte sich dem Mann.

Er war kaum zu erkennen. Parker beugte sich nieder und wischte den Schaum vom Gesicht des Bienenopfers. Der Butler erkannte im Widerschein der eingeschalteten Autoscheinwerfer, daß es den Mann böse erwischt hatte.

Das Gesicht war geschwollen, der Atem ging flach und schnell. Durch den Löschschaum krabbelten inzwischen einige Bienen hervor und wagten sich auf Parkers Handschuhe. Der Butler schleuderte die Insekten in den weißen Schaum zurück und richtete den Mann vorsichtig auf.

»Wer hat Ihnen das angetan?« fragte er eindringlich. »Wer wollte Sie umbringen?«

»Der Imker«, sagte der Mann mit schwacher Stimme.

»Und wer ist das?«

»Weiß ich nicht«, lautete die Antwort. »Hören Sie, ich ... ich … verbrenne!«

»Ihnen wird umgehend geholfen werden«, beruhigte Parker den Mann. »Wo trafen Sie sich mit ihm?«

»Bei Larry... bei Larry Alston«, lautete die bereits sehr leise Antwort. »Ich ... verbrenne!«

Parker verzichtete auf weitere Fragen, richtete sich auf und schnippste eine weitere Biene von seiner rechten Hand, die sich einen Weg in seinen Mantelärmel bahnen wollte. Dabei nahm er den Kopf etwas zur Seite, um nach weiteren Bienen Ausschau zu halten.

Diese Bewegung bewahrte ihn vor nachhaltigem Schaden.

Dicht an seinem Kopf vorüber pfiff ein Geschoß, das klatschend vor den Ziegeln einer Mauer landete. Gleichzeitig war ein scharrendes Geräusch zu vernehmen. Parker wandte sich um und entdeckte am Heck des Wagens einen kleinen Bienenkorb, der offensichtlich aus Stroh bestand. Dieser Behälter war aufgebrochen.

Weitere Mörderbienen machten sich auf den Weg, ihre giftgefüllten Stacheln zu benutzen.

*

»Ganz schön hartnäckig, dieser Imker«, sagte Mike Rander beeindruckt. »Jetzt kennen wir also seinen Spitznamen, Parker.«

»Konnte der Mann gerettet werden, Mylady?« erkundigte sich Kathy Porter. Das Quartett befand sich in der großen Wohnhalle des altehrwürdigen Hauses der Agatha Simpson in Shepherd’s Market. Mylady stärkte ihren Kreislauf, während Kathy und Mike Sherry tranken.

»Man schaffte den Bedauernswerten zur nächsten Polizeistation«, beantwortete Parker Kathy Porters Frage. »Von dort aus erfolgte dann eine Art Rettungsaktion. Das Opfer liegt zur Zeit auf der Intensivstation eines Hospitals.«

»Das Opfer wollte immerhin auf mich schießen«, erinnerte die ältere Dame nachdrücklich. »Ich werde das weder vergeben noch vergessen, Kindchen, ich bin erfreulicherweise nachtragend.«

»Ist dieser Bursche einer Panne zum Opfer gefallen?« fragte der Anwalt.

»Eine Frage, Sir, die nur schwer zu entscheiden ist«, gab der Butler zurück. »Man sollte sie, mit Ihrer gütigen Erlaubnis, hintanstellen. Darf man hingegen darauf verweisen, daß dieses Opfer einen Namen nannte.«

»Larry Alston, nicht wahr?« warf Kathy Porter ein.

»Mister Larry Alston, in der Tat«, entgegnete der Butler und nickte andeutungsweise. »Man wird sich mit dieser Person unbedingt befassen müssen.«

»Es handelt sich natürlich um diesen Imker«, wußte die Detektivin wieder mal mit letzter Sicherheit. »Damit dürfte der Fall bereits gelöst sein, meine Lieben.«

»Es geht in der Tat nur noch darum, den sogenannten Imker zu identifizieren und zu stellen«, meinte Parker höflich. »Mylady und meine Wenigkeit suchten nach diesem Zwischenfall natürlich noch das Hausboot auf, das sich als leer erwies. Die Eigner leben laut Aussage naher Anwohner schon seit gut zwei Wochen bei Verwandten in Surrey.«

»Auch dieser Spur werden Sie natürlich nachgehen, Parker, wie?« tippte der Anwalt an.

»In der Tat, Sir«, versicherte Parker. »Möglicherweise können die Bewohner des Hausbootes weitere Hinweise auf den Imker geben. Der Täter müßte logischerweise diese Leute irgendwie kennen, sonst hätte er ihre Adresse wohl kaum nennen können.«

»Es entwickelt sich alles so, wie ich es mir vorgestellt habe«, freute sich die ältere Dame sichtlich und erhob sich. »Ich werde jetzt noch etwas über den Fall nachdenken.«

»Sie sollten sich Ruhe gönnen«, meinte der Anwalt und tat besorgt.

»Eine Lady Simpson braucht keine Ruhepause«, entgegnete sie prompt. »Das Privatleben findet vorerst nicht statt.«

Sie nickte hoheitsvoll den Anwesenden zu und schritt dann zur Treppe. Agatha Simpson glaubte fest an das, was sie gerade gesagt hatte.

»Cradling hat auf der ganzen Linie erreicht, was er wollte«, stellte Kathy Porter fest, nachdem die Hausherrin im Obergeschoß verschwunden war. »Dieser Imker konzentriert sich voll und ganz auf Mylady und Sie, Mister Parker.«

»Und er wird seine Anstrengungen noch mal verstärken«, vermutete Mike Rander. »Er hat eindeutig ein paar Mitarbeiter, oder?«

»Dies ergab der Zwischenfall bei den West India Docks, Sir«, pflichtete der Butler ihm bei. »Und dies dürfte den sogenannten Imker anfällig machen.«

»Man kann’s nur hoffen«, entgegnete Mike Rander. »Der Knabe wird langsam unangenehm.«

»Er wird sich auch mit Ihnen, Mike, und mit mir befassen«, warnte Kathy Porter.

»Mit absoluter Sicherheit«, bestätigte der Butler. »Dieser Mann braucht ein gewisses Erfolgserlebnis, wie meine Wenigkeit es ausdrücken möchte.«

»Wann wird Ihr Chemiker liefern?« erkundigte sich Rander. »Gegen einen wirkungsvollen Abwehrspray hätte ich überhaupt nichts einzuwenden, Parker.«

»Darf man Miß Porter und Ihnen, Sir, inzwischen mit einigen Schaumlöschern aushelfen?« bot Parker an. »Während der Rückfahrt von den Docks kaufte Mylady en gros ein.«

»Sie kaufte ein?« staunte der Anwalt spöttisch.

»Mylady scheute keine Ausgabe, Sir«, versicherte der Butler. »Mylady war von der Abwehrwirkung des Löschschaums ungemein beeindruckt.«

»Wir werden ein paar von diesen Dingern mitnehmen«, erklärte Mike Rander. »Sicher ist sicher! Ich habe keine Lust, von diesem Imker bedient zu werden.«

*

»Ich muß mich doch sehr wundern«, entrüstete sich die ältere Dame am anderen Morgen, als sie am Frühstückstisch Platz nahm. »Kein Überfall, Mister Parker.«

»Der sogenannte Imker geht inzwischen sicher davon aus, daß Myladys Haus selbst für Bienen tödlich werden könnte.«

»Er hätte wenigstens einen Versuch unternehmen können«, tadelte sie grollend. »Oder sollte dieses Subjekt untergetaucht sein, Mister Parker?«

»Damit dürfte kaum zu rechnen sein, Mylady«, entgegnete der Butler. »Abgesehen von Mylady dürfte der Täter sich seiner Überlegenheit voll bewußt sein. Er wird seine Möglichkeiten nutzen und weitere Erpressungen ausführen.«

»Aber nicht mehr lange«, erklärte sie und musterte das Angebot auf dem Frühstückstisch. »Überlegen Sie bereits, was ich nach dem kleinen Imbiß unternehmen werde.«

»Mister Charles Darwill rief an, Mylady. Er kann mit einem Spray dienen, der vor den Mörderbienen schützen wird.«

»Ich werde mich auch weiterhin an meine Fliegenklatsche halten«, gab sie zurück. »Weshalb sehe ich übrigens keine Rostbratwürstchen und die Nierenpastete?«

»Meine Wenigkeit dachte an Myladys strenge Diät.«

»Unsinn, Mister Parker! Nehmen Sie nicht immer alles so wörtlich«, grollte sie. »Soll ich denn endgültig vom Fleisch fallen? Wollen Sie mich etwa umbringen?«

»Ein Gedanke, Mylady, den man nur als schrecklich bezeichnen kann. Mylady werden sofort bedient werden.«

»Nein, nein, ich kann verzichten«, behauptete sie und setzte eine gekonnte Leidens- und Duldermiene auf. »Ich werde dafür etwas mehr Lachs und Rührei mit Schinken nehmen.«

Parker hatte seiner Herrin gerade starken Kaffee eingegossen, als das Telefon klingelte. Gemessen schritt Parker an den Nebenapparat im Salon und meldete sich.

»Hier McWarden«, sagte der Chief-Superintendent am Ende der Strippe. »Wir haben inzwischen die Identität des Mannes herausgefunden, den es draußen bei den Docks erwischt hat, Mister Parker. Es handelt sich um einen Ken Simpless. Der Mann ist bereits einige Male wegen Körperverletzung und Erpressung bestraft worden und saß etliche Jahre im Zuchthaus. Ein gefährlicher Bursche also, der eine Art Einzelgänger ist, hin und wieder aber gegen Bargeld zu mieten ist.«

»Demnach, Sir, dürfte auch sein Umfeld bekannt sein«, vermutete der Butler.

»Simpless wohnt in Stepney und hilft seiner Schwester. Sie hat dort einen kleinen Fischladen.«

»Könnte man die genaue Adresse erfahren, Sir?«

Der Chief-Superintendent ließ sich nicht lange bitten und nannte sie umgehend.

»Wird Mister Simpless mit dem Leben davonkommen, Sir?« erkundigte sich der Butler anschließend.

»Mehr als fraglich, Mister Parker«, beantwortete McWarden die Frage. »Die Ärzte sind überrascht, wie aggressiv dieses Bienengift ist. Inzwischen haben unsere Ermittlungen ergeben, daß wir es mit einem Täter zu tun haben, der sich schlicht und einfach Imker nennt, Mister Parker.«

»Ein Pseudonym, Sir, das durchaus zu den betreffenden Insekten paßt«, erklärte der Butler, ohne auf diesen Punkt näher einzugehen oder gar anzudeuten, von dieser Bezeichnung bereits gehört zu haben.

»Mehr war bisher von unseren V-Leuten nicht zu erfahren«, redete der Chief-Superintendent weiter. »Wie gesagt, die nackte Todesangst geht um. Mit Bienen weiß man nichts anzufangen. Am Rand gefragt, Mister Parker, sind Mylady und Sie weitergekommen?«

»Mylady befindet sich noch im Stadium der allgemeinen Ermittlungen«, lautete die Antwort des Butlers. »Mylady geht mit äußerster Behutsamkeit vor.«

»Dazu möchte ich auch eindringlich raten«, warnte McWarden. »Ich bin nicht versessen darauf, Mylady und Sie im Hospital besuchen zu müssen. Draußen bei den Docks haben Sie verdammt großes Glück gehabt.«

Josuah Parker wechselte noch ein paar Sätze mit dem Chief-Superintendenten, um dann aufzulegen. Er informierte anschließend seine Herrin über den Inhalt des Gespräches und versorgte sie erneut mit Kaffee. Sie hatte die Vorlegeplatten inzwischen nachdrücklich geplündert und machte einen äußerst zufriedenen und unternehmungslustigen Eindruck.

»Bin ich zu einem Entschluß gekommen, Mister Parker?« wollte sie wissen, als sie aufstand. »Es dürfte ja wohl klar sein, daß ich diesem Imker keine Minute Ruhe gönne.«

»Mylady denken sicher an eine Fahrt nach Stepney«, schlug der Butler vor.

»Was soll ich in Stepney?« fragte sie erstaunt.

»Dort betreibt die Schwester des Mister Simpless einen Fischereiladen«, erinnerte der Butler diskret. »Es könnte sehr wohl sein, daß sie einiges über ihren Bruder mitzuteilen hat.«

»Vergeuden wir also keine Zeit«, sagte die Detektivin. »Ich komme diesem Imker schließlich immer näher. Der Lümmel müßte eigentlich schon meinen Atem im Nacken fühlen.«

*

Der Fischladen befand sich im Souterrain eines Wohnblocks und war nur über eine Treppe zu erreichen. Parker hatte sein hochbeiniges Monstrum in der Nähe des Geschäftes abgestellt und kurz die Umgebung gemustert.

Sie zeichnete sich nicht gerade durch Eleganz oder Solidität aus. Die Wohnblocks machten im Gegenteil einen leicht heruntergewirtschafteten Eindruck.

Als Mylady und Parker das Fischgeschäft ansteuerten, lösten sich drei junge Jeansträger von einer Hauswand. Sie hatten hier Bier aus Dosen getrunken, rauchten und machten einen aggressiven Eindruck. Sie zeigten bonbonbunte Punkerfrisuren und hatten sich mit einer Vielzahl von Ketten und Anhängern geschmückt. Es war eindeutig, daß sie in dem sehr konservativ wirkenden Duo das Ziel einer kleinen Aktion sahen.

Am Eisengeländer links von der Treppe hatte die Betreiberin des Fischgeschäftes einige Wannen aufgebaut, in denen Fische aller Art lagen und auf Käufer warteten. Eine etwas dick wirkende Frau, schätzungsweise fünfundvierzig Jahre alt, war damit beschäftigt, Dorsche und Schollen zu sortieren. Sie blickte kurz hoch, als das Duo von den drei jungen Männern aufgehalten wurde.

»Toller Zufall«, sagte einer der Jünglinge forsch und mit unangenehm weicher Stimme. »Sie sehen haargenau so aus, als könnten Sie uns mal kurz aushelfen.«

»Darf man höflich nach Ihrem Begehren fragen?« erkundigte sich der Butler und lüftete die schwarze Melone.

»Wir brauchen genau drei Pfund«, redete der junge Mann weiter. Er mochte gerade zwanzig sein.

»Sechs«, steigerte der zweite, kaum ältere Begleiter.

»Zwölf«, verlangte der dritte junge Mann.

»Sie bekommen den Zaster bestimmt wieder«, erklärte der erste Kreditsuchende und verzog das Gesicht zu einer spöttischen Grimasse. Butler Parker kannte diese Art nur zu gut. Es gab immer wieder junge Leute, die nichts anderes waren als moderne Wegelagerer und Erpresser.

Sie drohten mit nackter Gewalt, falls man auf ihre Forderungen nicht einging. Und sie waren brutal, wenn man sich wehrte. Sie schlugen und traten dann gnadenlos zu.

»Wenden Sie sich gefälligst an eine Bank, junger Mann«, lautete Myladys grollende Antwort.

»Sie wollen uns wirklich nicht den kleinen Gefallen tun?« fragte der zweite Kreditsuchende.

»Ja, müssen wir denn erst überdeutlich werden?« erkundigte sich der dritte Jungmann und hielt plötzlich in der linken Hand ein Messer.

»Besteht Ihrerseits vielleicht die Absicht, dieses Messer zu benützen?« wollte Josuah Parker wissen.

»Nur, um ein paar Streifen aus euren Brocken zu schneiden«, beruhigte ihn der junge Mann. »Zwölf Pfund, Leute, aber ganz schnell.«

»Nun denn«, sagte die ältere Dame und langte unter ihre Kostümjacke. Sie zog die rechte Hand wieder hervor und hielt plötzlich ihre Fliegenklatsche in der Hand. Agatha Simpson holte blitzschnell aus und klatschte das spatenförmig geschnittene Kunststoffgitter auf die linke Backe des völlig Verdutzten.

Wie bekannt, verfügte die ältere Dame über eine kräftig entwickelte Armmuskulatur. Die Lady spielte schließlich ohne Erfolg Golf und schoß mit dem Sportbogen. Der Schlag mit dieser großen Fliegenklatsche reichte völlig aus, um den jungen Mann von den Beinen zu bringen. Er verlor umgehend das Gleichgewicht und kippte seitlich in eine der Fischwannen. Er entschied sich für den Dorsch und blieb auf dieser Fischsorte benommen liegen.

Die beiden anderen Angreifer hatten mit solch einer Reaktion nicht gerechnet, Sie starrten auf ihren Begleiter, der angestrengt versuchte, sich von dem Dorsch zu erheben. Und dann starrten sie auf die ältere Dame, die bereits erneut ausgeholt hatte.

Ihre Fliegenklatsche trat in Aktion und erwischte die vorschnellende Hand des nächsten Kreditsuchers, der daraufhin eine Stahlrute verlor, die bereits bösartig in seiner Hand wippte. Er brüllte, hielt sich die mit Sicherheit verstauchte Hand und war fassungslos, als Mylady ihm herzhaft eine Scholle aufs Gesicht legte. Da die ältere Dame dies mit viel Nachdruck besorgt hatte, kippte der so Behandelte auf seinen Begleiter, der sich gerade vom Fisch erheben wollte. Beide flogen zurück auf den Dorsch und ließen eine salzige Lake hochspritzen.

»Und nun zu Ihnen, junger Mann«, sagte Lady Agatha gefährlich freundlich und wandte sich an den letzten der Wegelagerer. »Haben Sie besondere Wünsche?«

Er schluckte, wich zurück, streckte abwehrend die Hände von sich und schüttelte den Kopf. Dann wandte er sich schnell um und rannte davon. Er entwickelte dabei ungemein großes Glück.

Agatha Simpson warf ihm einen etwas kleiner geratenen Dorsch nach, der zwar dicht am Nacken des Flüchtenden vorbeizischte, dafür aber einen Passanten traf. Der Fisch landete auf der Brust des Mannes, der ihn sehr geschickt auffing, grinste und dann schleunigst das Weite suchte. Er hatte wohl das Gefühl, daß er vorerst nicht mehr derart billig an Fisch geriet.

*

»Sie sind das gewesen?« Die dicke Fischhändlerin, die Rose Simpless hieß, blickte Mylady und Parker erstaunt-nachdenklich an. »Ich habe von der Polizei gehört, daß Ken ohne fremde Hilfe mit Sicherheit bereits tot wäre.«

»Mylady übte Menschen- und Christenpflicht«, antwortete Josuah Parker gemessen.

»Sie wissen, Ken ist mein jüngerer Bruder«, erwiderte Rose Simpless und trocknete sich ihre aufgesprungenen Hände an einer Schürze ab. »Wie er in diese Sache reingeraten ist, weiß ich nicht. Das hab’ ich auch schon der Polizei gesagt.«

»Ihr Bruder, Miß Simpless, dürfte sich sehr wissentlich mit einer Person zusammengetan haben, die man inzwischen den Imker nennt«, schaltete Josuah Parker sich ein. »Es steht zu befürchten, daß dieser Imker alles daransetzen wird, Ihren Bruder vollends umzubringen,«

»Wer soll das sein, dieser Imker?« Rose Simpless war eine schlaue Frau. Sie blieb vorerst bei ihrer Ahnungslosigkeit.

»Bei dieser Person handelt es sich um einen Mörder, Miß Simpless«, beantwortete der Butler die Frage. »Er hat bereits einige Menschenleben auf dem Gewissen und benutzt sogenannte Mörderbienen, um sich Vorteile zu verschaffen, die keineswegs gesetzlich sind.«

»Mein Bruder hat noch nie was mit Bienen zu tun gehabt.« Sie schüttelte den Kopf.

»In der vergangenen Nacht änderte sich dies allerdings schlagartig«, meinte der Butler. »Ihr Bruder muß den Imker kennen, wie anzunehmen ist. Und der erwähnte Imker wird unterstellen, daß Ihr Bruder früher oder später reden wird.«

»Ken geht es sehr schlecht«, antwortete sie.

»Weil der Imker ihm die Mörderbienen quasi an den Kopf geworfen hat, meine Beste«, warf Lady Agatha ein. »Ich ließe mir so etwas nicht gefallen, wenn ich an Ihrer Stelle wäre.«

»Ich kenn’ die Leute nicht, mit denen Ken zu tun hat. Ich kümmere mich nie um seine Angelegenheiten.«

»Hoffentlich weiß dies auch der bereits erwähnte Imker«, schaltete Butler Parker sich wieder ein. »Der Mörder muß aus Gründen der Sicherheit davon ausgehen, daß Ihr Bruder Sie ins Bild gesetzt hat, Miß Simpless.«

»Er wird also auch Ihnen einen Schwarm seiner Mörderbienen ins Haus schicken«, warnte die ältere Dame, die sich durchaus auf Parkers Argumentation einzustellen vermochte, wenn sie wollte.

»Ich weiß nichts, rein gar nichts«, lautete Rose Simpless’ Antwort. »Aber ich danke Ihnen, daß Sie sich um meinen Bruder gekümmert haben.«

»Unter Lebensgefahr«, erinnerte die Detektivin.

»Sind die Bienen wirklich so gefährlich?« fragte die Fischhändlerin.

»Einige Stiche dürften bereits zum Tod führen, Miß Simpless«, versicherte Parker ihr. »Sagt Ihnen der Name eines gewissen Larry Alston etwas?«

Er beobachtete sie sehr genau, und Parker stellte eindeutig eine Reaktion fest. Ihre Augen wurden für einen Moment kleiner. Unmittelbar danach kam eine gewisse Starre in ihren Blick.

»Nein, nein, ich kenne ihn nicht«, log sie dann. »Glauben Sie mir doch endlich! Ich weiß wirklich nichts. Ken spricht nicht mit mir über seine Geschäfte.«

»Man kann im Interesse Ihres Bruders nur hoffen, daß auch der Imker davon ausgeht«, sagte Josuah Parker. »Sie sollten übrigens Ihr Fischgeschäft schließen und sich unter Myladys Schutz stellen.«

»Wozu denn das?« staunte sie.

»Falls der mehrfach erwähnte Imker Mylady und meine Wenigkeit verfolgt haben sollte, wird er jetzt wissen, daß man Sie um Auskünfte gebeten hat, Miß Simpless.«

»Nein, nein, ich komme schon zurecht«, erwiderte sie ungeduldig. »Gehen Sie endlich, und noch mal vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich weiß, was Sie für meinen Bruder getan haben.«

»Kann man davon ausgehen, daß es einen Hintereingang gibt?« erkundigte sich der Butler.

»Natürlich«, lautete ihre Antwort.

»Wegen der jungen Männer«, erklärte Parker. »Es steht zu erwarten, daß sie versuchen werden, Mylady ein wenig aus der Fassung zu bringen.«

*

Und ob sie warteten!

Sie hatten sich in der Nähe des hochbeinigen Monstrums aufgebaut und standen in einem schmalen Torweg, durch den man einen Hinterhof auf der gegenüberliegenden Straßenseite erreichen konnte. Sie hatten sich mit Fahrradketten ausgerüstet und waren ihrer Sache völlig sicher. Sie waren vorgewarnt worden und wollten sich nicht noch mal überrumpeln lassen.

Parker und Lady Agatha standen in einem Hausflur und konnten die drei jungen Männer gut beobachten. Rose Simpless hatte sie hierhergeführt und sich noch mal nachdrücklich für die Hilfe bedankt.

Parker war an einer spektakulären Auseinandersetzung überhaupt nicht interessiert. Er entschied sich für diplomatisches Vorgehen, um gar nicht erst Aggressivität aufkommen zu lassen.

Er holte seine Gabelschleuder aus der Innentasche seines Covercoats und »lud« die Lederschlaufe mit einer Tonerbse, die ziemlich hart gebrannt war. Er strammte die beiden Gummistränge, visierte kurz den Torweg an und entließ das erste Geschoß.

Es traf mit traumwandlerischer Sicherheit. Die Tonerbse platzte über der Nasenwurzel des ersten Ziels auseinander und sorgte für eine völlige Desorientierung des jungen Mannes. Er warf seine Fahrradkette weg und nahm auf dem Pflaster des Torwegs Platz.

Der zweite junge Mann war überrascht zusammengefahren und bückte sich zu seinem Freund hinunter. Er hatte nichts gehört, er sah nur, daß sein Begleiter auf dem Pflaster lag, was er sich nicht zu erklären vermochte.

Parker hatte bereits die zweite Tonerbse auf die Luftreise geschickt und traf selbstverständlich. Der Mann, weiter hinten im Torweg, wollte nach seiner Stirn greifen, doch er schaffte es nicht mehr. Er sackte zusammen und schrammte an der Wand des Torwegs zu Boden.

Der dritte Wegelagerer, der sich gebeugt hatte, richtete sich blitzschnell auf und verlor die Nerven. Er hatte wieder mal nichts gehört, sah dafür aber erneut ein Ergebnis, das ihn verunsicherte.

Er wollte sich absetzen, drehte sich auf dem Absatz um und machte deutlich, daß er den Hinterhof aufzusuchen gedachte. Er schaffte gerade etwa anderthalb Meter, da riß es ihn von den Beinen. Er absolvierte eine mißglückte Bodenrolle Und blieb dann bewegungslos liegen.

»Nun ja«, meinte die ältere Dame, die alles genau beobachtet hatte. »Es war nicht besonders schlecht, Mister Parker.«

»Planen Mylady, einen der drei jungen Männer zu kurzer Mitfahrt einzuladen?« fragte der Butler.

»Wozu sollte ich denn?« grollte sie.

»Man könnte sich bei ihm nach Mister Larry Alston erkundigen.«

»So etwas schwebte mir tatsächlich vor«, schwindelte sie umgehend und nickte wohlwollend. »Manchmal erraten Sie durchaus meine Gedanken, Mister Parker.«

Der Butler geleitete Agatha Simpson zum nahen Wagen, öffnete die Tür und half ihr beim Einsteigen. Dann setzte er sich ans Steuer und querte die Fahrbahn. Er brachte seinen Wagen dicht an den Torweg heran, stieß zurück, stieg aus und öffnete den Kofferraum.

Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis Parker den Fahrgast in einem Zwischenfach des Kofferraumes verstaut hatte. Und erneut zeigte sich, wie durchtrainiert der alterslose Butler war. Er handhabte den nicht gerade körperlich unterentwickelten jungen Mann mit spielerischer Leichtigkeit.

Rose Simpless stand oben bei den Fischwannen und beobachtete die Szene. Parker lüftete höflich die schwarze Melone, als er die Frau mit dem hochbeinigen Monstrum passierte. Lady Agatha nickte hoheitsvoll.

»Ich habe einen Fehler gemacht«, sagte sie nachdenklich, korrigierte sich dann aber umgehend und gab Parker die Schuld. »Sie haben mich abgelenkt, Mister Parker.«

»Mylady pflegen niemals Fehler zu machen«, beruhigte der Butler seine Herrin.

»Ich hätte Fisch mitnehmen sollen«, redete sie weiter. »Der Dorsch sah recht gut aus. Ich hätte bestimmt einen Sonderpreis bekommen, Mister Parker.«

*

Er stieg benommen aus dem Kofferraum des Wagens und blickte Mylady und Parker nervös und ängstlich an. Dann schaute er über Parkers Schulter hinweg auf die nähere Umgebung. Er sah abbruchreife Lagerschuppen, Reste von Werftanlagen und weiter hinter einen kleinen Hügel aus abgewrackten Autos.

»Was soll das?« fragte er dann und bemühte sich um eine gewisse Ruppigkeit.

»Mylady hat angehalten«, schickte Parker voraus. »Sie hatten immerhin die feste Absicht, Mylady mit einer Fahrradkette zu belästigen.«

»Quatsch, ich hab’...«

Er redete nicht weiter. Agatha Simpson hatte ihm eine ihrer gefürchteten Ohrfeigen verabreicht. Er fiel gegen das hochbeinige Monstrum und schielte die ältere Dame ungläubig an.

»Ich bitte mir einen respektvollen Ton aus, junger Mann«, herrschte sie ihn an. »Wer ist dieses Subjekt, nach dem Mister Parker Sie jetzt fragen wird?«

»Mylady wünscht Auskunft über einen gewissen Larry Alston«, sagte der Butler, »Larry Alston?« Der junge Mann rieb sich die brennend heiße Backe und schnappte nach Luft.

»Ich frage stets nur einmal«, warnte Lady Agatha ihn.

»Ja doch, Lady«, reagierte der Geohrfeigte hastig. »Ich kenn’ Alston. Der läßt ein paar Putzkolonnen für sich laufen.,«

»Und was darf Mylady sich darunter vorstellen?«

»Putzkolonnen ... Raumpflegerinnen ...« Der junge Mann zuckte die Achseln. »Der läßt Läden und Büros putzen und so ...«

»Mylady geht davon aus, daß Mister Alston darüber hinaus noch über zusätzliche Einnahmequellen verfügt.«

»Weiß ich nicht, fragen Sie ihn doch sei.,. Stopp, Lady, ich red’ ja schon.« Er zog hastig den Kopf ein, als er sah, daß die ältere Dame zu einer weiteren Ohrfeige ausholte.

»Sie sollten möglichst schnell antworten«, empfahl Parker in seiner höflichen Art.

»Alston macht auf Schutzgebühr und so«, lautete nun die Antwort. »Er sorgt dafür, daß seine Kunden nicht belästigt werden.«

»Eine erschöpfende Antwort«, meinte der Butler. »Sie und Ihre beiden Freunde arbeiten hin und wieder für Mister Alston?«

»Wenn mal zuviel zu tun is’ und so.« Der junge Mann grinste gegen seinen Willen.

»Würden Sie Mylady freundlicherweise das ›und so‹ erläutern?«

»Wenn mal Kunden abspringen wollen, machen wir denen klar, wie gut Alston für sie ist. Und ...«

»Und so, nicht wahr?« parodierte die älterer Dame ihn. »Sie helfen also mit Druck nach, Kunde zu bleiben?«

»Aber nur so, Lady, nur so. Ohne Druck.«

»Mister Simpless ist mit Mister Alston enger befreundet?«

»Der fährt manchmal mit uns die Kunden ab«, lautete die Aussage. »Wenn kassiert wird.«

»Wie ist das Verhältnis zwischen Mister Alston und seinen Freunden Cradling und Hagman?«

»Die sind doch einander spinnefeind«, kam überraschend die Antwort. Der junge Mann hegte gar nicht den Gedanken, wertvolle Informationen auszuplaudern. Er unterstellte, daß Parker und Mylady bereits hinreichend informiert waren.

»Seit wann kam es zu dieser Entfremdung?« stellte der Butler unbeirrt höflich die nächste Frage.

»Zu was kam was?« Der junge Mann hatte einige Schwierigkeiten, Parkers höfliche Umschreibungen zu interpretieren.

»Wann kam es zum Streit?« wiederholte der Butler seine Frage in anderer Form.

»Vor einigen Monaten«, lautete die flüssige Antwort. »Ich glaube, Cradling und Hagman wollten bei Alston einsteigen oder so, genau weiß ich das nicht, aber die gingen sich fast an die Kehlen. Hab’ ich selbst gesehen un’ auch gehört.«

»Und wie verhielt sich Mister Clay Balkins?« wollte der Butler wie beiläufig wissen.

»Der is’ gerissen und hält sich raus«, meinte der junge Mann fast verächtlich. »Der lauert doch nur darauf, Hagman aus dem Anzug zu stoßen.«

»Er möchte demnach also die Nachfolge Mister Hagmans antreten?«

»Ich glaub’ schon«, erwiderte der junge Mann. »Balkins ist ein raffinierter Hund.«

»Was man auch vom sogenannten Imker behauptet, nicht wahr?«

»Imker?« Der junge Mann blickte Parker lauernd an.

»Mylady unterstellt, daß Sie von diesem erwähnten Imker bereits hinreichend gehört haben.«

»Das schon, aber keiner weiß, wer das is’, ja?«

»Es gibt aber Gerüchte, wie man Mylady versicherte.«

»Sam Gilliam soll da Bescheid wissen«, hörten Parker und Mylady. »Aber ich glaube, daß das nur ein verrückter Spinner ist.«

*

Sam Gilliam war etwa sechzig Jahre alt, mittelgroß, hatte einen leichten Bauchansatz und trug einen weißen Laborkittel. Sein Gesicht erinnerte an einen appetitlichen Pfannkuchen. Er hatte große Kinderaugen, dieser Pfannkuchen, und die Stimme von Sam Gilliam klang weich und singend.

Er bewohnte eines der vielen Reihenhäuser in der Straße, hatte gerade die Tür geöffnet und blickte Mylady und Butler Parker fragend-freundlich an.

»Lady Simpson hat von Ihrem Vivarium gehört, Mister Gilliam«, schickte der Butler voraus. »Wenn es sich unter Umständen ermöglichen ließe, würden Mylady gern mal einen Blick in diese Einmaligkeit werfen.«

»Lady Simpson?« staunte Gilliam und riß die an sich bereits großen, dunklen Augen noch weiter auf. »Eine richtige Lady?«

»Und ein echter Butler«, meinte die ältere Dame und lächelte wohlwollend. Sie deutete auf Parker.

»Und ob Sie mein Vivarium besichtigen können!« Sam Gilliam öffnete weit die Tür und ließ seine Gäste eintreten. Es hat sich also herumgesprochen, daß ich eine erstklassige Sammlung beherberge?«

»Man nennt Sie sogar insgeheim den Imker«, tippte Parker wie beiläufig an.

Sam Gilliam nickte und lächelte zustimmend.

»Aber ich habe natürlich nicht nur Bienen anzubieten«, sagte er dann. »Sie müssen sich unbedingt meine Ameisen und Termitenvölker ansehen. Und dann die Warane und Krokodile.«

»Wie war das?« fragte die Detektivin. Ihre Stimme klang scharf.

»Warane und Krokodile, Mylady«, wiederholte Sam Gilliam. »Wenn ich mal vorausgehen darf, ja? Achtung, passen Sie auf die Boa in der Küche auf. Sie liegt manchmal mitten im Weg.«

Lady Agatha krauste die Stirn und bedachte den Butler mit eisigem Blick. Ihr war anzusehen, daß sie mit diesem Besuch überhaupt nicht einverstanden war.

Unmittelbar darauf sog sie scharf die Luft ein. Ein nicht gerade winziger Waran bewegte sich nach Reptilienart mit abgezirkelten, eckigen Bewegungen durch den schmalen Korridor und züngelte, um Witterung aufzunehmen.

»Ach, das ist James«, kommentierte Gilliam freundlich. »Er ist immer schrecklich neugierig.«

»Beißt dieses Ungeheuer?« erkundigte sich die ältere Dame und brachte ihren perlenbestickten Pompadour sicherheitshalber in erste energische Schwingung.

»Nein, nein, James ist völlig friedfertig«, behauptete Gilliam, obwohl der Waran sich für Myladys linke Wade zu interessieren schien.

»Hoffentlich weiß das kleine Ungeheuer das auch«, sagte die ältere Dame. Und als Gilliam sich abwandte und weiterging, trat sie sehr gezielt nach dem Reptil, das überrascht zusammenzuckte, dann fauchte und beleidigt davonwatschelte.

»Schrecklich«, meinte Agatha Simpson. »Wie kann man nur mit solchen Bestien unter einem Dach leben?«

»Die Boa, Mylady«, meldete Parker und deutete mit der Schirmspitze auf eine unterschenkeldicke Schlange, die es sich vor dem Elektroherd bequem gemacht hatte.

»Sie ist völlig harmlos«, beruhigte Gilliam die Besucherin erneut, »und sie ist ja so wunderbar anhänglich.«

»Sagen Sie ihr, daß sie mich nicht davon zu überzeugen braucht, junger Mann«, grollte Lady Agatha und schob sich vorsichtig an dem Reptil vorbei. Die Boa beobachtete die ältere Dame, schien dann aber instinktiv zu spüren, daß ihr von diesem Zweibeiner Gefahr drohte, züngelte und kroch danach erstaunlich schnell und geschmeidig unter den hochbeinigen Herd.

»Mein Vivarium«, meldete Gilliam inzwischen und blieb vor einer Tür stehen, deren Holzfüllung durch feinen Fliegendraht ersetzt worden war. Ein Schwall warmfeuchter Luft, die ein wenig stickig roch, drang Mylady und Parker entgegen.

»Ich habe die hintere Terrasse als Troparium und Vivarium ausgebaut«, verkündete Sam Gilliam stolz. »Temperatur und Feuchtigkeit werden elektronisch geregelt. Ich habe für optimale Verhältnisse gesorgt.«

»Man riecht es deutlich«, kommentierte Mylady diesen Hinweis und zog erneut die Nase kraus. »Wozu das alles, junger Mann?«

»Ich bin Filmamateur und stelle Tierfilme her«, sagte Sam Gilliam. »Die BBC hat bereits einige Filme von mir gesendet. Nicht viele, um ehrlich zu sein, doch immerhin.«

Er deutete auf ein Stativ, auf dem eine Schmalfilmkamera angebracht war. Auf weiteren Stativen waren Scheinwerfer befestigt. Die Optik der nicht gerade billigen Kamera war auf einen seitlich aufgeschnittenen Bienenkorb ausgerichtet. Die Schnittfläche hatte Gilliam mit einer Glasplatte versehen, damit er in den Stock hineinsehen konnte.

»Ich studiere das Brutpflegeverhalten der Bienen«, sagte Gilliam.

»Handelt es sich möglicherweise um Mörderbienen?« erkundigte sich der Butler. Ihm war die Größe der Bienen aufgefallen.

»Richtig«, bestätigte Gilliam ohne Argwohn. »Mörderbienen! Eine interessante Kreuzung, sehr aggressiv und lebensgefährlich.«

*

»Nun, Mister Parker, was halte ich von diesem Gillman?« wollte Mylady wissen. Sie saß im Fond des hochbeinigen Monstrums und machte einen leicht gereizten Eindruck.

»Mister Gilliam«, korrigierte Parker höflich.

»Wie auch immer. Klammern Sie sich nicht an Einzelheiten, Mister Parker. Dieser Amateurfilmer ist der Imker, das steht für mich fest. Sie haben ja gesehen, daß er Mörderbienen züchtet.«

»Was Mister Gilliam in der Tat ohne weiteres einräumte und bestätigte«, gab Josuah Parker zurück.

»Dieser Halunke spielt doch nur den harmlosen Insektenfreund«, mutmaßte die Detektivin. »Tatsächlich will er mit seinen Mörderbienen halb London ausrotten und mich ermorden.«

»Mister Gilliams Mörderbienen dürften dem Imker in der Tat als Vorbild gedient haben, Mylady.«

»Oder so«, erklärte sie sofort und paßte sich ihrem Butler an. »Aber dieses Subjekt kann eine Lady Simpson nicht täuschen.«

»Der eigentliche Imker dürfte, wie Mylady es bereits deutlich machten, hier in dieser engeren Region von Stepney und Whitechapel zu finden sein.«

»Das sage ich doch die ganze Zeit schon«, behauptete sie eindringlich. »Aber Sie sehen wieder mal den Wald vor lauter Bäumen nicht, Mister Parker.«

»Ein bedauerlicher Fehler, Mylady, den meine Wenigkeit sich auszumerzen bemüht.«

»Wie bin ich überhaupt an diesen seltsamen Mann geraten?« fragte sie.

»Der junge Fahrradkettenschwinger, Mylady, erwähnte seinen Namen«, erinnerte der Butler. »Mylady entließen ihn nach der intensiven Befragung im Hafen in die Freiheit.«

»Natürlich, Mister Parker.« Sie lächelte wissend. »Ich habe alle Details genau im Kopf. Und wen werde ich jetzt besuchen?«

»Einen Kleinunternehmer, der einige Reinemachekolonnen für sich arbeiten läßt: Mister Larry Alston, wohnhaft hier in Stepney.«

»Er wurde von diesem – wie heißt er noch – erwähnt?«

»Mister Simpless, der Bruder der Fischhändlerin, will über ihn in Kontakt mit dem Imker getreten sein, Mylady.«

»Was natürlich eine faustdicke Lüge ist, Mister Parker. Haben Sie daran schon mal gedacht?«

»Mister Simpless war von den Mörderbienen lebensgefährlich zerstochen worden, Mylady, er dürfte kaum in der inneren Verfassung gewesen sein, Mylady eine Lüge aufzutischen.«

»Lehren Sie mich die Menschen kennen, Mister Parker. Sie sind einfach zu vertrauensselig! Daran werden Sie noch hart arbeiten müssen.«

»Meine bescheidene Wenigkeit Wird sich strebend bemühen, Mylady.«

Josuah Parker ließ bereits seinen Wagen ausrollen und hielt vor einer ziemlich lädiert aussehenden Fabrikmauer. Das Holztor zum Grundstück war weit geöffnet. Ein Firmenschild trug den Namen des Larry Alston.

Parker fuhr wieder an und bog in den Hof der Reinigungsfirma ein. Er stellte sein hochbeiniges Monstrum vor eine niedrige Lagerhalle, an die sich rechtwinklig eine steinerne Bürobaracke anschloß. Als Parker ausstieg, warf er einen Blick in Richtung Tor. Dort stand ein kleiner Kastenlieferwagen der Marke Renault. Dieses Fahrzeug setzte sich wieder in Bewegung und verschwand aus Parkers Blickfeld. Hatte der Fahrer zufällig in Höhe des Tores gehalten? Oder war der so oft zitierte Imker wieder unterwegs, um seine mörderischen Insekten plazieren zu können?

Parker übernahm behutsam die Führung und geleitete seine Herrin zur Bürobaracke, deren Tür bereits geöffnet wurde. Ein überraschend gut gekleideter Mann von etwa vierzig Jahren erschien. Er zeigte ein breites, aufgesetztes Lächeln, was seinem Gesicht einen irgendwie verschlagenen Ausdruck verlieh.

»Alston mein Name«, grüßte er. »Sie wollen zu mir, die Herrschaften?«

Er zeigte einige Unsicherheit, als Agatha Simpson ihre Stielbrille aufklappte und den Reinigungsspezialisten ungeniert prüfend aus nächster Nähe betrachtete.

»Sie also sind das«, sagte sie dann nachdrücklich. »So also sehen Sie aus! Mister Parker, stellen Sie in meinem Namen die Fragen. Ich werde mich schon rechtzeitig einschalten und präzise werden.«

»Was soll denn das?« mokierte sich Alston und lächelte nicht mehr. Dadurch wirkte er noch verschlagener.

»Mylady hat die Absicht, sich mit Ihnen über eine Person zu unterhalten, die man gemeinhin den Imker zu nennen pflegt«, beantwortete der Butler die Frage.

»Hat sie also!« Alston grinste wie ein Schurke auf der Bühne. »Aber ich, Leute, hab’ nicht die Absicht, solche Fragen zu beantworten, ist das klar? Setzt euch zurück in eure müde Mühle und verschwindet, bevor ich euch polieren lasse.«

Er hätte es besser nicht gesagt!

*

Seine alarmierten Nervenbahnen meldeten einen stechenden Schmerz und teilten der Gehirnpartie mit, daß es sich bei der Schmerzquelle um den unteren Teil seines Schienbeins handelte.

Worauf Larry Alston stöhnte und das getretene Bein hob und anwinkelte. Er hüpfte auf der Stelle und verlor dabei die Orientierung. Er übersah allerdings auch, daß der perlenbestickte Pompadour der älteren Dame sich bereits in Schwingung befand.

Was dieser Handbeutel enthielt, spürte er Sekunden später, als der sogenannte Glücksbringer seine Hüfte traf. Larry Alston verwandelte sich umgehend in einen Kreisel, drehte sich um seine Längsachse und behinderte prompt zwei Männer, die hinter ihm in der Tür aufgetaucht waren.

»Wagen Sie es nicht noch mal, eine wehrlose Frau zu beleidigen«, grollte die Detektivin. »So etwas lasse ich mir nicht bieten, junger Mann.«

Die beiden Männer, die Larry Alston aufgefangen hatten, wirkten mehr als nur leicht irritiert, zumal Parker die schwarze Melone lüftete.

»Sie sollten Mister Alston eine kleine Pause der Erholung gönnen«, schlug er gemessen vor. »Er dürfte ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten sein.«

»Verdammt, was wird hier gespielt?« fauchte einer der Männer.

»Mister Alston wird sich zu dieser Frage vielleicht später äußern«, meinte Parker, »aber gehen Sie erst mal davon aus, daß es sich um ein bedauerliches Mißverständnis handelt.«

Die beiden Konsternierten schleppten Alston, der immer noch nach Luft rang, in die Bürobaracke und drückten ihn in einen Cocktailsessel.

»Ein Glas Wasser oder ein geistiges Getränk könnte von einigem Nutzen sein«, schlug Parker vor. Der junge Mann, der das Duo angefaucht hatte, drehte sich um und ging zu einem Wandschrank. Er hatte ihn noch nicht ganz erreicht, als er sich plötzlich blitzschnell umwandte und dabei eine Schußwaffe in der rechten Hand sichtbar werden ließ.

Parker jedoch war schneller.

Er hatte mit solch einer Überraschung gerechnet, seinen Universalregenschirm in die Waagerechte gebracht und verschoß einen seiner gefürchteten Blasrohrpfeile. Der hohle Schirmstock diente dabei als eine Art Blasrohr. Angetrieben wurde der kleine, bunt gefiederte Pfeil, der kaum größer war als eine Stricknadel, von komprimierter Kohlensäure, die aus einer entsprechenden Patrone im Schirmhals stammte.

Der Getroffene ließ prompt die Waffe fallen und blickte geschockt auf das mehr als seltsame Geschoß, das schräg in seinem Unterarm steckte.

»Sie werden verstehen, daß meine Wenigkeit noch nicht mal um Entschuldigung bittet«, ließ Josuah Parker sich vernehmen. »Sie haben diese Replik geradezu provoziert.«

»Das... das ist ja ein... Pfeil«, stöhnte der Mann.

»Dieser Feststellung sollte man nicht widersprechen«, meinte der Butler. »Hoffentlich verfügen Sie über angemessene Widerstandskraft.«

»Wie ... Wieso?« stotterte der Mann, während sein Partner sich vorbeugte, um den Pfeil im Unterarm seines Freundes besser in Augenschein nehmen zu können.

»Falls Sie sich unnötig bewegen, könnte das an sich nicht gerade lebensgefährliche Pfeilgift sich zu schnell in Ihrem Organismus ausbreiten«, warnte der Butler, um sich dann wieder Larry Alston zu widmen, der sich inzwischen einigermaßen erholt hatte. »Und nun zu Ihnen, Mister Alston. Mylady erwartet einige Hinweise auf den sogenannten Imker, wie Sie bereits wissen. Mylady verlangt eine umfassende Antwort.«

Larry Alston blickte entgeistert auf den zweiten Pfeil, der dicht neben ihm plötzlich in der Polsterung des Sitzes zu sehen war. Dann sprang der Mann ungemein elastisch hoch und hob abwehrend die Hände.

»Hören Sie auf«, schrie er. »Ich red’ ja schon!«

»Der zweite Pfeil muß sich aus Versehen gelöst haben«, meinte Josuah Parker.

*

»Verdammt, ich hab’ doch nichts anderes getan, als Simpless hierherzuholen«, sagte er, nachdem er sich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte. »Der Imker hat dafür immerhin fünfhundert Pfund gezahlt.«

»Mylady wünschen einen detailgenauen Bericht«, mahnte der Butler.

»Der hatte zuerst hier bei mir angerufen und sich als Imker vorgestellt. Aber das hab’ ich dem nicht abgenommen, ich meine dem, der da angerufen hat. Bis dann plötzlich ein Bienenschwarm über meinen Hund hergefallen ist. Haben Sie überhaupt ’ne Ahnung, wie der Hund danach ausgesehen hat?

Lady, der hat höchstens noch ein paar Minuten gelebt, bis er eingegangen ist. Und dann rief dieser verdammte Imker noch mal an und wollte Simpless sprechen. Was denken Sie, was ich da getan habe? Ich hab’ schleunigst dafür gesorgt, daß Simpless hier aufkreuzte. Und dann hat der mit dem Imker gesprochen. Das ist bereits meine ganze Geschichte, Lady, mehr hab’ ich nicht zu bieten.«

»Sie wissen natürlich, wer der Imker ist, junger Mann«, stellte die Detektivin grimmig fest.

»Ich weiß überhaupt nichts«, verteidigte sich Larry Alston umgehend. »Simpless hab’ ich nach diesem Gespräch nicht mehr gesehen.«

»Ihnen ist inzwischen bekannt, welches Schicksal ihn ereilte?« erkundigte sich der Butler.

»Er soll von den Mörderbienen angefallen worden sein, oder?«

»Und befindet sich zur Zeit auf der Intensivstation eines Hospitals«, sagte der Butler. »Er kämpfte mit seinem Leben wie ein gewisser Joel Hagman, der Ihnen ja auch nicht gerade unbekannt sein dürfte.«

»Wenn ich wüßte, wer der Imker ist, Mann, würde ich ihn, na, sagen wir, würde ich ihn aus dem Verkehr ziehen«, erklärte Larry Alston. »Sie haben ja keine Ahnung, was hier los ist. Man weiß ja nie, wann die verdammten Bienen auftauchen. Dafür weiß man aber, daß schon ein paar Stiche dicke reichen, den Löffel abzugeben.«

»Ihr Verhältnis zu den Herren Cradling und Hagman muß man nach Myladys Informationen als gestört betrachten.« Parker wechselte das Thema.

»Na, ja, wir sind uns nicht besonders grün.«

»Die Herren Cradling und Hagman wollten sich an Ihrem Geschäft beteiligen?«

»Die deuteten so was mal an, aber da hab’ ich sofort abgeblockt.«

»Es soll zu sehr handfesten und offenen Drohungen gekommen sein, Mister Alston.«

»Okay, wir haben uns nichts geschenkt«, räumte Larry Alston ein. »Ich brauche keine Teilhaber, ich komme allein zurecht.«

»Zu diesem Streit kam es vor dem Erscheinen des Imkers und seiner Mörderbienen?«

»Der Streit hat doch damit nichts zu tun.« Alston verzog das Gesicht. »Glauben Sie etwa, ich hätte mir einen Bienenschwarm zugelegt, um Hagman und Cradling fertigzumachen?«

»Mylady möchte erfahren, wie Sie Mister Clay Balkins einschätzen.«

»Dieser gerissene Hund wartet doch nur darauf, Hagman beerben zu können«, lautete die Antwort. »Balkins ist auch scharf auf Cradlings Firma. Und ich gehe jede Wette ein, daß er es eines Tages auch schaffen wird.«

»Die Firmen Cradling und Hagman arbeiten Hand in Hand, wie man zu sagen pflegt?«

»Worauf Sie sich verlassen können.« Alston grinste plötzlich. »Hagman beschafft die Ware. Und Cradling verhökert die dann, aber nach außen hin machen die auf getrennte Firmen. Das ist doch kein Geheimnis.«

»Ihnen ist bekannt, daß ein Mister Sam Gilliam, der nicht sonderlich weit entfernt von Ihnen wohnt, sich mit Reptilien und Insekten befaßt?«

»Natürlich hab’ ich schon von dem Spinner gehört« mokierte sich der Gangster. »Ich weiß auch, daß er Imker genannt wird, aber der hat mit dem Mörder nichts zu tun. Nee, der bestimmt nicht.«

»Sie scheinen sich Ihrer Sache sehr sicher zu sein, Mister Alston.«

»Bin ich auch«, entgegnete Alston. »Natürlich hab’ ich mir den bereits unter die Lupe genommen. Wie gesagt, ein harmloser Spinner oder so. Oder etwa doch nicht?«

»Sie hegen keinen Verdacht, was den eigentlichen Imker betrifft?«

»Nehmen Sie sich ruhig mal Cradling vor«, meinte Alston. »Dieser Pferdekopf arbeitet doch mit allen Mitteln. Vielleicht wollte er Hagman ausbooten? Trau’ ich ihm glatt zu.«

»Sie bekommen Besuch«, warf Lady Agatha ein, die bereits ungeduldig geworden war. Verhöre dieser Art schätzte sie nicht, sie war mehr für Aktionen. Sie hätte Alston sicher am liebsten noch einen gezielten Fußtritt zusätzlich verpaßt.

Parker blickte nach draußen und machte den Kastenlieferwagen der Firma Renault aus, der sich in schneller Fahrt der Bürobaracke näherte. Daraufhin rechnete der Butler mit Mörderbienen...

*

»Ich hatte fest mit Mörderbienen gerechnet«, beschwerte sich die ältere Dame etwa zwanzig Minuten später.

»Auch meine bescheidene Wenigkeit ging von dieser Annahme aus, Mylady«, gestand Josuah Parker offen. »Wie sich zeigte, handelte es sich um einen neuen Kunden des Mister Alston.«

»Was ich einfach nicht glaube«, redete Lady Agatha weiter. »Haben Sie sich das Kennzeichen des Wagens gemerkt?«

»In der Tat, Mylady.«

»Es war der Imker«, behauptete Agatha Simpson nachdrücklich. »Er entdeckte im letzten Moment meine Fliegenklatsche und wollte seine Mörderbienen schonen.«

»Eine Möglichkeit, Mylady, die man nicht ausschließen sollte.«

»Nun, er wird meinen Weg bestimmt noch mal kreuzen«, sage sie. »Wohin fahre ich jetzt?«

»Mylady machten deutlich, Mister Andy Cradling besuchen zu wollen.«

»Tatsächlich?« wunderte sie sich und runzelte die Stirn. »Und wer ist das, Mister Parker?«

»Jene Person, deren Handlanger Mylady auf dem Landsitz in Richmond belästigten.«

»Ich weiß, ich weiß«, erwiderte sie sofort. »Er brachte die ganze Geschichte ins Rollen, nicht wahr?«

»Besser könnte man es gar nicht ausdrücken, Mylady.«

»Selbstverständlich kommt dieses Subjekt als Imker überhaupt nicht in Betracht«, wußte sie mit letzter Sicherheit. »Warum sollte er so dumm sein, mich um Hilfe zu bitten?«

»Weil er als Insider der kriminellen Szene wahrscheinlich davon auszugehen hatte, daß Mylady sich früher oder später in diesen Fall einschalten würden.«

»Das dachte ich mir auch«, meinte sie wie selbstverständlich und nickte wohlwollend. »Er wollte mich auf diese Art und Weise unter Kontrolle halten. Und er bot mir sogar ein Honorar für die Lösung des Falles. Sehr raffiniert, Mister Parker!«

»Mylady pflegen stets an alle Eventualitäten zu denken.«

»Das ist richtig«, lobte sie sich ungeniert. »An was denke ich, wenn ich dieses Subjekt mal außer Betracht lasse?«

»Mylady beschäftigen sich sicher sehr intensiv mit Mister Clay Balkins, der jetzt für seinen Chef Joel Hagman die Firma leitet, die sich auf Renovierungen spezialisiert hat.«

»Ununterbrochen«, schwindelte sie. »Er könnte natürlich auch der gesuchte Imker sein, Mister Parker. Ich werde ihn nicht aus den Augen lassen.«

Sie war ungemein mit sich zufrieden und lehnte sich in den Polstern des Rücksitzes zurecht. Parker konzentrierte sich auf den Verkehr und dachte dennoch dabei an die beiden Toten, die auf das Konto der Mörderbienen gingen.

Der Besitzer einiger Boutiquen und der Börsenmakler paßten nicht in das Schema, das sich inzwischen abzeichnete. Falls sie nichts mit den bisher bekannten Gangstern zu tun hatten, mußte der Imker wohl doch ein Außenseiter sein, der auf ungewöhnliche Weise schnell an Geld kommen wollte.

Aber da war und blieb die Aussage von Ken Simpless, der praktisch in Todesnot und damit wahrscheinlich auch ehrlich mit Larry Alston gesprochen hatte. Vieles deutete darauf hin, daß der Imker sich hier im Osten der Millionenstadt London sehr gut auskannte.

Er mußte auch Sam Gilliam kennen, dessen Vivarium man ja gerade erst besichtigt hatte. Der Insektenfreund, den man als harmlosen Irren bezeichnete, mußte den Mörder angeregt haben, mit Mörderbienen zu arbeiten. Von Gilliam schien er sich auch noch zusätzlich den Spitznamen entliehen zu haben.

Parker wunderte sich ein wenig darüber, daß dieser Imker nach seiner Niederlage bei den Lagerschuppen keine weiteren Aktionen unternommen hatte. Fürchtete er das Risiko, nachdem man ihn beinahe gestellt hatte? War dieser Mörder untergetaucht? Wollte er eine Pause einlegen?

Der Butler konnte sich das nicht vorstellen. Wahrscheinlich wartete der Imker nur darauf, endgültig zuschlagen zu können. Höchste Wachsamkeit war deshalb angebracht.

*

Andy Cradling lag apathisch auf einer schmalen Liege in seinem Privatbüro und blickte Mylady und Butler Parker aus trüben Augen an.

»Verdammt, wo stecken Sie denn?« fragte er dann müde. »Meine Leute versuchen schon die ganze Zeit, Sie zu erreichen.«

Rudy, der Mann mit der Warzennase, und Stan, der seinen Goldzahn blitzen ließ, standen hinter dem Duo aus Shepherd’s Market. Die beiden Schlägertypen wirkten verunsichert und fast schon ängstlich.

»Darf man erfahren, warum Sie sich mit Mylady in Verbindung setzen wollten?« erkundigte sich Josuah Parker. Er und Mylady hatten eine mittelgroße Lagerhalle durchschritten und waren von Cradlings Schlägern in dessen Büro geführt worden.

»Der Imker wollte mich umbringen«, beantwortete Cradling die Frage. Er wollte sich aufrichten, schaffte es jedoch nicht. »Das Schwein hat mir Mörderbienen durch die Lüftung ins Lager geschickt.«

»Sie wurden gestochen, Mister Cradling?«

»Zweimal«, sagte Cradling und deutete auf sein linkes Bein. »Verdammt, ich fühl’ mich mies ... Um ein Haar wär’ mein Kreislauf zusammengebrochen.«

»Sie konnten ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, Mister Cradling?« Parker blickte auf das nackte Bein. Die Hose war aufgetrennt worden. In Höhe des Fußknöchels war ein Verband zu sehen.

»Ein paar Ecken weiter wohnt ein Arzt«, schaltete Warzenträger Rudy sich ein.

»Und der hat dem Chef ’ne Spritze gegeben«, fügte Goldzahnbesitzer Stan hinzu. »Ohne die Spritze wär’ der Boß glatt abgeschrammt.«

»Darf man sich nach dem Verbleib der erwähnten Bienen erkundigen?« fragte Josuah Parker.

»Die haben wir abgeschossen«, meinte Rudy. »Nee, nicht mit ’ner Kanone, wie Sie vielleicht glauben. Die haben wir mit zusammengekniffenen Zeitungen runtergehauen. Sehen Sie sich die Biester mal an.«

Er deutete in eine Ecke des Büros. Neben einem Besen, mit dem man die getöteten Insekten zusammengekehrt hatte, lagen etwa zwei Dutzend Mörderbienen. Parker, der sich inzwischen ein wenig auskannte, konnte sie eindeutig identifizieren.

»Und wo, bitte, ist die Lüftung, von der Sie sprachen?« erkundigte er sich dann.

»Da oben, links vom Regal«, beantwortete der Goldzahnträger die Frage des Butlers. Parker sah eine kreisrunde Öffnung, in der sich normalerweise ein Ventilator-Flügelpaar drehte. Die kreisrunde Jalousie vor der Öffnung war hochgeklappt.

»Ganz schön raffiniert, wie?« ließ Cradling sich mit nach wie vor müder Stimme vernehmen. »Diese verdammten Bienen fielen sofort über mich her.«

»Wo endet der Ventilatorschacht?« fragte Parker. Lady Agatha verhielt sich schweigend. Sie machte allerdings einen mißtrauisch-wachsamen Eindruck. Die Detektivin schien den Erklärungen der Gangster nicht ganz zu trauen. Vorsichtshalber hatte sie ihren Pompadour bereits in Schwingung versetzt.

»Der Schacht führt aufs Dach«, beantwortete Stan die Frage«, und auf das Dach kommt man leicht rauf. Hinter unserer Halle is’ ein Kino, in dem jetzt ’n Supermarkt untergebracht ist. Da grenzt Dach an Dach.«

»Der sogenannte Imker muß sich recht gut auskennen, auch was diese Örtlichkeit betrifft«, meinte Josuah Parker.

»Das wollte ich gerade sagen, Mister Parker«, schaltete Lady Agatha sich ein. »Dieser Mörder kennt sich aus. Erstaunlich bleibt aber, daß es hier keinen Toten gegeben hat. Sehr erstaunlich.«

»Wie ... Wie soll ich das verstehen?« Andy Cradling stemmte sich mühsam hoch.

»Wieso sind Sie nur von zwei Bienen gestochen worden?« wunderte sich die ältere Dame sehr nachdrücklich. »Sind Sie überhaupt wirklich gestochen worden?«

»Das war doch wohl ein Witz, wie?« Andy Cradling hätte sich gern aufgeregt, doch sein Zustand ließ dies nicht zu.

»Und woher kommen die verdammten Mörderbienen?« fragte der Warzennasige und deutete auf den Boden.

»Mylady denken in diesem Zusammenhang wohl an einen gewissen Insektenfreund namens Gilliam, der ja nicht sonderlich weit von hier wohnt«, warf Butler Parker ein. »Man könnte sich diese recht eindrucksvollen Exemplare bei ihm ausgeliehen haben.«

»Das wollte ich gerade laut und deutlich sagen«, verkündete Agatha Simpson und blitzte Cradling an. »Mich, junger Mann, können Sie nicht aufs Glatteis führen. Da müssen Sie schon früher aufstehen.«

*

Mylady befand sich in ihrem altehrwürdigen Haus in Shepherd’s Market und hatte gerade ihre Theorien entwickelt. Kathy Porter und Mike Rander wußten im Moment nicht, wer nun laut Agatha Simpson der Täter sein sollte. Sie hatte alle bisher bekannten Personen belastet und sie der Reihe nach als den gesuchten Imker bezeichnet.

Es herrschte später Nachmittag.

Parker, der bisher schweigend zugehört hatte, entschuldigte sich. Er wollte das abendliche Dinner in der großen Wirtschaftsküche des Hauses zubereiten. Er hatte das Souterrain gerade erreicht, als das Telefon läutete, das er vorausschauend nach unten durchgestellt hatte.

»Hier spricht der Imker«, meldete sich die ihm bereits bekannte, undeutliche Stimme.

»Mit diesem Anruf war durchaus zu rechnen«, erwiderte Josuah Parker in seiner höflichen Art. »Sie möchten erneut einige Drohungen ausstoßen?«

»Sie werden sich wundern, Parker, was ich alles noch auf Lager habe. Die kleine Panne in den Docklands spielt für mich keine Rolle.«

»Sie wollten sich Mister Ken Simpless’ entledigen, nicht wahr?«

»Das war mehr ein Betriebsunfall, Parker. Damit muß man leben. Wie geht es Ken Simpless?«

»Sie werden längst wissen, daß er mit dem Tode ringt.«

»Ich habe nichts dagegen, wenn er zurückkommt, Parker. Er wird mich nicht verpfeifen können.«

»Sie dürften sich demnach gut abgesichert haben.«

»Worauf Sie sich verlassen können«, meinte der Imker und lachte. »Und wer zuviel weiß, dem schicke ich meine Mörderbienen auf den Hals.«

»Wie im Fall Mylady und meiner bescheidenen Wenigkeit.«

»Richtig, aber was wissen Sie schon, Parker? Sie sind doch nur auf Vermutungen angewiesen.«

»Sie haben einige deutliche Spuren hinterlassen.«

»Bluff, nichts als Bluff.«

»Sie sollten sich noch etwas in Geduld üben«, schlug Josuah Parker vor. »Man wird bald bei Ihnen erscheinen. Und dies dürften sie auch bereits deutlich fühlen.«

»Wie kommen Sie denn darauf?«

»Sie befassen sich sehr hartnäckig mit Mylady und mit meiner Wenigkeit, wie die jüngste Vergangenheit gelehrt hat. Zudem kennen Sie sich in Details aus, die Rückschlüsse zulassen.«

»Sie wollen mich neugierig machen, wie?«

»Sie dürften es bereits mit Sicherheit sein. Es war ein erneuter Fehler von Ihnen, Mister Cradling mit Mörderbienen zu bedenken.«

»Diese Brüder werden alle noch zahlen, bis sie schwarz werden«, wurde die undeutliche Stimme giftig.

»Die Herren Cradling, Hagman, Balkins und Alston, nicht wahr?«

»Die auch, aber das ist erst der Anfang, Parker. Ich habe noch genug Bienen, um ganz groß abkassieren zu können.«

»Die beiden dahingeschiedenen Herren kamen Ihren Vorstellungen nicht prompt genug entgegen?«

»Ach die!« Abfälligkeit lag in der Stimme des Imkers. »Sie kapierten nicht schnell genug, Parker. Richten Sie sich darauf ein, daß Sie und Ihre Lady bald von meinen Bienen umschwirrt werden.«

»Darf man fragen, ob es Ihnen einzig und allein nur um Geld geht?«

»Natürlich, nur um Geld. Wieso fragen Sie, Parker?«

»Meine Wenigkeit neigt zu dem Schluß, daß Sie eine sehr persönliche, generelle Rechnung aufmachen. Ihre Geldforderungen sollen nur ablenken.«

»Unsinn, Parker, totaler Unsinn. Ich will kassieren. Sonst interessiert mich überhaupt nichts.«

»Wenn Sie erlauben, wird meine Wenigkeit Ihre Behauptung anzweifeln.«

»Das ist Ihr Bier, Parker. Sie lauern doch nur darauf, daß ich Ihnen ungewollt einen Tip gebe, wie?«

»Sie waren bereits so entgegenkommend, dies wiederholt zu tun.«

»Nee, mich legen Sie nicht rein, Parker.« Auf der Gegenseite wurde erneut aufgelacht. »Sie sind ein ganz raffinierter Hund, aber eben nicht clever genug für mich.«

Bevor der Butler antworten konnte, wurde aufgelegt. Parker, der mit diesem Gespräch recht zufrieden war, widmete sich nun den Vorbereitungen für das abendliche Dinner. Dabei hatte er ausreichend Zeit und Gelegenheit, sich mit dem sogenannten Imker und den Mörderbienen zu befassen.

Sein Verdacht wurde immer mehr zur Gewißheit, daß die Mörderbienen mit einem internen Bandenkrieg zusammenhingen.

*

»Nun, wie wirkt der Spray?« fragte Mike Rander zwei Stunden später, als Parker in das hochbeinige Monstrum zurückstieg. Der Butler hatte gerade den Chemiker besucht, der für ihn eine Abwehrwaffe gegen die Mörderbienen entwickelt hatte.

»Aus Zeitgründen fehlte es natürlich an intensiven Versuchen, Sir«, beantwortete Parker die Frage. »Aber man könnte wohl davon ausgehen, daß Insekten gegen diesen Spray kaum eine Chance haben dürften.«

»Es kommt also auf einen echten Versuch an, wie?«

»So muß man wohl sagen, Sir. Wenn Sie sich vielleicht bereits jetzt mit einer Spraydose versorgen würden?«

Der Butler reichte Rander eine Art Taschenflasche, wie sie zur Aufnahme hochprozentig geistiger Getränke diente. Der geschickte Chemiker hatte die Einfüllöffnung mit einer Zerstäuberdüse versehen.

»Sie haben sofort eine kleine Serie auf Band legen lassen?« fragte der Anwalt ironisch und blickte auf den Beifahrersitz. In einem Karton lagen wenigstens noch sechs dieser Taschenflaschen, die alle auf ihren speziellen Einsatz warteten.

»Man sollte davon ausgehen, daß der Imker für aus seiner Sicht gesehenen reinen Tisch sorgen will«, warnte der Butler. »Mit dem Masseneinsatz von Mörderbienen ist fest zu rechnen.«

»Und wie funktioniert dieser Spray?«

»Ihr Handrücken, Sir, könnte als kleines Versuchsfeld dienen«, schlug Josuah Parker vor.

»Okay, Parker, auf Ihre Verantwortung.« Rander brachte die Spraydüse in die Nähe seines Handrückens und drückte auf den Auslöseknopf. Mit feinem Zischen entwich das unter hohem Druck stehende Präparat aus der Taschenflasche, die übrigens aus Aluminium bestand. Gleichzeitig zuckte der Anwalt überrascht zusammen.

»Donnerwetter, Parker«, sagte er, um anschließend nach Luft zu schnappen.

»Kann man davon ausgehen, Sir, daß Sie beeindruckt sind?«

»Das gibt ja direkt Frostbeulen«, wunderte sich der Anwalt. »Unterkühlung ist noch untertrieben. Und dann dieser klebrige Zusatzeffekt!«

»Wie der Chemiker versicherte, Sir, wurde noch ein Insektengift beigemischt«, meinte Parker. »Es soll in Bruchteilen von Sekunden töten.«

»Damit müßte man den Mörderbienen beikommen, Parker.« Rander rieb sich ausgiebig den Handrücken mit einem Papiertaschentuch.

»Klebt wie zäher Leim«, wunderte er sich weiter. »Ich glaube kaum, daß die Bienen nach einer Dosis ihre Flügel noch bewegen können.«

»Was eine Abwehr ungemein unterstützten müßte, Sir.«

»Okay, Parker, ich weiß jetzt nur, daß ich keine Biene sein möchte.« Mike Rander lehnte sich im Fond des Wagens zurück. »Unser guter Pickett wird froh sein, solch eine Taschenflasche zu bekommen.«

Butler Parker und Rander waren auf dem Weg, um sich mit Horace Pickett zu treffen. Der ehemalige Liebhaber fremder Brieftaschen erwartete sie in Soho, wo er sie mit einem Insider der Szene bekannt machen wollte.

Parker war mehr denn je daran interessiert, etwas über den Boutiquenbesitzer und den Börsenmakler in Erfahrung zu bringen. Seinem Gefühl nach hatten die beiden Männer, die den Mörderbienen zum Opfer gefallen waren, etwas mit der kriminellen Szene zu tun.

Pickett war allein.

Er wartete im Parkdeck einer Tiefgarage, die zu einem Warenhaus gehörte. Über die Öffnungszeiten dieses Hauses hinaus konnte die Tiefgarage benutzt werden.

Wegen des permanenten Parkplatzmangels in Soho wurde von diesem Angebot rege Gebrauch gemacht, wie zu sehen war. Die Parktaschen waren fast ausnahmslos besetzt. Horace Pickett trat hinter einem Austin hervor und grüßte durch ein Handzeichen.

»Sie sind allein, wie man unschwer sieht«, meinte der Butler, nachdem er die Wagenscheibe spaltbreit geöffnet hatte.

»Mein Informant hat plötzlich kalte Füße bekommen«, erwiderte Horace Pickett. »Er hat Angst vor den Mörderbienen und dem Imker.«

»Gibt es dafür gravierende Gründe, Mister Pickett?«

»Die beiden Toten, Mister Parker. Und dann hat sich herumgesprochen, daß es auch Cradling erwischt hat.«

»Sie konnten in Erfahrung bringen, wer die Toten sind?«

»Sie arbeiteten für Cradling«, lautete Picketts Antwort. »Die Boutiquen gehören ihm, der Tote war nur sein Strohmann. Und der Börsenmakler soll für Cradling das schwarze Geld gewaschen haben.«

»Meine Wenigkeit bat Sie per Telefon, auch Erkundigungen über Mister Sam Gilliam einzuholen.«

»Der Mann, der dieses Vivarium hat.« Pickett nickte. »Sam Gilliam ist nicht ohne, Mister Parker. Mein Informant wußte auch noch einiges über ihn zu berichten. Sam Gilliam hat jahrelang für Larry Alston gearbeitet und war sein Buchhalter, bis er sich dann vor Jahren zur Ruhe setzte.«

»Das sind in der Tat ungemein verwertbare Auskünfte«, stellte Josuah Parker fest.

»Ich kann noch steigern«, meinte Pickett und lächelte kurz. »Sam Gilliam hat draußen in Wimbledon Bienenstöcke aufgestellt und betreibt so etwas wie eine Imkerei. Könnte doch sein, daß er dort seine Mörderbienen züchtet, nicht wahr?«

»Die Zusammenarbeit mit Ihnen, Mister Pickett, ist immer wieder ungemein anregend«, fand Josuah Parker in seiner höflichen Art. »Bevor Sie sich verabschieden, sollten Sie noch eine Taschenflasche spezieller Art mit auf den Weg nehmen. Man kann nicht wissen, wann die Mörderbienen sich mit Ihnen befassen werden.«

*

»Wohin fahre ich noch, Mister Parker?« fragte Lady Agatha am anderen Morgen. Sie machte einen ausgeglichenen Eindruck. Die ältere Dame hatte ausgiebig gefrühstückt und gierte nach Taten.

»Mylady haben die Absicht erkennen lassen, den Bienenstöcken Mister Sam Gilliams einen Besuch abzustatten«, versicherte der Butler gemessen.

»Aha, das war es also.« Sie nickte wohlwollend. »Er ist hier draußen zu finden?«

»So sagte Mister Gilliams Haushälterin, die sich am Telefon meldete, Mylady. Man sollte davon ausgehen, daß sie sich umgehend mit Mister Gilliam in Verbindung setzte, um Myladys Besuch anzukündigen.«

»Ob dieser Anruf klug war?« mokierte sie sich. »Er wird inzwischen seine scheußlichen Mörderbienen weggeräumt haben.«

»Falls es sie hier draußen in Wimbledon gibt, Mylady.«

»Natürlich gibt es sie, Mister Parker. Dieser Imker ist genau der Imker, den ich überführen werde. Für mich gibt es da überhaupt keinen Zweifel. Wer sonst kennt sich denn noch in Bienen aus?«

»Mister Clay Balkins, Mylady, wenn man höflich darauf verweisen darf.«

»Aha, Clay Balkins. Und wer ist das nun wieder?«

»Der momentane Leiter der Firma Joel Hagman, die sich mit Renovierungen aller Art befaßt.«

»Ich weiß«, grollte sie verhalten. »Er kann also auch mit Bienen umgehen?«

»Zumindest sein Herr Vater, Mylady.«

»Mir kommt da gerade eine Idee, Mister Parker.«

»Myladys Ideenreichtum, um es mal so auszudrücken, ist immer wieder zutiefst beeindruckend.« Parker wußte bereits im voraus, was nun kam.

»Ich denke an diesen Vater, der sich mit Bienen auskennt«, sagte sie dann auch prompt. »Könnte nicht er der Imker sein? Haben Sie daran schon mal gedacht?«

»Noch nicht mal andeutungsweise, Mylady.«

»Sehen Sie, Mister Parker, man muß eben Vorstellungskraft und Phantasie aufbringen, wenn man einen Kriminalfall lösen will«, sagte sie zufrieden. »Man muß das Unmögliche denken, damit man das Mögliche erreicht.«

»Eine Maxime, Mylady, die man sich merken sollte.«

»Ich rechne übrigens mit einer Falle, was die Imkerei hier in Wimbledon betrifft.«

»Man sollte sie in Rechnung stellen, Mylady.«

»Werde ich überhaupt verfolgt?«

»Ein direkter Verfolger war bisher nicht auszumachen, Mylady.«

»Nun, er wird einen anderen Weg nehmen und mich bei den Bienen dieses Insektenfotografen erwarten«, vermutete sie umgehend und machte einen zufriedenen Eindruck.

»Bevor man den Wagen verläßt, Mylady, sollte man sich der Imkerkleidung bedienen«, schlug Josuah Parker vor. »Auch normale Bienen können äußerst unangenehm werden.«

»Nun, ich habe meine Fliegenklatsche«, entgegnete sie optimistisch. »Die Bienen werden sich wundern, falls sie mich attackieren wollen, Mister Parker.«

Sie nahm das erstaunlich große Gerät in die Hand und klatschte damit probeweise auf den freien Sitz neben sich. Der Schlag mit einem Teppichklopfer hätte kaum härter und wirkungsvoller ausfallen können.

*

Sam Gilliam hielt eine Schmalfilmkamera in Händen und blickte überrascht hoch, als Mylady und Parker erschienen. Sie waren um ein kleines Gartenhaus gekommen, und der Butler lüftete überaus höflich die schwarze Melone.

»Man wünscht einen erholsamen Morgen«, sagte er. »Mylady hatte den Wunsch, völlig normale Bienen in freier Wildbahn zu beobachten.«

»Oder auch Mörderbienen«, meinte die ältere Dame in ihrer direkten und unverblümten Art. »Sagen Sie mir, wo Sie die kleinen Mörder versteckt halten, guter Mann.«

»Mörderbienen, Mylady?« Sam Gilliams Pfannkuchengesicht bemühte sich vergeblich darum, zu einem Fragezeichen zu werden. »Ich halte hier doch keine Mörderbienen! Wo denken Sie hin! Das wäre ja lebensgefährlich.«

»Dies fand auch Mister Andy Cradling, der von Mörderbienen überfallen wurde«, meinte Parker. »Sie kennen ihn, Mister Gilliam?«

»Ich höre heraus, daß Sie sich über mich informiert haben.« Das breite Pfannkuchengesicht lächelte. »Sie wissen also, daß ich bei Alston als Buchhalter gearbeitet habe, ja?«

»Eine Tätigkeit, die sicher verantwortungsvoll war, Mister Gilliam.«

»Die Zusammenarbeit mit ihm war nicht immer leicht, aber wir sind zurechtgekommen, Mister Parker. Aber das alles liegt Jahre zurück, ich bin Rentner, nicht mehr und nicht weniger.«

»Ein Rentner, der ein eigenwilliges Hobby pflegt.«

»Jeder nach seinem Geschmack, Mister Parker. Vorsicht, Mylady, gehen Sie nicht zu nahe an die Bienenkörbe heran!«

Die Detektivin war recht ungeniert auf die Bienenkästen zugegangen, die auf einer überdachten Stellage standen. Es handelte sich um gut und gern zwei Dutzend Bienenvölker, die hier untergebracht waren. Die Einflugöffnungen der einzelnen Kästen waren farblich verschieden gekennzeichnet.

Vor den Fluglöchern herrschte überaus munterer Verkehr. Die Bienen brachten ihre Fracht ein und wurden gleich nach der Landung vor den diversen Fluglöchern von den Wachen kontrolliert. Das vielfältige Summen und Brummen klang durchaus angenehm. Gereizt schienen die Bienen nicht zu sein.

»Man muß Sie durchaus als Fachmann bezeichnen«, schickte Butler Parker voraus und widmete sich wieder Gilliam, nachdem die ältere Dame zurückgetreten war. »Wären Sie in der Lage, Mörderbienen zu züchten?«

»Ich habe es schließlich bereits getan, Mister Parker. Sie wissen doch, bei mir im Vivarium. Aber diese Bienen habe ich abgesondert und halte sie unter Verschluß.«

»Könnte man fertige Mörderbienen einführen?«

»Sie meinen, so einfach aus dem Ausland?«

»In der Tat! Als Laie kann man sich da leider keine Vorstellungen machen, Mister Gilliam. Könnte man, um direkt zu fragen, Mörderbienen aus Südamerika importieren?«

»Theoretisch schon, aber praktisch ist das kaum möglich«, lautete Sam Gilliams Antwort. »Der Zoll und die Landwirtschaftsbehörde würden da Enspruch anmelden. Schon allein wegen der Seuchengefahr. Denken Sie nur an die Milbenkrankheit! Nein, legal bekommen Sie keine Bienen ins Land, die müßte man schon einschmuggeln oder hier züchten.«

»Aber Mörderbienen würden sich in freier Natur niemals halten, wenn man dies als Laie betrachtet.«

»Das ist es. Mörderbienen würden sich, zum Beispiel, hier im Freien nicht halten, die würden eingehen. Es fehlt die spezielle Wärme, dann brauchen die Bienen noch eine bestimmte Luftfeuchtigkeit. Nein, in England würden sie eingehen. Mörderbienen könnte man nur in einem Vivarium wie bei mir zu Hause durchbekommen.«

Agatha Simpson, die bisher nur beiläufig zugehört hatte, benahm sich plötzlich ein wenig exaltiert. Sie hatte ihren perlenbestickten Pompadour in kreisende Bewegung versetzt und erregte damit die Aufmerksamkeit einiger Dutzend Bienen, die ein sinkendes Fremdgeräusch wahrgenommen hatten.

Die Honigsammler gaben schwarminternen Alarm, lockten weitere Bienen aus den verschiedenen Stöcken und vereinigten sich mit ihnen in Höhe des Stellagendaches. Man ging in Wartestellung und lauschte dem Sirren des Pompadours.

»Mylady, bitte!« warnte Sam Gilliam. »Sie reizen die Bienen!«

Sie schien nichts zu hören, ließ den perlenbestickten Handbeutel noch intensiver kreisen – und entließ ihn dann aus der Hand. Der Glücksbringer im Pompadour strebte mit aller Energie auf einen der Bienenstöcke zu und traf natürlich.

Das Pferdehufeisen verrichtete ganze Arbeit. Ein Bienenkorb wurde voll getroffen, barst und fiel zu Boden, worauf eine kleine Hölle ausbrach. Die Bienen fühlten sich angegriffen und gingen zur Attacke über. Plötzlich waren Tausende dieser an sich friedlichen Honigsammler in der Luft.

Parker reagierte umgehend.

Er holte aus der Wölbung seiner Melone den Imkerschleier und sicherte erst mal Kopf und Nacken. Doch auch Lady Simpson schien mit diesem massierten Angriff gerechnet zu haben. Sie zerrte ebenfalls einen Schutzschleier aus ihrem skurrilen Hutgebilde und sicherte sich. Sam Gilliam, der keineswegs präpariert war, ergriff sein Heil in schneller Flucht. Erstaunlich leichtfüßig rannte er zu dem kleinen Haus im Hintergrund. Parker erblickte eine zappelnde Gestalt, die seitlich hinter der Wand aus Bienenkörben hervorrannte und wild um sich schlug. Es handelte sich um einen Mann, der Bermudashorts trug und dabei war, seine Maschinenpistole wegzuwerfen.

Parker benutzte den bleigefüllten Griff seines Universalregenschirmes, um noch andere Bienenkörbe von der Stellage zu fegen. Er rechnete mit weiteren Trägern von Maschinenpistolen.

*

Der Mann in Bermudashorts jammerte und litt Qualen. Er war von Butler Parker geborgen und in das kleine Haus von Sam Gilliam geführt worden. Die nackten Arme und Beine zeigten deutliche Einstiche. Die Honigbienen waren wirklich nicht zurückhaltend gewesen.

Das Gesicht des Gestochenen schwoll langsam. Auch hier hatte es Einstiche gegeben. Der Mann verlangte verständlicherweise nach einem Arzt.

»Nun haben Sie sich nicht so, junger Mann«, herrschte Lady Agatha ihn barsch an. »Reißen Sie sich gefälligst zusammen!«

»Das brennt! Ich halt’ das nicht aus!«

»Sie hatten die feste Absicht, auf Mylady und meine Wenigkeit zu schießen?« fragte Josuah Parker gemessen, als habe er nichts gehört.

»Ja, doch«, keuchte der Träger der Bermudashorts, »aber nur so ... Ich sollte nicht treffen.«

»Und wer beauftragte Sie, derart zu verfahren?« lautete Parkers nächste Frage.

»Alston«, lautete die ein wenig verblüffende, weil direkte Antwort.

»Sie sprechen jetzt eindeutig von Mister Larry Alston in Stepney?« hakte der Butler nach.

»Genau von dem«, erwiderte der Zerstochene, der breitbeinig durch den kleinen Wohnraum des Hauses stakste.

»Sie standen Mister Larry Alston Aug’ in Auge gegenüber, wenn man auch danach noch fragen darf?«

»Nein«, wehrte das Bienenopfer ab. »Der hatte mich angerufen.«

»Sie kennen Mister Larry Alston?« Parker ließ nicht locker, zumal seiner Ansicht keine Lebensgefahr vorlag, was seinen Gesprächspartner betraf.

»Klar kenn’ ich den.« Der Mann hob die nackten Arme, die ebenfalls bereits geschwollen waren.

»Sie haben seine Stimme genau erkannt?«

»Ich denk’ schon... Ich weiß nicht... Alston rief an und sagte mir, ich sollt’ hier raus zu Gilliam fahren. Mann, haben Sie keine anderen Sorgen? Ich geh’ drauf, wenn nicht bald ’n Arzt kommt.«

»Mister Gilliam hat Sie bereits identifiziert«, meinte der Butler, »und rief einen Arzt an, mit dessen Ankunft sicher früher oder später zu rechnen sein wird. Sie können und sollten also durchaus hoffen.«

»Das zahl’ ich Alston heim«, drohte der Mann und nahm seine Wanderung wieder auf. Dann schleppte er sich zu einem Stuhl und wollte sich vorsichtig setzen. Doch seine Sitzfläche hatte kaum den Stuhl berührt, als der verhinderte Maschinenpistolenschütze sich blitzschnell wieder hob und streckte.

»Könnten Sie sich vorstellen, daß sich ein anderer als Mister Alston am Telefon meldete?« Parker wollte es wieder mal genau wissen.

»Was weiß ich, Mann! Guter Gott, wie das brennt und juckt! Ich werde noch wahnsinnig.«

»Nun übertreiben Sie nicht schon wieder, mein Lieber«, herrschte Lady Agatha ihn an. »Natürlich wollten Sie mich ermorden. Ich habe große Lust, Sie noch mal vor die Tür zu schicken.«

Sie deutete auf die Fensterscheibe des kleinen Wohnraumes. Tausende von immer noch aufgebrachten Bienen suchten nach einem Weg, um ins Innere des Hauses zu gelangen. Sie wollten unbedingt ihre Giftstacheln einsetzen.

»Lady, tun Sie’s nicht«, jammerte der ehemalige Maschinenpistolenbesitzer und hatte die Absicht, vor Agatha Simpson auf die nackten Knie zu fallen. Doch dann erinnerte er sich der Einstiche dort und nahm von seinem Vorhaben Abstand.

»War es nun dieses Subjekt, von dem Mister Parker gesprochen hat?« wollte die ältere Dame wissen.

»Mylady sprechen von Mister Larry Alston«, erinnerte der Butler.

»Ich weiß es nicht genau«, räumte der Zerstochene ein. »Kann sein, kann aber auch nicht sein! Verdammt, wo bleibt der Arzt?«

*

»Und er traf dann ein«, meinte der Anwalt etwa drei Stunden später. Mike Rander und Kathy Porter befanden sich in der großen Wohnhalle des altehrwürdigen Hauses der Lady Simpson und hatten interessiert zugehört.

»Er verabreichte dem Patienten kreislaufstärkende Mittel, Sir. Zudem spritzte der Arzt Antihistamine.«

»Ich hätte ihn ja gern mitgenommen«, warf Lady Agatha grimmig ein. »Doch der Arzt hatte Bedenken. Er ließ den Mann in ein Hospital schaffen.«

»Haben Sie den Chief-Superintendent verständigt?« wollte Kathy Porter wissen.

»Das wird noch geschehen, meine Liebe«, versicherte die ältere Dame. »Sobald ich den Imker überführt habe, wird der gute McWarden Bescheid erhalten.«

»Sie wissen jetzt, wer der Imker ist, Mylady?« Kathy Porter war überrascht.

»Natürlich, Kindchen.« Die Hausherrin lächelte überlegen. »Die Lösung liegt doch quasi auf der Hand, nicht wahr, Mister Parker?«

»Bis auf eine letzte Kleinigkeit noch, Mylady«, schränkte der Butler ein.

»Und die wäre?« Mike Rander verzog spöttisch das Gesicht.

»Man müßte Mister Larry Alston mit letzter Sicherheit überführen, falls er der gesuchte Imker ist, Sir.«

»Sie haben noch Alternativen auf Lager, oder?«

»Mylady prüfen noch einige Möglichkeiten«, meinte der Butler.

»Selbstverständlich«, warf Lady Agatha ein. »Ich bin ja schließlich nicht leichtfertig, mein Junge. So, und jetzt werde ich ein wenig meditieren, bis der Lunch fertig ist.«

Sie ging jeder weiteren Debatte aus dem Weg und begab sich zur Treppe. Nach wenigen Augenblicken war sie oben im Haus verschwunden und ließ ihre Lieben allein.

»Sollte Alston tatsächlich der Imker sein?« fragte Rander skeptisch.

»Der potentielle Schütze nannte Mister Alstons Namen wohl zu schnell, Sir«, meinte der Butler. »Man sollte davon ausgehen, daß der wirkliche Imker sich dieses Namens bedient hat, um von sich abzulenken, falls man den Schützen gestellt hätte.«

»Was ja schließlich der Fall war.« Kathy Porter schüttelte den Kopf. »Und Mylady hat diesen Mann tatsächlich zuerst gesehen, Mister Parker?«

»In der Tat, Miß Porter«, erwiderte der Butler. »Und Mylady reagierte ungemein geistesgegenwärtig.«

»Was wären wir ohne Mylady!« Rander schmunzelte. »Bleiben wir aber mal bei Alston. Er ist also Ihrer Ansicht nach nicht der Imker, wie?«

»Er wäre niemals so leichtsinnig gewesen, seinen Namen preiszugeben, Sir.«

»Und was ist mit diesem Clay Balkins, Parker?«

»Der momentane Vertreter des Mister Hagman könnte durchaus die Absicht haben, sich eine führende Rolle in der Unterwelt zu verschaffen, Sir. Für ihn spricht die Tatsache, daß man ihm normale Bienen zudachte, die man in sein Büro praktizierte, wenn man daran erinnern darf.«

»Was ihn belasten sollte, nicht wahr?« fragte Kathy Porter. »Wir sollen davon ausgehen, daß der Imker sich hüten würde, seine Mörderbienen gegen ihn selbst zu verwenden.«

»Solch eine Deutung drängt sich geradezu auf, Miß Porter«, pflichtete der Butler ihm umgehend bei.

»Da Hagman im Hospital liegt und tatsächlich von Mörderbienen erwischt wurde, Parker, bleibt doch nur noch...«

»... Mister Andy Cradling«, führte der Butler den Satz zu Ende, nachdem Mike Rander eine kleine Kunstpause gemacht hatte.

»Aber Cradling wurde doch ebenfalls von den Mörderbienen überfallen«, erinnerte Kathy Porter. »Sie selbst, Mister Parker, haben doch die Bienen auf dem Boden gesehen.«

»Eine Tatsache, Miß Porter, die keineswegs zu leugnen ist«, entgegnete der Butler höflich. »Aber sie besagt nur, daß es im Büro tote Mörderbienen gab.«

»Sie zweifeln die Echtheit der Stiche an?«

»Man sollte davon ausgehen.«

»Dann hätte Mylady ja recht gehabt, als sie Cradling nicht traute?«

»Bei der Fülle der möglichen Täter, die Mylady stets aufzuzeichnen beliebt, sind Treffer dieser Art unumgänglich, Miß Porter.«

»Und wie wollen wir Cradling überführen, falls er der Imker ist?«

»Man müßte sich dazu Gedanken machen, Sir. Wenn Sie gestatten, wird meine Wenigkeit Mister Cradling animieren, einen Schlußstrich in seinem Sinn zu ziehen.«

*

»Darf man sich nach Ihrem werten Befinden erkundigen, Mister Cradling«, schickte der Butler voraus, nachdem der Gangster sich am anderen Ende der Leitung gemeldet hätte.

»Ich werd’ diese verdammten Mörderbienen überleben«, erwiderte Cradling mit schwacher Stimme. »Weshalb rufen Sie an? Sie sollen sich doch bestimmt nicht nach meinem Gesundheitszustand erkundigen, oder?«

»Der Wahrheit die Ehre, Mister Cradling«, antwortete der Butler, »Mylady und meine Wenigkeit wurden in Wimbledon in einen Zwischenfall verwickelt, in dessen Mittelpunkt Bienen stehen.«

»In Wimbledon? Bienen? Sind Sie an diesen Imker geraten?«

»Genaues weiß man noch nicht, Mister Cradling. Mylady fragt hiermit nach der Adresse jenes Arztes, von dem Sie freundlicherweise behandelt worden sind.«

»Was der kann, kann jeder andere Arzt auch, Parker.«

»Mylady hat ohnehin vor, in den Osten der Stadt zu fahren, um den Imker zu stellen.«

»Sie ... Sie kennen den Imker?«

»Er war so leichtfertig, eine deutliche Spur zu hinterlassen, als er einen seiner Mitarbeiter mit einer Maschinenpistole auf Mylady ansetzte. In diesem Zusammenhang fiel ein ganz bestimmter Name.«

»Sie wissen, wer dieser verdammte Bursche ist?«

»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Mister Cradling. Wie gesagt, er hinterließ eine Spur, die man einfach nicht übersehen kann. Nun aber zu Ihrem Arzt.«

»Okay, von mir aus, Parker. Mir hat der Mann geholfen.« Cradling nannte die Adresse. »Sie wollen ihn anrufen?«

»Um Myladys Kommen anzukündigen.«

»Ich werd’ ihn verständigen, Parker, wir sitzen schließlich in einem Boot.«

»So könnte man sagen, Mister Cradling.« Parker bedankte sich noch mal und legte dann auf.

»Diesen Arzt scheint’s ja tatsächlich zu geben«, wunderte sich Mike Rander. Er stand neben Parker in einer Telefonzelle. Lady Agatha und Kathy Porter saßen im Fond des hochbeinigen Monstrums und warteten auf die Rückkehr der beiden Männer.

»Davon war meine Wenigkeit ausgegangen, Sir«, gab der Butler zurück. »Die beiden Stiche der Mörderbienen müssen echt sein. Vorher aber dürfte Mister Cradling sich entsprechend ärztlich abgesichert haben.«

»Und woher hat dieser Cradling die Mörderbienen?«

»Diese Frage wird man ihm noch stellen müssen, Sir. Inzwischen dürfte Mister Cradling wohl schon mit dem Arzt seines Vertrauens sprechen.«

»Sie werden in wenigen Minuten anrufen, nicht wahr?«

»Und Myladys Eintreffen vorankündigen, Sir. Mister Cradling soll Zeit und Gelegenheit haben, seine Falle vorzubereiten.«

»Haben Sie keine Sorge, was diesen Arzt betrifft? Cradling könnte ihn sicherheitshalber umbringen.«

»Eine Möglichkeit, mit der der betreffende Arzt wohl von sich aus rechnet, Sir. Er wird daraus seine sehr persönlichen Schlüsse ziehen und sicher das sprichwörtliche Weite suchen.«

»Ein Arzt, der mit Cradling arbeitet, meinen Sie, weiß, was ihm blühen kann, wie?«

»So muß man wohl sagen, Sir. Er präparierte ja Mister Cradling für die beiden Insektenstiche.«

»Sie werden mal wieder recht behalten, Parker«, seufzte Mike Rander in komischer Verzweiflung. »Cradling hatte also die Absicht, alles unter seinen Hut zu bringen, wie?«

»Er wollte Mister Hagman und dessen Vertreter, Mister Clay Balkins, grundsätzlich ausschalten. Und dazu wird er noch die Absicht gehabt haben, den dubiosen Betrieb des Mister Larry Alston an sich zu bringen.«

»Und die beiden Toten?«

»Sie arbeiteten ja, wie inzwischen bekannt ist, für Mister Cradling«, erinnerte der Butler. »Der angebliche Besitzer diverser Boutiquen war nichts anderes als ein Strohmann. Und der Börsenmakler betätigte sich für Mister Cradling als Geldwäscher, wie Mister Pickett in Erfahrung bringen konnte.«

»Und der gute Gilliam war, ohne es zu wissen, das Vorbild dieses Mörders, wie?«

»Mit letzter Sicherheit, Sir. Man kannte sich ja untereinander. Man sollte allerdings eine gewisse Möglichkeit nicht unbedingt ausschließen.«

»Und die wäre, Parker? Moment mal« Sie halten es für möglich, daß Gilliam vielleicht gegen Geld die Mörderbienen geliefert hat?«

»Sie sagen es, Sir«, lautete Parkers lakonische Antwort.

*

Es war ein normales Wartezimmer, in dem Agatha Simpson und Butler Parker Platz genommen hatten. Die dick wattierte Tür zur Ordination ließ kein Geräusch durch. Man war vor wenigen Minuten eingetroffen und wartete darauf, daß der Arzt erschien.

Die Tür öffnete sich. Warzennase und Goldzahn erschienen auf der Bildfläche und grinsten tückisch. Sie hielten Faustfeuerwaffen in den Händen und luden zum Nähertreten ein.

»Sie sehen Mylady und meine Wenigkeit ein wenig überrascht«, ließ der Butler sich vernehmen.

»Wie schön«, freute sich Cradling, der gerade aus der Ordination auftauchte. Er hielt einen Schuhkarton in Händen. Daß sich in diesem Bienen befanden, war deutlich zu hören. Die Insekten schienen äußerst gereizt zu sein.

»So kann man sich irren, wie?« fragte Cradling ironisch.

»Sie Lümmel«, grollte die ältere Dame. »Wo ist der Arzt?«

»Der hat sich abgesetzt«, bedauerte Cradling. »Aber den erwischen wir noch, Lady, keine Sorge.«

»Der Mediziner dürfte Sie recht gut kennen, Mister Cradling, sonst hätte er wohl kaum die Örtlichkeit gewechselt.«

»Und ob der mich kennt!« Cradling lachte breit. »Aber das wird ihm kaum helfen, Lady.«

»Ich wußte doch gleich, daß Ihre Stiche nicht echt waren«, entrüstete sich die ältere Dame gekonnt.

»Und ob die echt sind, Lady«, widersprach Cradling. »Aber vorher hab’ ich mich spritzen lassen, klar? So einfach war das! Hinter wem sind Sie denn her, Parker? Wer ist denn Ihrer Ansicht nach der Imker?«

»Natürlich Mister Alston«, erwiderte der Butler, der dann erkennbar stutzte und sich korrigierte. »Sie dürften sich für Mister Alston ausgegeben haben, wie zu vermuten ist.«

»Kluges Kind«, lobte Cradling scheinheilig und herablassend. »Aber den erwische ich auch noch. Wie Balkins. In einigen Tagen ist alles gelaufen, dann bin ich der Haupterbe der Firmen.«

»Sollte Mister Gilliam Sie etwa mit den Mörderbienen versorgt haben?«

»Für Geld macht der alles.«

»Er wird wohl auch kaum das Wochenende überleben.«

»Klar erkannt, Parker. So, und nun lade ich zur Behandlung ein, Leute. Immer reinmarschiert in die Praxis.«

»Sie wollen doch nicht etwa Mörderbienen auf eine Lady Simpson loslassen?« entrüstete sich die Detektivin.

»Und ob ich will, Lady«, erwiderte Cradling. »Aber vorher, Parker, will ich mal Ihren Flammenwerfer sehen, klar?«

»Raus mit dem Lötbrenner!« schaltete sich der Warzenträger ein. Parker zuckte die Achseln und übergab dem Gangster das Lötset, das sich von der Manteltasche deutlich abgesetzt hatte.

»Un’ jetzt Sie, Lady«, meinte der Goldzahnbesitzer, worauf Agatha Simpson wütend ihren Handbeutel öffnete und den Lötset ablieferte.

»Und jetzt viel Vergnügen«, sagte Cradling. »Die Jalousien sind runter, ihr könnt also schreien, wie ihr wollt!«

»Ich protestiere«, sagte Agatha Simpson wütend.

»Proteste bitte schriftlich«, höhnte Cradling, während Warzennase und Goldzahn das Duo aus Shepherd’s Market in die Ordination dirigierten.

Als Parker und Mylady in der Mitte des Raumes waren, warf Cradling den Schuhkarton nach und schloß blitzschnell die Tür.

Die Mörderbienen verstärkten ihr Summen und quollen in dichtem Schwarm aus dem Karton, dessen Deckel weggeflogen war. Innerhalb weniger Augenblicke schwärmten sie aus und warfen sich konzentriert auf die beiden Zweibeiner, die ihnen wehr- und schmerzlos ausgeliefert waren.

Oder doch nicht?«

*

»Bis auf wenige Ausnahmen, Sir, starben die an sich bedauernswerten Insekten den Kältetod«, berichtete Parker anderthalb Stunden später. Er stand neben dem mächtigen Kamin in der großen Wohnhalle von Myladys Haus.

»Bis auf wenige Ausnahmen«, wiederholte der Chief-Superintendent McWarden süffisant.

»Diese wenigen Ausnahmen, Sir, beschäftigten sich anschließend mit Mister Cradling und seinen beiden Leibwächtern und Handlangern«, erzählte der Butler weiter. »Nachdem Mylady ausgiebig durchaus gekonnte Todesschreie auszustoßen beliebten und auch meine Wenigkeit sich darum bemühte, gingen die drei Gangster davon aus, daß man das sprichwörtliche Zeitliche gesegnet haben mußte.«

»Doch dann riß ich die Tür auf und ließ die überlebenden Mörderbienen zustechen«, meinte Lady Agatha genußvoll. »Leider waren es nicht mehr viele.«

»Die aber voll ausreichten, um Cradling und seine Leute ins Hospital zu bringen«, meinte Rander. »Miß Porter und ich konnten sie draußen vor der Praxis in Empfang nehmen. Die drei Gangster rannten im Schweinsgalopp auf die Straße.«

»Dieser Patentspray hat sich also bewährt?« fragte McWarden.

»In einer Art, Sir, die man nur als stupend bezeichnen kann«, gab der Butler zurück.

»Ich werde ein Patent darauf anmelden und daraus ein Geschäft machen«, ließ Agatha Simpson sich vernehmen. »Schließlich wird Cradman oder wie immer er auch heißen mag, mir mein Honorar schuldig bleiben. Sie sind doch damit einverstanden, Mister Parker, oder? Schließlich geht die Spraymischung ja auf meine Anregung zurück...«

»So könnte oder sollte man in der Tat sagen, Mylady«, meinte Parker höflich. Sein Gesicht blieb unbeweglich. Dieser Mann war eben durch nichts zu erschüttern.

Butler Parker Staffel 23 – Kriminalroman

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