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Bemerkungen über die Vögel der canarischen Inseln
ОглавлениеJournal für Ornithologie 1854
Die Fauna von Inseln ist selten durch Artenreichtum ausgezeichnet; doch knüpft sich an sie ein Interesse, welches numerisch begünstigtere Ländermassen uns nicht immer in höherem Grade abgewinnen.
Mathematisch scharfe Begrenzung des Gebietes, die von selbst sich darbietenden Vergleichungen mit den Küsten benachbarter Kontinente, so manche eigentümlich ausgeprägte spezifische Form, so viel Folgerechtes und andererseits wieder so überraschende Sprünge hinsichtlich der geographischen Verteilung der Arten: die Richtung der Züge unserer Wandervögel über das pfadlose Meer endlich, deren Stationen und Zielpunkte mehr und mehr aus dem ungewissen Dunkel aufzutauchen beginnen: Alles das ist wohl im Stande, die Aufmerksamkeit des Naturfreundes angenehm zu fesseln. In diesem Sinne aufgefaßt, werden einige kurze Notizen über die Ornithologie der canarischen Inseln vielleicht nicht unwillkommen erscheinen. Der Schreiber dieser Zeilen, der es zu den günstigeren Schicksalen seines Lebens rechnet, ein Jahr lang unter dem schönen Himmel jenes tiefen Südens verlebt zu haben, gesteht, dass ihn mehr Neigung, als streng wissenschaftliche Befähigung, den Fuß mit Schüchternheit gerade auf dieses Gebiet setzen lässt. Zu jener Zeit nur allein botanischen Studien und seiner Gesundheit in einem reinen, ungetrübten Naturgenusse inmitten der großartigsten Szenerien lebend, waren ornithologische Forschungen für ihn in den Hintergrund gerückt: so dass die Lust an Beobachtungen, zu denen er sich jetzt lebhaft angeregt fühlt, nur in Zwischenräumen, je nach der stoßweise gleichsam aufflammenden Liebhaberei, in ihm rege wurde. Aber baut sich das Gebäude der Wissenschaft nicht aus tausend kleineren Tatsachen auf, von denen keine, wenn aufrichtig und treu wiedergegeben, eine Lücke auszufüllen verfehlt? Ist der kleinste Baustein zur Vollendung des großen Ganzen nicht eine annehmbare Gabe? Wir fügen dem Resultate mancher eigenen Wahrnehmung, die dem offenen Blicke sich darbot, eine möglichst vollständige Zusammenstellung des von unseren Vorgängern Gegebenen, in ihren Werken Aufgezeichneten, oder mündlich Mitgeteilten hinzu. Und indem wir die Feder zur Hand nehmen, wie viel Pläne für die Zukunft, wie viele Erinnerungen, tauchen in unserer Seele auf! So zumal eine der letzteren, die uns ewig teuer bleiben wird, und die wir hier zu erwähnen ein Recht haben.
Sie betrifft einen der begeistertsten und kenntnisreichen Ornithologen unserer Zeit, Sabin Berthelot, zur Zeit französischer Konsul zu Santa Cruz auf Teneriffa. Zehn Jahre lang hat derselbe in seiner Jugend, gleichsam ein canarischer Audubon, den Archipel der 7 Inseln durchstreift. In seinem und Ph. B. Webb’s gemeinschaftlichem, klassischem Werke „Histoire naturelle des Iles Canaries“ hat er seine reichen Erfahrungen in meisterhafter Sprache niedergelegt. Aber etwas anderes noch, als seine Werke lesen, ist es: seinen Erzählungen zu lauschen. Dieses Glück ist uns viele Monate hindurch beinahe täglich zu Teil geworden: an seinem gastfreundlichen Herde, den die Sympathien vertrauter Freundschaft zu einer zweiten Heimat für uns umschufen, auf Jagdpartien und botanischen Exkursionen. Ihm verdanken wir das Meiste von dem, was wir wissen. Und so wollen wir denn unter seinen Auspizien uns inmitten der befiederten Gäste umsehen, von denen jene Felsgestade wimmeln, die durch die Euphorbien- und Drachenbäume des heißen Küstenstriches schwärmen, die Lorbeerwaldungen beleben und von diesen aus durch die Region der Fichten zu den, weit über die Wolken hinausragenden Höhen des Pics, dem Schauplatze der zerstörenden Wirkungen des ewigen Feuers, emporsteigen.
Neophron Percnopterus Sav., der ägyptische Aasgeier, „Guirre“ bewohnt die Küsten sämtlicher Inseln, ohne jedoch gerade zahlreich, und weit entfernt davon, so in Menge vorhanden zu sein, wie auf den Capverden. Meist halten mehrere Pärchen zusammen. Die Nähe des Menschen scheinen sie zu lieben: denn, ohne diese Geier gerade mit abergläubischer Ehrfurcht zu umgeben, schont man sie doch auch hier, wegen ihrer Nützlichkeit im Hinwegräumen verwesender tierischer Stoffe. Nur bei der Ansiedelung Cofeito auf Handia fand ich sie als Eierdiebe übel angeschrieben. Don Lorenzo Maurel daselbst behauptete: er könne nur mit Schwierigkeit Pfauen, die nicht gern anders als im Freien brüten wollen, erziehen, weil ihnen die „Guirre’s“ ihre frisch gelegten Eier auf das Schamloseste wegholten, ja den Hennen zu diesem Behufe auf Schritt und Tritt nachschlichen. Auf Teneriffa sah ich die ersten im Dezember 1851, auf den öden Tosca-Feldern hinter Candelaria. Ein weißgefiederter alter Geier saß auf der Spitze, zwei braungefärbte Junge auf den Querbalken eines am Wege aufgerichteten Kreuzes. Ein eigentümlich melancholisches Bild. Bei Guimar heißen zwei vulkanische Eruptionskegel auf denen diese Vögel zu ruhen pflegen, „Montannas de los Guirres“ (Geierberge). Nach Berthelot sollen sie unbewohnte, kleine Inseln meiden; doch kann ich versichern, sie nirgends auf canarischem Boden häufiger, als auf der wüsten Seewolfsinsel, Isletas de Lobos, im Meeresarme zwischen Fuertaventura und Lanzarote, gesehen zu haben. Zehn bis zwölf dieser Geier umkreiseten beständig den kulminierenden Bergrücken des Eilandes in der Gesellschaft von Raben, Guincho’s und zahllosen Möven. Sie wären mit leichter Mühe zu erlegen gewesen, hätte ich in Betreff ihrer Unverletzlichkeit mich von der herrschenden Ansicht emanzipieren wollen. An einer steilen, unzugänglich gegen das Meer hin abfallenden Felsenwand desselben Berges stand ein Nest. Das Männchen, vor demselben sitzend, schien dem brütenden Weibchen Gesellschaft zu leisten (Mai 1852). Die häufig von der Flut ausgeworfenen Fische, oft von kolossaler Größe, mögen auf den Deserta’s, wo die Kadaver größerer Säugetiere fehlen, neben den Eiern der Seevögel wohl die Hauptnahrung dieses, nicht raubsüchtigen, nur auf Aas angewiesenen Geiers ausmachen.
Falco Milvus. „Milano“. Der häufigste Raubvogel auf Teneriffa, und zwar das ganze Jahr hindurch. Wie überall, so auch hier der gefürchtetste Feind des Hausgeflügels, zumal der jungen Hühner, die er nicht selten von den Höfen selbst wegholt. In Fuertaventura habe ich ihn nur einmal bemerkt. Die westlicheren, baumreichen Inseln scheint er mithin vorzugsweise zu bewohnen.
Falco Buteo. „Aguililla“. Im Walde von las Mercedes bei Laguna wiederholentlich von mir beobachtet; nach Berthelot überhaupt in den canarischen Waldrevieren keinesweges seltener Standvogel.
F. Nisus L. „Gavilan“. Bewohnt insbesondere, und zwar ziemlich zahlreich, die fruchtbaren Täler des nördlichen Teneriffa’s, wo bebaute Fluren mit Waldungen und üppigen Wein- und Obstpflanzungen abwechseln. Nach den weizenreichen Rodeos (dem Tafellande, im Innern Teneriffa’s) lockt ihn die Menge der dort wohnenden Wachteln. Auch auf Gran-Canaria soll er häufig sein. Sein Horst steht auf hohen Bäumen. Er wandert nicht.
Falco peregrinus. „Halcon“. Er wurde von Berthelot mehrmals wahrgenommen.
F. subbuteo Lath. Fast auf allen Inseln hin und wieder, jedoch selten. Dieser edle kleine Falke dürfte von den Canarien die beiden östlich gelegenen Inseln vorziehen: da nur diese die Feldlerche, auf welche er am liebsten Jagd zu machen pflegt, aufzuweisen haben.
F. Tinnunculus L. „Cernicalo“. Im ganzen Archipel als Standvogel außerordentlich verbreitet: selbst die baumlosen Wüstenflächen Fuertaventura’s nicht scheuend. Ich schoss ihn häufig in der Ebene von la Oliva, wo man in hohen, heuschoberartigen, mit Stroh sehr künstlich bedeckten „Pajeros“ die reichen Weizenernten jahrelang aufzubewahren pflegt. Jede dieser kegelförmigen Hervorragungen war fast beständig mit einem Cernicalo-Pärchen besetzt, das von dort aus den Heuschrecken und Feldmäusen aufzulauern pflegte. Doch sah man sie auch nicht selten in den Kronen der Gartenbäume. Den ersten, welchen ich erlegte, ein altes Männchen mit außerordentlich lebhaften Farben, schoss ich von dem Gipfel eines schwarzen Maulbeerbaumes herab, aus welchem gleichzeitig mehrere Wiedehopfe aufflatterten, die mithin, da sie den Turmfalken nicht scheuten, im guten Einverständnis mit ihm leben müssen.
F. Albicilla Lin. (?) „Guincho“. Berthelot hat diesen Adler nie selbst beobachtet; er gibt ihn jedoch als Bewohner der Deserta’s, jener kleinen wüsten Eilande an, die nördlich von Lanzarote den Archipel beginnen. — Eine, unter seinen Sammlungen befindliche Kralle war in Frankreich, als dem „Aigle pygargue“ angehörig, erkannt worden. Auch hatte er selbst auf Lanzarote von der Existenz dieses Vogels Kunde erhalten. Mir wurde der Vorzug zu Teil, diese interessante Species auf der Insel Lobos, im Mai 1854, in mehreren Pärchen zu Gesicht zu bekommen: wenn anders die nicht sehr großen weißköpfigen Adler, deren schönen, schwimmenden Flug ich dort zu beobachten Gelegenheit hatte, die sich aber stets außer Schussweite hielten, hierher zu ziehen sind. Der auch auf Teneriffa für eine Strandlokalität vorkommende Name „Punta del Guincho“ (Vorgebirge des See-Adlers) scheint auf eine früher allgemeiner gewesene Verbreitung dieser Art, selbst auf den größeren Inseln, hinzudeuten.
An sie haben wir auch wohl vor anderen bei jenen dunkelen, halbsagenhaften Nachrichten der Araber des Mittelalters über die atlantischen Meeresstriche zu denken, die von einer Insel Raca melden, wo die, von dem damals maurischen Lissabon aus auf Entdeckungen und Meeres-Abenteuer ausgefahrenen Seeleute landeten: nachdem sie Dgezirat Alzhanam (das Eiland der Lämmer mit bitterem Fleische) hinter sich gelassen. In der Nähe dieses letzteren, sagt Edrisi, der Geograph von Nubien, liegt die Insel Raca, wo man Vögel findet, roten Adlern gleich und mit Klauen bewehrt, welche Fische und Schaltiere fressen, und sich deshalb nie von jenen Gestaden entfernen. Ein anderer Araber, Ebn al Ouardi, der ebenfalls jene Expedition schildert, erwähnt Raca unter dem Kamen Dgezirat el Thouiour: die Vogelinsel. „Sie wird“, sagt er, „von roten Adlern, die Krallen haben, bewohnt; sie versammeln sich dort, um fern von der Küste im weiten Ozean zu jagen und zu fischen. Honcaïli behauptet: ein Frankenkönig habe ein Schiff ausgesandt, um sich von diesen Vögeln zu verschaffen; aber es sei untergegangen“. — Auch die, bei den älteren christlichen Erdbeschreibern vorkommenden, und, bevor sie eine geographisch bestimmte Deutung gewannen, auf verschiedene Punkte zwischen dem 20. und 40° n. B. angewandten Namen „Corvo, insulae Asturum“ usw., zeugen von der einstigen Häufigkeit großer Raubvögel auf den damals größtenteils wüsten Inseln des atlantischen Ozeans.
F. cineraceus Mont. Wird von Berthelot, und
Circus aeruginosus von Ledru, als auf den canarischen Inseln vorkommend angegeben.
Strix flammea L. „Luchuza“. Auf sämtlichen Inseln überall anzutreffen, obwohl ihres verborgenen Lebens wegen nicht gerade häufig bemerkt. In den heißen Tälern der Küstenregion sind die stacheligen Dickichte der Euphorbia canariensis ein gern von ihr gewähltes Asyl. Besonders aber liebt sie die höhlenreichen Barancos, an welchen Teneriffa und Palma so überreich sind („Barancos“ heißen auf den canarischen Inseln jene tiefen, schluchtenartigen Täler, welche, meist vom Zentrum gegen die Küste hin ausstrahlend, durch ihre senkrechten, schwarzen Basaltwände das Terrain überall zu einem im höchsten Grade kupierten machen.). Sogar die Mumiengrotten der allen Guanchen soll sie bisweilen bewohnen.
Strix Otus L. Unter dem Namen „Corruja“ bekannt. Mehr Waldvogel.
Mit Wahrscheinlichkeit dürften in späterer Zeit noch mehrere Eulen-Arten sich als Bürger der canarischen Ornis herausstellen; denn kein Land kann ihnen in zerklüfteteren Felsgebirgen einen passenderen Wohnsitz darbieten. Ihr stilles, nächtliches Treiben entzieht sie nur allzu sehr der Beobachtung.
Corvus corax L. „Cuervo“. Auf allen Inseln, auch den Deserta’s: z. B. auf Lobos, wo der Auswurf des Meeres seinen Bedürfnissen genügt. In Handia sah ich soeben aus dem Neste in einer hohen Felsspalte geholte Junge, welche die Hirten töten wollten. Denn der Rabe, meinten sie, sei „el pajaró mas perro“, der hündischste Vogel, den es gebe; er hacke nur allzu oft jungen Ziegen und Lämmern die Augen aus, um sie zu fressen. Deshalb könne ihm gar nicht genug nachgestellt werden.
C. Monedula. Kommt nur als zufällig Verirrter nach den Canaren. Im Februar 1830, nach einem starken S.-O.-Winde, wurden mehrere Dohlen bei Laguna erlegt.
Corvus graculus Lin. „Grajo“. Die Alpendohle bietet uns ein merkwürdiges Beispiel jener schwer zu erklärenden Eigentümlichkeit der canarischen Ornis dar, die gewisse Arten an einzelne Inseln der Gruppe bannt und sie allen übrigen versagt: ohne dass ihre Bodenbeschaffenheit so von einander abwiche, dass die Isolierung sich aus physikalischen Gründen erklären ließe. Palma ist das ausschließliche canarische Heimatland der Alpendohle. Aber während dort zahlreiche Schwärme sowohl die heißen, grottenreichen Täler des Litorales, wie die hochgelegene, im Winter mit Schnee bedeckte Cumbre (Cumbre nennen die Spanier jeden dominierenden, sich in weiter Ausdehnung hin erstreckenden Gebirgsrücken.) bevölkern, haben die in der Entfernung von wenigen Meilen, dem Auge weithin sichtbar, aus dem Meere auftauchenden Gebirgskämme von Teneriffa, Gomera und Ferro die Auswanderungslust dieser fluggewandten Bewohner der hohen Lüfte, noch nie gereizt. Scheu, flüchtig und höchst gesellig, beleben, seine Kolonien auf das Angenehmste und Interessanteste die entzückenden Landschaften jener unvergleichlichen Insel. Ihren Lockton, ein schwer zu beschreibendes schrilles Pfeifen, lassen die Alpendohlen im Fluge fortwährend hören. Ihr Leben scheint ein immerwährendes heiteres Spiel zu sein; denn man sieht sie einander fortwährend jagen und sich necken. Ein leichter, zierlich schwebender Flug, voll der kühnsten, anmutigsten Evolutionen, zeichnet sie aus. Auf frisch beackerten Feldern fallen sie zu Herden von Tausenden nieder; auch nach einsam aus den Felsen hervorsprudelnden Quellen sah ich sie oft zahlreich zur Tränke kommen. Der Jäger, welcher nahe bei letzteren, oder im Gebüsche der Feldränder versteckt, ihnen auflauert, kann des Erfolges sicher sein. Sie im Freien zu beschleichen, hält schwer. Ihr Fleisch ist ein höchst mittelmäßiges Wildpret; daher sie in einem Lande, das an Wachteln und wilden Tauben Überfluss hat, wenig Verfolgungen ausgesetzt sind. Die Nester sollen sie in schwer zu ersteigendem Felsgeklüft oder in Grotten anlegen und dort in der Regel gesellschaftlich brüten. — Ich habe mehrfach jung gezähmte gesehen und mich an der außerordentlichen Zahmheit dieser schönen Tierchen, mit sammetschwarzem Gefieder und korallenrotem Schnabel und Füßen, ergötzt. Zu Santa Cruz de Tenerife bemerkte ich oft in einer ziemlich menschenleeren Straße eine zahme Alpendohle, die mit gestutzten Flügeln unter den Hühnern umherlief und sich nie freiwillig von dem Hause ihres Pflegers entfernte. — Der Pfarrer von Barlovento auf Palma besaß einen jungen „Grajo“, der, obwohl er Fleisch über Alles liebte und bereits über ein halbes Jahr alt war, dennoch beständig den Schnabel aufsperrte, um sich die Bissen in den geöffneten Rachen stecken zu lassen. Dieser niedliche Vogel begleitete in vollem Fluge seinen Herrn auf meilenweiten Ritten, ja, wie der glaubwürdige Geistliche mir versicherte, einmal sogar auf einer Reise nach dem am entgegengesetzten Ende der Insel gelegenen los Llanos, ohne sich durch die Lockungen seiner wilden Brüder zur Flucht verleiten zu lassen. — Nach Schousboe’s Angabe soll die Alpendohle auch den maroccanischen Atlas in großer Menge bewohnen.
Coracias garrulus. Dieser für die canarische Fauna neue Vogel wurde vor wenigen Jahren von meinem Freunde Don Carlos Quintana bei Puerto-Cabras, auf Fuertaventura, erlegt. Wohl 25 Stück dieser prachtvollen. Gäste waren, ermüdet von dem weiten Fluge übers Meer, auf einer steinigen Fläche eingefallen, wo man sich ihnen ohne weitere Vorsicht zu nähern im Stande war. Von Don Carlos geschickter Hand ausgestopft, werden zwei Exemplare davon in der Casa de Recreo (dem Lusthause) des Obersten Don Cristobal Manrique zu la Oliva aufbewahrt. Die Mandelkrähe, welche auch schon andere sporadisch auf den Inseln bemerkt haben wollen, ist jedenfalls dort nur als zufälliger Gast anzusehen; und sie rangiert daher unter der Kategorie der im Lande so genannten „Pajaro’s de Africa“. („Pajaros de Africa“, afrikanische Vögel, werden auf den Canaren alle nicht gerade regelmäßig oder häufig dorthin wandernde Zugvögel genannt. Es sind meist europäische Arten; sie erscheinen aber mit östlichem Winde, also vom afrikanischen Festlands her: deshalb der Name.)
Lanius excubitor L. (Dürfte wohl eine verwandte Art, etwa L. meridionalis Temm. oder L. algeriensis Less., sein? Der Herausg.)„Alcairon“. Häufig in der afrikanischen Region, dem Litorale der westlichen Inseln; auf Fuertaventura gemein. Er brütet am liebsten in den dornigen Büschen der Euphorbia canariensis. Ich erlegte mehrere bei Cofeito auf Handia im April 1852; noch häufiger, als dort, traf ich ihn in den Obstgärten von la Oliva. Die Einwohner Fuertaventura’s sehen es übrigens nicht gern, wenn man diesen Würger schießt, den sie als Vertilger zahlloser Heuschrecken und Gecko’s verehren. Außerdem gilt er ihnen noch als ein Vogel von günstiger Vorbedeutung; denn eine gute Nachricht steht dem Hause bevor, auf dessen Dache ein Alcairon sich niederläßt.
Muscicapa luctuosa. Temm. Teneriffa. Berthelot.
Sturnus vulgaris Lin. Unser Star ist wohl jeden Winter in den Fichtenwäldern Teneriffa’s anzutreffen; auch auf Fuertaventura hin und wieder, jedoch selten. Mein unvergesslicher junger Freund und Jagdgefährte, Cristobalito Manrique de Lara zu Oliva, erzählte mir gleich am ersten Tage unserer Bekanntschaft, von einem wunderseltenen Pajaro de Africa (afrikanischen Vogel), den er vor Kurzem flügellahm geschossen, den der Hund ihm lebend apportiert und den er jetzt in der Gefangenschaft ernähre, wo er bereits ganz zahm geworden sei. Neugierig, die Seltenheit zu schauen, folgte ich ihm in das Gemach, wo seine Stubenvögel in Rohrkäfigen hingen, und erkannte, o Enttäuschung! in der „rara avis“ unseren gewöhnlichen Star. Meine Erklärung, dieser Vogel sei in Europa eine der gemeinsten Erscheinungen, wurde mit ungläubigen Kopfschütteln aufgenommen; und als ich, um den Namen befragt, mich nicht gleich auf das spanische Wort Estornino zu besinnen wußte, wurde dies beinahe als Beweis angenommen, dass der Pajaro de Africa denn doch wohl kein recht eigentlich europäischer Vogel sein möge; denn der Name eines jeden dieser letzteren müsse mir ja doch geläufig sein.
Turdus iliacus L. Als Zugvogel im Winter. Berthelot.
Turdus musicus L. „Pajaro de Africa“. Im Winter 1828 – 30 kamen zahllose Scharen dieser Drossel nach Teneriffa. Wie Heuschreckenschwärme erschienen sie über dem Meere, und durchzogen truppweise die Straßen von Santa Cruz, um sich in die Gärten der Umgegend zu zerstreuen, von wo aus sie später in die Fichtenwaldungen des Gebirges hinaufzogen. Berthelot bringt das Ungewöhnliche dieses ihres Erscheinens mit dem Herannahen der Europa damals zum ersten Male bedrohenden Cholera-Epidemie, vor welcher sie geflohen seien, in Verbindung.
Turdus merula L. „Mirlo“. Auf den waldreichen Inseln des Westens einer der häufigeren Vögel. Man findet die Amsel sowohl in den Tabayba- und Cardon-Dickichten der Talabhänge, wie auch im dunklen, geheimnisvollen Schatten der alten Lorbeerhaine (Tabayba und Cardon werden in der Landessprache die baumartigen canarischen Wolfsmilch-Arten genannt, deren eigentümlicher Habitus den Landschaften der Küstenstriche einen durchaus phantastischen Charakter verleiht. Die Cardons (Euphorbia canariensis L) sind cactus-ähnliche, blattlose Stachelgewächse, von blassem Grün, einem ungeheueren vielarmigen Kronleuchter von 10-12’ Höhe vergleichbar.). Ihr lauter Angstruf warnt andere Vögel beim Erscheinen des Jägers. Man sieht häufig gezähmte Schwarzdrosseln im Käfige. Sie sind Standvögel, die jedoch auf den beiden östlichen Inseln Lanzarote und Fuertaventura nicht angetroffen werden.
Saxicola rubicola. Im Walde von las Mercedes auf Teneriffa; nach Berthelot.
Saxicola Oenanthe Bechst. Auf dem Zuge während des Winters.
Sylvia aquatica Lath. Auf „Canaria“.
S. atricapilla Lath (Der auf Madeira vorkommende Plattmönch wurde als Sylvia Heinekeni Jard. für spezifisch verschieden erklärt. (Jard. Selby Illust. of Ornith.) D. Hrsg.). Der gefeierte, schon von Humboldt erwähnte Sänger der glücklichen Inseln, in deren Orangenhainen und Weingärten er die Stelle der fehlenden Nachtigal ausfüllt. Oft wurde ich gefragt, ob der „Ruisennor“ (spanischer Name der Nachtigal), von welchem die Dichter des Mutterlandes singen, denn wirklich an Lieblichkeit des Gesanges den canarischen „Capirote“ übertreffe.. Dabei hält es schwer, die Inselbewohner davon zu überzeugen, dass diese Grasmücke kein ausschließliches Eigentum ihres Archipels, sondern auch in Europa anzutreffen sei. Sie bewohnt auf Teneriffa vorzugsweise die baumreichen Distrikte, namentlich die Fruchtgärten in der Nähe menschlicher Wohnungen: am liebsten in der Nähe des Wassers, oft jedoch auch in ziemlicher Entfernung von demselben. Ihr Gesang inmitten jener elysischen Gegenden ist von unbeschreiblichem Zauber. Der Capirote wird, als ein beliebter Stubenvogel, häufig in Rohrkäfigen unterhalten und erfreut seinen Pfleger sowohl durch sein Lied, wie durch einschmeichelnde Zutraulichkeit. Da man die Fütterungsmethode mit Ameisen-Puppen nicht kennt, so ernährt man ihn mit Feigen und anderen Südfrüchten, von denen er ein großer Freund ist, und denen er schon in der Freiheit fleißig zuspricht. Die Anzahl dieser Vögel auf Teneriffa ist sehr groß; und nichts zwingt sie in jenem glücklichen Klima zum Wandern. Den baumarmen östlichen beiden Inseln scheinen sie zu fehlen, sonst aber von der Natur vorzugsweise für die, an Vögeln nicht allzu reichen, nord-westafrikanischen Archipele bestimmt zu sein; denn auch Madera besitzt und schätzt sie als die Krone seiner Singvögel neben dem Canario; und von den Azoren im Norden dehnt sich ihr Verbreitungsbezirk bis zu den Inseln des grünen Vorgebirges, über den fernen Wendekreis hin, aus.
S. melanocephala Lath. Die Kapuze des Männchens geht tief in den Nacken hinab; beim Weibchen ist sie nicht braun, sondern schwarzgrau gefärbt. Nach Berthelot auf Teneriffa; nach Heineken auch auf Madera; auf beiden Inseln jedoch viel, viel seltener, als die Nonnen-Grasmücke.
S. cinerea Lath. Im ganzen canarischen Archipel, wo es Dorngebüsche gibt.
S. passerina Lath. Auf Teneriffa einer der häufigsten Sänger. Berthelot sagt von dieser Grasmücke: sie lebt gewöhnlich in der Küstenregion im Gebüsche, bisweilen in Gärten. Am meisten gefällt sie sich im Dickichte der Plocama’s, der Bosea’s und der strauchigen Prenanthes-Arten, zwischen denen sie unaufhörlich umherflattert: wobei sie den Menschen furchtlos nahe kommen lässt. Die dürren Gegenden der hohen Bergregion sagen ihr in demselben Maße zu, wie die trockenen Orte in der Nachbarschaft des Meeresstrandes. In der zwischen ihnen liegenden Region scheint sie selten zu sein. Der Pater Feuillée, der vor mehr als einem Jahrhunderte Teneriffa besuchte, erwähnt dieser Grasmücke in seiner Reisebeschreibung. Zwei solcher Vögelchen umflogen ein Felsstück, auf welchem er eine Weile ausruhte, bevor er sich anschickte, die höchsten Staffeln des Gebirges zu erklimmen. „Ich streute ihnen Brotkrümchen hin“, sagt der gute Geistliche, „und sie pickten sie von dem Säumen meines Kleides. Anfassen aber wollten sie sich nicht lassen. Fürchteten sie, ihre Freiheit zu verlieren? Ich würde sie ihnen nicht geraubt haben“. Im Barranco de Almeida, bei Santa Cruz, hat Berthelot ein Nest dieses Vogels in einem Busche von Chrysanthemum frutescens entdeckt.
S. rubecula Lath. Das Rotkehlchen bewohnt den dichten Lorbeerwald Teneriffa’s. Im Walde von Laguna habe ich es mehrmals beobachtet. Es scheint daselbst Standvogel zu sein. Im Oktober 1852 fand ich es in den Orangengärten von Realejo bei Orotava, deren zauberische Reize es durch seinen Gesang noch erhöhte.
S. phoenicurus Lath. Teneriffa. Berthelot.
S. troglodytus. In Ledru’s Katalog aufgeführt. Sein Dasein auf den Inseln wurde früher von Berthelot bezweifelt; es ist jedoch, einer mündlichen Äußerung dieses Naturforschers gegen mich zufolge, jetzt konstatiert.
Regulus, spec.? Goldhähnchen, aber ungewiss, welcher Species angehörig, habe ich im September 1852 in den uralten Fichtenwäldern Palma’s in Menge gesehen und zweifle nicht daran, dass sie daselbst brüten; denn geeignetere Wohnsitze für sie möchte es schwerlich irgendwo geben, als diese ausgedehnten Nadel-Gehölze voll der riesigsten Stämme. Diese Vögelchen waren indes bisher auf den Canarien noch nicht beobachtet worden.
Motacilla alba L. Die weiße Bachstelze kommt als Zugvogel jeden Winter nach den canarischen Inseln.
M. Boarula. Nur von dem nicht immer ganz zuverlässigen Ledru mit aufgeführt.
M. flava L. „Pispita“. An allen Bachen Teneriffa’s und Palma’s, wo sie das ganze Jahr hindurch wohnt, und wo ich den zierlichen Vogel unzählige Male, meist paarweise beisammen, angetroffen habe. In der Umgegend von Santa Cruz allgemein verbreitet.
Anthus trivialis. „Corre-camino“, nach Berthelot auch „Pajaró cajon“. Der Baumpieper bewohnt als Standvogel die heißere, afrikanische Region in sehr großer Menge. Auf dem roten, gluterhitzten Felsgesteine, welches spezifisch canarische Pflanzengebilde mit ihrem bläulichen Grün und ihren phantastischen Formen unvollkommen bekleiden, findet man auf Schritt und Tritt dieses zutrauliche Vögelchen. An den Wegerändern scheint es vorzüglich gern sein gemütliches und dabei so zierliches Wesen zu treiben. Dem Menschen, der ihm selten ein Leid zufügt, geht es kaum aus dem Wege. Das dürre Fuertaventura mit seiner Halbinsel Handia, ein so treues Bild der kaum 16 deutsche Meilen weit entfernten Sahara, besitzt diesen Pieper in noch größerer Anzahl, als die westlicheren Inseln.
Alaud aarvensis L. „Monnudo“ oder „Triguerito“, Weizenvögelchen genannt. Das Vorkommen der Feldlerche beschränkt sich auf die beiden östlichen Inseln mit libyschem Typus. Auf den getreidereichen Fluren Fuertaventura’s ist sie in nicht minder großer Menge, als z. B. in Norddeutschland, vorhanden und führt eine vollkommen gleiche Lebensweise. Ihr fröhlicher Gesang hat mich, wenn mich das Kamel hin und her durch jene fremdartigen orientalischen Gefilde trug, stets mit den heimatlichsten und süßesten Gefühlen erfüllt.
Parus major L. „Fraile“, (Mönch) genannt. Auf Teneriffa und Palma; doch weniger häufig, als die folgende.
P. coeruleus L. var. „Frailito“. Auf allen fünf Waldinseln. Die canarische Blaumeise, von einigen auch als P. violaceus n. sp. angegeben, zeichnet sich durch etwas geringere Größe, längeren Schnabel und violetteres Blau vor der europäischen aus. (Sie dürfte mithin wohl Parus ultramarinus Bonap. sein. D. Herausg.) Da ich sie nie anders als auf den Bäumen umherflatternd, gesehen habe: so bin ich außer Stande, eine eigene Meinung über ihre etwaige spezifische Verschiedenheit auszusprechen.
Emberiza Miliaria L. „Triguero“. Häufig auf den fetten Weizenfeldern der Rodeos im Inneren Teneriffa’s.
E. citrinella. In Ledru’s Katalog aufgeführt.
Fringilla hispaniolensis Temm. „Pajaro tejado“. Dachvogel. Diesen, von Fr. domestica fast nur durch den beim allen Männchen ganz braunen Oberkopf verschiedenen, sonst jedoch in Tönen und Sitten ihm gleichen Sperling entbehren die fünf westlicheren Inseln ganz. In Marocco soll er häufig sein; und von dort aus hat er sich über Lanzarote und Fuertaventura verbreitet. Weibchen und Junge wüßte ich kaum von denen des Haussperlinges zu unterscheiden. Gegen Abend zumal erheben die scharenweise in den Palmenkronen sich versammelnden Gesellschaften die lautesten Konzerte. Sie nisten unter Dächern und in anderen Höhlen; am liebsten aber, ja an vielen Orten ausschließlich, auf der luftigen Höhe der Dattelbäume, zwischen den Hervorragungen, welche durch die abgefallenen Blattstiele unter dem Gipfel gebildet werden. Zwischen diesen sieht man die Neststoffe oft unordentlich hervorragen. Es brüten gern mehrere Pärchen neben einander. Zu Oliva gibt es so viele dieser Vögel, dass es leicht war, mit einem Schusse 12 – 20 herabzuholen.
Fr. petronia L. Nach Berthelot auf allen Inseln; doch nicht im entferntesten so häufig, wie auf Madera, wo diese Art die Stelle des Haussperlings vertritt. Ich habe nur einmal, im Februar 1854, einige Steinsperlinge, mit ausgezeichnet schön gelber Kehle, in den einsamen Felsgebirgen der Anagakette auf Teneriffa beobachtet.
Fr. teydea Berth. et Webb. „Pajaro de la Cumbre“. Bei seiner zweiten Besteigung des Pic’s von Teneriffa, im Jahre 1825, entdeckte Berthelot diesen bis dahin unbekannten Finken, den er im ornithologischen Teile der „Histoire naturelle des Canaries“ abgebildet und genau beschrieben hat, und den er poetisch den Vogel Armida’s nennt. Die Grundfarbe des Männchens ist ein mattes Blau, die des Weibchens rotbraun; bei beiden die Flügel mit weißer Binde. An Größe übertrifft Fr. teydea den Buchfinken bedeutend. Kurze Zeit, nachdem ihn Berthelot zum ersten Male gesehen, glückte es ihm, ein Pärchen, welches der tiefe Schnee des Winters aus den höchsten Regionen herabgetrieben hatte, bei Chasna, (immer noch in bedeutender Höhe über dem Meeresspiegel) zu erlegen. Diese Vögel befinden sich zur Zeit, wenn ich nicht irre, ausgestopft im Pariser Museum. Der Wohnsitz der Fr. teydea sind die unwirtbaren Höhen des Teyde’s oder Pic’s von Teneriffa: zumal jene Plateaus, welche bei etwa 7-8000’ Höhe, den höchsten Gipfel, Pan de azucar (der Zuckerhut) genannt, zirkelförmig umlagern und größtenteils mit mächtigem Ginster-Buschwald, Spartocytisus nubigenus) (der Retama blanca der Inselbewohner) bewachsen sind. Rasenloses, gelbes Bimssteingerölle, zwischen welchem die seltenen Gebirgspflanzen wurzeln, deckt dort, mit schwarzen Lavaströmen und glänzenden Obsidianblöcken abwechselnd, den Boden, aus dem viele Meilen weit keine Quelle sprudelt. Tief unten liegt die Region der Wolken, tiefer noch die vom unermeßlichen Ozean umflutete Inselwelt. Noch viele tausend Fuß höher dampfen die „Nüstern“ des Teyde und der Krater des Vulkanes selbst. Die Abwesenheit des Regens, die Kühle der Nächte, so schneidend mit der Glut der Tageshitze kontrastierend, machen das Klima jener hochgelegenen „Cannada’s zu einem ganz eigentümlichen, nur wenigen organischen Geschöpfen zusagenden. Selbst der Flug der Raubvögel verliert sich selten in diese, für sie nahrungslose Wildnis. Nur halbverwilderte Ziegenherden und Bienenschwärme beleben die hohen Einöden, die dem Islenno meist ein verschlossenes Rätsel bleiben, zu welchem er den wissbegierigen Fremden kopfschüttelnd emporklimmen sieht. So sind die Wohnplätze der Fring. teydea beschaffen; so erklärt sich das tiefe Dunkel, welches immer noch auf seiner Lebens- und Fortpflanzungsweise ruht, von welcher letzteren wir durchaus gar nichts wissen. Man sieht diesen Vogel in den Zweigen der Ginsterbüsche; vor dem Menschen flieht er in eiligem, scheuem Fluge. Nach der Aussage der Ziegenhirten, welche ich darüber befragte, ist die Zahl der Pajaró’s de la Cumbre nur eine geringe; und besteht ihre Nahrung vorzugsweise aus dem Samen jener zwei Leguminosensträucher, der Retama und des Codeso, (Adenocarpus frankenioides), welche fast allein den Vegetationscharakter der Cannada’s bedingen. Einen Gesang haben weder Berthelot, noch ich, von diesem Vogel vernommen. Ich selbst beobachtete bei meiner Besteigung des Pic’s, im Oktober 1853, nur ein männliches Individuum, nahe bei der Estancia de los Alemanos.
Fr. tintillon Berth. et Webb. „Tintillon“. So nennen die beiden Schriftsteller den Vogel, welchen Ledru als einen etwas größeren, schöner gefärbten Buchfinken bezeichnet. Zeichnung, Lebensweise und Schlag sind die unseres europäischen Finken; die Farben aber sind allerdings bei weitem greller: und das Rot der Brust spielt ins Orange. Die Lorbeerwaldungen des nördlichen Teneriffa’s sind der Lieblingsaufenthalt des Tintillon. Auch in den Kastanienhainen über los Sauces auf Palma traf ich ihn im September 1852 häufig an.
Fr. nivalis L. Ein einziges Exemplar des Schneefinken ist bei Orotava geschossen worden. Gewiss ein merkwürdiges Vorkommen für einen, so kalten Regionen angehörigen Vogel.
Fr. chloris. Ledru’s Cat. Berthelot zweifelt an dem Vorkommen des Grünlinges innerhalb unseres Gebietes Nach Madera verfliegt er sich zuweilen, doch ohne daselbst zu brüten,
Fr. canaria. Wenn man die Frage aufwirft, was den Ruf der glücklichen Inseln am weitesten in die Welt hinausgetragen habe, so muss die Antwort sein: der Canarienvogel, dieser reizende kleine finkenartige Sänger, der von allen seinen Gattungsgenossen allein der Zähmung würdig befundene, über ganz Europa verbreitete, dem zivilisierten Menschen jetzt in alle Zonen folgende. Es erweckt eine eigentümliche Empfindung, den trauten Stubengenossen unserer Kindheit im wilden Zustande beobachten zu können. Und dies ist leicht; denn, ungleich dem vertilgten Guanchenvolke, dessen idyllische Naturzustände seine Lieder einst umtönten, nicht zusammengeschmolzen an Zahl durch eine Zerstreuung in „babylonischer Gefangenschaft“, entzieht sich der „Canario“ nicht, wie Fringilla teydea, dem menschlichen Auge. Er bewohnt die fruchtbare Küstenregion: die noch immer „hesperidischen“ Gärten, oft dicht in der Nähe ländlicher Wohnungen; und zwar nicht vereinzelt, sondern in zahlreichen Flügen. Aber man lasse der Fantasie nicht allzu freien Spielraum. Es sind keine goldgelbe Vögelchen, die im Laube der Orangenkronen mit den Früchten des Baumes zu wetteifern vermöchten. Der wilde Canario ist grün: jener, auch bei uns nicht seltenen grünen Varietät des gezähmten vollkommen gleich; nur Brust, Kehle und Zügel der alten Männchen spielen ins Goldgelbe. Es ist zu bedauern, dass uns über die Domestikations-Geschichte dieses Vogels fast alle Nachweise fehlen. Wahrscheinlich verdanken die gelben ihr Dasein einer zufällig entstandenen Albino-Spielart, die man fortzupflanzen bemüht war: denn bei grünen Vögeln pflegen die Albinos gelb, statt weiß, zu sein. Eine jahrhundertelang fortgesetzte Zähmung würde beim grünen Hänflinge, oder beim Zeisige, sicher ähnliche Resultate des Farbenwechsels erzielen. Zahme Canarienvögel werden jetzt in Menge, und zwar in allen Abänderungen, auf den Inseln gezogen. Zu Orotava auf dem mit Bäumen bepflanzten Marktplatze hat man hochgelbe fliegen lassen; und sie haben sich eine Zeit lang dort erhalten und fortgepflanzt. – Die Brütezeit beginnt frühestens mit Ende Januar und dauert bis tief in den Sommer hinein. Man versicherte mir, dass 4 – 5 Gehecke in jedem Jahre die Regel seien. Nach derselben tun sich die Vögel zu großen Schwärmen zusammen, und streifen weit und breit umher. Im Tale von Taoro, an den buschigen Küstenabhängen um Santa Cruz, auf Palma bei los Sauces sowohl, wie im Tale la Banda, habe ich im Herbst 1852 zahlreiche Gesellschaften bei einander gesehen; und obwohl sie dann ziemlich scheu sind, so hält es doch nicht schwer, auf einen Schuss ein Duzend von ihnen und mehr noch zu erlegen. Im August des genannten Jahres erhielt ich durch einen Vogelfänger von Tacoronte mehrere Junge, die ein bräunliches Gefieder, fast wie Berghänflinge, und nur einen schwachen Anflug von Gelb um die Augen und an der Kehle, zeigten. Schnabel und Füße waren schwärzlich braun. Die Tierchen waren unermüdlich in ihrem Gesange, welcher sich vor dem der zahmen durch einen unbeschreiblich flötenden Wohllaut auszeichnete. Auch wurden sie in kurzer Zeit recht zutraulich. Als Nahrung reichte ich ihnen das dort gebräuchliche Vogelfutter Alpiste, unseren sogenannten Spitzsamen.
Dieser, im eigentlichsten Sinne des Wortes „atlantische Vogel“, ist über die fünf Waldinseln, Gran-Canaria, Teneriffa, Gomera, Palma und Hierro, verbreitet. Auf den östlichen, mehr den Wüsten-Charakter tragenden beiden Canaren kommt er jetzt nicht mehr vor: obwohl er früher auch Fuertaventura bewohnt haben mag, ehe die Axt des Menschen die wilden Ölbaume, welche dort massenhaft wuchsen, bis fast auf die letzte Spur vertilgte. Tatsache ist es wenigstens, dass ältere Schriftsteller von zahlreichen Canarienvögeln berichten, welche die kleine, nordöstlich gelegene Deserta-Insel Montanna Clara bevölkerten: ehe das an einer Quelle dort üppig emporgeschossene Buschholz niedergebrannt worden war. Der Gesang der Canario’s von Montanna-Clara wurde als besonders ausgezeichnet gerühmt. Jetzt sind keine mehr an der genannten Örtlichkeit zu finden.
Bis zu den waldlosen Cap-verden hat sich dieser Vogel, dessen Existenz an die eines höheren Baumwuchses gebunden scheint, nicht ausgedehnt. Wohl aber wissen wir, dass er die Azorengruppe und das zwischen dieser und den Canarischen Inseln mitteninne liegende Madera bewohnt. Hier, bei dem paradiesischen Funchal, sah ich die ersten wilden Canarienvögel in des Rev. Mr. Lowe’s Garten. Wieviele seitdem!
Fr. cannabina L. „Millero“. Hänflinge findet man in unglaublicher Menge auf allen canarischen Inseln, selbst auf den östlich gelegenen; denn mehr Feld-, als Waldvögel, bedürfen sie zu einem behaglichen Dasein des hohen und dichten Baumwuchses nicht in demselben Grade, wie die meisten ihrer Verwandten. Die Cardon-Dickichte um Santa Cruz de Tenerifa, die Mandelpflanzungen von la Oliva auf Fuertaventura, wimmelten im buchstäblichen Sinne von diesen Vögelchen, die leicht zu schießen sind: da sie sich nach der Brutzeit zu großen Gesellschaften zusammentun.
Fr. spinus L. Der Zeisig nistet in den Fichtenwaldungen der höheren Gebirgsregion.
Fr. carduelis L., „Pintado, pajaró pinto“. Der Stieglitz ist einer der häufigsten Vögel auf den westlichen Canarien. Seine Farben schienen mir daselbst noch lebhafter zu sein, als in Europa. Bei los Sauces auf Palma sah ich, im September 1852, Scharen von vielen Tausenden sich allabendlich auf den hohen Silberpappeln der Alameda zur Nachtruhe niederlassen. Auf dem Molo von Santa Crux wird mit Stieglitzen und häufiger mit zahmen, als wilden Canario’s, von Knaben ein kleiner Handel getrieben: da Reisende von den vorübergehend dort anlegenden Schiffen gern Vögel von diesen, wegen ihrer gefiederten Bewohner so gefeierten Inseln mitnehmen. —
So sehen wir also den Canarienvogel in seinem Vaterlande schon von allen den Fringillen umgeben, mit denen wir ihn in Europa behufs der Bastard-Erzeugung zu kreuzen pflegen, und die mithin nicht nur Vettern, sondern auch Landsleute desselben sind.
Ob die Flüge ziemlich kleiner Fringillen, die ich in den dornigen Codeso-Dickichten der Cumbre von Palma zwischen 5-6000’ Höhe sah (da, wo der Fichten-Hochwald gegen die kahlen Bergrücken zu sich lichtet), etwa Citronenfinken waren, muss ich unentschieden lassen; denn ich habe sie nur aus der Ferne beobachtet, und war außer Stande, mir Gewissheit darüber zu verschaffen. — Bechstein’s Angabe, dass der Senegalist, Fr. Astrild L., ein Bewohner der canarischen Inseln und Madera’s sei, beruht auf einem Irrtume.
Pyrrhula githaginea (Temm.); auf Fuertaventura „Pispo“; nach Berthelot auch „Gorrion colorado“. Dieser Bürger des fernen Nubiens, welcher bisher nur als seltener Verirrter in der Provence und im griechischen Archipelagus angetroffen wurde, erstreckt seine geographische Verbreitung auch über Fuertaventura und Lanzarote. Im Frühlinge 1852 fand ich ihn auf der erstgenannten Insel, in den Felsgebirgen und auf den Malpays, jenen öden, schwarzen Lavaströmen voll gletscherartig klaffender Risse und Schlünde, in großer Menge. Beim alten Männchen scheint sich die Brust mit den Jahren immer tiefer karminrot zu färben. Weibchen und Junge zeigen in der Regel noch keine Spur davon, sondern sind einfach braun gefärbt, stets aber durch den prächtig korallenroten Schnabel vor allen übrigen canarischen Finkenarten ausgezeichnet. Zwischen diesen Extremen liegen mannigfache Farbenabstufungen. Nie habe ich von den Pispo’s einen Gesang vernommen. Auf der Halbinsel Handia schoss ich die ersten, dann später bei Oliva eine sehr große Anzahl. Einmal bei los Lajares, an der Tränke, erinnere ich mich, mit Cristobalito Manrique eine ganze Jagdtasche voll dieser interessanten Vögel erlegt und mit nach Hause gebracht zu haben. Immer neue und neue waren erschienen, nachdem unser Blei die Reihen ihrer Vorgänger niedergestreckt hatte. Es war um die Nachmittagszeit, und die Gegend ringsum sehr wasserarm. — Ich bedauere, dass speziell ornithologische Studien mir damals ziemlich fern lagen; sonst hätte ich sicher alles auf diesen, wie es scheint, seiner Lebensweise nach noch wenig gekannten Vogel Bezügliche an Ort und Stelle in mein Tagebuch niedergeschrieben, — eine Unterlassung, die ich, sollte sich noch einmal Gelegenheit dazu darbieten, sicher nachzuholen mich bemühen werde. So aber vermag ich nur zu sagen: dass die Sitten der Pyrrhula githaginea die eines Steinsperlinges sind; und dass sie Bäume und Gebüsch entschieden meidend, sich stets nur auf Felsen und zwischen Steingeröll bewegt. In bewohnteren Distrikten ist sie etwas scheu, auf Handia dagegen, wo das Schweigen und die Einsamkeit der Wüste sie umgibt, noch recht zutraulich. Sie soll in Felsritzen und zwischen Lavagestein nisten. Ich habe kein Nest gefunden. Die Brutzeit war bestimmt schon vorüber. Sie muss, bei dem voreiligen Frühlinge jener Gegenden, in den Januar und Februar fallen. Im Käfige habe ich keine Pispo’s gesehen, bin auch nicht im Stande gewesen, mir lebende Vögel zu verschaffen: so gern ich sonst die Voliere meines trefflichen Berthelot mit einem Pärchen bereichert hätte. Denn es gibt auf Fuertaventura, die Schlossherrin von Oliva, Donna Nieves Manrique de Castillo, und ihren Neffen Cristobalito ausgenommen, kaum irgend jemand, der an lebenden Stubenvögeln Gefallen fände; noch viel weniger einen Vogelsteller von Profession. Selbst die Kinder der Landleute, welche auf Teneriffa und Palma dieser Beschäftigung mit sehr vielem Eifer nachgehen, bekümmern sich hier, auf dieser armen Insel, um die gefiederten Gäste ihrer Heimat äußerst wenig.
Dem Pispo gibt übrigens der intensiv rote Schnabel unter allen canarischen Fringillen bei weitem das exotischste Ansehen. —
Hirundo rustica L. „Andorina“. Nur auf dem Zuge im Winter.
H. urbica. „Golondrina.“ Von Berthelot nicht bemerkt. Große Schwärme dieses Vogels sah ich im April 1852 auf Fuertaventura, bei la Oliva. Sie verschwanden eben so schnell, wie sie gekommen waren.
So entbehren denn die Inseln, da keine eigentliche Schwalbe auf ihnen brütet, der traulichen Nachbarschaft dieser Vögel an und in den Häusern.
Cypselus Apus Vieill. Auf dem Zuge.
C. unicolor Jard. „Golondrina“. Am ganzen Körper graubraun, an der Kehle kaum etwas blasser; dabei nicht ganz die Größe unseres Mauerseglers erreichend. Wohl auf alten Inseln: in Fuertaventura häufig; auf Teneriffa, zumal in den grottenreichen Barranco’s der Küste zahlreich vorhanden. Auf Madera nach Heineken. Der einzige auf den Canaren brütende schwalbenartige Vogel. Berthelot hat im Barranco de Martianez bei Orotava ihr Nest gesehen, ohne zu demselben gelangen zu können. In der ersten Hälfte des Maimonates hörte er die Jungen darin in der Felsspalte zwitschern. Außerdem beobachtete er bei einer zweimaligen Besteigung des Pic stets Mauersegler dieser Art, welche in 12000’ Höhe dicht über dem Krater des Vulkanes im Fluge hinstrichen, ohne dass die aufsteigenden Schwefeldämpfe sie im Mindesten zu belästigen schienen. —
Caprimulgus ruficollis Temm. Kommt nur gegen Anfang des Herbstes bisweilen auf den Canaren an. Berthelot.
Ob der auf Fuertaventura und auch wohl auf den anderen Inseln so berüchtigte mysteriöse Nachtvogel „el Apagado“, über den so manches Märchen im Schwange geht, ein Ziegenmelker sei, habe ich nicht ermitteln können, vermute es indes; denn, dass man eine kleine Eulenart darunter verstehe, bestritten alle von mir über diesen Gegenstand befragte Personen. Ich selbst sah in einer der dort so überaus reizvollen mondhellen Nächte, als ich von Puerto Cabras mit meinem Begleiter Quesada nach Oliva zurückritt, ein Apagado-Pärchen hoch über mir in der Luft sich jagen. Das Geschrei lautete seltsam klagend. Der Apagado hat die Größe einer Drossel und brütet auf Fuertaventura. Man gibt diesem Vogel, der überhaupt ein Unglücksprophet sein soll, Schuld: er fliege durch die geöffneten Fenster in die Hauser und lösche mit seinen Schwingen die Lichter aus. Daher sein Name: von „apagar“, auslöschen.
Cuculus glandarius L. Zufällig hin und wieder auf dem Zuge eintreffend.
Nach einem starken Wehen aus Südost hat man auf Teneriffa auch noch eine andere Kuckucks-Art, oben braun, unten rotbraun von Farbe, mit sehr langem Schwanze, erlegt. Berthelot.
Merops apiaster L. Auf dem Zuge, nur als gelegentlicher Gast. Berthelot. Im Dezember 1828 ließ sich ein zahlreicher Schwarm Bienenfresser auf dem weltberühmten, uralten Drachenblutbaume von Orotava nieder und verweilte mehrere Tage daselbst, bis die Jagdlust der Nachbaren diese Vögel verscheuchte.
Alcedo ispida L. Ein ziemlich einzelner Standvogel in den Barranco’s der warmen Küstenregion.
Upupa epops. „Abobo“ oder „Tabobo“. Der Wiedehopf ist ein ungemein häufiger Vogel in der unteren Region der Inseln. Man trifft daselbst zwar den ganzen Winter hindurch einzelne Individuen; aber ihre Hauptmasse erscheint mit Beginn des Frühlinges, um bis zum September zu verweilen und dann wieder fortzuziehen. Um Santa Cruz sah ich viele; in außerordentlicher Zahl aber fand ich sie auf Fuertaventura im April und Mai 1852, wo ich unendlich viele Wiedehopfe geschossen und mich auch davon überzeugt habe, dass ihr Fleisch äußerst wohlschmeckend ist. Wie seltsam, dass ein Vogel, der bei uns alter und hohler Bäume zu seinem Nestbau bedarf, eine so baumarme Insel zu seinem Lieblingsaufenthalte wählen konnte! Wie man mir sagte, brütet er in jener Gegend, in Löchern der Steinmauern und in Felsspalten.
Picus major. (Ob vielleicht der in Nord-Afrika vorkommende Picus numidicus? Der Herausg.) „Pito“. In der Region der canarischen Fichte; soll auch in Marocco gemein sein. Dies ist der einzige auf den Inseln vorkommende Specht. Nach Berthelot Standvogel daselbst.
Sitta europaea. Ledru’s Katalog. Es ist Grund vorhanden, das Vorkommen der Spechtmeise auf den Inseln als zweifelhaft zu betrachten.
Berlin, den 17. Juni 1854
Columba laurivora Berth. „Torcaz“ der Canarier, „Trocaz“ der Maderenser. Heineken kann als wissenschaftlicher Entdecker dieser von Ledru nur erwähnten und ganz kurz beschriebenen Taube gelten, von welcher Berthelot und Webb eine gute Abbildung gegeben haben. An Größe der Ringeltaube etwa gleichkommend, zeigt ihr Gefieder glänzendere Reflexe, als das unserer europäischen Species; selbst der dunkelbraune Rücken und der braunrötlich-weinfarbene Unterkörper schillern purpurrot, während ein lebhaftes Grün den Hals überfliegt, der Bürzel eine aschgraue Färbung zeigt und die Flügel weder Flecken noch Querbinden darbieten. Die Iris strohgelb. Der Schnabel rot mit schwarzer Spitze. Es ist eine echt insulare Art, mit ihrer Existenz an jene dichten und schattigen Lorbeerwaldungen gebunden, welche ihr in den großen blauen Beeren des Vinnatico, (Laurus indica) neben manchen anderen Baumfrüchten, ihre Lieblingsnahrung darbieten. Zur Zeit, als diese Forsten noch in der mittleren Bergregion und in den höher gelegenen Tälern einen zusammenhängenden Waldgürtel bildeten, gehörten die Torcazes zu den häufigsten Bewohnern derselben. Cadamosto spricht von ihnen in seiner leider ebenso kurzen als reizenden Schilderung der Urzustände Madera’s; ihm zufolge waren sie dort im Beginne der Kolonisation äußerst zahlreich und so wenig scheu, dass man sie mit Schlingen, die man ihnen um den Hals warf, eine nach der anderen von den Zweigen der Bäume herabzog, ohne dass die daneben Sitzenden deshalb die Flucht ergriffen. Wie hätten sie auch auf ihrer, vielleicht von der Schöpfungsperiode an bis zum 15. Jahrhundert, von keinem Fuße eines Sterblichen betretenen Insel, die drohende Gefahr kennen lernen sollen! Sie wußten nicht, wie der venetianische Entdecker sich ausdrückt, was für eine Kreatur der Mensch sei („non conoscendo che cosa fosse l’uomo“). Der fürchterliche Brand, der 7 Jahre lang durch den Urwald Maderas, welches bekanntlich vom dichten Holzwuchse den Namen empfing, gewütet haben soll, muss, indem es den größten Teil ihrer Wohnplälze zerstörte, auch ihre Anzahl schon bedeutend verringert haben. Auf den Canaren bewiesen sie ebenfalls in den frühesten Zeiten eine fast gleich große Furchtlosigkeit. Die unter Alphons IV. von Portugal aus auf Entdeckung und Durchforschung der Inseln ausgegangenen Seefahrer, deren Reisebericht uns Boccaccio aufbewahrt hat, tun dieser Tauben bei Gelegenheit ihrer Landung auf Gomera Erwähnung: „et in eadem insula ligna plurima et palumbos, quos baculis et lapidibus capieban et comedebant, invenerunt. Hos dicunt majores nostris et gustui tales aut meliores“. Jetzt haben sich die Überbleibsel dieser einst so zahlreichen Taubenflüge in den tiefsten Schatten dessen zurückgezogen, was von den Lorbeerwaldungen in den hohen und feuchten Bergschluchten übrig geblieben ist. Da die Nacimiento’s und Madre’s del Agua, die meist aus Farrenkraut bewachsenen Grotten hervorsprudelnden Wasserquellen, welche die dem Litorale unentbehrlichen Aquädukte speisen, die Erhaltung dieser gewaltigen Baummassen, welche die Niederschläge der Wolken durch ihre Kronen herabziehen, dringend fordern, so wird den Torcaze’s auch wohl dies ihr letztes Asyl nicht geraubt und mithin ihr Dasein für die Zukunft gesichert bleiben. Ganz im Gegensatze zu ihrer früheren Furchtlosigkeit, verbergen sie sich jetzt scheu in den höchsten Gipfeln tausendjähriger Lorbeerlinden (Laurus Til), oft in so schwindelnder Höhe, dass selbst das Blei des geübtesten Schützen sie bisweilen nicht zu erreichen im Stande ist, und die wenigen Jäger, die von ihnen wissen, sie bei der Tränke beschleichen müssen. Man sagte mir, ihr Fleisch besitze, vom Genusse der Vinnatico-Beeren ein eigentümlich bitterliches Aroma. — Im Walde von Taganana auf Teneriffa sollen noch jetzt die Torcazes nicht selten sein. Ich habe die wenigen Paare, welche ich zu Gesicht bekam, im „Monte de los Sauces“ auf Palma bei der Fajana de los Tiles, aber nur in der Ferne gesehen. Berthelot versicherte mir, er habe sie noch am zahlreichsten im Walde „el Cubo de la Galga“ der erwähnten Insel angetroffen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass diese Taube der Verbreitung der Lorbeerforsten bis zum Archipel der Azoren folgt.
Columba livia L. „Paloma“. Bewohnt in zahlreichen Flügen gesellig, die Felsenküsten der canarischen Inseln, stets die Nachbarschaft des Meeres vorziehend. In Teneriffa habe ich sie nicht selten auf den beiden seltsamen, turmähnlich aus dem Meere aufsteigenden Burgado-Felsen bei Orotava und im Tale Ygueste de St. André beobachtet, an letzterem Orte auch aufgezogene Junge gesehen, die äußerst zahm und niedlich waren und die man mir zum Geschenk anbot. Palma hat Überfluss an diesen Tauben; man sagte mir, sie gingen dort im Herbst in den Gebirgswaldungen dem Samen von Pinus canariensis nach. Mir ward in einem Garten der Stadt ein schöner junger Fichtenbaum gezeigt, der aus einem einer erlegten Taube aus dem Kropfe genommenen Kern gezogen war. In manchen Grotten des Felsgestades brüten diese Tauben gesellschaftlich in großer Anzahl: so in der cueva de las palomas, der Taubenhöhle auf Lobos; in Lanzarote sogar im Inneren des Landes an mehreren Stellen, z.B. bei el Sobaco. Berthelot fand auf letztgenannter Insel viele, in den noch frischen Eruptionskratern der Vulkane von 1824 brütend, trotz des Schwefelgeruchs und der großen Hitze, die noch darin herrschten. Letztere gerade, sagten ihm die Islennos, zöge die Tauben an, weil sie ihnen das Brutgeschäft erleichtere. Diese Tauben haben einen äußerst schnellen und gewaltsamen Flug und sind sehr scheu. Man beschleicht sie in den Höhlen, wohin sie sich zurückziehen, um daselbst zu übernachten. Auf Lanzarote besteht ein besonderes Jagdvergnügen darin, im Dunkeln mit Fackeln in diese Grotten einzudringen, den Eingang zu verstopfen und dann mit Stangen und Knütteln unter den überraschten Tauben, von denen auch viele lebendig gefangen werden, eine große Niederlage anzurichten. C. livia im gezähmten Zustande, unsere Haustaube, wird auf den Inseln eben so häufig wie in Europa gezogen, ohne dass indessen eine hervorstechende Liebhaberei für sie daselbst vorherrschend zu sein scheint.
Columba afra L. „Tortola“. Diese der unserigen in Gefieder und Größe sehr ähnliche Turteltaube, habe ich in Fuertaventura im Frühling sehr häufig, in den mit niedrigen Obstbäumen bestandenen Gärten angetroffen. Auch auf Handia, wo doch fast gar kein Baumwuchs ist, war sie im April desselben Jahres nicht selten und suchte, scheinbar furchtlos, doch stets vorsichtig, um die Häuser von Cofeito herum ihr Futter. Berthelot versicherte mir, die Turteltauben kämen auf Teneriffa erst spät im Frühjahre an und zögen im November scharenweis, meist immer von der Punta roja, dem roten Vorgebirge im Süden aus ihre Reise beginnend, wieder weg. Wahrscheinlich pflanzen sie sich hauptsächlich in den ausgedehnten Fichtenwaldungen fort.
Pterocles arenarius Temm. „Ganga“. Nur den wüsten Ebenen Fuertaventura’s eigentümlich, von wo aus es sich zuweilen nach Gran Canaria verfliegt. Man schießt diesen Vogel an der Tränke, aber nicht oft, obwohl er in keinesweges geringer Anzahl vorhanden zu sein scheint und nach der Ernte, in guten Jahren am zahlreichsten, auf die Stoppeln der Weizenacker kommt. Er wählt seinen Aufenthalt an den Ödesten, nur selten von Menschen besuchten Orten; dort sieht man ihn, zumal in der Dämmerungsstunde, mit einem pfeifenden, oft wiederholten Rufe, meist paarweise, in raschem, langanhaltendem Fluge, einer Taube ähnlich, durch die Lüfte segeln.
Perdix petrosa Lath. „Perdiz“. Auf den canarischen Inseln das gewöhnlichste Federwildpret, nur auf Fuertaventura und Lanzarote fehlend, merkwürdiger Weise aber auch auf Palma nicht vorhanden, wo doch alle Bedingungen zu seiner behaglichen Existenz in demselben Maße, wie anderwärts, da zu sein scheinen. Dorthin verpflanzte junge Repphühner sollen stets nur kurze Zeit gelebt haben. Steinhühner bilden auf Teneriffa den Hauptgegenstand der Jagd, die hier selten in den Wäldern, meist auf bebauten Feldmarken betrieben wird. Das Fleisch dieser Art, mit welcher der Markt von Santa Cruz reichlich und zu sehr billigen Preisen versehen ist, weicht in Farbe und Geschmack von dem unseres grauen Repphuhnes ab, indem es nicht braun, sondern weiß und dabei von einem zwar verschiedenen, aber nicht weniger feinem Wohlgeschmacke ist.
Perdix coturnix Lath. „Codorniz“. Sehr zahlreich auf sämtlichen Inseln, wo sie 2, ja selbst 3 Mal, zuletzt noch im August brüten soll. Man behauptet, ein Teil von ihnen verlasse im Winter das Land, ein anderer und zwar der größere bleibe, und nähre sich die kühlere Jahreszeit hindurch hauptsächlich von den rotgelben Beeren der Daphne Gnidium. In Fuertaventura habe ich nach der Ernte, die dort in den April fällt, viele auf den Stoppelfeldern geschossen. Die Haupt-Jagdzeit ist im September und Oktober, wo dann die Wachteln außerordentlich fett sind. Ein recht guter Schütze kann dann auf den Rodeos 50 Stück an einem Tage erlegen.
Otis Houbara. „Abutarda“. Die schöne Houbara-Trappe landet sich ausschließlich auf Fuertaventura; nur wenige sind an der Südküste von Lanzarote geschossen worden. Sie liebt weite Ebenen, vorzüglich in der Nähe ausgedehnter Kornfelder, obwohl ich sie auch tief in der Wüste und selbst auf steinigen Bergen angetroffen habe. Man gewahrt sie nicht häufig, weil sie bei Annäherung des Menschen sich gern platt auf die Erde, am liebsten hinter einen Stein duckt; selten nur gleich von vorn herein in der Flucht ihr Heil sucht. Fast immer lebt sie paarweise bei einander. Außerordentlich scheu, hält es schwer ihr schussgerecht anzukommen; am leichtesten soll es noch geschehen, wenn man sich zu Esel oder auf einem Kamele reitend, (denn diese, auf ihren Weideplätzen in großer Zahl frei um sie herumstreifenden Tiere fürchtet sie weniger) auf weiten Umwegen, sie scheinbar gar nicht beachtend, ihr zu nähern sucht. Das Fleisch der Houbara-Trappe wird gern gegessen. Trotz ihrer Schüchternheit ließ sie sich, jung gefangen, zähmen. Ich habe auf dem Hofe des Doktor Thomas Mena eine solche gezähmte weiblichen Geschlechts gesehen; sie lief frei unter dem Geflügel umher und wurde mit Korn und Gofio (geröstetem Mehl) gefüttert. Ein gewisses zaghaftes Wesen, eine Neigung zum Forthuschen oder sich in Ecken und Winkel zu drücken, hatte sie indes nicht abgelegt.
Cursorius isabellinus Mey. „Enganno-muchacho“. Ebenfalls ein wüstenliebender Afrikaner und deshalb, so wie Trappe und Gangahuhn den beiden östlichen Inseln ausschließlich angehörig. Seines außerordentlich wohlschmeckenden Fleisches halber wird er auf Lanzarote „faisan“, Fasan genannt, woraus der Reisende Ledru, der 1796 die Canaren, aber nie die ebengenannte Insel besuchte, irrtümlich Phasianus colchicus gemacht hat, der nirgends innerhalb der sieben Inseln anzutreffen ist. Der Name Enganno-muchacho, Kindertäuscher, kommt von dem Umstände her, dass er oft den Menschen, scheinbar sorglos, bis auf eine geringe Entfernung nahe kommen lässt. Knaben glauben dann wohl, ihn mit Händen greifen zu können, aber plötzlich schießt er in blitzschnellem Laufe weg und beginnt in einer gewissen Entfernung dies Spiel von Neuem, wie er es denn überhaupt vorzieht, sich allen Verfolgungen eher laufend als fliegend zu entziehen. Der Lieblingsaufenthalt des Cursorius isabellinus, den ich im nördlichen Fuertaventura in der Gegend von Oliva häufig zu beobachten Gelegenheit hatte, sind steinige Flächen, auf denen er den Tag über, bis spät in die Dämmerung hinein, und zwar zu der Jahreszeit, wo ich ihn kennen lernte, stets paarweis, umhertrippelte. Auch auf den wilden, schwarzen Lavaströmen, dem Malpays oder Volcan der Islennos, war er oft anzutreffen. Ehe er sich aus der Luft niederläßt, wiegt er sich gewöhnlich nach weiteren, im Fluge zurückgelegten Strecken, eine Zeitlang anmutig mit ausgebreiteten Fittichen über dem Steine, auf den er sich setzen will. Den Jäger flieht er augenblicklich, sobald derselbe sich ihm geradewegs nähern will; man muss ihn erst von fern, dann immer enger und enger umkreisen und scheinbar gar nicht auf ihn achten; dann ist man seiner Sache ziemlich sicher. Es gehört übrigens mehr Geschicklichkeit dazu, seiner äußerst rapiden Bewegungen halber, ihn im Laufen, als im Fliegen, das bei ihm langsamer von Statten geht, zu schießen. Diese Vögel langen erst gegen Ende des Maimonats oder Anfangs Juni an in Fuertaventura zahlreich zu erscheinen; früher sieht man fast gar keine. Sie müssen folglich sehr spät von ihrem Zuge zurückkehren.
Oedicnemus crepitans Temm. Mit einbrechender Dämmerung hört man auf Fuertaventura und Teneriffa überall den eigentümlich hellen Ruf dieses Vogels, welcher ihm, neben seinem aus dem Arabischen stammenden Namen „Alcaravani“ den noch volkstümlicheren „Pedro-Luis“ verschafft hat. In mondhellen Nächten sieht man ihn in voller Tätigkeit, am Boden in der Verfolgung der ihm zur Nahrung dienenden Insekten begriffen. Doch habe ich ihn auch bei hellem Tage nicht minder eifrig seinen Verrichtungen nachgehend angetroffen. Auf den gebirgigen Inseln scheint er die ebeneren Distrikte vorzuziehen, wie z. B. auf Teneriffa das untere Teguestetal gegen Tejina zu. Die dürren Flächen der östlichen Inseln aber sind vorzugsweise ganz wie für ihn geschaffen, und diese bewohnt er auch in sehr großer Anzahl. Man genießt sein Fleisch gern, obschon das der Alten etwas hart ist: es hält aber, bei der großen Schnelligkeit seiner Bewegungen im Laufen und bei seiner nächtlichen Lebensweise etwas schwer, ihn zu erlegen.
Calidris arenaria Illig. Hin und wieder einmal als Verflogener. Berth.
Himantopus atropterus Mey. Desgleichen.
Haematopus niger Cuv. „Grajo marino“. Im Anfange des April 1852 wanderte ich zu wiederholten Malen die Küste der Halbinsel Handia entlang, an der ein breiter ebener Flugsandstrand, die mit „Salado’s“ oder strauchartigen Chenopodeen spärlich übergrünten Dünen von der in breiten, mächtigen Wellen sich unaufhörlich donnernd heranwälzenden Salzflut trennt. Nur wenige Seevögel halten sich zuerst blicken lassen, bis die Isleta, ein inselartig aus dem Sandgestade ins Meer vorspringender Felskoloss erreicht war, dessen schroffer von der Brandung umraster Klippenrand zahllosen Möven (Larus argentatus) zum Asyle diente, während verschiedenartige kleine Strandläufer auf seiner ebenen, mit zerbrochnen Muschelschalen bedeckten Oberfläche ihr Spiel trieben. In der Nähe dieses eigentümlichen Ortes gewahrte ich zuerst mehrere Paare dieses wunderhübschen sammtschwarzen Austernfischers, deren Schnabel und Beine vom schönsten Scharlachrot waren. Sie liefen emsig an der stets wechselnden Scheidungslinie, zwischen Wogen und Sand hin und stürzten, sowie die ersteren zurückwichen eifrigst nach, um etwa bloßgelegte kleine Schaltiere aufzulesen. Verfolgte ich sie, so entflohen sie laufend, worin sie eine große mit Schnelligkeit gepaarte Geschicklichkeit besitzen, und schienen sich nur im äußersten Notfalle zum Auffliegen zu entschließen. Männchen und Weibchen waren unzertrennlich von einander. Nach stundenlangem Nachschleichen, gelang es mir endlich, ein Exemplar dieses prächtigen Vogels zu erlegen. Berthelot traf den seltenen schwarzen Austernfischer auf der kleinen wüsten Insel Graciosa an. Er dürfte auf den Canaren nicht leicht anderswo als an den ödesten Küstenstellen von Fuertaventura und Lanzarote, wo Sandgrund ist, und auch dort nicht häufig angetroffen werden.
Charadrius pluvialis L. Als Zugvogel im Winter.
C. cantianus Lath. Desgleichen. Berth.
Vanellus cristatus Mey. „Ave fria“. Im Winter ein auf den Inseln wohlbekannter Gast, der zumal in Fuertaventura mitunter in Menge eintrifft und es sich auf den von den Winterregen teilweis überschwemmten Flächen, in Gesellschaft zahlreicher anderer Wad- und Schwimmvogel, unter letzteren dann auch mancher Entenarten, wohl sein lässt.
Vanellus griseus Briss. Einmal auf Gran Canaria geschossen.
Strepsilas interpres Ill. Eine zufällige Erscheinung. Berth.
Ardea cinerea L. „Garza real“. Diesen Reiher sieht man im Winter auf Teneriffa nicht selten. Ich bin ihm mehrmals auf meinen Streifzügen am Meeresufer begegnet, und habe ihn einige Mal als Jagdbeute durch die Straßen von St. Cruz tragen sehen. Doch hat man mir versichert, weder dieser, noch irgend ein andrer Reiher, brüte für gewöhnlich innerhalb des Bereiches der Inseln.
Ardea garzetta L., Nycticorax L., ralloides Scop. und stellaris L. sind sämtlich auf den Inseln beobachtet und erlegt worden, ohne indes für etwas anders als seltene und zufällige Gäste gelten zu können.
Ciconia alba (L.). „Ciguenna“. Obgleich der Storch die Inseln keineswegs regelmäßig auf seinem Zuge besucht und nie daselbst nistet, sondern höchstens einmal als Verirrter erscheint, so kennt ihn dennoch der canarische Landmann und begrüßt ihn als einen Vogel günstiger Vorbedeutung, den zu töten ein großes Unrecht wäre.
Platalea leucorodia L. „Pajaro espatula“. Der Löffelreiher kommt bisweilen im Winter nach Teneriffa. Berthelot erzählt von einem, der sich in einem Garten bei Sta. Cruz eine Zeit lang jeden Morgen regelmäßig auf den Brunnenschwengel eines gemauerten Bewässerungsteiches setzte und von da aus die darin umherschwimmenden Goldfische wegfing, bis der Besitzer, des Spieles überdrüssig, ihn erlegte.
Numenius phaeopus Lath. Nur zufälliger Gast. Berth.
Tringa variabilis Mey. Soll auf Lanzarote und Fuertaventura nisten.
Totanus hypoleucus Temm. Zugvogel während des Winters. Berth.
Limosa melanura Leisl. Zufällige Erscheinung. Berth.
Limosa rufa Briss. Ob als Zugvogel? Berth.
Scolopax rusticula L. „Chocha perdiz“. Ich habe über den Aufenthalt der Waldschnepfe auf den Canaren keine eignen Erfahrungen. Von Berthelot, der sich als eifriger Jäger viel mit ihr beschäftigt hat, weiß ich, dass sie in den Lorbeerwäldern den Frühling und Herbst hindurch angetroffen wird, im Winter die Gärten und Felder der Küste besucht und in den Sommermonaten sich hoch oben in der Region der baumartigen Eriken fortpflanzt.
Scolopax gallinula L. „Gallinula“ oder „agachona“. Die Becassine bringt regelmäßig den Winter auf den Canaren zu und kommt in der Regel in sehr großer Menge vor. Auf der während der Regenmonate zum Teil überschwemmten Hochebene von Laguna, schießt ein guter Jäger, der Glück hat, wohl 20 Stück an einem Morgen.
Gallinula chloropus Lath. Nicht selten im Winter auf dem Zuge.
Gallinula Porzana Lath. Einmal vorgekommen. Berth.
Fulica atra L. Als Zugvogel. Berth.
Uria Troile Lath. Als Zugvogel. Berth.
Alca minor „Aleta“. An den Küsten sämtlicher Inseln; auf den beiden östlicheren am häufigsten.
Sterna cantiaca Gm. Nur auf Lanzarote und Fuertaventura beobachtet. Berth.
St. Hirundo L. Ebendaselbst. Selten auf den westlich gelegenen Inseln.
St. minuta L. Auf Lanzarote und Fuertaventura. — Seeschwalben, die alle den Namen Garajao führen, sowie die Strandläufer alle Serapico genannt werden, sind an den sandigen Küsten Fuertaventura’s häufig genug. Leider kann ich die Art nicht genau angeben. Auf Madera muss eine Species ebenfalls in Menge vorhanden sein, da das von den Engländern Brazenhead genannte Vorgebirge der Südküste portugiesisch als Cabo Garajao bezeichnet wird.
Larus marinus L. „Ganso marino“. Auf der Deserta-Insel Alegranza. Der Besitzer derselben D. José Garcia de Lugo zieht ans diesen dort häufigen Möven eine bedeutende Revenüe, da ihre Daunen nach England verkauft werden, wo man sie den Eiderdaunen fast gleich achten soll.
Larus argentatus. „Gaviota“. Diese Möve bewohnt die Küsten aller canarischen Inseln in sehr großer Menge. Ich würde nicht enden, wollte ich das Verzeichnis aller Lokalitäten geben, an welchen ich sie angetroffen habe. Am allerhäufigsten möchte sie vielleicht an der Nordküste Handia’s sein. Bei stürmischem Wetter, während dessen sie sich nicht auf die hohe See wagen, sieht man diese schönen Möven, deren Gefieder in seinem Silberweiß mit dem hellroten Schnabel und den zarten roten Füßchen so herrlich kontrastiert, reihenweise am sandigen Ufer sitzen. Auf Lanzarote stehen sie unter gesetzlichem Schutz und dürfen für gewöhnlich nicht geschossen werden, weil sie die frisch gepflügten Äcker scharenweis besuchen und namentlich die Garbanzo- oder Kichererbsenfelder von einem Insekt reinigen, welches sonst der Ernte sehr schaden würde. Den Furchen, die die Dampfschiffe ziehen, welche in Santa Cruz anlegen, folgen unter beständigem schrillen Geschrei ebensoviel Hunderte dieser Möven, als die Seeschwalben dies an der Elbmündung zu tun pflegen. Sie benutzen jeden Augenblick, wo ein Fischchen sich in dem aufgewühlten Meeresschaume zeigt, um es mit den Füßen zu ergreifen und augenblicklich als Beute zu verschlucken. Ihr leichter, schaukelnder Flug, ihr zartes Gefieder und ihre ganze Haltung bieten dem Beschauer ein äußerst anmutiges Bild dar.
Puffinus cinereus Schinz. „Pardela“. Die einsameren Gegenden der canarischen Küsten, namentlich wo Klippen und Inselchen das Gestade umsäumen, zahlreich bewohnend; eine weise benutzte Quelle des Überflusses für den Unternehmungsgeist der Islennos. Die Desertas nämlich werden kurz nach der Brutzeit, die in den Oktober fällt, regelmäßig ausgebeutet, indem man die sehr feilen Jungen durch Frettchen aus den Erdlöchern, in denen sie ausgebrütet wurden, hervorholen lässt und sie fassweise einsalzt, eine in jenem Lande sehr beliebte, obwohl etwas fischig schmeckende und fast allzu fette Speise. Die Salvajes, zwischen Madera und den Canaren gelegen, sollen jährlich 30 000 Stück liefern. Diese wüsten Inselchen gehören einem reichen Maderenser, werden aber von Entrepeneurs von Lanzarote in Pacht genommen. In neuerer Zeit hat man auch angefangen die Federn nach England zu verkaufen und zwar mit so gutem Erfolge, dass einem spekulativen Kopfe aus dem Hafenplatze Arrecife, ein sehr schönes Mobiliar für sein Haus als Preis für eine derartige Sendung, aus London zugeschickt ward. — Die Insel Lobos wimmelt zur Brutzeit von Pardelas; ich traf im Mai keine einzige mehr daselbst, wohl aber sah ich die Federn der im verflossenen Herbst daselbst getöteten und gerupften, haufenweise umherliegen. Auf Teneriffa gibt es Brutplätze in der Gegend der Punta de Antequera. Im hohen Sommer 1854 schwärmten die Pardelas zahlreich um die Klippenküste des nördlichsten Teneriffas, die ich damals der Windstille wegen langsam umschiffte. Ich hatte reichliche Gelegenheit mir den leichten, schwimmenden aber niedrigen Flug, bei dem kaum eine Schwinge bewegt, und bei dem bald die graue Ober-, bald die weiße Unterhälfte dieses interessanten Vogels sichtbar wird, ins Gedächtnis einzuprägen.
Puffinus Anglorum Ray. „Tajos“. Nistet, nach Berthelot, auf der kleinen Insel Alegranza in den Felsgrotten.
P. obscurus Schinz. Wurde einmal im Februar 1829 von den Fischern zu Orotava lebend gefangen und Berthelot gebracht.
P. columbinus Berth. In Lanzarote: „Perrito“, kleiner Hund, seiner bellenden Stimme wegen, in Madera: „Anjinho“, Engelchen genannt, obwohl er seiner schwärzlichen Färbung und seines Geschreis wegen eher den Namen „Teufelchen“ verdiente. Dieser Vogel wird gleichfalls als Nahrungsmittel ausgebeutet und in Menge getötet, zumal auf Alegranza, wo er ebenso häufig vorkommen soll, als auf den westlichsten Azoren Corvo und Flores, die ihn ebenfalls im Überfluss besitzen.
In der Nähe der Desertas von Madera und bei Porto-santo habe ich vom Bord des Schiffes aus Schwärme von Puffinus-Arten gesehen, ohne über die Art entscheiden zu können.
Thalassidroma pelagica Vigors. Nach Berthelot nur zufällig einmal auf den Canaren.
Th. hypoleuca Berth. Teneriffa. Berth. Ich glaube, dass dieser Species die kleinen Sturmvögel angehörten, die ich beim heitersten Wetter dem Kielwasser des Dampfschiffes folgen sah, als ich im Juni 1851 den Meeresstrich zwischen Lissabon und Madera befuhr. Ihr Flug war schwalbenartig, ihr Gefieder schwärzlich mit weißem Bürzel. Sie wurden von den Seeleuten „Mother Cary’s chickens“ genannt.
Anas Boschas L. Selten auf den Canaren, wie die meisten ihrer Gattungsverwandten. Nur im Winter sollen die Enten bisweilen truppweise erscheinen und sich an überschwemmten Stellen niederlassen. Berthelot wußte von keiner Art mit Bestimmtheit anzugeben, ob sie auf den Inseln brüte; doch habe ich im Frühling 1851 mehrfach Entenpaare an der Küste Fuertaventura’s gesehen, deren Nester vielleicht nicht fern waren. Die Art bin ich nicht im Stande anzugeben.
Anas Crecca L. Nur einmal auf Teneriffa geschossen. Berth.
A. leucophthalmus Bechst. „Palito“. Auf dem Zuge, als nicht häufiger Wintervogel.
Von Hausgeflügel werden auf den Inseln keine andern, als die in Europa gewöhnlichen Arten angetroffen. Hühner sind im Überfluss vorhanden. Man schließt sie, da außer verwilderten Katzen keine Raubtiere da sind, nicht in Ställe ein, sondern lässt sie auf den niedrigen Zweigen der Bäume in der Nachbarschaft der Wohnungen, denen sie angehören, übernachten. In der Caldera von Palma sah ich eine kleine Kolonie von Hühnern, fern von menschlichen Niederlassungen in den Zweigen eines ungeheuren Feigenbaums, dessen niedere Äste den Boden nicht allein erreichten, sondern in einem weiten Umkreise förmlich bedeckten, angesiedelt. Die Hirten, denen sie gehörten, besuchten sie nur von Zeit zu Zeit, um ihnen einige Körner hinzustreuen und Eier zu holen, und doch waren sie keineswegs verwildert. Die Kultur der Cochenille beginnt in neuerer Zeit nachteilig auf die Hühnerzucht einzuwirken, denn man gibt ihnen Schuld, das kostbare Insekt von den Cactusbüschen abzulesen und beschränkt aus diesen Gründen an vielen Orten ihre Anzahl. Kampfhähne, „Gallos“, sind auf Teneriffa Gegenstand wahnsinniger Liebhaberei. Man erzieht sie mit großer Sorgfalt; hält sie in Rohrkäfigen und lässt sie in eigens dazu erbauten Galerien in Gegenwart eines zahlreichen, durch Wetten dabei sich ruinierenden Publikums miteinander kämpfen. Diese Hähne sehen mit ihren abgestutzten Flügel- und Schwanzfedern, abgeschnittnem Kamme und kahl und rot gerupften Kopfe und Steiße ganz unkenntlich aus, sind aber ihrem Herrn, indessen Hand man sie oft vor Ungeduld und Kampfbegier krähen hört, sehr zugetan und stehen, je nach ihren Antecedentien, in hohem Preise. Truthühner werden auf Teneriffa, namentlich in der Gegend von Icod de los vinos sehr viele gehalten. Das Mästen mit Mais macht sie sehr fett und verleiht ihrem Fleisch einen besonders guten Geschmack. Perlhühner sind selten, Pfauen ebenfalls, obwohl beide Arten des warmen Klimas wegen vortrefflich gedeihen und ihre Jungen ohne alle Pflege aufgebracht werden. Von den Tauben war schon die Rede. Lachtauben habe ich nicht ein einzigesmal gesehen. Der Enten- und Gänsezucht steht, ebensowohl wie dem bleibenden Aufenthalte der meisten wilden Arten dieser Gattungen, der Mangel zumal stehender süßer Gewässer entgegen. Aus diesem Grunde wird die gemeine zahme Ente meist durch die mehr dem Trocknen angehörige s. g. türkische (Anas moschata), „Pato de Guiné“ ersetzt. — Gänse werden noch seltner als Enten gezogen: man kann höchstens sagen, die Rasse existiert auf den Inseln. Zu la Oliva auf Fuertaventura besaßen die Manriques de Lara früher viele, die man indes nach und nach fortschlachtete oder aussterben ließ, da sie in den Gärten und am Getreide Schaden taten. Nur einmal traf ich zu meiner Überraschung auf Teneriffa, im März 1852, am Bache des Tales del Bufadero einige zwischen Rohr und Schilf brütende weiße Gänsepaare an.
Noch ist zu erwähnen, dass die Kapläne Bethencourts Bontier und Leverrier in ihrem Werke, welches von der Eroberung der Inseln um den Beginn des 15ten Jahrhunderts handelt, und in welches ebenso naive als interessante Schilderungen der hervorragendsten Naturprodukte verwebt sind, bei Gelegenheit der Insel Ferro, eines Vogels gedenken, der ausgestorben zu sein scheint, da später nicht wieder von ihm die Rede ist. „Une manière d’oiseaux“, heißt es, „qui ont plume de faisan et est de la taille d’un papegaux et out courtc volée.“ Berthelot ist zwar geneigt, diese Stelle auf das Gangahuhn zu deuten, allein ich kann mich mit dieser Ansicht nicht einverstanden erklären. Einem Vogel Fasanenfedern zuschreiben, heißt doch wohl damit einen gewissen metallischen Glanz und eine lebhafte Farbe meinen, welche Pterocles arenarius gar nicht besitzt. Die Papageiengröße ist zwar etwas Unbestimmtes, wer aber, der jemals ein Ganga fliegen sah, möchte es einen Vogel von geringer und kurzer Flugkraft nennen. Außerdem hat das von allen Canaren bekanntlich am westlichsten gelegene Ferro gar nicht den Wüstencharakter und die ebene Terrainbeschaffenheit, die der Pterocles hauptsächlich liebt. Weder Berthelot noch ich hatten den Vorzug, Ferro persönlich zu besuchen. Die Frage, ob ein solcher Vogel vielleicht noch existiert, muss daher unentschieden der Zukunft zur Lösung aufbewahrt bleiben. Wäre er nicht mehr vorhanden und zugleich mit jenen großen Eidechsen verschwunden, die die normannischen Chronisten „gros comme des chats et bien hideux à regarder“ nennen, so würde wohl ebenso wenig Wahrscheinlichkeit da sein, ihn an einem andern Orte wieder aufzufinden, als wir die Hoffnung hegen dürfen, jene großen hühnerartigen Vögel wieder zu entdecken, die einst den Urwald Maderas bewohnten und deren kein mir bekanntes ornithologisches Werk erwähnt, obwohl Cadamosto mit klaren Worten von ihnen redet. Wohl ihrer Größe und der Schönheit ihres Gefieders nach urteilend, nennt er sie „pavoni salvatichi“, wilde Pfauen und fügt hinzu, es gebe auch weiße darunter. Es hat für mich einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, dass diese Vögel in dem ungeheueren Brande, der jahrelang wütend, den Wald in jene Asche, welche die künftigen Rebengelände zu düngen bestimmt war, verwandelte, untergegangen sind. Das Feuer, welches mit seiner Glut, selbst die ersten Kolonisten zu verzehren drohte und Giovangonzales Zarco, den Gouverneur mit all den Seinigen, Frauen und Kindern im Meere Rettung zu suchen zwang, wo sie 2 Tage und 2 Nächte bis an den Hals im Wasser stehend, ohne Speise und Trank zubrachten, „denn sonst wären sie verbrannt“, dies Feuer sage ich, muss auch das uns unbekannte pfauenartige Maderahuhn von der Erdoberfläche vertilgt haben. Die wenigen übrig gebliebenen mögen sich ins höhere Gebirg zurückgezogen haben und dort im Laufe der Zeit den Nachstellungen des Menschen, so spurlos, wie die Dronte auf Isle de France, erlegen sein: der Phantasie einen freien Spielraum, dem Systeme aber eine Lücke mehr hinterlassend, deren Ausfüllung nur durch das Auffinden fossiler Reste, in etwas möglich wäre.
Berlin, den 29. December 1854