Читать книгу Ein Rindvieh für Gaddafi - Günther Thömmes - Страница 7
Kapitel 3
ОглавлениеJe mehr Oberst Wimmer über die Identität seines Mordopfers erfuhr, desto mehr fluchte er. Es war immer noch bemerkenswert wenig, aber die Art und Weise, wie diese Informationen hereintröpfelten, machten ihn sehr misstrauisch. Er telefonierte herum, mit diversen Ministerien und einmal sogar kurz mit dem Kanzleramt, bevor er zu dem Schluss kam, dass es beinahe wichtiger war, darauf zu achten, was nicht gesagt wurde.
Er rief Stummel an, um sich mit ihr für den Abend zu verabreden. Auf ihre erneute Bitte um Informationen erwiderte er sofort: »Wir sind angehalten, diesen Fall mit besonderer Diskretion zu behandeln. Sonst treten wir jemandem in der hohen Politik auf die Füße. Keine Presse, keine Alleingänge. Alle Informationen kommen zuallererst zu mir. Und bleiben bei mir. Ohne Ausnahme! Ich habe keine Lust, auf dem diplomatischen Parkett auszurutschen und danach in Zukunft als Schülerlotse zu agieren.«
Stummel lachte.
»Musst du immer so übertreiben?«
Wimmer lachte nicht.
»Es war mir nie ernster.«
Drei Stunden später war alles vergessen, sie tanzten Walzer.
Es war keine Frage, wer hier wen führte, Elisabeth Körner legte ihre Wange in Wimmers Armbeuge und wiegte sich im Takt der Musik von Johann Strauß.
Ihre Beziehung, die nur auf gegenseitiger Sympathie und der Liebe zum Tanzen basierte und keinerlei Sex enthielt, war anfangs von vielen Menschen als ein wenig bizarr angesehen worden.
Sicher spielten auch ein wenig Wimmers Beschützerinstinkte gegenüber seiner kleinen Tanzpartnerin eine Rolle; er wäre auch als Erster bereit gewesen, dies zuzugeben. Aber nur am Rande.
In Stummels Motive zu dieser ungewöhnlichen Freundschaft spielten auch die Tatsachen hinein, dass Wimmer bei der Polizei einflussreich war und Zugang zu erstklassigen Informationen hatte. Sie hatten jedoch beide stillschweigend vereinbart, dass keiner die beruflichen Quellen des anderen zu seinem Vorteil unangemessen ausnutzen würde. Gelegentliche harmlose Unterstützung konnte aber nichts schaden. So pedantisch war man in Wien nicht.
Beim Tanzen jedoch war alles tabu, was keine Noten hatte. Solang sie über das Parkett wirbelten, schwiegen sie.
Nach einer Stunde lösten sich die beiden erschöpft und glücklich voneinander und setzten sich an einen Tisch in der zum Tanzklub gehörenden Bar.
Wimmer bestellte ein Bier für sich. Elisabeth Körner einen Whisky Sour.
»Jetzt erzähl schon«, sie konnte ihre Neugier einfach nicht verbergen, nachdem der Ober die Getränke gebracht hatte, »wer ist die Leich’?«
Wimmer schüttelte lächelnd den Kopf.
»Du lässt nicht locker.«
»Berufskrankheit.«
»Das darf ich dir leider trotzdem nicht verrate. Noch nicht. Wie ich dir gestern und auch heute Nachmittag schon gesagt habe.«
Stummel zog einen Flunsch.
»Nun sei nicht gleich beleidigt. Mach doch eine Story aus dem Schrecken, den diese Kegelbrüder und -schwestern dabei erlitten haben. Den Schrecken, das Entsetzen. Die darfst du interviewen, was das Zeug hält.«
»Das reicht aber nur für maximal drei Tage. Dann wird’s langweilig.«
Wimmer wiegte seinen Kopf hin und her.
»Vielleicht wissen wir bis zum Wochenende mehr. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder darfst du dann darüber schreiben, mit allen Informationen.«
»Oder?«
»Der Fall wird, wie bisher, weiterhin als geheim eingestuft. Dann musst du das Ganze vergessen.«
Sie prosteten sich zu.
»Dann hoffe ich mal auf Ersteres.« Elisabeth Körner lächelte. »Sonst suche ich mir einen anderen Tanzpartner.«
Wimmer lächelte zurück. Er wusste, dass dies eine leere Drohung war. Die Ironie seiner Freundin hatte er exklusiv. In ihrem Beruf, im Boulevard-Journalismus, gab es das nicht.