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Der Kessel auf dem Feuer verströmte den Geruch von gekochtem Schweinefleisch. Großvater knurrte der Magen. Außerhalb des Lichtkegels, in der Dunkelheit jenseits eines Panzerwracks, den Blicken der Kameraden entzogen, lagen die Leichen. Fein säuberlich in Reih und Glied, wie es sich für einen Deutschen gehört. Sie waren so abgemagert, dass man lediglich das Fleisch ihrer Gesäßbacken verwerten konnte.

Marschieren. Frieren. Resignieren. Hungern. Schreien. Beten. Morden. Sterben. Verfluchen. Die Schüsse zerfetzten die unerträgliche Stille, die den Zug seit Stunden begleitete. Nebelschwaden erschwerten die Sicht. Mit jedem Schritt, die sie der Waldgrenze näher gekommen waren, hatte sich das ungute Gefühl in Großvaters Eingeweiden verstärkt. Die psychische Anspannung übertraf die physische Anspannung. Es ist jemandem, der nie an solch einem Wahnsinn teilgenommen hat, schwer zu vermitteln, wie enorm belastend es ist, jeden Moment damit zu rechnen, niedergeschossen zu werden.

Die russischen Gefangenen marschierten an der Spitze des Zuges. Ein menschliches Schutzschild. Die viel zu kleinen Stiefel, die er einem der Russen abgenommen hatte, quetschten seine Zehen zusammen. Doch dafür waren sie mit Fell gefüttert. Die Moral der Schützendivision lag am Boden, das Fiasko von Stalingrad hatte ihrem ganzen Tun den Sinn genommen. Frustration und Hoffnungslosigkeit lähmten den Männern die Sinne und ihre Entscheidungsfähigkeit. Die 6. Armee war Geschichte und die, die überlebt hatten, befanden sich auf dem Weg in sibirische Gefangenenlager, um dort auf den Tod zu hoffen oder taumelten wie Großvaters Division durchs Nirgendwo. Kraftlose Schritte durch die Verwüstung zurückliegender Schlachten, in denen sich die Deutschen noch auf der Siegerstraße wähnten. Immer wieder schnitten ihnen die Russen den Weg ab und verwickelten sie in dezimierende Kämpfe. Der Westen, das Reich und seine Heimat erschienen Großvater unendlich weit entfernt. Die Russen waren wie Geister, plötzlich waren sie da und erschreckten die Division im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode.

Feindkontakt! Der Kopf des Russen (aka menschliches Schutzschild) zerplatzte wie eine reife Melone. Großvater schmiss sich zu Boden. Das Pferd, das das Feldgeschütz zog, bäumte sich auf und fiel dann auf die Seite. Der Beschuss war vernichtend. Es gab keine Chance zu entkommen.

Großvater drückte sein Gesicht in den Dreck, verschränkte die Arme über dem Kopf und betete.

Die Russen kamen, ihre Stimmen wurden lauter.

Er wurde hochgerissen.

Er blickte dem Tod ins Auge.

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