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Captain Dorian Kanakor, Prillone, Koalitionsshuttle

Vor lauter Wut packte ich Captain Seth Mills Handgelenk, aber wie von einem Krieger zu erwarten war, wehrte er sich und machte einen auf stur. Der Zoff schien vorprogrammiert. Er war beinahe so groß wie ich, also ziemlich groß für einen Menschen. Und seine seltsam blauen Augen funkelten mich herausfordernd an.

Sie funkelten auch vor Schmerz.

Einen Schmerz, den wir Tag für Tag miteinander teilten.

“Was soll das, Dorian?” Seth blickte finster, seine Stimme hallte bis zu der kleinen Gruppe Krieger hinüber, die sich um uns drängte. Wir alle waren schweißgebadet und rußverschmiert, nachdem wir endlose Stunden lang in dem Frachter gekämpft hatten. Es wurde still im Raum, als meine Crew und sein ReCon-Team gespannt darauf warteten, was als Nächstes passieren würde.

Es kam nicht oft vor, dass der Kommandant höchstpersönlich sich einschaltete. Verdammt, und noch viel seltener kam es vor, dass einem von uns eine Braut zugewiesen wurde.

“Wir müssen reden, Mills. Allein.” Ich versuchte meine Aufgebrachtheit zu verschleiern, denn mir war klar, dass er sich gegen meine Idee sträuben würde. Er musste aber kooperieren, damit dieses wahnwitzige Anliegen funktionieren konnte. Eine Idee, die mir in den Sinn gekommen war, nachdem ich die Worte des Kommandanten vernommen hatte.

Er musterte mich in Sekundenschnelle und wandte sich der Copilotin zu, einer bissigen Erdenfrau namens Trinity. “Bring uns zur Karter zurück.” Dann blickte er zu seinem ersten Offizier, ebenfalls ein gestählter Krieger von der Erde, den ich zu respektieren gelernt hatte. “Jack, du hast die Führung.”

Ich wartete nicht auf ihre Antwort und meine eigene Crew hatte solche Anweisungen nicht nötig, die Kommandostruktur war bei uns fest eingeübt. Unter neugierigen Blicken führte ich ihn in den winzigen Vorratsraum im Heck des Shuttles. Das Evakuierungsshuttle war nicht dazu gedacht, so viele Passagiere aufzunehmen. Mit der gesamten ReCon 3 und den Überlebenden meiner Crew war das Schiff rappelvoll. Seth folgte mir in den kleinen Raum und ich nahm auf einer Kiste Arzneimittel Platz. Er setzte sich ebenfalls und die Tür ging wieder zu, wir waren eingeschlossen.

Sein berechnender Blick tastete mich ab und er wartete. Schweigend. Geduldig. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich zu erklären.

“Mein Cousin Orlinthe ist vor ein paar Monaten im Kampf getötet worden.”

“Ich erinnere mich,” entgegnete Seth. Und das sollte er auch. In den letzten drei Jahren hatten wir mehr als einmal auf der Karter zusammen unseren Kummer ertränkt. Als Orlinthe im Kampf an die Hive verlorenging, war ReCon 3 zur Stelle gewesen und hatte die Mannschaft, mich und meine Prillonischen Waffenbrüder, mit einer Flasche Whisky getröstet, um den Schmerz runterzuspülen. Oder ihn zumindest aus meiner Kehle zu brennen.

“Ich war sein zweiter Mann. Ich habe mich niemals selbst für eine Partnerin testen lassen.”

Seth erstarrte, als er dabei war sich den Ruß vom Ärmel zu wischen. Ein auswegloses Unterfangen, da es nichts anderes bewirkte, als den Fleck noch weiter zu verschmieren, aber so musste er meinem Blick nicht standhalten. “Und? Geh einfach zur Krankenstation und zieh es durch.”

“Das möchte ich gar nicht.”

Er blickte zu mir auf und seufzte. “Verflucht, Dorian. Ihr Aliens seid zum Verzweifeln. Was soll dieses Gespräch?” Seth legte den Kopf schräg, sein verbissener Mund und nervöses Fußgetippel verrieten schließlich seine Anspannung. Er begann hin und her zu rutschen, der Kolben seines eisernen Gewehres ruhte neben ihm auf dem Boden, seine Hand umfasste krampfartig den Lauf und seine Knöchel waren ganz weiß.

“Du hast eine Partnerin, Seth. Eine ausgewählte Braut. Hast du eine Ahnung, wie besonders das ist? Was für ein seltenes Geschenk?” Am liebsten wollte ich ihm einen Tritt verpassen, ihn wachrütteln. Er war ein Vollidiot.

“Oh nein.” Seth verdrehte die Augen und hob das Kinn zu einem eigenartigen Winkel an, bevor er befremdliche lächelnd wieder zu mir blickte. Menschliche Emotionen waren manchmal schwer zu entziffern und ich konnte mich auch nicht auf die aufschlussreiche Wirkung eines Prillonischen Halsbands verlassen, um die Gefühle meines Gegenübers besser zu verstehen. “Willst du mir jetzt eine Standpauke darüber halten, wie viel Glück ich doch habe? Dass ich auf die Knie fallen und deinen Göttern danken soll, weil sie mir eine unschuldige Frau als Braut ins Universum geschickt haben?”

“Ja.” Also verstand er es doch.

“Nein.”

“Nein?”

Seth stand auf und ich erhob mich ebenfalls und die Enge des Raumes bewirkte, dass wir uns praktisch Nase an Nase gegenüberstanden. Zorn kam in mir auf. Wie konnte dieser Krieger, dieser Mensch es wagen, seine ausgewählte Partnerin zu verschmähen? Das gehörte sich einfach nicht. “Warum verschmähst du deine Braut?”

Seth fing an zu Lachen, aber ohne jeden Anflug von Freude. Nur Schmerz. “Ich verschmähe sie nicht. Ich rette sie.”

Ich runzelte die Stirn. “Wovor?”

“Vor mir. Vor dem Kummer. Davor, einen Mann zu lieben, der schon morgen sterben könnte. Ich kann noch nicht mit dem Kämpfen aufhören. Ich kann nicht nach Hause, zur Erde, zurückgehen. Ich habe mich verändert. Zu sehr, um mich mit den banalen Kleinigkeiten auf der Erde herumzuschlagen.” Er seufzte. “Ich kann keine Partnerin nehmen. Das werde ich ihr nicht antun.”

“Also bist du ein Feigling.”

Ich dachte, dass der Erdling mir dafür vielleicht die Fresse polieren würde. Er aber ließ nur die Schultern hängen und schloss die Augen, gab sich geschlagen. Er ließ den Kopf hängen, sodass sein Kinn das Oberteil seiner Panzerung berührte. “So ist es wohl. Ich werde keine Witwe hinterlassen. Kinder ohne einen Vater, der sie beschützt. Eine Partnerin zu nehmen wäre egoistisch, Dorian. Ich würde alles haben wollen, würde sie ficken, bis mein Baby in ihr heranwachsen würde. Und dann noch eins. Ganz einfach.”

Sicher, er hatte dieselben Wünsche wie die meisten Männer, egal von welchem Planeten. Ich konnte seinen Standpunkt zwar nachvollziehen, erkannte aber auch das eigentliche Problem dahinter. Das irdische Problem dahinter.

“Wenn es keine Gefahr für sie gäbe, keine Möglichkeit bestünde, dass sie allein und ungeschützt zurückbleiben würde, würdest du sie dann akzeptieren?”

Er schaute mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. “Natürlich, aber das ist—”

“Abgemacht,” sagte ich und schnitt ihm das Wort ab. “Ich werde dein zweiter Mann sein. Du bist ein Krieger und wirst sie wie es einem Krieger gebührt für dich beanspruchen, mit einem zweiten Mann, um ihr Vergnügen, ihren Schutz und ihr Glück zu gewährleisten. Sie wird von uns beiden verehrt werden, wie bei einer Prillonischen Braut üblich. Die Gefahren, die du erwähnt hast, wären dann nicht länger ein Problem. Ich schwöre, dass ich für deine Partnerin sorgen und deine Nachkommen beschützen werde, solltest du umkommen. Und ich versichere dir—” ich musste lächeln. “—, dass sie doppelt so schnell ein Baby in sich tragen wird, wenn sie uns beiden gehört.”

“Was zum Teufel redest du da?”

“Du wirst mir denselben Schwur leisten müssen. Dass du dich um unsere Partnerin und unsere Kinder kümmerst, wenn mir etwas passieren sollte.”

Seth war sprachlos, aber ich wartete einfach. Er kannte die Gepflogenheiten Prillonischer Krieger. Er war lange genug im Weltraum, um mit unseren Bräuchen vertraut zu sein. Wir teilten uns immer eine Braut, um sie vor einem Schicksal, wie Seth es befürchtete, zu bewahren. Eine Prillonische Braut blieb nie allein zurück, wurde nie sich selbst überlassen. Sollte ein Partner umkommen, würde der andere ihre Partnerin und die Kinder beschützen. Ich war davon ausgegangen, mir irgendwann mit meinem Cousin eine Braut zu teilen, aber dazu sollte es nicht kommen. Ich respektierte Seth als Krieger. Er war einer der wenigen Menschen, die ich zu meinen Freunden zählte. Und er hatte mir mehr als einmal das Leben gerettet. Ich vertraute ihm darin, für eine Partnerin zu sorgen. Sie zu beschützen, wie ich es täte.

Aber Seth war ein Mensch und kein Prillone. Die Menschen waren, wie ich gehört hatte, besitzergreifend, eher wie Atlanische Bestien und nicht wie wir Prillonen. Vielleicht war die Vorstellung eine Partnerin zu teilen, zu weit hergeholt für ihn. Es könnte Eifersucht geben. Rivalität. Streit. Anstatt mit einer gemeinsamen Braut die engste aller Verbindungen einzugehen, würde es uns auseinanderreißen. Also wartete ich ab, damit er sich mein Angebot durch den Kopf gehen lassen konnte. Ich kannte die Macht der Geduld. Des Schweigens.

Als er zu mir aufblickte, erkannte ich Hoffnung, aber auch Zweifel. “Und was, wenn sie damit nicht einverstanden ist? Sie wurde mir zugesprochen. Einem Menschen. Einem Mann. Einen Zweitpartner wird sie womöglich nicht wollen. Verflucht, vielleicht ist sie ja eine verklemmte, puritanische Fanatikerin, die jedes Mal, wenn sie einen Orgasmus hat, den lieben Gott um Vergebung bittet.”

Ich konnte mir eine solche Frau zwar nicht wirklich vorstellen, musste aber davon ausgehen, dass es solche Leute auf der Erde gab. Eigenartig.

“Würdest du etwa so dein perfektes Match beschreiben?” fragte ich nach.

“Verdammt, nein.”

Ich nickte beruhigt. Ich bezweifelte, dass ein tüchtiger Krieger wie Seth sich zu so einer Frau hingezogen fühlen würde. Und wenn es nicht das war, was er sich wünschte, dann würde er auch nicht so eine Partnerin bekommen. “Nimm sie. Ich werde dein zweiter Mann sein. Und wir werden sie zusammen verführen. Wir werden sie überzeugen, dass zwei Männer besser sind als einer.”

Seth streckte mir die Hand aus, wie es bei den Menschen üblich war, wenn man ein Abkommen besiegelte. “Sie hat das letzte Wort. Und wenn sie nicht uns beide will, dann wird sie zurück nach Hause gehen, oder zu jemand anderem. Ich werde keine heulende Witwe hinterlassen.”

Ich legte meine Hand in seine. “Abgemacht. Außer für den Fall, dass du nicht wissen solltest, wie man eine Frau beglückt, mache ich mir darum keine Sorgen.”

Diese unverblümte Beleidigung ließ ihn zum Gegenschlag ausholen. “Was für eine große Klappe du hast, Prillone. Dabei hast du von den Frauen auf der Erde keine Ahnung.”

“Dann klär mich auf.”

Seth zuckte nur die Achseln. “Anhänglich. Hilfsbedürftig. Zart besaitet. Sie machen sich nicht gerne die Finger schmutzig.”

“Ich benötige kein schmutziges Weib. Ich will, dass sie mich braucht und dass sie sanft ist.” Mein Schädel brummte vor Verwirrung. “Würdest du etwa so Trinity beschreiben? Kommt sie nicht von der Erde?”

Seth schmunzelte. “Sie ist keine Frau, sondern eine Soldatin, wie meine Schwester. Soldaten sind anders gestrickt. Knallhart, schwierig. Sie führen dich an den Eiern herum und bestimmen über dein Leben. Das gefällt mir allerdings auch nicht.”

“Was willst du dann?” erkundigte ich mich.

“Wenn ich das nur wüsste. Wenn euer Bräutewahlverfahren so gut ist, wie ihr Aliens immer behauptet, werden wir es wohl bald herausfinden.”

In der Tat.


Chloe

“Ich gehe nicht davon aus, dass Sie mir erläutern können, was genau Sie in den letzten vier Jahren für die Koalition getan haben? Ich würde Ihre Akte gerne mit ein paar grundlegenden Informationen für Ihren Partner ergänzen. Dadurch wird er Sie und Ihre Vergangenheit besser verstehen können.”

“Nein, ich glaube nicht, dass ich das darf,” entgegnete ich. Ich war seit einem Jahr wieder auf der Erde. Vier Jahre lang hatte ich beim Geheimdienst gedient. In den vergangenen zwölf Monaten aber wurde ich nur selten zu meiner Zeit bei der Koalition befragt. Kaum jemand auf der Erde glaubte an die Existenz der Hive—besonders, weil die Nachrichtenagenturen nichts über das Grauen, das dieser Abschaum des Weltraums verübte, berichteten. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war die Erde dank der anderen Koalitionsplaneten von den Hive verschont geblieben. Und obwohl es Leute gab, die sich wie ich freiwillig zum Dienst in der Flotte gemeldet hatten, so war der Anteil doch verschwindend gering. Die Erde erfüllte ihre Quote an Freiwilligen, um weiter vom Schutz der Koalition zu profitieren, sonst nichts.

Die Regierungen auf der Erde waren zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu bekriegen, anstatt dem Weltall mehr Ressourcen zu widmen.

Und meine Rückkehr zur Erde? Niemand, der da draußen gewesen war, durfte darüber reden. Selbst wenn die Vorschriften weniger streng gewesen wären und wir reden dürften, würde es niemand verstehen können oder uns auch nur Glauben schenken. Niemand, außer die Leute in der Notrufzentrale in Houston, hatte mir geglaubt. Ich nahm fünfzig Stunden in der Woche Notrufe entgegen und half dabei, die übelsten Probleme zu lösen. Häusliche Gewalt. Amokläufe an Schulen. Hurrikans. Überflutungen. Herzinfarkte. Autounfälle. Die Leute glaubten Geschichten über Geister oder Hellseher im Fernsehen, die ihnen ihr Liebesleben voraussagten. Aber die tödlichen Hive im Weltraum? Meine Undercovermission im Weltraum? Ich, wie ich gegen Aliens gekämpft und den Feind infiltriert hatte? Meine Arbeitskollegen hätten sich wahrscheinlich schlapp gelacht.

Viel konnte ich sowieso nicht erzählen. Genau wie bei Mitarbeitern in der US-Armee war alles streng geheim. SEALs konnten auch nicht verraten, wohin sie entsendet wurden. Den Ehefrauen konnte ihr Standort nicht mitgeteilt werden. Missionen waren Geheimsache. Top Secret.

Und ganz besonders die neu entwickelten Technologien, mit denen die Kommunikationsfrequenzen der Hive gestört wurden. Leute wie ich, die ein gewisses Talent dafür hatten, ihrem Geschwätz zuzuhören und zu enträtseln, was sie sich untereinander so alles erzählten. Ich konnte nicht erklären, wie ich das fertigbrachte, aber ich hörte einfach hin und manchmal machten diese merkwürdigen Laute auf unerklärliche Weise einfach “Klick” mit meiner NPU. Es gab zwar andere Leute wie mich, aber nicht viele.

Und besonders einer unter ihnen, Bruvan, lag viel zu oft daneben. Zu oft. Aber irgendwie brachte er es jedes Mal fertig, jemand anderes die Schuld in die Schuhe zu schieben. Die Hive waren schuld, weil sie ihre Pläne geändert hatten.

Oder ich.

Auf der letzten Mission hatte er beinahe mein gesamtes Team ausgelöscht, fast wäre ich auch draufgegangen und dann wurde ich nach Hause geschickt, aus gesundheitlichen Gründen ausgemustert und er war immer noch da draußen. Er verbreitete weiterhin seinen Bullshit, ließ gute Krieger ins Messer laufen.

Ich biss meine Lippe, um den Zorn herunterzuschlucken, als die Aufseherin mir ihr offenes Ohr anbot. Aber ich wusste nicht, auf welcher Ebene sie mitspielte und ich würde nicht danach fragen. “Ich kann ihnen wirklich nichts darüber sagen.”

Die Aufseherin zog eine dunkle Augenbraue hoch und spitzte die Lippen. “Nun, der Bericht sagt, Sie haben zwei Einsätze für den Geheimdienst absolviert und vier Jahre lang dort gedient, bevor Sie zur Erde zurückgekehrt sind. In Ihrer Heimatstadt haben Sie als Notrufmitarbeiterin gearbeitet, sind ins zivile Leben zurückgekehrt. Mit einem Job, einem Appartement. Freunden. Und dennoch haben Sie sich dazu entschlossen, eine Braut zu werden. Warum?”

Ich runzelte die Stirn. “Ist das von Bedeutung? Ich bin aus freien Stücken hierhergekommen.”

Ich blickte auf meine Hände herunter, die mit dicken Metallbändern an die Armlehnen des Teststuhls gefesselt waren. “An diesen Stuhl gefesselt zu sein, fühlt sich allerdings gar nicht so freiwillig an.”

Sie blickte auf ihr Tablet und mit einem Fingerwischen befreite sie mich von den Fesseln. “Die sind zu ihrer Sicherheit während des Testvorgangs gedacht und um mich vor den verurteilten Straftätern unter den Bräuten zu schützen. Bis der Test abgeschlossen wurde und sie auf ihrem neuen Heimatplaneten eintreffen, bleiben diese Frauen Häftlinge.”

“Danke.” Ich rieb meine Handgelenke, obwohl sie nicht weh taten. Die Bewegung gab mir eine Gänsehaut und in dem Krankenhauskittel wurde mir plötzlich kalt. Ein Luftzug am nackten Arsch? Nichts lieber als das.

“Sie sind alles andere als ein Häftling, Chloe. Ganz im Gegenteil. Ich nehme an, dass Ihre Akte vor Auszeichnungen der Flotte nur so strotzt.”

“Wie beim Angeln,” erwiderte ich und konnte der Frau ein Lächeln abgewinnen.

“Ist das so?” Sie seufzte. “Sie können mir wenigstens verraten, warum Sie sich freiwillig als Braut melden.”

Ich zuckte mit den Achseln. “Ich war im Weltall. Ich kenne die Koalition, die Art von Typen, die sich für eine Braut qualifizieren. Und ich kenne mich selbst. Ich bin von der Erde, aber vier Jahre im Weltraum haben mich verändert. Die Erde ist nicht mehr dasselbe für mich. Ich kann über meine Vergangenheit nicht reden. Selbst wenn ich es könnte würde mir niemand glauben. Mir ist einfach … langweilig. Ich gehöre hier nicht mehr hin.”

“Dann gehen Sie zurück zum Geheimdienst.”

“Kann ich nicht.”

“Warum nicht?” wollte sie wissen.

Ich deutete auf ihr Tablet. “Steht da nicht, dass ich nicht zurück kann?”

Sie blickte nach unten und schaute genauer hin, ihr Finger wischte mehrmals über den Bildschirm. Sie las das Kleingedruckte, musste ich annehmen. Ich hatte nie meine eigene Akte zu Gesicht bekommen. “Ach ja. Hier steht, dass Sie aufgrund von Verletzungen ausgeschieden sind. Aber da steht nicht was für Verletzungen Sie erlitten haben.” Mit hochgezogener Augenbraue wartete sie darauf, dass ich sie aufklärte.

“Auf meiner letzten Mission bin ich verwundet worden. Irgendwann bin ich wieder gesund geworden, wollte aber nicht an den Schreibtisch verbannt werden.” Das war alles, was ich ihr anbieten konnte. Es stimmte. Ich musste ihr nicht noch verklickern, dass ich gar nicht zurückkehren durfte. Sie hatten mich vor die Wahl gestellt entweder freiwillig aus dem Dienst auszuscheiden oder letztendlich zum Ausstieg gezwungen zu werden. Der Geheimdienst rechnete nicht mit meiner Rückkehr.

Ich selbst hätte nie gedacht, dass ich je zurückwollte.

Vielleicht war meine Kopfverletzung schlimmer als angenommen. Vielleicht war ich verrückt geworden, weil ich ins Weltall zurückwollte. Aber ich würde nicht zurückgehen. Zumindest nicht in mein altes Leben dort. Ich wusste, wie es lief und es war mehr als unwahrscheinlich, dass ich mit Bruvan oder irgendwem sonst aus meinem früheren Team verpartnert werden würde.

Diese Leute mochte ich einfach nicht genügend.

Aber mit wem würden sie mich verkuppeln? Ich hatte die meisten Alienrassen getroffen. Atlanen. Prillonen. Trionen. Ich hatte nur einen Kopfgeldjäger vom Planeten Everis kennengelernt und der war verdammt sexy gewesen. Alle davon wären mir recht. Und nach diesem Traum mit zwei Kerlen war ich mir ziemlich sicher, dass es für mich nach Prillon Prime gehen würde. Ich musste es wissen. Vor lauter Neugierde würde ich sonst sterben. “Haben Sie ein Match für mich?”

Aufseherin Egara erhob sich, kam um den Tisch herumgelaufen und setzte sich auf den Metallstuhl. “Sie haben ein Match. Und es ist eine Premiere für mich.”

“Oh?”

“Sie wurden mit einem Menschen verpartnert. Einem Mann von der Erde.” Sie blickte erneut auf ihr Tablet. “Die Übereinstimmung beträgt neunundneunzig Prozent.”

Ich kletterte aus dem Stuhl und stemmte die Hände auf die Hüften. “Was? Ich werde nicht hierbleiben.” Ich war zum Testen hergekommen, um diesen Planeten zu verlassen, nicht um hier festgenagelt zu werden.

Sie schüttelte den Kopf. “Nein. Sie bleiben nicht hier. Sie wurden einem Koalitionskämpfer von der Erde zugesprochen. Er ist Captain einer ReCon-Einheit in einer Kampfgruppe der Koalition.”

“In welchem Sektor?” Ich war immer noch am Taumeln, meine Gefühle ein wildes Durcheinander nach dieser Neuigkeit. Ein Mann. Von der Erde. Ich hatte nichts gegen Männer—also menschliche Männer. Aber nach diesem heißen Traum hatte ich mir zwei riesige Prillonische Schmackos erhofft, die mich um den Verstand bringen würden.

“437. Kampfgruppe Karter.”

“Was, im Ernst?” Sektor 437 war ein bekannter Hive-Brennpunkt. Von der Kampfgruppe Karter hatte ich gehört. Äußerst fortschrittliche Technologie war in diesem Sektor beschafft worden. Die erste Nexus-Einheit der Hive war dort gefangen und eliminiert worden, von einer anderen Erdenfrau, mit der ich zusammen beim Geheimdienst gedient hatte. Meghan Simmons. Wir waren befreundet gewesen, bis sie mit einem Atlanischen Kriegsfürsten, Nyko, verpartnert wurde und sich ins zivile Leben auf Atlan zurückgezogen hatte. Ich freute mich für sie, aber nach ihrem Ausscheiden war ich allein zurückgeblieben, mit einer ganzen Menge Testosteron um mich herum.

Und dann wurde unser Schiff in die Luft gejagt. Bruvan beschuldigte mich deswegen. Das war verdammt lustig und brachte mir die Suspendierung ein.

Aber ich gehörte nicht mehr hierher. In meiner eigenen Stadt kam ich mir wie eine Fremde vor. Niemand verstand mich. Über meinen Dienst bei der Koalition konnte ich nicht reden. Morgens stand ich auf, ging zur Arbeit, gab der Nachbarkatze etwas zu fressen. Das war’s. Tag für Tag.

Ich dachte an den Traum zurück, der sich so schnell verflüchtigt hatte. Zwei Typen. Definitiv nicht menschlich. Keiner der Männer, die ich je getroffen hatte, war dermaßen geschickt. Oder vielleicht hatte ich einfach noch nicht den Richtigen getroffen? “Sind Sie sicher, dass ich nicht gerade einen riesigen Fehler mache?”

“Überaus sicher. Sollten Sie das Match akzeptieren, werden Sie zu seinem Standpunkt transportiert werden.”

Ich begann auf und ab zu marschieren und hob den Arm, um mir eine lange schwarze Haarsträhne hinters Ohr zu klemmen. Meine dunkle Mähne war eine Erinnerung an meine vietnamesische Großmutter und mehr als alles wünschte ich mir, dass sie noch am Leben wäre. Dass alle von ihnen noch da wären. Aber abgesehen von ein paar Cousins, die ich ein oder zweimal in zehn Jahren gesehen hatte, war ich auf mich allein gestellt. “Was, wenn ich ihn nicht mag?”

“Sie haben dreißig Tage Zeit, um das Match abzulehnen und jemand anderen zugeteilt zu werden.”

“Sind sie sicher, dass ich mit einem Menschen verpartnert wurde?”

“Ja. Warum fragen Sie?” Ihre Brauen zogen sich mit mehr als bloßer Neugierde nach oben und ich fragte mich, wie viel genau sie über die perversen Fantasien wusste, die sie mir ins Hirn gesetzt hatte, als ich auf dem Teststuhl lag.

Ich dachte zurück an den Traum. Zwei Männer berührten mich, ließen mich vor Lust und Verlangen regelrecht dahinschmelzen. Zuvor hatte ich diese Möglichkeit zwar nie in Betracht gezogen, aber ich konnte mich anpassen. Ein Mann reichte mir vollkommen. Ich würde bestens zurechtkommen. Mein perfektes Match. Ein Erdling. Wenigstens würde er keine Tentakel oder sonst eine Abartigkeit haben. Hervorquellende Insektenaugen. Eine gespaltene Zunge. Schuppen. Klauen. Igitt. Ich erschauderte. “Kann er zur zurück zur Erde gesendet werden, wenn sein Dienst vorüber ist?”

“Nein.”

“Warum nicht?” fragte ich wie aus der Pistole geschossen.

“Weil verpartnerte Männer nicht auf der Erde leben. Sobald er das Match akzeptiert, darf er nicht mehr zur Erde zurückkehren, dieselbe Regel gilt für Sie.”

“Dann werden wir den Rest unseres Lebens auf einem Raumschiff verbringen?”

Die Aufseherin seufzte.

“Frau Kommandantin, setzen sie sich bitte.”

Sie sprach mich mit meinem Dienstrang an und das beruhigte mich. Sie behandelte mich wie jemand aus dem Weltall und nicht wie eine gewöhnliche Erdenfrau. Also kam ich ihrer Bitte nach.

“Es sind noch nicht alle Fragen geklärt worden, genau wie zu Ihrer Zeit in der Flotte nicht alles klar ist. Aber Eines kann ich Ihnen sagen, der Test ist zu neunundneunzig Prozent zuverlässig. Ich kann Ihnen mit Sicherheit bestätigen, dass Sie mit ihrem Partner zufrieden sein werden.”

Ich dachte daran, wie zufrieden die Männer aus dem Traum mich gemacht hatten. Einen Moment lang dachte ich darüber nach, dann an eine Einzelheit, die sie eben erwähnt hatte. “Sie sind sich nur deswegen so sicher, dass das Ganze funktioniert, weil Sie selber im Weltraum waren.”

Sie nickte.

“Und trotzdem sind Sie wieder hier.”

“Ich wurde mit zwei Prillonischen Kriegern verpartnert. Sie sind im Kampf gestorben. Ich habe mich entschieden, weiterhin eine Bürgerin von Prillon Prime zu bleiben und diene der Koalition als Aufseherin, hier auf der Erde. Irgendwann, wenn ich bereit bin, werde ich neu verpartnert werden.”

Ich konnte sie verstehen. Ich sah den Kummer in ihren Augen, die Trauer über den Verlust nicht nur eines Partners, sondern zweier. Fühlte sie sich besser, wenn sie andere Bräute testete, oder verstärkte das nur den Schmerz?

Sie ließ mir keine Gelegenheit, um nachzufragen, denn sie stand auf und der Stuhl quietschte über den Boden.

“Für die Akten, nennen sie mir Ihren Namen.”

“Chloe Phan.”

“Sind Sie gegenwärtig verheiratet?”

“Nein.”

“Haben Sie biologische Nachkommen? Oder adoptierte Kinder?”

“Nein.”

“Über das Testprotokoll wurde Ihnen ein Partner zugeteilt und Sie werden vom Planeten transportiert und können nie mehr zurückkehren. Ist das korrekt?”

Nie mehr zur Erde zurückkehren. Genau, was ich wollte. “Sie meinen, ich werde die Erde verlassen und zum Schlachtschiff Karter geschickt?”

“Ja, Chloe. Genau das meine ich damit.”

Ich blickte über ihre Schulter hinweg an die Wand. Ich wollte weg hier. Ich wollte mich wieder heimisch fühlen. Dorthin, wo ich hingehörte und ein Schlachtschiff fühlte sich eher wie ein Zuhause an. Vielleicht lag der Test ja richtig.

Zum Teufel. Ich würde es schon bald herausfinden.

“Ich willige ein.”

Aufseherin Egara schaute auf ihr Tablet, wischte mit den Fingern. “Gut. Legen Sie die Hände wieder auf die Armlehnen. Ja, danke sehr. Stören Sie sich nicht an den Fesseln, die sind notwendig, damit sie für den Transport vorbereitet werden können.”

Vorbereitet? Transport? Nie zuvor war ich auf einem Stuhl transportiert worden. Und nie hatte ich dabei einen Krankenhauskittel angehabt. Ich probierte die Fesseln aus, aber es war eher eine pragmatische Geste als Panik—wie beim Klarmachen fürs Gefecht.

Wieder wischte sie über den Bildschirm und zu meinem Entsetzen schob sich der Stuhl in Richtung Wand, wo sich ein großes Loch auftat. Der Untersuchungsstuhl bewegte sich wie auf Schienen direkt auf den neuen Raum hinter der Wand zu. Der Raum war winzig und wurde von hellblauen Lichtern erleuchtet. Dann stoppte der Stuhl abrupt und ein Roboterarm mit einer langen Nadelspitze kam lautlos an meinen Hals herangefahren und hielt an, als eines der Lichter rot aufleuchtete.

“Was?” Die Aufseherin blickte verwundert auf ihr Tablet, also ersparte ich ihr eine weitere Verzögerung und erklärte ihr so viel ich konnte.

“Ich brauche keine NPU. Ich habe schon eine—mehr oder weniger.” Das Ding, das man mir damals in den Kopf gepflanzt hatte, war keine normale NPU, aber das durfte ich ihr auch nicht sagen.

Ihre grauen Augen blickten zu mir herüber, ihr Blick versprühte Neugierde und Scharfsinn zugleich. “Und warum sehe ich dann nichts davon auf meinen Scannern?”

Ich zuckte die Achseln. “Das weiß ich wirklich nicht.”

“Natürlich nicht.” Sie wirkte irritiert und ich grinste nur, um die Situation zu entspannen. Meine NPU übersetzte alle Sprachen der Koalitionsflotte, genau wie die anderen auch, war aber … mehr als nur ein Dolmetscher. Doktor Helion, der Spezialist für Hirnimplantate beim Geheimdienst hatte mir gesagt, dass diese experimentelle neurale Prozessionseinheit mit einem speziellen Material überzogen war, damit die Integrationseinheiten der Hive im Falle der Gefangennahme sie nicht aufspüren konnten.

Was Gott sei Dank nie eingetreten war.

“Na schön, Miss Phan. Viel Glück da draußen.”

Ein wohliges Gefühl der Müdigkeit ließ meinen Körper erschlaffen, als ich in die warme, blaue Flüssigkeit getaucht wurde. Es war so schön warm …

“Entpannen Sie sich, Chloe.” Ihr Finger presste auf das Display und ihre Stimme hallte zu mir herüber, als wäre sie weit, weit weg. “Ihre Abfertigung beginnt in drei … zwei … eins …”

Kampf um ihre Partnerin

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