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Zum ersten Mal seit Tagen schlief Katharine gut und wachte erst auf, als die Sonne schräg ins Zimmer fiel und ihr Dienstmädchen Flower lebhaft an die Tür klopfte.

»Herein«, rief sie müde.

George war im Ankleidezimmer damit beschäftigt sich für das Geschäft, zu kleiden.

»Der Morgen Tee Ma’am«

»Komm herein.«

Flower öffnete die Tür und balancierte das schwere Tablett mit einer Hand, während sie die Tür mit dem Fuß hinter sich schloss. Dann trug sie das Tablett zum Teetisch und stellte es ab.

»Was für ein Durcheinander, Mylady«, sagte sie und schenkte Tee in die chinesische Porzellan Tasse ein und sparte sich einen weiteren Kommentar zum Aussehen des Schlafzimmers.

Das Bett war zerwühlt die Kissen zerdrückt ein Glas Wasser auf dem Nachttisch umgeworfen und die Kleidung achtlos über die zierlichen Stühle geworfen. Ein paar „Unaussprechliche” lagen auf dem Boden. Sie kam zum Bett und reichte Katherine die Tasse.

Diener waren auch mehr als praktisch und bequem, fand Katherine zufrieden, sie waren ein entscheidender Gradmesser für den gesellschaftlichen Status, den man innehatte. Bei Dinnerpartys bei Mabel Isabelle Francis konnte es Gästen passieren, dass sie entsprechend der Zahl ihrer begleitenden Diener platziert wurden, was Katherine denn doch als etwas antiquiert, betrachtete man hatte ja nicht mehr die 1850er Jahre. Die Menge des benötigten Haus und Dienst Personals war natürlich sehr unterschiedlich, doch am oberen Ende der gesellschaftlichen Stufenleiter sehr beachtlich. Schwiegermutters Landhaus in Sweeny Tooths hatte sechs Bedienstete, die im Haus arbeiteten. Aber das war natürlich gar kein Vergleich zu extremen wie dem Baronet von Lonsdale. Ein Junggeselle, der allein für sich neunundvierzig Leute, in seinem Stadthaus beschäftigte. Er galt in den feinen Londoner Kreisen als fauler Mensch und nichts war abträglicher für den Ruf als diesen Makel fehlender männlicher Schaffenskraft verpasst, zu bekommen. Der Mann aus feinem Haus stand früh aus und erledigte sein Tagwerk wie ein Uhrwerk, selbst wenn er die unvorstellbare Summe von einer Million Pfund auf der Bank hatte und es nicht nötig auch nur noch einen Finger zu krümmen. Lord Derby in seinem nie fertig werdenden Haus in Mayfair brauchte schon für die Bedienung am Tisch zwei Dutzend Männer und Frauen, was ein Zeichen von Dekadenz war und von Katherines Kreisen verurteilt wurde aber wenigstens gab er sich als ein Schriftsteller aus.

Bei den jährlichen Herbstjagden, die George in Sweeny Tooths dem Anwesen der Familie Hampton in Warwikshire veranstalten musste, waren dann mindest zehn Wildhüter, vier Unterwildhüter und ein Dutzend verschiedene Hilfskräfte aus dem Ort beschäftigt. Katharine setzte sich auf und nippte am kochend heißen Darjeeling.

»Was möchten Sie denn heute anziehen, Ma’am?«, erkundigte sich das Mädchen.

Katherine dachte nach während Flower die hohen Fenster öffnete und die alte verbrauchte Luft entweichen und den Kohlerauch den man in London als Luft bezeichnete hinein ließ.

»Das Samtgelbe mittags Kleid mit den roten Bordüren und den neuen Hut von Spencers aus der Bond Street. Heute sieht es nicht nach Regen aus, also auch die weißen Stiefelchen!«

»Gute Wahl Ma’am, die Stiefelchen sind so niedlich!«

Katharine lächelte, die Stiefel mussten niedlich sein, sie hatte vermutlich Flowers Jahreseinkommen samt den Trinkgeldern, die das Personal bekam, wenn Gäste zu Besuch waren und ein Dinner veranstaltet wurde, dafür ausgegeben. Die Stiefelchen kosten sechzig Pfund. Sie mochte es sich schön anzukleiden und dann die Pflichtbesuche bei ihren Freundinnen zu machen. Der tägliche Ablauf des Lebens in London. Wenn sie nicht einkaufen ging, machte sie Freunden die Aufwartung oder besuchte Galerien und Ausstellungen und manchmal das Museum. Lunch gab es gewöhnlich gegen zwei Uhr, oft in Gesellschaft von George oder Chlothildes Freunden. Am Nachmittag besuchte sie mit ihrer Schwiegermutter Konzerte oder half ihr in ihrer katholischen Kirche der Immaculata Conceptin am Berkeley Square aus. Manchmal tat sie etwas für ihre Haltung und ging Bogenschießen. Die Mitglieder der Royal Society Toxophilite waren die repräsentativen Anhänger dieses alten Volkssport in London. Die Gesellschaft, die unter der Schirmherrschaft des Prinzen und Prinzessin von Wales stand, hatte über hundert angesehene Mitglieder, und hatte ihr Gelände im Inner Circle des Regents Parks. Es gab dort auch eine Rollschuhbahn ein Vergnügen, zu dem Sie George bisher nicht überreden konnte. Um zehn Uhr aber hatte sie Zeit für sich und würde bei ihren Freundinnen oder jenen Damen, die sie gerade kennengelernt hatte, Aufwartung machen, wer seine Karte am Hintereingang vom Laufburschen abgeben ließ erwartete ihren Besuch, das verlangte die Höflichkeit. Dann hockten sie wie bei Fremden üblich verlegen in einem der goldfarben tapezierten Salons von Mayfair oder Belgravia wie ein Land Huhn, den Rücken gerade wegen des Eindrucks, nichts war schlechter als eine schlechte Haltung und redete über Leute, die nicht da waren. Modeateliers, Kleidermode und das Wetter in dieser Saison, furchtbar.

Belgravia war eine ziemlich elastische Bezeichnung, die mehr oder weniger, Pimlico und den guten Teil von Brompton und Chelsea Kensington abdeckte. Einige Freunde hatten am Grosvenor Place ihre Stadthäuser. Der Eaton, und Chester Square galten als chic. Katherine hatte keine Ahnung, was George machte, vermutlich hockte er wie die anderen Herren in einem seiner Klubs bei Whisky und einer Zigarre und den Sportergebnissen in der Times. Um fünf Uhr gab es den Nachmittagstee, Großmutter bestand auf die Einhaltung der Zeit, dann kleidete sie sich um und ging mit George ins Theater oder zu einem Dinner, zu dem ihr Mann George in Begleitung aus geschäftlichen Gründen musste. An Sonntagen ging die Familie, bis auf Athillia am Morgen gemeinsam in die anglikanische Kirche.

»Wer hat alles seine Karten abgegeben?«, fragte Katherine jedes mal ein kleiner spannender Moment.

Flower sah auf dem silbernen Serviertablett nach. »Lady Churchill fühlt sich unpässlich und erwartet Madams Besuch gegen 12 Uhr. Und Lady Ammerland schreibt auf ihrer Besucherkarte, Sie sollen bloß nicht vergessen, 16 Uhr in die Kunstausstellung zu gehen. Sie schreibt was von einer Brixtoner Schule.«

Die Tür zum Ankleidezimmer wurde einen Spalt weit geöffnet und George steckte seinen Kopf ins Zimmer. Er hatte ein arrogantes Profil, einen blonden Lockenkopf, feurige blaue Augen und einen launischen Mund.

»Brixtoner Schule, gute Idee«, rief George halb aus dem Ankleidezimmer. »Versuch mir eine Stadtlandschaft von diesem umwerfenden Walter Sickert zu kaufen unbedingt Sickert und unbedingt aus der Kensington Reihe.«

»Sammelst du keine Franzosen mehr George?«, fragte Katharine vorwurfsvoll und drehte sich zum Mädchen und fragte nach dem Wetter. Dienstboten hatten wie die Hunde einen sechsten Sinn für das Wetter.

»Ist warm draußen, My’ Lady und in der Times steht nix vom Regen.«

Katharine trank ihren Tee aus und winkte Flower hinaus stand auf, um begann mit der Morgentoilette. Als sie fertig mit ihren Haaren war, öffnete sie die Tür zum Ankleidezimmer, niemand da wie immer war George ohne ein Wort verschwunden. Sie vermutete ihn beim Essen, aber im Esszimmer war nichts von George zu sehen.

Sie stand in der Tür und betrachtete angewidert ihren Schwager er erinnerte sie heute besonders an ein Schwein, sein rundes Gesicht glänzte, während er die Bratkartoffeln in sich hinein schaufelte, er wirkte enervierend gesund und durch und durch vulgär. Dieser Mensch sollte vierundvierzig Jahre sein, aber das Alter war von fetten Menschen schwer einzuschätzen und Frederick war Fett. In seinem Anzug sah er aus wie eine Presswurst. Er hatte das nichtssagende aber freundliche stupide Gesicht eines Menschenfreundes eines Philanthropen. Sein helles dickes langes Haar war nach hinten gekämmt, er hatte eine niedrige vorgewölbte Stirn, er lächelte Katherine an und das schien die natürlichste Stellung seines Mundes zu sein, ein Lächeln, das ein weißes kräftiges Gebiss entblößte. Die Augen straften diesen Eindruck des Nichtssagenden Lüge. Sie waren groß scharf und flink seine Augen schienen immer zu beobachten. Er hatte die Fenster weit aufgerissen, ungeachtet der Tatsache, dass das Zimmer zum Piccadilly lag und ausgesprochen laut war. Auf seinem Teller stapelten sich, Spiegeleier, auf die Worcestersoße geklatscht war, gebratene Nieren und ein Berg Bratkartoffeln. Er wird immer Fetter, dachte Katherine und lächelte, obwohl in ihrem Inneren alles gegen diese vulgäre Zurschaustellung protestierte.

Seine Serviette hatte er um den Hals gebunden, und mühte sich redlich das weiße Linnen mit braunen Soßenflecken zu verzieren. Um ihn herum zu einem Halbkreis in seiner Griffweite sortiert standen die Essigflaschen der Senf der silberne Gewürzständer und ein Berg goldbrauner Toasts. Mrs. Athillia Hampton ihre Schwiegermutter fühlte sich unwohl und nahm wohl ihr Frühstück wie üblich im Bett ein. Das nicht erscheinen am gemeinsamen Tisch käme einem Vergehen gleich außer man täuschte eine Unpässlichkeit vor. Eine Lady und ein Gentleman nahmen ihr Frühstück vor neun Uhr ein und alles andere war zutiefst bohemienhaft. Sonst waren bis auf ihren Gatten George alle anwesend, natürlich. Gideon Merywell, der eine Woche ein Gast Athillias war, saß in einem Abendfrack und trank als einziger Kaffee.

Sie nickte ihm zu, was er kaum beachtete und in seinen Kaffee stierte wie eine Kaffeesatz Leserin von der Bath Strandpromenade. »Wie ich sehe, hat sich unser werter Gast in der Uhrzeit geirrt ein Theaterfrack Mister Merywell? Haben sie einen Broterwerb als Theaterautor gefunden?« Fragte Agatha mit deutlicher Missbilligung in der Stimme. Sie behandelte ihn herablassend, dabei waren die Merywells nicht nur reicher sonder verfügten über wirklichen Einfluss.

»In der Tat liebe entzückende Agatha, mein erstes Stück ist in der Probe und deshalb mein Kostüm. Die Heuchler es handelt von der ach so guten Gesellschaft, genauer von ihren vielen Leichen im Keller!«

Agatha erbleichte und hüstelte verlegen.

»Morgen stunde hat Toast im Mund was Kathy«, begrüßte sie Frederick jovial mit vollem Mund.

»Ich hoffe, es geht dir gut?«, erwiderte Katherine spitz und setzte sich. Es war keine Frage, lediglich eine Floskel, dass sie seine Anwesenheit bemerkt hatte.

»Allerdings mir geht es immer gut«, sagte er mit einem Grinsen.

»Ich hoffe, dir auch du siehst mager aus?«

Der letzte Teil der Antwort war ein typischer Frederick Fauxpas, dem man seine Erziehung in Oxford und Heidelberg nicht anmerkte. Er erinnerte eher an einen Kutschknecht, der im Haushalt diente, John sollte er heißen und die Kutsche warten oder Gartenarbeit verrichten. Bei diesen Gedanken musste Katherine lächeln. Mr Simpson der Hausdiener stellte das Geschirr sanft vor ihr nieder. Er war ein mittel alter Hausdiener, mit schneeweißem Haar, in sauberer Wäsche, in schwarzem Frack, mit seidenen Beinkleidern und so leise, dass die Familie ihn kaum bemerkte. Simpson setzte, ohne ein Wort zu sprechen, das morgendliche weiße Wedgwood Teegeschirr vorsichtig vor Katherine. Der Mann schien gar nicht zu existieren, vorsichtig, wie auf einer Eisfläche lief Simpson bis auf seine knautschenden polierten Schuhe lautlos zum Servierwagen und brachte; Stückchen für Stückchen des Services. Simpson stellte die Teekanne, die Zuckerschalen für den weißen und den braunen Zucker, die Tasse, den Unterteller in symmetrischer Weise auf den Tisch. Katherine saß da als hätte sie sich heute fest vorgenommen, kein einziges ihrer Glieder zu rühren.

Hampton House am Piccadilly war von außen gesehen rußgeschwärzt, kahl und hässlich, wie fast alle Londoner Häuser guter Familien, aber die Zimmer, in welchem sich das Familienleben abspielte, waren geschmackvoll möbliert. Schöne geschnitzte Holzmöbel drängten sich um den langen Esstisch ein Klavier stand vor dem Fenster. Neben dem Kamin, niedrige Lehnsessel um einen Rauchertisch. Orient Teppichen bedeckten die Damensofas und Gemälde englischer Küstenlandschaften bedeckten die Wand. Aus den Vasen blühten Hyazinthen. Durch die offenen Fenster strömte die feuchte Regenluft, im Kamin knisterte ein gemütliches Holzfeuer. Vor dem Kamin, in eine Decke gehüllt, saß eine alte Dame mit langen, ihre Ohren verdeckenden weißen Haaren und einem mit Weiß verbrämten Schwarzen Witwen Häubchen. Katherine wusste, das Grandma Hampton nachhalf, ihr Mädchen hatte es ihrer Zofe Flower erzählt denn Grandma hatte noch immer volles dunkel braunes Haar, was sie als Affront gegen ihr Alter ansah. Ihr schwarzes Kleid floss in fast ebenso scharfen Falten entlang, wie die Falten an ihrem Mund nach unten verliefen, als hätte man sie mit einem Stechbeitel eingeschnitzt. Auf dem niedrigen Rosenholz Teetisch mit den geschwungenen Füßen stand eine Flasche ihrer Medizin und ein Andachtsbuch aufgeschlagen. Schwägerin Chlothilde köpfte schweigend ein gekochtes Ei, Tassie die Jüngste war gelangweilt und stützte ihren Kopf auf den Ellenbogen. Jetzt wandte Katherine sich Tassie zu mit der sie sich am besten verstand.

»Und was beabsichtigst du, heute zu tun Tassie? Du kannst doch mit deiner Großmutter in den Park gehen. Oder ...«

»Nichts dergleichen wird Tassillia tun!«, herrschte Martha Agatha Hampton sie überraschend scharf an.

Katherine fragte sich, was mit Grandma los war. Seit Tagen war sie wie ausgewechselt, genau betrachtet seit der Überraschungsinspektion ins Landhaus nach Sweeny Tooths. Konnte dort etwas mit der Dienerschaft vorgefallen sein das Sie veranlasste solche schlechte Laune zu haben? Agatha spürte die verwunderten Blicke auf sich ruhen.

»Ich habe heute Nachmittag meine eigenen Gänge zu machen ich habe keine Zeit. Tassillia darf mich gern am Nachmittag in die Kirche zu Doktor Wellington begleiten, wenn sie es möchte.«

Frederick legte seine glatte Stirn in Falten.

»Mister. Wellington? Ist das nicht dieser suspekte Mann, der sich mit antisozialer Agitation beschäftigt, ist es nicht der Priester der Kinder armer Leute, wenn Er sie schon nicht im Fluss ersaufen darf, nach Kanada zu den anderen Quäkern versenden will?«, fragte Frederick mit verstellter Stimme.

Seine Großmutter strafte ihn mit einem fast hasserfüllten Blick. Frederick zuckte mit den Schultern, wer wusste schon, was in alten Menschen vorging. Tassie zeigte augenblicklich Interesse und richtete sich kerzengerade auf.

»Oh Kanada da wollte ich schon immer einmal hin, nicht immer nur das langweilige Bath oder nach Marlowe nichts ist öder als eine Schiffsreise auf der Themse, wenn es doch der Nil sein könnte!«, seufzte Tassie theatralisch und ließ ihr Haupt zurück auf die Handfläche sinken.

»Der Nil würde dir gefallen ich glaube ich war 87 oder 88 dort von Bahr al Dschelada nach Bahr al Abi ad weiter mit dem Zug nach Kairo sehr Lebhaft der Orient«, warf Gideon ein und sah nicht ungern die bewundernden Blicke des Mädchens.

Er war Künstler und lebte für den Applaus. Frederick grinste mit breitem Gesicht seine Cousine an.

»Es gibt bessere Möglichkeiten um an einen kostenlosen Urlaub zu kommen als in Quebec an die Holzfäller verkauft zu werden Sünderin Tassillia Eugenole Hampton.«

Katherine runzelte ihre entzückende Stirn, makellos wie ihr ganzer Körper und grinste dennoch, obwohl sie den scharfen Blick der alten Frau von der Seite spürte.

»Ich denke es gibt bessere Wege den Unglücklichen zu helfen, als sie zum Spielball fremden Willens zu machen, der Platz eines Kindes ist bei seinen Eltern, wenn es eben in diesem Eastend sein sollte, na bitte schön. Wenn du schon versuchen musst, diesen Trunkenbolden zu helfen bitte die Regierung den Gin und Branntweinpreis zu erhöhen«, sagte Chlothilde ungehalten.

Ladys wurde ihr früher beigebracht hatten sich aus der Politik herauszuhalten und Doktor Wellington, der Engelmacher vom East End, machte mehr Politik, als sich um seine sozialen Dinge zu kümmern er verteufelte die Frauenbewegung und empfahl die Kinder der Armen nach Australien zu deportieren.

»Vikar Wellington ist ein Gentleman keiner dieser modischen Menschen denen der Dienst in unserer englischen Kirche nichts als eine berufliche Laufbahn bedeutet. Doktor Wellingtons Meinung ist fundiert.«

»Hört sich faszinierend und logisch an Großmutter«, sagte Frederick und wandte sich zum ersten Mal von seinen Tellern ab. »Du glaubst ernsthaft das es jeder schaffen kann mit Moment drei Pfund im Monat leben zu können, wenn man denn Arbeit findet. Du die schon mehr im Monat für deine Haarfarbe ausgibt!«

»Unsinn! Wer Arbeitet soll Essen so steht es in der Bibel und wer sucht, der findet auch. Wir gebieten euch aber, liebe Brüder, in dem Namen unsers Herrn Jesu Christi, dass ihr euch entzieht von jedem Bruder, der da unordentlich wandelt und nicht nach der Satzung, die er von uns empfangen hat. Matthäus 18.17 «, sagte Agatha forsch mit einem Blick auf Freddy der Steine zum Zittern gebracht hätte.

Frederick lachte kurz böse und höhnisch auf, er war aus einem härteren moralischen Material gemacht und widmete sich unbeeindruckt der nächsten Gabelladung Nieren.

»Zweiter Brief des Paulus Großmutter du hast uns ja als Kinder mit dem Unsinn gequält bis zum Überdruss. Sag das deinem kleinen Vikar er, soll an seinen Predigten feilen und nicht so oft im Romano Vaudeville Restaurant, 399, Strand den Hummercocktail und den Chablis verputzen. Er soll arbeiten für das Steuergeld, von dem er zehrt und das nicht zu knapp, wenn ich mir sein Haus in Belgravia anschaue.«

»Nanu Mister Merywell wieso essen sie denn nicht?«, fragte Tassie um einen Streit zwischen Freddy und Grandma vorzubeugen, die sich ständig in den Haaren lagen und den Hausfrieden störten.

»Ich hatte ein Mitternachtsdinner im Garrick Klub und du weißt ja Hummer und Austerncocktails und Perlhuhn unter sieben Gängen geht es nicht und zu jedem Gang ein anderer Wein mir brummt der Kopf.«

Der Garrick Klub war eine der feinsten Adressen in London, wenn es um exzellente Gastronomie und erlesene Weine in unüberschaubarer Menge ging und der Klub nahm nur vier Mitglieder im Jahr auf nur Literaten oder Schauspieler oder Förderer der Künste. Wenn Gideon dort eingeladen war, hatte sein Name einen Klang in der elitären Kunstwelt. Frederick bemitleidete Gideon, der mit asketischer Miene und schwarzen Ringen unter den Augen sich dem schlürfen seines Kaffees wie einer ernsthaften Aufgabe widmete. Das Schlürfen hatte er sich in Ägypten angewöhnt er behauptete steif und fest so schmecke der Kaffee zehnmal besser. Katherine nahm ihre Damastserviette vom Schoß und legte sie neben die Tasse.

»Verzeiht mir ich, möchte nach Mutter sehen.«

Sie stand auf, entschuldigte sich noch einmal und lief nach oben, um mit ihrer Schwiegermutter zu reden sie brauchte einen Scheck für Georges bescheuertes Gemälde von Sickert und ihr Nadelgeld war längst nicht mehr ausreichend, um ihre kostspieligen Verpflichtungen wirklich gerecht, zu werden. Sie schritt hinaus, die Eingangshalle mit ihrer Holztäfelung und den holländischen Fliesenofen und dem runden Regency Tisch mit einem frischen duftenden Hyazinthen Strauß war selbst an sonnigen Tagen wie ein dunkler Brunnenschacht. Viel Arbeit, aber irgendwann dachte Katherine, würde das Haus wirklich Flair haben. Eine heitere weibliche Note. Wer immer Hampton House im Späten 18 Jahrhundert erbaut hatte, besaß eine Vorliebe für dunkles englisches Holz und hervorspringende Kanten und Badezimmer mit rumpelnden Wasserleitungen. Mit dem Bild des fliederfarbenen heiteren Hauses im Kopf stieg sie die geschwungene Treppe in das erste Stockwerk empor. Mrs Hampton lag immer noch in ihrem Bett, die gesteppte Bettdecke hing zu Boden. Die Tasse Morgen Tee stand fast leer getrunken auf dem Silbertablett auf dem Nachttischschrank. Die schweren seidig schimmernden Samtvorhänge, die in schweren Falten bis zu dem Boden reichten und den Lärm und jedes licht draußen hielt, waren fest zugezogen. Energisch riss Katherine die Vorhänge auf und ließ das weiße morgendliche Sonnenlicht einfallen kreisende Staubflocken kitzelten in ihrer Nase, sie musste über diese Schlamperei mit Mister Simpson reden.

»Schwiegermutter!«, sagte Katharine und drehte sich um. »Eine Dame sollte nicht noch um halb neun Uhr faul im Bett liegen«.Sagte sie tadelnd und ging zum Bett, »Athillia? Schwiegermutter?«

Sie stand neben dem Bett und blickte auf sie hinab. Sie sah blasser als gewöhnlich aus aber das Schlimmste waren die Augen. Athillias Augen waren so weit aufgerissen, als wäre sie dabei, aus einem schlechten Traum zu erwachen.

»Schwiegermutter!«, stotterte Katherine und streckte zögerlich ihren Zeigefinger aus und berührte sie an der weißen kalten Stirn. Im nächsten Moment stürmte Sie die geschwungene breite Treppe hinunter und rannte ins Esszimmer sie riss einen Flügel der Salon Tür auf. Katherines Stimme vibrierte und auf ihren Wangen glühten rote Flecken. Alle starrten die Erscheinung an, selbst Freddy erstarb ein lustiger Spruch auf seinen fett glänzenden Lippen.

»Schwiegermutter ist ernsthaft krank! Ich glaube, sie ist Tot Sie bewegt sich nicht ...«

Die Familienmitglieder wandten sich mit ernster Miene von der Tür zueinander.

»Was faselst du da für Unsinn?«, blaffte Frederick sie an und riss sich seine Serviette vom Hals und schleuderte sie auf den Tisch er erhob sich aggressiv und warf den Stuhl um.

»Wir brauchen einen Arzt schnell!«, schrie Katherine aschfahl im Gesicht Ihr Herz klopfte und ihr Puls hämmerte ihr in den Ohren.

Frederick nahm zwei Stufen auf einmal er rannte den Gang im ersten Stockwerk zur mittleren Tür und öffnete energisch die Tür zum Zimmer und ging dann immer zögerlicher werdend zum Bett hinüber.

»Mutter. Mutter lass den Unsinn steh auf! Steh auf das ist nicht witzig.«

Sie lag noch genauso, wie Katharine sie gefunden hatte. Agatha Hampton stieß ihren Enkel beiseite und berührte sanft ihren Puls, ihr Mund bewegte sich lautlos dann schüttelte sie den Kopf. In einer langsamen Bewegung schloss sie die Augenlider, dann beugte sie sich und zog die Bettdecke zurecht.

»Ein Arzt kann nichts mehr für sie tun. Frederick geh zum Postamt und schicke der Familie ein Telegram deine Mutter ist von uns gegangen.«, sie bekreuzigte sich.

Katharine sagte nichts, tot und sie war die Einzige, die George handhaben konnte. Nun da sie tot war ... Die Welt der Lebenden war an Verluste gewöhnt, der Mensch starb an, Pocken, dem Typhus, Tuberkulose. Aber es war immer jemand anderes, einer der älter war oder kränker. Frederick schämte sich die Krankheiten seiner Mutter nicht ernst genommen, zu haben. Er legte Tassie seinen Arm um ihre Schulter und führte sie sanft hinaus.

»Lady Hampton Carter ist heute Morgen leider von uns geschieden«, informierte Chlothilde das im Foyer versammelte Hauspersonal, vierzehn Personen, die sich um das leibliche Wohl der jetzt sechs Hamptons kümmerten.

Sie standen da im Flur den Blick auf ihre Schuhspitzen gerichtet die Mädchen in gestärkten schwarzen Wollkleidern mit Spitzen verbrämten Schürzen, die Herren bis auf den Kutscher und den Gärtner in schwarzen Fracks mit hohen Kragen. Eine bittere Stille hatte vom Haus Besitz ergriffen. George war immer noch nicht da. Sein Kontor in der City neben der Börse öffnete um neun Uhr.

»Sie scheint einen Schmerzlosen tot gehabt zu haben«, führte Chlothilde ihre Ansprache an das Personal weiter, »Würden Sie bitte alle unsere Trauer in diesem schweren Moment des großen Verlustes respektieren und alles im Haus für die Trauerwochen vorbereiten. Mister Simpson laufen sie zu einem Arzt am besten zu Doktor Philibert wegen dem Totenschein und danach gehen sie zu Berns & Smith am the Strand, eine Beerdigung muss arrangiert werden. Ach ja, wenn George zurück ist, er soll sich um das Rechtliche kümmern!«

Flower setzte Katharine auf einen Sessel im kleinen Tagessalon und legte ihre Füße auf einen Schemel und hielt ihr ein Glas Brandy unter die Nase. Der Arzt kam kurz vor Mittag, und Agatha und Mister Simpson geleitete ihn in das Zimmer, in dem Mrs. Hamptons Leiche lag. Agatha und Mister Simpson ließen den Arzt lange allein. Die Tür zum Salon öffnete sich, und der Arzt kam zurück. Er hatte ein rundes Gesicht und durch seine dicken Brillengläser wirkten seine Augen noch kleiner und schärfer sein Haar war kurz geschoren und grau. Er sprach leise wie verschüchtert davon eine schlechte Nachricht zu überbringen, und es war ihm sichtlich unangenehm, dass man ausgerechnet ihm diese Last aufbürdete. Er schloss leise die Tür und wandte sich von Agatha zu Chlothilde.

»Es war das Herz«, sagte er ernst. »Der Trost Frederick ist, Sie hat dabei geschlafen. Ein beneidenswerter tot. Gott muss sie wirklich gern gehabt haben.«

»Das ist in der Tat ein großer Trost«, bestätigte Agatha. »Wir sind Ihnen für Ihr schnelles Kommen sehr zu Dank verpflichtet.«

Der Arzt rührte sich nicht von der Stelle stand die Arme hinter den Rücken gelegt.

»Du meine Güte, was um alles in der Welt ist noch?« Agatha sah demonstrativ auf die tickende französische Kaminuhr. Frederick wartete erstaunt, was der Arzt zu erklären hatte. Tassie saß am Fenster und verzierte weiter ihre Stickerei mit Rosen.

»Wir danken Ihnen Doktor. Wenn Sie jetzt bitte alles Nötige veranlassen würden, das Begräbnis muss geplant sein. Entscheidungen in der Familie müssen getroffen werden«, sagte George ernst.

»Das wird nicht möglich sein, Mr. Hampton.«

»Was soll das heißen, nicht möglich?« Fredericks Wangen färbten sich rot.

»Es scheint, als ob etwas nicht in Ordnung ist. Sie war kerngesund und eine kleine Anomalie gibt mir den Verdacht das Mrs. Hampton an einem Gift gestorben sein kann.«

Agatha verlor schlagartig alle Farbe im Gesicht. George schwankte ein wenig und Katherine musste ihn fest an den Schultern packen, damit er nicht umfiel. »Großer Gott! Was meinen Sie?«

»Ich meine, Lady Charles Hampton, das sie an einem Gift gestorben ist.«

»Unsinn!«, sagte Frederick wütend er stand mit angewinkelten Armen. »Absoluter Unsinn! Allein die Idee ist krank! Nur ein tragischer tot ein Unglück.«

»Nein, Sir.«

»Würden sie jetzt den Totenschein unterschreiben!« sprudelte Frederick hervor.

»Das ist im Augenblick leider nicht machbar. Ich habe die Anweisung erteilt, dass der Körper zur Untersuchung in das Leichenschauhaus Aldgate gebracht wird.«

Die Ankündigung des Arztes verklang wie ein Trommelwirbel zu einer Hinrichtung, Fassungsloses schweigen herrschte im Raum.

»Was soll das heißen?«, schrie Frederick und sprang auf, sein Gesicht war tränenglänzend und er schluchzte auf und sank dann zurück auf den Sessel als hätte ihn alle Kraft verlassen.

»Was ist Los?«, fragte Katherine besorgt.

»Es gibt Hinweise auf eine unnatürliche Todesursache, auf Gift dem muss nachgegangen werden.«

Der Doktor hatte Erfahrung mit schlechten Nachrichten und die Familienmitglieder standen unter dem Schock des Verlustes er nahm Fredericks Wutausbruch nicht übel.

Agatha hauchte, »gütiger Gott stehe uns bei! Was um alles in der Welt meinen Sie?«

»Ich meine, Lady Charles, dass Lady Hampton Carter an einem Gift gestorben sein kann und bis die Untersuchung eine natürliche Ursache feststellt, ist es meine Pflicht die Polizei zu informieren.«

»Unsinn!«, schrie Frederick dann leiser: »Absoluter Unsinn! Allein die Idee ist infam! Warum sollte sich dieser Engel von einem Menschen so etwas antun?«

Der Arzt hatte Mitleid mit Frederick man sah ihm den Schmerz an, ein Leiden, das in den Minen der anderen fast völlig fehlte. »Mister Frederick ich weiß der Verlust erregt ihr Gemüt ich werde ihnen einige Tropfen Laudanum verschreiben, die sie bitte nüchtern einnehmen müssen.« Frederick trank sehr viel Alkohol. Der Arzt hatte kein Interesse einen weiteren guten Kunden, zu verlieren.

»Natürlich ist es Blödsinn! Warum sollte Mutter sich vergiften.«

Agatha empfand Verachtung für Frederick. Er war noch nie so stark wie sein älterer Bruder George gewesen.

»Selbstmord nein niemals!«, ließ sich Katherine schwach vernehmen, der tot war schon eine Katastrophe, aber unter diesen Umständen war der Unglücksfall ein Eklat ein Skandal.

»Frederick der Doktor meint, deine Mutter hat sich aus Versehen vergiftet ein Unfall!«, erklärte Agatha, was die beste Erklärung war.

»Da die Polizei zu informieren ist, habe ich es bereits Mister Torres zum Wachhaus gehen lassen.«

»Natürlich« stimmte Frederick heiser zu. »Wenn Sie vielleicht so freundlich wären, einen gewissen Inspektor Lestrade von Scotland Yard zu rufen. Ich kenne ihn, er ist diskret.«

»Wie Sie wünschen, Sir.«

Aus gutem Haus

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