Читать книгу Wie ich lernte, Plan B zu lieben. Life is a story - story.one - Gregor Demblin - Страница 10
Blackout
Оглавление„Schwester! Schnell! Ich glaube, er wacht auf!“ Was ist los? Wo bin ich? Ankämpfen gegen die bleierne Müdigkeit! Ich öffne die Augen, das Licht jagt mir einen brennenden Schmerz in den Kopf. Alles ist so anstrengend! Ich dämmere wieder weg, tagelang.
„Können Sie mich hören?“ Ich erwache aus einem traumlosen Tiefschlaf. Konzentrier dich! Wo ist mein Körper? Arme und Beine spüre ich nicht, es fühlt sich an wie Schweben. Mein Mund ist unendlich trocken. Ich versuche etwas zu sagen, aber es geht nicht, ich habe einen Schlauch im Mund. Mein Kopf explodiert, ich habe stechende Kopfschmerzen. Maschinen piepsen. Mich erfasst eine grauenhafte Angst. Wo bin ich? Was ist passiert?
„Herr Demblin, können Sie mich hören?“ Wenn ich die Augen öffne, sehe ich verschwommen die Decke, ich kann den Kopf nicht bewegen und mein Blickfeld verändern. Aber jetzt beugt sich ein Mann über mich.
„Sie liegen auf der Intensivstation und werden künstlich beatmet, deshalb können Sie nicht sprechen. Wenn Sie mich verstehen, zwinkern Sie mit den Augen.“ Ich zwinkere.
„Sehr gut“, sagt er. „Sie brauchen viel Ruhe. Sie haben die Operation gut überstanden und waren im künstlichen Tiefschlaf. Ich komme später wieder vorbei.“ Gott, bitte lass mich aus diesem Albtraum aufwachen! Was ist nur los? Warum spüre ich nichts? Ist das noch die Narkose? Jeder Gedanke schmerzt fast unerträglich, ich muss mich beruhigen!
Meine Eltern beugen sich über mich. Sie sagen, wie glücklich sie sind, dass ich am Leben bin. Dass ich ansprechbar bin. Dann brechen sie beide in Tränen aus. Stunden, Tage, Wochen später? Ich habe jedes Zeitgefühl verloren. Ich sehe immer den gleichen Ausschnitt der Decke, wenn ich wach bin, versuche ich Ähnlichkeiten in der Musterung zu entdecken. Der Arzt kommt an mein Bett und fragt, ob ich ihn hören kann. Ich zwinkere. Ob es mir gut geht. Ich zwinkere nicht. Ob ich Schmerzen habe. Ich zwinkere. Er erklärt mir, dass ich eine Querschnittslähmung habe. Daher spüre ich meine Beine nicht. Es gibt eine gute Nachricht, meint er. Wir können in ein paar Tagen versuchen, ob die Atmung ohne Beatmungsgerät funktioniert. Und ich soll die Hoffnung nicht aufgeben, manche lernen wieder gehen.
Meine armen Eltern müssen danebenstehen und zuschauen, wie ich lautlos anfange zu heulen. Es ist unvorstellbar. Ein Leben im Rollstuhl? Ich hatte wunderbare 18 Jahre, eine glückliche Kindheit, aufregende Jugendjahre – warum konnte es nicht einfach vorbei sein? Warum habe ich überlebt?
Ich wache auf. Das Licht ist abgedunkelt, wahrscheinlich ist draußen Nacht. Mein Durst und die Schmerzen im Hals sind kaum erträglich. Der Beatmungsschlauch drückt auf den Kehlkopf, ich habe Brechreiz. Ich habe eine Idee. So fest ich kann, kaue ich auf dem Schlauch. Setze meine Schneidezähne als Säge ein. Wieder und immer wieder. Und plötzlich gelingt es! Der Schlauch ist durchgebissen. Alle Geräte fangen wie verrückt an zu piepsen, um mich herum wird es schwarz. Endlich. Ich habe es geschafft.
Listen to: Suicide Is Painless. M.A.S.H.