Читать книгу Mister Beedels Abgang - Greta Mote - Страница 3
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ОглавлениеAllan legte den Füllhalter in das Tintenfass, das auf einem Tablett aus Sheffield Silber stand. Mit einem Ruck stieß er den Stuhl zurück und erhob sich vom Schreibtisch. Wie ein Vorwurf an seine Arbeitsethik zeigte das Ziffernblatt der Uhr auf dem Kaminsims 8 Uhr 30. Ein grauer Morgen spiegelte sich in den vom Nieselregen beschlagenen Fensterscheiben. Er betrachtete das Blatt auf dem nach zwei Stunden Arbeit das Satzfragment »Sir John?«, geschrieben stand. »Verdammte Zicke«, fluchte er, was der Titelfigur dem achten Earl von Johnston galt. »Bernard?«
»Hm?«
»John bringt die Gräfin um die Ecke. Was schlägst du vor? Soll er sie vergiften, erschießen oder erdrosseln?«
»Das Miststück hat ihn mit diesem widerlichen Baron von Kessler betrogen, er sollte der intriganten Schlampe die Ohren abschneiden!«, erklang es aus der Küche, wo Bernard Allans Haushaltshilfe und Bodyguard gerade Zwiebeln für das Omelett würfelte. Allan ließ es sich durch den Kopf gehen und verwarf Bernards Vorschlag als zu gewalttätig, er hatte nicht vor seine Leser zu vergraulen, die kranke Dinge wie abgeschnittene Ohren täglich in ihren Morgenzeitungen serviert bekamen.
»Geht nicht der Verdacht würde sofort auf ihn fallen«, erklärte Allan, »außerdem ist es für meine Fans ein Schock nach den ersten Kapiteln von „Sir John und der Mord im Buckingham Palace“ herauszufinden, das ihr geliebter Held ein Sadist ist, der in die Klapse gehört.«
»Der Titel ... naja bestimmt fällt Ihnen noch was Besseres ein. Und ich denke, er ist ein gerissener Bursche ihr Graf? John wird sich schon was einfallen lassen. Sie sind doch der berühmte Schriftsteller, ich hacke nur das Grünzeug.« Das, Bernard, der ihn seit fünf Jahren versorgte, und beschützte berühmt genannt hatte, schmeichelte Allan aber ja er war erfolgreich. Seine viktorianischen Gesellschaftskrimis verkauften sich als wären seine Leser süchtig nach Seichtem. Manchmal dachte er, das wäre er ein Koch geworden, er Kartoffelchips produzieren würde. Die Leser von Allans Romanen liebte Königin Victoria, Gaslaternen und prächtige Bälle in Mayfair und unbequeme Zylinderhüte hoch wie die Schornsteine in Hackney. Genauso wie Allan es liebte, darüber zu schreiben. Aber im Moment hingen ihm die verknöcherten Etikette dieser Epoche, in der man Klavierbeine verhüllte, damit der Betrachter nicht an weibliche Beine erinnert wurde, zum Hals heraus. Allan ging, als die Muse Melpomene ihr wahres Gesicht zeigte und sich, als knochenharte Arbeit entpuppte in die Küche, und stellte sich ans offene Fenster. Bernhard stand mit dem Rücken zu ihm und bewegte sein ausladendes Hinterteil zum Lied oh Julie von Shakin Stevens. Ein Lied, das dreitausend mal am Tag im Essex Radio 96,3 FM gespielt wurde, als sei Shakin Stevens eine von nur drei LPs im Besitz des Radiosenders. Bernhard ließ seine Hüfte von links nach rechts wandern sang leise mit und hackte über die Küchenanrichte gebeugt das Gemüse. Allan griff nach dem Feldstecher auf der Fensterbank und betrachtete seine Heimatstadt St. Marys. Es war nicht viel los, der kleine mittelalterliche Marktplatz mit seinen bunten Häusern war fast menschenleer. Vor den drei stöckigen Fachwerkhäusern parkten Autos benetzt vom Morgentau. »Was gibt es zum Frühstück?«
»Omelette ala Gusto dazu ein selbst gebackenes Weißbrot und Butter vom Bauern, nichts Besonderes.«
Allan dachte wie viel Glück er gehabt hatte Bernard einzustellen nach dem ein irrer Fan versuchte hatte ihm bei einer Lesung Säure ins Gesicht zu schütten. Er schwenkte das Fernglas nach links, der Gemüsehändler Mister Paynes trug Sperrholzkisten aus seinem Laden und trat sie kaputt und stopfte sie in den Müllcontainer. Ein Fensterputzer im blauen Overall polierte die Schaufensterscheibe der Palermo Pizzeria, in der die Hauspizza mit Ketchup serviert wurde. Mister Beedle schälte sich aus dem wallenden Bodennebel, der auf dem Marktplatz lag. Warum trug der Mann immer karierte Hemden aber viel wichtiger warum war sein Gesicht immer verbissen? Seit den drei Jahren, die er nun in der kleinen Gemeinde lebte, hatte er nichts als Ärger gemacht. Beedle schob sein Fahrrad über das Kopfsteinpflaster und es sah aus als laufe er auf Wolken. Er blieb bei Mister Paynes stehen und seine unangenehme, empörte Stimme drang bis zu Allan. »Mensch sind Sie komplett verrückt geworden! Es ist, verboten Sperrmüll in öffentliche Abfallcontainer zu stopfen! Holen sie alles raus!« Eine Beleidigung, eine Erklärung und ein Befehl, Beedle übertraf sich selber an diesem Morgen. Allan konnte Paynes Antwort nicht verstehen, aber er sah, das der Gemüsehändler Beedels am Kragen packte und ihn schüttelte als sei er eine Puppe, Beedels Kopf flog von links nach rechts. Paynes dachte wohl nicht im Traum daran, sich von Beedels Anweisungen geben zu lassen. Beedle brachte sich in Sicherheit und schüttelte seine Faust und schrie mit dem Mut der aus der Entfernung resultiere: »Das wird ein Nachspiel haben ich werde Sie anzeigen das war tätlicher Angriff auf einen pensionierten Beamten!«
Paynes zuckte mit den Schultern und machte seelenruhig mit seiner Arbeit weiter. Allan gratulierte Mister Paynes zu dieser Tat, die ihm aus dem Herzen sprach, und stellte das Fernglas ab und setzte sich an den Küchentisch, wo eine Tasse Tee seiner harrte. »Ich frage mich, wo er hin will?«, fragte er Bernard und betrachtete ihn bei der Arbeit. Bernard kurz geschorener Kopf und seine Arme waren tätowiert. Er trug kurze Jeans und seine Füße steckten anstatt in Doc Martens Stiefeln in Puschen. Bernard besaß unter einer dicken Schicht Fett ungeheure Kraft, er war ein gemütlicher Seelöwe. Seine Handbewegungen waren auf den Punkt genau und von ungeheurer Geschwindigkeit. Es war faszinierend ihn beim Kochen zuzusehen. In der Küche war er ein Napoleon außerhalb nur ein gefährlich aussehender fetter junger Mann mit einem seltsamen Beruf. Aber er war glücklich damit, Allan zu bekochen und das Haus aufräumen zu dürfen. Und an den Wochenenden, zum Fußball zu gehen. »Wer der Baron?«, fragte Bernard und streckte sich nach den Blumentöpfen mit den Küchenkräutern und pflückte eine Handvoll Petersilie. »Nein Beedle«, antwortete Allan. Es dauerte eine Weile, bis Bernard mit seinen Gedanken weg vom Graf John Albert Phillips de Mote eine Mischung aus Oliver Twist und dem Graf von Monte Christo und dem illustren Kensington des Jahres 1867 wieder im Heute war.
»Wohin soll er wollen? Er sucht nach Falschparkern notiert sich die Autokennzeichen und kauft sich zufrieden als hätte er was geleistet seine Morgenzeitung. Er liest den Ledger«, sagte Bernard verächtlich.
»Komisch ist es trotzdem, vielleicht hat er ein Treffen? Er lief, als ob er es eilig hat.«
»Wer würde sich mit dem Treffen wollen?«, fragte Bernard und widmete sich dem in Butter schwitzenden Omelett, das einen betörenden Duft verströmte. »Seine Frau tut mir leid«, sagte Allan und informierte Bernard über den neusten Ärger den Beedle verursacht hatte. Er hatte Mister Hennesy wegen falsch Parkens angezeigt. Den Mann, der am 11 November die Veteranenparade anführte und vorne weggeschoben wurde. Bernard schnaufte: »Was denkt Beedle, wo er sein Auto lassen soll, der Mann sitzt im Rollstuhl!« Mister Hennesy waren im Zweiten Weltkrieg die Unterschenkel abgerissen worden und vor seinem kleinen Tudor Haus herrschte Parkverbot, das er ignorierte. Mister Hennesy war ein verkrüppelter Kriegsheld aber Beedle ließ Ausnahmen nicht gelten. Er beschwerte sich bei der Stadtverwaltung, dass die Polizei gegen diese Missachtung von Gesetz und Ordnung nie einschritt. Er unterstellte dem, leitenden Inspektor der Polizeiwache Callahan sich von Hennesy schmieren zu lassen. »Ha, das ist doch alter Käse«, sagte Bernard und drehte sich um. Sein Fred Perry Hemd stand offen und ein schwarzer Mann mit Hut und Sonnenbrille, der wohl Mister Laurel Aitkens hieß, war über seinem Herzen tätowiert auf der Seite daneben die kryptischen Worte Red Army Arsenal. Vielleicht eine dramatische Liebesgeschichte? »Das beste Wissen Sie gar nicht!« Bernards blaue Augen funkelten als flirte er mit dem Calvin Klein Unterhosenmodell. Allan wusste es nicht sicher aber dachte, dass ein Mann der so kochen konnte und so häuslich war schwul sein müsse. »Beedle hat sich gestern nach der Predigt mit ihrem Bruder gestritten. Er verlangte das Jasper seine ausgestopften Fische, und zwar alle aus der Kirche entfernt und er will die Spendenbücher sehen.« Allan hielt kurz die Luft an: »Oh, und was hat der liebe Jasper gemacht, er ist so furchtbar stolz auf seine ausgestopften Fische im Mittelgang.«
»Ich weiß das Angeln ist ihm mehr als ein Sport aber gestern predigte ihr Bruder in Gummistiefeln und sah immer auf die Uhr dabei.«
Allan lächelte, »ich weiß er ist besessen von diesem Hecht im Bach. Wir werden keine vernünftige Predigt von ihm hören, bis er den Fisch gefangen hat und er ausgestopft in der Kirche hängt. Unser Vater nahm ihn immer zum Angeln mit, die beiden hatten eine sehr enge Beziehung, auf die ich manchmal neidisch war. Und was hat der Liebe Jasper auf diese Unverschämtheit erwidert?«
»Er hat ihn angestiert wie ein wütender Stier, als ob er gleich auf ihn losgeht. Nur die Anwesenheit der Gemeinde hat verhindert, dass er Beedels die Nase gebrochen hat.«
»Warum interessiert sich Beedle für die Kirchenbücher?«, fragte Allan neugierig, »unterstellt dieser garstige Mensch meinem Bruder sich die Spendengelder unter den Nagel zu reißen?«
»Keine Ahnung aber solche Menschen stecken immer ihre Nase in Dinge, die sie nichts angehen.«
Allan nickte und hatte kurz das Gefühl, das es mit Mister Beedle kein gutes Ende nehmen konnte. Genauso wie mit seinem Helden John Albert Phillips de Mote, wenn ihm nicht etwas Fantasievolleres als abgeschmacktes Pfeilfroschgift einfiel.
Pfarrer Yates saß in seiner gemütlichen Bibliothek im Pfarrhaus beim Frühstück. Er hatte sich eine Hummerplatte mit zerlaufender heißer Butter darüber munden lassen. Ausnahmsweise, er war ein Mann der Gewohnheit und beendete selten ein Essen ohne das Gefühl zu haben die Gedärme würden gleich platzen – seine Haushaltshilfe Misses Nordimer gebeten abzuräumen. »Ein Jammer«, murmelte er vor sich hin, »dass man nur einen Magen hat … und nur viermal am Tag zu essen hat.« Die kleinen Küchlein und Toasts beim Fünfuhrtee galten für ihn nicht als Mahlzeit. Er war ein Mann, der seinen Bauch ernst nahm. Essen war ihm nicht bloßes Vergnügen, sondern eine körperliche Herausforderung. Er war ein dicker, schwammiger Mann mit einer von der Anstrengung des Essens verschwitzten Glatze. Er hatte die Gewohnheit, im Haus einen arabischen Kaftan zu tragen, der wunderbar angenehm bei diesem warmen Wetter war. Er schloss die Augen und schlug blind das Oxford Predigerbuch in der Mitte auf und betrachtete das Ergebnis - Königstreue? Warum nicht, fragte er sich. Königstreue war ein ebenso gutes Thema für eine Predigt wie irgendetwas anderes. Er notierte sich mit sauberer Handschrift die Worte – König Jacob mit Elisabeth 2 ersetzen – auf ein Schmierblatt und legte den Stift zurück und klappte den gewaltigen Wälzer zu und schob ihn mit einem liebevollen Klaps in Richtung Tischecke. Das Buch war die beste Anschaffung seines Lebens. Nie mehr war er gezwungen, seine kostbare Zeit damit zu verplempern sich Predigten aus den Fingern zu saugen. In dem Buch gab es genug christliche Ermahnungen für 3 Jahre, und wenn es durch war, begann er von vorne. Er hatte, die Theologie nebenbei studiert, er hatte keinerlei Ausbildung im Predigen oder darin, anderen Menschen, Trost zu spenden geschweige davon ein christliches Vorbild zu sein. Er wurde Pfarrer, weil er keine großen Ambitionen hatte und seit 1801 immer ein Yates diesen Beruf in Saint Marys ausgeübt hatte. Er machte sich auch nicht die Mühe, seine Predigten selber zu schreiben, sondern kaufte sich ein dickes Buch mit fertigen Texten und las jede Woche einen vor. Seine Haushälterin mit der Anmut eines Fafnir des Menschenverschlingenden Lindwurms aus der nordischen Mythologie brachte die Post. Das heißt, sie starrte feindselig auf die fettfleckige Krawatte des Pfarrers, die sie zu waschen hatte, und klatschte den Packen auf den Tisch.
»Die Post! Brauchen nicht zu schauen ist heute nur Krempel.«
»Hm gut danke.«
Yates ignorierte seine Angestellte, wie er ein altes Möbelstück ignorierte. Außer Miss Nordimer brachte ihm Essen, dann sah er sie an, als habe er eine Marienerscheinung, und nannte sie »meine Beste«, er liebte Hummer. Yates sortierte seine Briefe und Miss Nordimer fuhr mit dem Staubwedel, über die Bücherregale. »Sie hatten recht nur Krempel«, beschwerte er sich. »Ist das zu fassen nicht eine einzige Einladung zum Essen. Heiratet oder stirbt man nicht mehr in diesem Land? Spendenbitten von Fanatikern, Missionsberichte aus dem Sudan, die Gewerkschaft der Tapezierer und Maler verlangte meine Mitgliedschaft, wohl eine Verwechslung. Mit dem Kram werde ich mich nachher befassen.«
Yates arbeitete bis spät in die Nacht, begann aber nie vor zwölf Uhr. Wenn er angeln ging, war, das anders. Er ging im ersten Morgengrauen und kam wieder, wenn die Köcher voll waren. Das heißt der Angelplatz war leer gefischt. Bis auf den Beifang den warf er weg und überließ den ganzen schuppigen blutigen Plunder den Möwen. Er sah an die Trophäenwand neben dem Kamin, an denen die Skelette seltener Fische hingen. Dann auf eine Kiste mit einem bei einer Auktion erstandenen Haifischskelett. Wohin damit, 3 Meter in der Länge und von einer solch beunruhigenden Präsenz, dass er den Aufschrei der Gemeinde regelrecht hören konnte, wenn er es von den Balken des Mittelgangs herunterhängen ließ? Und das würde er, als Mahnung für irgendetwas. Bedenke du bist aus Staub du bist vergänglich, würde er mit seiner tiefsten Stimme sagen, wenn er darauf angesprochen würde. Jasper schloss die Augen er, hörte ein Stöhnen und Röcheln spießiger Empörung wie durch einen Vorhang aus Zeit und Raum. Für einen winzigen Moment dachte er erschrocken, Gott habe ihn mit der Gabe der Prophetie gestraft. Er sah auf seine Handinnenflächen, - keine Stigmata Gott sei Dank. Dann drehte er seinen Kopf zum angelehnten Fenster und kniff die Augen zusammen. Das Stöhnen war noch da und kam eindeutig aus Richtung der Kirche, hinter der seitlich versetzt das großräumige Pfarrhaus stand. Das Zufahrtstor war in der Nacht verschlossen. Misses Nordimer schloss es wegen der Einbrecher, im Fernsehen abends. Was er recht und billig fand, nicht das die Leute noch auf die Idee kamen ihn in seinem Haus mit ihren Gewissensproblemen und scholastischen Glaubensfragen zu, belästigen. Das verdammte Stöhnen kam, ohne jeden Zweifel vom Weg. Hatte sie vergessen abzuschließen und jetzt lungerte dort ein Penner herum, bis er auf die ersten Kirchgänger traf, die er anschnorren konnte. Jasper grinste, ha Montag da kannst du lange warten. Das Stöhnen war ausgesprochen unangenehm. Er stand auf und ging zum Fenster und sah hinaus. Nichts zu entdecken. Nur die hohe mit Efeu bewachsene Friedhofsmauer und die Westseite der Kirche, der Weg zu seinem Haus war mit Topfpflanzen gesäumt und das Tor war fest verschlossen. Yates betrachtete zufrieden den Hof seines Hauses. Er war stolz auf sein Gebäude, das er zu einem Refugium der Bequemlichkeit und des Essens gemacht hatte. Die Türen waren breiter als in anderen Häusern die Zimmer heller und freundlicher und besonders gelungen war der Speiseaufzug und das Haustelefonsystem. Der Speisenaufzug führte nicht nur zum Speisezimmer, sondern auch zum Schlafzimmer und die Bibliothek. Er konnte jederzeit Misses Nordimer aus dem Tiefschlaf reißen und ihr durch das Haustelefon zubrüllen er wolle heiße Milch und ein duzend Schinken Sandwichs haben. Ein prächtiges Gebäude. Yates tippte sich an die Stirn und tastete nach seiner Brille, die auf seiner Stirn saß. Ha, dachte er, nachdem er wieder mehr als verwaschene Konturen sehen konnte, bist über den Zaun geklettert und abgestürzt, geschieht dir recht! Der Pfarrer hatte gerade die schattenhafte Gestalt eines Menschen wahrgenommen, der zwanzig Meter entfernt vor dem Eingangstor zu Boden gesunken war und zuckte. Er wurde in seinen schadenfrohen Überlegungen unterbrochen, lautlos stand seine Haushälterin neben ihm, um ihm die Times und die obligatorische halbe Liter fassende Tasse Kaffee zu bringen. »Sehen Sie nach, wer dort stöhnt ... und treiben sie ihn fort«, er dachte nach was hatte er vergessen? »Ach ja, wenn er sich beim Sturz etwas gebrochen hat, nennen sie ihm die Adresse des Krankenhauses in Bexhill. Wenn es ernster Natur ist, geben sie ihm Sixpence, das er von einer Telefonzelle die Ambulanz anrufen kann, das man sich seiner um Jesu annimmt.« Misses Nordimer drehte sich vom Fenster ab und verließ das Haus. Yates setzte sich, mit dem Gefühl seine Pflicht als Hausherr getan zu haben und betrachtete eifersüchtig die Titelabbildung in der Zeitschrift Forelle und Du. Ha, eine sieben Kilo Regenbogenforelle in Camden, ha aber nur vor der industriellen Revolution. Nach kurzer Zeit kam Misses Nordimer zurück.
»Ich kann ihn nirgendwohin schicken ... nicht«, stotterte sie mit aufgerissenen Augen und blassem Gesicht.
»Ja und weshalb?« Er hatte die Pause und den Satzbau bemerkt: »Warum können Sie ihn nicht nirgendwo nicht hinschicken?«
»Weil niemand nicht da ist, der noch laufen könnte, Sir«, stotterte Miss Nordimer.
»Aber ich habe doch ...?«Einen Augenblick lang verschlug es dem Pfarrer die Sprache. Er wusste instinktiv, dass es nicht gut war, dass er Dinge sah und hörte, die es nicht gab. Jasper brauchte eine Sekunde um diese schlechte Nachricht, an diesem herrlichen Angelmorgen, bedeckt und regnerisch, sacken zu lassen. »Verdammter Käse! Heute, wo ich runter zu den Feldern wollte, werde ich wahnsinnig passt mir ausgesprochen gut in den Kram«, beschwerte er sich bei seiner Angestellten. »Misses Peters hat ein Kalb geschlachtet und Sussex Blutwurst gemacht. Sie wissen, wie sehr ich Sussex Blutwurst mag! Sie macht kleine in gänseschmalzgebratene Schinkenstücke hinein«, erklärte er und sah Miss Nordimer strafend an. Sie dachte, - ist das zu fassen er hat wieder Hunger und sagte mit vor die Brust verschränkten Armen: »Sein Kopf sieht aus, als hätte ein Elefant eine Quadrille darauf getanzt.«
»Ein Elefant ... auf seinem Kopf ... was?« Die Vorstellung wie dieses majestätische sensible Tier sich über den armen hilflosen Kerl her machte, war furchterregend aber irgendwie witzig.
»Und was ist jetzt wegen des Bluts Pfarrer? Ich wisch es nicht weg!«
»Blut?«, stotterte Jasper er verstand immer weniger von dem, was Miss Nordimer von sich gab. Sie nickte und sagte: »Der ganze Boden ist davon bedeckt!«
»Warum? Ich denke, dort ist niemand?«
»Niemand der laufen kann, Sir! Wenn Sie nicht bald was machen, ist er mausetot.«
»Es sind nur zwei Meter. Was ist das für ein Tölpel vom Zaun zu stürzen und mir alles voll zu bluten?«, fragte er nachdenklich und erleichtert darüber nicht verrückt geworden zu sein. »Wenn man schon irgendwo einsteigt, sollte man bitte schön soviel manuelles Geschick besitzen einen schmiedeeisernen Zaun zu übersteigen, ohne sich den Hals zu brechen, nicht wahr?«
»Ich denke nicht, dass er gestürzt ist«, sagte Misses Nordimer kategorisch und schüttelte den Kopf. In diesem Augenblick erinnerte sie ihn an den Bernhardiner Hund in der Tierfutterwerbung im Fernsehen.
»Und wie kommen Sie darauf?«
»Wie soll er das gemacht haben? Rüberklettern über den Zaun hä? Mit dem Fahrrad, hä?«
»Auf eine Frage mit einer Gegenfrage zu antworten ist unhöflich Misses Nordimer!«, tadelte Jasper und sah sie verdutzt an. »Wie mit dem Fahrrad? Warum sollte er? Ich, meine, warum sollte, jemand mit einem Fahrrad ...?«
»Das weiß ich nicht! Ich sagte nur, dass ihn nicht ein Sturz vom Zaun verletzt hat«, Miss Nordimer sah ihn an, »und wollen Sie nichts machen?«
»Sind Sie betrunken?«
Er hatte Misses Nordimer in Verdacht eine heimliche Trinkerin zu sein. Im Haushaltsbuch, das sie ihm zur Kontrolle vorlegte, stand etwas von Kochbrandy, seit wann kochte man das Zeug. Das verdammte Zeug war feuergefährlich. Jasper hegte die Befürchtung das eine betrunkene Misses Nordimer ihm sein schönes Heim abfackeln würde beim Bratkartoffeln machen. Er seufzte er hatte lange keine Bratkartoffeln mehr gehabt! Er suchte lustlos unter dem Schreibtisch nach seinen linken Pantoffel und folgte ihr im Kaftan nach draußen, um nach dem rechten zu sehen.
Es lag ein eigenartiger Geruch nach, verrottetem Laub und schimmliger Nässe in der Luft und Jaspers Mund stand offen und seine Augen ruhten voller Sorge auf den Ruhestörer. Mister Beedels zuckte ungewöhnlich heftig und sein Blut war an die Friedhofsmauer gespritzt. Jaspers Kinn klappte zu und auf und nach einigen Sekunden fragte er zögerlich: »Mr Beedle, geht es ihnen nicht gut?«, noch während er das fragte, war er sich bewusst, wie überflüssig und absurd diese Frage war. Es bestand nicht der leiseste Zweifel, dass es Mr Beedle nicht gut gehen konnte. Sein Gebiss schnappte auf und zu und sein Körper wurde von Krämpfen durchgerüttelt. Yates trat näher und kniete sich neben die zuckende Gestalt und befühlte sein Handgelenk. Miss Nordimer rief: »Oh Gott, schnell sie müssen ihm ein Stück Holz in den Mund stecken, damit er seine Zunge nicht verschluckt!«
»Wer hat denn Holz in der Tasche, bleiben Sie logisch«, zischte der Pfarrer und zählte Mister Beedels Pulsschlag.
»Sein Herzschlag ist schwach ... ach herrje das war meiner ... Beedle ist tot!« Das Zucken von Beedels erstarb wie auf Kommando.
»Sie müssen ihm Leben einhauchen!«, schrie Misses Nordimer zum Pfarrer. Auch ohne ihre schrille Stimme hatte er genug damit zu tun nachzudenken, was zu tun sei. Warum verflucht starben die Leute nicht zu Hause oder im Krankenhaus, wie es sich gehörte. »Leben einhauchen? Bin ich Gott? Sie meinen eine Mund zu Mund Beatmung aber wir sind zu spät gekommen. Beedle ist beim Erlöser!« Jasper schloss dem Mann die Augenlider und bekreuzigte sich. Er dachte, dass der Herr ein unendlich großes Herz habe, wenn er Beedle mit offenen Armen empfangen würde. Bei dieser kleinkarierten Engstirnigkeit die Mister Beedle, als Einziges ausgezeichnet hatte. Jaspers Blick glitt nach weiteren gotteslästerlichen Gedanken zu dem Antlitz des Toten, aus dessen Mund rosa Schaum floss. Überall war Blut, er erschauerte, es sah aus als hätten Vandalen einen 10-Liter-Eimer roter Farbe in seinem Hof verspritzt. Miss Nordimers Vergleich mit dem Polka tanzenden Elefanten drängte sich auf, was ein kleines unpassendes Lächeln in sein rundes Gesicht malte. »Mein Gott …«, stotterte er. Es war einer jener Atemzüge, wo die Zeit stillsteht und sich Sekunden zu Stunden dehnen. Mit einem Gefühl neben sich zu stehen hörte er sich sagen: »Wir dürfen nichts berühren. Holen Sie die Polizei und meinen Bruder, Allan muss kommen.«
»Ihren Bruder soll ich holen? Er ist das größte Klatschmaul von Sussex und was für furchtbare Bücher er schreibt Mord und Sex«, schimpfte Misses Nordimer. »Nun gut ich gehe und hole die Polizei und den anderen Mister Yates, wenn Sie darauf bestehen. Eine Leiche beim Pfarrer sage ich ihm, dann wird es in 5 Minuten in aller Munde sein. Schämen muss man sich direkt und das bei einem Pfarrer.« Mit einer 180 Grad Wende marschierte sie ins Haus. Yates schrieb ihre Worte dem Schock zu und lächelte kühl. »Ich habe Mister Beedle nicht eingeladen zu uns zu kommen und hier zu sterben meine liebe Miss Nordimer und tun sie was ich ihnen gesagt habe!«
Miss Nordimer drehte nicht einmal den Kopf sondern winkte verächtlich ab und ging ins Haus. Sie zog sich ihren Sommermantel über, stellte sich vor den Flurspiegel und richtete ihr Haare. Leiche hin oder her, sie gehörte nicht zu den Frauen, die schlampig gekleidet das Haus verließen. Ihr fiel etwas ein und sie rief: »Hochwürden, wenn ich wegen des Mordes bei der Polizei war, fahre ich zum Woolworth. Schreien sie mir nicht das ganze Haus zusammen ich bin im Supermarkt wir haben keinen spanischen Schinken mehr.« Yates erhob sich von seinen Knien, er versuchte aufrichtig, für diese Seele zu beten und ließ es sein. Er empfand keine Trauer nichts als Erleichterung, was er beim Anblick der Leiche als unpassend empfand. Jasper bekreuzigte sich sah nach oben an den Himmel. »Lieber Gott ich weiß Beedle war ein Drecksack aber er war einmal ein Kind. Ich habe keine Ahnung, was in seinem Leben schief gelaufen ist, habe Gnade mit ihm und seinem Mörder mein Herr.« Nach diesem Gebet wandte er sich zum Hauseingang und brüllte: »Ich bin Pfarrer, ich habe Erziehung genossen ich schreie keine Häuser zusammen!«
Miss Nordimer passierte ihn mit dem Einkaufskorb in der Hand, als er sein Haus betrat. Er hatte das fröstelnde Gefühl, knapp einen Eisberg gestreift zu haben. Er ließ sich auf eines der Sofas im Foyer plumpsen. Er sollte die Polizei anzurufen, er nahm an es genügte nicht, die Angestellte vor dem Weg zum Supermarkt vorbeizuschicken. Zuerst musste Allan davon erfahren.