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1 Einführung
ОглавлениеDer Missionsbegriff hat im biblischen und theologischen Sprachgebrauch eine lange Geschichte. Grundsätzlich bedeutet er „Sendung“. Mission und die missionarische Tätigkeit der Kirche gehören zum Proprium Christianum – sie konstituieren Kirche-Sein. Nach knapp zweitausend Jahren Missionsgeschichte begann nach dem II. Vatikanischen Konzil eine Distanzierungstendenz vom Missionsbegriff. Mission wurde mit einem impliziten Hegemonialanspruch auf religiöse Wahrheit in Verbindung gebracht, der im Zeitalter des globalen religiösen Pluralismus und des interreligiösen Dialogs unpassend zu sein schien. Hinzu traten weitere Belastungen des Begriffs durch das missionarische Vorgehen in der Neuzeit und im Zeitalter des Imperialismus, bei dem häufig ein eurozentrischer Zivilisationsanspruch erhoben wurde. Mission stand vermeintlich für ideologische Indoktrination und kulturelle Expansion. Demzufolge wurde der Missionsbegriff in den theologischen Diskursen zum historisch belasteten Begriff. Häufig wurde er deshalb durch andere Begriffe (z. B. Evangelisierung) ersetzt. Diese Tendenz, den Missionsbegriff im kirchlich-theologischen Sprachgebrauch zu ersetzen oder zu vermeiden, wirkt bis in unsere Tage herein. Eine ungeschönte Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Forschung in Deutschland macht es deutlich: Während andere wissenschaftliche Disziplinen (z. B. Geschichtswissenschaften, Soziologie, Ethnologie) ein reges Interesse an dem Phänomen der Mission bekunden, findet in der deutschsprachigen Theologie lediglich eine marginale missionswissenschaftliche Grundlagenforschung statt.1
Jedoch erfährt der Missionsbegriff unter dem gegenwärtigen Pontifikat ein Comeback im deutschsprachigen Raum. Grund dafür ist, dass Papst Franziskus die pastoralen Konsequenzen der Inkarnationslogik und des Christusereignisses unter dem Begriff der Mission bündelt. In seinem Verständnis soll die Kirche „ein[en] Zustand der permanenten Mission“ (EG 25) verkörpern. Auch wenn es im deutschsprachigen Raum derzeit nicht an Bemühungen fehlt, den Begriff zu rehabilitieren, und ihn als theologischen Terminus im fachspezifischen Sprachgebrauch neu zu etablieren, wird immer wieder an die belastete Vergangenheit und sogar Gegenwart des Begriffes und der Missionspraxis erinnert.2 Ist aber der Missionsbegriff heute tatsächlich noch belastet? Und was meinen die Menschen in Deutschland und darüber hinaus, wenn das Wort „Mission“ im Alltag fällt?