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Vorwort
Patienteninteressen sind für Mitarbeiter wichtig Heinz Lohmann

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»Herr Professor«, sagte der junge Mediziner im Vorstellungsgespräch um eine Assistenzarztposition, »was ich von Ihnen gerade gehört habe, ist sehr vielversprechend. Sie sind in der engeren Wahl.« Dieses Erlebnis liegt schon einige Jahre zurück. Der Chefarzt eines Krankenhauses in der norddeutschen Provinz hat sich von seinem damaligen Schreck erholt und ist inzwischen daran gewöhnt, dass nicht, wie früher immer, er aus vielen Bewerbern auswählen kann, sondern diese Rolle den raren und damit begehrten potenziellen Beschäftigten zusteht. Das gilt heute ebenso in Metropolen und auch Universitätskliniken können nicht mehr »automatisch« auf unwiderstehliche Attraktivität bauen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schauen sich ihre künftigen Arbeitgeber sehr genau an und erwarten ein Profil, das ihren Vorstellungen entspricht. Dabei geht es natürlich auch um mögliche Gehaltsentwicklungen und die gebotenen Karriereperspektiven, aber vielleicht noch viel mehr um die Übereinstimmung mit der inhaltlichen Ausrichtung der Klinik sowie der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Arbeitnehmer in Gesundheitseinrichtungen bringen immer schon eine ausgeprägte intrinsische Motivation mit in das Berufsleben. In der Vergangenheit haben die Gesundheitsunternehmen in der Regel davon profitiert, ohne nennenswert an deren Erhaltung oder gar Entwicklung zu arbeiten. Im Gegenteil ist dieser besondere Wert der Mitarbeiter im Laufe der Zeit »aufgebraucht« worden. Diese Zeiten gehören jetzt endgültig der Vergangenheit an. Die Gesundheitsbetriebe müssen hart an der möglichst engen Übereinstimmung der Interessen der Mitarbeiter einerseits und der Ausrichtung der Unternehmensziele und, noch wichtiger, des Arbeitsalltags andererseits arbeiten. Die Erfüllung der Erwartungen der Patienten und ihre sich ändernden Bedürfnisse spielen dabei eine extrem wichtige Rolle, weil viele Menschen, die in der Gesundheitswirtschaft tätig sind, ihre persönliche Befriedigung im Beruf genau darauf gründen.

»Einweisen, zuweisen, überweisen«, diese Begriffe sprechen eine verräterische Sprache. Da ist keine aktive Rolle für den Patienten vorgesehen. Der wird aber immer souveräner und ist inzwischen auch schon ein wenig Konsument. Das wird sich in Zukunft verstärken. Zum einen können Patienten heute leichter an Informationen gelangen. »Dr. Google« und das Internet machen’s möglich. Das war vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar. Zum anderen haben wir bisher in der überwiegenden Zahl, nämlich der 70-Jährigen und älteren, Kriegs- und unmittelbare Nachkriegsgenerationen behandelt, die mit Entbehrungen und Mangel aufgewachsen sind. Ihre Erwartungshaltung ist maßgeblich durch diese Erfahrung geprägt. Die künftig mehrheitlich auf die Gesundheitsanbieter zukommenden Menschen sind in den Zeiten des Wirtschaftswunders sozialisiert und seit der Jugend an eine aktive Konsumentenrolle gewohnt. Sie werden die Akteure in unserer Branche ganz anders herausfordern. Krankenhäuser sind traditionell Expertenorganisationen. Grund dafür ist, dass der Gesundheitsmarkt bisher von der Anbieterseite dominiert wurde. Die Nachfrageseite hat praktisch keine Rolle gespielt. Solche Märkte sind Institutionen zentriert. Das ist heute gefährlich, weil Patienten sich für Institutionen im Gegensatz zu den Experten wenig interessieren. Das Patienteninteresse ist zu allererst auf die Art der Behandlung gerichtet und deshalb prozessorientiert.

Ein zentraler Punkt der Veränderung ist für Arbeitgeber eine adäquate Reaktion auf die Herausforderungen der Digitalisierung. Nur gemeinsam mit den Ärzten, Krankenpflegekräften und anderen Therapeuten sowie den Managern und Technikern kann die Umstrukturierung der Behandlungsabläufe umfassend gelingen. Die technischen Voraussetzungen für den notwendigen Wandel sind vorhanden. Dabei sind Technik und Humanität keine Gegensätze. Im Gegenteil ermöglicht die Nutzung moderner Technologie den Expertinnen und Experten da zu sein, wo sie hingehören, nämlich beim Patienten. Wer mit seiner Nase im Dokumentationsbogen steckt oder sein Ohr am Telefon hat, um »mal eben schnell« die einzelne Behandlung zu organisieren oder mit der Blutprobe über das Klinikgelände hastet, ist am falschen Ort. Studien belegen immer wieder, dass Ärzte und Krankenpflegekräfte mehrere Stunden täglich allein mit solchen völlig berufsfremden Tätigkeiten verbringen. Deshalb ist es erfolgversprechend, auf den Einsatz der in anderen Branchen längst erprobten Methoden und Technologien der Prozessoptimierung zu setzen. Ganz abgesehen davon, dass heute tagtäglich in Krankenhäusern und anderen Gesundheitsbetrieben die Arbeitskraft der immer rarer werdenden pflegerischen Mitarbeiter »verplempert« wird, ist das »übliche Improvisationstheater« auch noch höchst ineffizient und ineffektiv. Die Verbesserung der Arbeitsprozesse erfordert vom Management die uneingeschränkte Bereitschaft zum Umdenken.

Der Wandel ist im vollen Gange. Er lässt sich nicht aufhalten, aber gestalten. Allerdings ist dazu Mut erforderlich. Erfolg kommt nicht von selbst. Nur Gesundheitsunternehmen, die einen wichtigen Beitrag zur Lösung der künftigen Herausforderungen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft leisten, können mit Beachtung rechnen. Es gilt, sich neu zu positionieren. Die mit großer Macht in die Gesundheitswirtschaft drängende Digitalisierung bietet den Betrieben aber die Chance, sich an die Spitze des notwendigen Wandels in der Branche zu setzen. Wer dabei die Erwartungen der heutigen und natürlich erst recht der künftigen Mitarbeiter fest im Blick hat, kann im Wettbewerb um die Talente punkten. Um eine Arbeitgebermarke zu etablieren, ist eine umfassende Strategie erforderlich. Die Attraktion für Beschäftigte liegt in der realen Ausgestaltung der Arbeitswelt heute und erst recht in der Zukunft. Employer Branding ist ein komplexes Unterfangen. Da ist es gut, dass diese Veröffentlichung nach wichtigen theoretischen Begründungen einen umfassenden Beratungsteil aufweist und zum Abschluss Best-Practice-Beispiele präsentiert. Herausgeber und Autoren sind ausgewiesene Experten mit langjähriger Erfahrung. Das alles sind hervorragende Voraussetzungen für eine nutzbringende Publikation. Ich wünsche dem hier vorgelegten Buch eine große und interessierte Leserschaft.

Professor Heinz Lohmann

Gesundheitsunternehmer

Employer Branding im Gesundheitswesen

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