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Vorwort
ОглавлениеIm Sommer 2013, nach der verheerenden Flutkatastrophe in Deggendorf, begann alles mit einer Idee: Die Erinnerungen und Erlebnisse der Betroffenen, Helfer und Hilfsorganisationen festzuhalten, in einem Buch, vollgepackt mit Erlebnissen während der Flut. Diese Flutkatastrophe hat viele Geschichten geschrieben. Sie zeugen von Entsetzen, großem Verlust und bitterem Leid. Aber sie wurden besonders von dem enormen Zusammenhalt unter Menschen geprägt, die sich gegenseitig in der Not die Hände reichten und einander halfen. Über 500 Häuser standen unter Wasser. Tausende Helfer und zahlreiche Hilfsorganisationen waren im Einsatz. Viele, die nicht persönlich betroffen waren, kamen aus ganz Deutschland und gaben den Betroffenen vor Ort neue Hoffnung, indem sie tatkräftig mit anpackten. Die gemeinsamen Erfahrungen waren für Helfer und Betroffene sehr aufwühlend und prägend. Es gab so viel zu erzählen, das nicht in Vergessenheit geraten sollte.
Nach und nach zog diese Buchidee Kreise und fing an, ganz unterschiedliche Menschen zu begeistern. So sehr, dass sie bereit waren, das Projekt komplett ehrenamtlich auf die Beine zu stellen und die Bucherlöse zu spenden. Diese verschiedenen Menschen fanden durch die Idee zusammen: Allen voran unsere Autoren. Die jüngste von ihnen geht noch zur Schule, einige haben schon viele eigene Texte publiziert, andere veröffentlichen hier ihre erste Kurzgeschichte oder ihr erstes Gedicht. Manche waren unmittelbar selbst betroffen oder sind in Deggendorf aufgewachsen, andere hat das Geschehen sehr berührt, auch wenn sie oder ihr Umfeld die Flut nicht selbst erlebt haben und sie weit weg wohnen, in ganz Bayern verstreut. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie wollten helfen, die Erinnerungen an den großen Zusammenhalt in Deggendorf während der Flut aufrechtzuerhalten. Dort, wo viele Menschen ihr Heim, ihre Fotos und persönlichsten Erinnerungsstücke, und damit auch ein Stück der eigenen Lebensgeschichte, verloren haben.
Viele unserer 23 Autoren haben sich seit Januar 2014 mit Betroffenen und Helfern getroffen und mit ihnen über das gesprochen, was sie erlebt haben. Sie wollten erfahren, was den Augenzeugen während der Zeit der Flut wichtig geworden ist. Die Autoren haben ihnen aufmerksam zugehört, um ihre Sicht zu verstehen. Oft fanden zwei fremde Menschen bei diesen Begegnungen einen guten Draht zueinander. Andere, wie die Autoren der Schreibwerkstatt der Universität Regensburg, fanden durch eine intensive Recherche einen eigenen Zugang zum Thema und verfassten unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Daiber fantasievolle Kurzgeschichten. Auf dieser Basis konnten alle Autoren die Erlebnisse vom Juni 2013 aus unterschiedlichsten Perspektiven beleuchten.
Entstanden ist dabei ein buntes Mosaik aus mal traurig und mal zuversichtlich gestimmten, vor allen Dingen jedoch Mut machenden Texten voller lebendiger Figuren. Sie legen Zeugnis ab davon, was Menschen erreichen können, wenn sie sich gegenseitig unterstützen. Was daraus entstehen kann, ist beeindruckend. Diese Geschichten und Gedichte können uns allen Mut machen. Mut dafür, sich zu engagieren und sich für andere Menschen in Not einzusetzen. Alle Texte im Buch sind durch diese Idee miteinander verbunden, wie ein roter Faden zieht sie sich durch die unterschiedlichen Perspektiven, Blickwinkel und individuellen Schreibstile. Darüber hinaus haben die einzelnen Geschichten und Gedichte viele Parallelen: Organisationen wie das THW, die örtlichen Feuerwehren, die Bundespolizei, die Wasser- und die Tierrettung, die Rettungsdienste wie das BRK und die vielen freiwilligen Hilfsorganisationen wie das Restaurant Mund-Art oder die studentische Aktion Deggendorf räumt auf tauchen an verschiedensten Stellen immer wieder auf. Facebook als Hilfsmittel zur gegenseitigen Vernetzung von Helfern und Hilfsbedürftigen und zum Austausch von Informationen spielt eine Rolle. Die furchtbare, aus den Fugen geratene Naturgewalt der Donau verknüpft die Texte schließlich als Leitmotiv und schlägt sich zum Beispiel in den Pegelständen nieder. Als stumme Zeugen dokumentieren diese immer wieder das Ausmaß der Katastrophe. Der Gestank nach ausgelaufenen Öltanks, die schmutzige braune Brühe über allem und die in Dauerschleife heulenden Martinshörner ziehen sich als wiederkehrende Sinneseindrücke durch die Texte. In verschiedensten Variationen steht der Verlust des Zuhauses und der persönlichsten Dinge Situationen gegenüber, in denen Menschen miteinander für eine positive Zukunft nach der Flut kämpfen.
Ohne die kleine Gruppe von Menschen hinter diesem Buchprojekt, die dazu bereit war, sich über einen langen Zeitraum hinweg ehrenamtlich im Projektmanagement, im Marketing und Lektorat zu engagieren, wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Auch ohne den Spielberg Verlag und seinen Verleger Richard Windmeißer wäre „Wassergeflüster“ nicht entstanden. Der Verlag war bereit, das Buch unentgeltlich zu veröffentlichen und den Erlös zu spenden. Er kommt der wichtigen Jugendarbeit des Kreisjugendrings Deggendorf und dem verlagseigenen Hilfsprojekt Sternfunken zugute. Der Kreisjugendring kümmert sich bis heute mit zahlreichen Aktionen um Kinder und Jugendliche, die vom Hochwasser betroffen waren und sind. Eine große Bereicherung sind auch die Illustrationen und das Coverbild, allesamt von der Graphikdesignerin Lena Knarr in liebevoller Handarbeit gezeichnet.
Vielen Dank an alle Beteiligten des Buches!