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b) Theologische Konsequenzen

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(1) Kirche neu und anders denken: neue Formate von Kirche in einer sich verändernden Gesellschaft

Wir müssen darüber nachdenken, welche Gestalt Kirche in einer sich radikal verändernden Gesellschaft braucht, wenn sie bei den Menschen sein will. Die Ortskirchengemeinde hat sich über mehrere Jahrhunderte sehr bewährt. Sie hat sehr viele Menschen erreicht und ein flächendeckendes Netz über die Menschen gespannt. Heute müssen wir wahrnehmen: die Lebensweisen der Menschen haben sich nicht nur sehr ausdifferenziert. Die Biographien sind bruchstückhafter, zeigen weit weniger Konstanz als früher, sind durch hohe Erwartungen an Flexibilität und Dynamik gekennzeichnet. Wir nehmen wahr, dass zu der dem Selbstverständnis der Kirchen nach wichtigsten Regelveranstaltung, dem Gottesdienst, im evangelischen Bereich nur noch 3–10%, im Durchschnitt 4% Kirchenmitglieder finden. Die Ortskirchengemeinde hat sich sehr bewährt, und sie muss ein Regelangebot von Kirche bleiben. Aber sie erreicht nur noch einen kleinen, eher älteren, eher traditionsorientierten Teil der Bevölkerung. Wenn sich unsere Gesellschaft in Lebenswelten mit sehr unterschiedlichen Prägungen ausdifferenziert, dann liegt es nahe, dass Kirche diese Ausdifferenzierung nachvollzieht. Das bedeutet: Neben der parochialen Gestalt von Kirche brauchen wir ergänzende alternative Gestalten, mit denen wir Menschen in ihrer Lebenswelt erreichen – etwa da und dann, wenn die gegebene Ortskirchengemeinde vor Ort ihre Lebenswelt nicht ist, für sie nicht anschlussfähig ist. Die anglikanische Kirche, die vor ähnlichen Herausforderungen steht wie die Volkskirchen in Deutschland, aber noch einem sehr viel härteren Säkularisierungsdruck ausgesetzt ist, spricht von der Notwendigkeit von fresh expressions of church.24 Sie strebt programmatisch eine mixed economy von herkömmlichen, ortskirchengemeindlich organisierten Gemeindeformen und alternativen Gestalten von „Kirche“ an, die sich dort ergeben, wo sich Christen – im Auftrag ihrer Kirche und mit ihrer Unterstützung – auf die Lebenswelten der Menschen in ihrer Gesellschaft einlassen.

(2) Mentale Umorientierung: von der Komm-Struktur zur Geh-Struktur

Neben die traditionelle und bewährte Komm-Struktur von Kirche muss die Geh-Struktur treten. Wir dürfen und müssen Menschen weiterhin einladen, zu unseren Gottesdiensten, in unsere Räumlichkeiten, zu unseren kirchlichen Veranstaltungen. Wir müssen aber realisieren, dass wir mit dieser Struktur nur einen Bruchteil der Menschen erreichen und interessieren, auch wenn sie sich zum gegebenen kirchlichen Leben vor Ort halten. Milieusensibilisierung heißt in diesem Zusammenhang: verstehen, dass auch das gegebene kirchliche Leben immer eine bestimmte Prägung ist, die – hoffentlich – Menschen erreicht, aber eben dadurch, dass sie für bestimmte Menschen interessant ist, die sich in ihr wohl fühlen und zu ihr passen, andere ebenso sicher abschreckt, abstößt und ausschließt. Die Pluralisierung der Lebensumstände zieht es nach sich, dass es nicht nur ästhetische und mentale Barrieren sind, die Menschen abhalten, sich dem kirchlichen Leben vor Ort anzuschließen. Sehr viele sind am Wochenende beschäftigt; sehr viele sind unterwegs; viele haben am Sonntagmorgen oder Samstagabend die einzige Möglichkeit, als Familie zusammen zu sein. Viele empfinden freilich auch kirchliche Gebäude, kirchliche Umgangsformen und Redeweisen, Rituale und Einstellungen als Teil einer Lebenswelt, die nicht zu ihnen passt und – das spüren sie instinktiv – zu der sie nicht passen. Wer das bewerten will, muss sich vergegenwärtigen, dass ebendas kirchengemeindliche Leben vor Ort nicht die christliche Lebensweise an sich repräsentiert, auch wenn dieser Kurzschluss je eher naheliegt, je weniger man sich öffnet – sondern eben nur eine mögliche Prägung darstellt. Wer Menschen erreichen will, die sich durch unsere Regelangebote einer Komm-Kirche nicht ansprechen lassen (von Kasualien einmal abgesehen), der muss die Komm-Struktur durch eine Geh-Struktur ergänzen. Wer Menschen in ihre Lebenswelten folgt und in ihnen Gemeinde baut, folgt damit dem Vorbild des lebendigen Gottes, der seine himmlische Herrlichkeit verlässt, auf die offenbar nicht sehr erfolgreiche Komm-Struktur verzichtet, sich in Jesus selbst auf den Weg macht und in unsere Lebenswelt(en) eintaucht, Mensch wird wie wir, in allem versucht wird wie wir und in der Begegnung mit den Abgründen und Untiefen menschlicher Lebenswelten Barmherzigkeit lernt.25 Diese Kommunikationsweise des lebendigen Gottes ist beispielhaft für Kirche und Christen, die Menschen erreichen wollen, die sich interessieren, indem sie zwischen, bei den Menschen sind.

Was bedeuten diese Überlegungen für Kirche als Institution? Was können wir „einrichten“, um Kirche den Prozess mentaler und spiritueller Umorientierung zu erleichtern?

(3) Kommunikation des Evangeliums im Kontext der Postmoderne

Wenigstens ansatzweise möchte ich auf vier Gesichtspunkte hinweisen, die sich ergeben, wenn wir Postmoderne als eine der Basismentalitäten begreifen und uns um milieu- bzw. mentalitätssensible Glaubenskommunikation in postmodernen Kontexten bemühen:

Milieusensible Pastoral

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