Читать книгу Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book) - Группа авторов - Страница 44
Kompetenzmodelle
ОглавлениеKompetenzmodelle sind theoretische Konstrukte der Struktur beziehungsweise Dimensionen von Kompetenzen (Kompetenzstrukturmodelle) und/oder der möglichen Ausprägungen beziehungsweise Niveaus von Kompetenzen bei Personen (Kompetenzniveaumodelle; vgl. Hartig & Klieme, 2006). Zudem gibt es ausserdem noch Kompetenzentwicklungsmodelle, welche die Genese von Kompetenzen über einen grösseren Zeitraum beschreiben. Im Idealfall sollten in einem Lehrplan die gemäss den übergeordneten Bildungszielen zu erreichenden Kompetenzen auf einem kohärenten Kompetenzstrukturmodell und einem dazugehörenden Kompetenzniveaumodell beruhen. Diese liefern die Grundlage für Art und Niveau der Kompetenzziele. In der Literatur und in bestehenden Lehrplänen finden sich zwar eine Vielzahl von Kompetenzbeschreibungen, aber nur wenige sind theoretisch stringent und empirisch nachgewiesen. So sind auch die im aktuellen Lehrplan für Berufsmaturitätsschulen (SBFI, 2012) aufgeführten überfachlichen Kompetenzen zwar zahl- und facettenreich, aber im Hinblick auf die Bildungsziele der Berufsmaturität nur teilweise stringent abgeleitet und in ihrem Verhältnis untereinander nicht sauber geklärt, weder theoretisch noch empirisch. Leider gibt es kaum theoretisch solide und empirisch geprüfte Kompetenzmodelle, die im Hinblick auf das Erreichen von Bildungszielen alle Facetten von Kompetenzen einbeziehen. Ziemlich weit entwickelt sind immerhin die Kompetenzmodelle für die Fächer Mathematik, Deutsch und Naturwissenschaften, welche als Grundlage der nationalen Bildungsstandards von «HarmoS» dienten und an denen sich auch der Lehrplan 21 orientiert. Als Hilfsmittel für die Identifizierung fachspezifischer Kompetenzfacetten im kognitiven Bereich kann die bereits in der Einleitung erwähnte allgemeine Gliederung des Anspruchsniveaus kognitiver Denkprozesse beziehungsweise die Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich von Bloom (1976) aus dem Jahre 1956 dienen. Sie wurde im Jahre 2001 aktualisiert und leicht revidiert (Anderson et al., 2001). Die kognitive Taxonomie ist ein Jahrhundertwurf der Pädagogischen Psychologie und wird auch in neueren Lehrplänen, teilweise immer noch mit der alten Begrifflichkeit, weiterhin verwendet. Die kognitive Taxonomie umfasst die folgenden Bereiche (Anderson et al., 2001, in Klammern die Begriffe von Bloom [1976]):
– Erinnern (Wissen),
– Verstehen (Verstehen),
– Anwenden (Anwendung),
– Analysieren (Analyse),
– Bewerten (Beurteilung),
– Erschaffen (Synthese).
Diese kognitive Taxonomie wird häufig für (fast) alle Schulfächer verwendet. Daraus entwickelte Lernziele besitzen ab der Taxonomiestufe «Anwenden» die Eigenschaften von Kompetenzzielen – «Erinnern» und «Verstehen» sind noch keine Kompetenzen. Werden diese Lernziele inhaltlich systematisch miteinander verbunden (kumulativer Aufbau des Wissens), kann daraus auch ein Kompetenzmodell entstehen.
Zwar wird auch in den anstehenden Arbeiten zur Reform verschiedener Sparten der Berufsbildung ein ideales Ergebnis der bildungszielbezogenen Bestimmung bestimmter Kompetenzen und allenfalls ganzer Kompetenzmodelle nicht erreichbar sein, aber die Formulierung von Kompetenzen zur Erreichung der Bildungsziele sollte sorgfältig unter Einbezug des Wissens über den Stand der Kompetenzforschung erfolgen.