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1. Zeitläufe im Vergleich: asynchrone und synchrone Prozesse

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Vom Anfang der 1960er-Jahre bis etwa 2010 veränderten sich die deutsche und die französische Gesellschaft parallel zueinander. Langfristig gesehen entwickelten sich beide ab dem 19. Jahrhundert zu postindustriellen Gesellschaften, in denen der Konsum von Industrieprodukten nach und nach alle sozialen Schichten und sämtliche Lebensbereiche erreichte, die zunehmend von Technik und Kommunikation bestimmt werden. Der Dienstleistungssektor erlebte in beiden Ländern einen massiven Aufschwung, Kultur und Bildung nahmen einen immer höheren Stellenwert ein, aber auch die Grenzen des Wirtschaftswachstums wurden beiderseits des Rheins gleichermaßen spürbar. Konfrontiert mit Überalterung und hoher Arbeitslosigkeit, machten beide Gesellschaften einen tiefgreifenden Wandel und eine Identitätskrise durch, während zum Kult gewordener materieller Wohlstand und globale Kommunikation immer mehr in den Vordergrund traten. Trotz des anhaltenden Friedens sorgte die tiefe Verunsicherung durch die Zäsur Anfang der 1970er-Jahre in beiden Ländern für eine Verlagerung der alten kollektiven Ängste auf die Ebene des Individuums, massiv verstärkt durch den Übergang von der industriellen Klassengesellschaft in ein Gefüge durchlässiger sozialer Schichten und den Rollenwandel in Sexualität, Paarbeziehung und Familie.

Im Rahmen dieses parallel und gemeinsam erlebten, von der Individuation der Wertvorstellungen begleiteten Übergangs zur Massenkonsumgesellschaft hat man sich in beiden Ländern angewöhnt, die Zeit in Phasen einzuteilen, die exakt den Jahrzehnten entsprechen und üblicherweise mit den Etiketten „lang“ oder „kurz“ versehen werden. Diese Notlösung beruht in erster Linie darauf, dass seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Leitdaten vergleichbar mit 1918, 1933 oder 1945 fehlen. Die Unterteilung etwa in die Fünfziger-, Sechziger- oder Siebzigerjahre ist dennoch nützlich und wirklichkeitsnah. Gestützt wird sie durch mindestens zwei Aspekte: zum einen das Zeitempfinden der Menschen, die sich heute bei der Frage nach ihrem Platz in der Abfolge der Generationen vielfach mit den Jahrgängen ihrer Geburt oder Sozialisation identifizieren, und zum anderen das Phänomen, dass bei der rückblickenden Perspektive der Geschichtsschreibung Höhepunkte bestimmter Abläufe isoliert und oft symbolisch in „Verdichtungszeiten“ eingebettet werden.

Trotz dieser umfassenden Veränderungen, die in beiden Ländern ähnlich abliefen und sicherlich die Einheitlichkeit dieses Zeitraums bedingen, verlief die Entwicklung in diesen vier Jahrzehnten weder homogen und gleichmäßig noch beiderseits des Rheins im selben Rhythmus. Selbst abgesehen vom einschneidenden Ereignis des Endes der DDR, das auch in der Perspektive der deutsch-französischen Geschichte diese Periode in zwei Phasen unterteilte und die zunächst drei Geschichtsläufe auf zwei reduzierte, verliefen Brüche und Wechsel in Frankreich und Deutschland eindeutig asynchron und bedingten bei allen tendenziellen Übereinstimmungen doch gewisse Zeitverschiebungen. Zwangsläufig muss deshalb die Periodisierung für jede der beiden Nationen separat erfolgen, ohne die Konkordanzen aus dem Auge zu verlieren. Die Unterteilung beider Geschichten in Phasen und Wendepunkte darf (jedoch) weder die Parallelen noch die auf den ersten Blick nicht sichtbaren Überschneidungen verdecken. Mit diesem Ansatz lässt sich die gemeinsame Geschichte entschlüsseln, wobei die Periodisierung zunächst durch Übereinanderlegen der parallelen Geschichtsstränge erfolgt, denn die jeweilige politische Geschichte, die Zeitgenossen und auch viele Historiker für den bequemsten Zugang zur Vergangenheit halten, ist dabei zu Anfang unumgänglich. Sie ergibt jedoch eine befangene, lückenhafte Unterteilung, innerhalb derer wir andere Rhythmen, Phasen und Zäsuren sichtbar machen werden1. Die Einteilung nach politischen Ereignissen – ein Konstrukt der „Dekadenklempner“, sprich Zeithistoriker – ist schon deshalb willkürlich, weil sie sich beim Blick auf Deutschland in der Regel auf die Bundesebene beschränkt, da diese sich leichter mit den politischen Verhältnissen in Frankreich vergleichen lässt.

Mit den nötigen Vorbehalten erkennt man aus dieser Vogelperspektive auf Anhieb, dass die beiden Länder die großen Umbrüche in diesem knappen halben Jahrhundert nicht zeitgleich erlebten. In Deutschland erfolgte die Wende unbestreitbar 1989/1990 mit dem Mauerfall, der Abwahl des DDR-Regimes und dem Ende der Deutschen Demokratischen Republik im Zuge der deutschen Vereinigung – im deutschen Sprachgebrauch in aller Regel als Wiedervereinigung bezeichnet, wenn nicht gar perzipiert2. In Frankreich hingegen galt nach den Unruhen im Mai 1968 die Präsidentschaftswahl François Mitterrands am 10. Mai 1981 als historischer Wendepunkt, denn erstmals in der Geschichte der 5. Republik übte nun ein Sozialist das höchste Staatsamt aus und berief eine Reihe von Sozialisten und Kommunisten in das Kabinett. In beiden Fällen handelte es sich um einen Bezugspunkt im Rahmen eines Gesamtgeschehens, das über die hier betrachtete Zeitspanne hinauswirkte. Neben diesen konkreten Zäsuren innerhalb der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verblasst die Bedeutung der Zeitmarke 1963, an der dieses Buch ansetzt3. Zugleich sind die Jahreszahlen 1981 und 1989/1990 auch Wendepunkte innerhalb der französisch-deutschen Chronologie insofern, als die Wahl François Mitterrands das bilaterale Verhältnis auf die Probe stellte und die Wiedervereinigung gleich mehrere seiner Determinanten erschütterte. Beide Belastungsproben für das Einvernehmen zwischen Deutschland und Frankreich hatten weitaus weniger Konsequenzen als seinerzeit erwartet, wobei die Wiedervereinigung ganz abgesehen von den Ängsten, die sie schürte, auf nationaler wie internationaler Ebene die vergleichsweise größere Tragweite besaß. Der grundsätzliche Unterschied zwischen den beiden Zäsuren verdeutlicht die sehr unterschiedlichen Rahmenvorgaben und Problemkreise, die in jedem der beiden Staaten die Historiografie beherrschen. In Deutschland stehen die schicksalhafte Teilung, die verschiedenen Etappen im Umgang mit ihr und ihre Überwindung im Mittelpunkt der Geschichtsschreibung der Nachkriegszeit, bis hin zur Gefahr einer teleologischen Auslegung der Geschichte der Bonner Republik nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit4. Die französische Geschichtsschreibung interessierte sich hingegen seit den 1960er-Jahren vorrangig für die personelle Besetzung der Machtpositionen und die Vorgänge innerhalb der eigenen Regierung. Der Unterschied erklärt sich aus der besonderen deutschen Situation, die Frankreich nur indirekt berührte, die zugleich aber die internationale Lage generell belastete und zudem die Wahrnehmung der zeitgenössischen Geschichte Deutschlands dominiert. Zugleich unterstreicht diese Verschiedenheit die Eigenart der französischen, viel stärker auf die politischen Akteure ausgerichteten Sehweise von Vergangenheit und Gegenwart; sie erstreckt sich auch auf die Geschichte der internationalen Beziehungen, wobei die Vormachtstellung des Präsidentenamts durch die quälende Sorge um den Stellenwert Frankreichs in der Welt noch überhöht wird.

Warum also wurde für dieses Buch ein Stichtag im Januar 1963 gewählt? In der Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen ist dieser Zeitpunkt zumindest in institutioneller Hinsicht sinnvoll, weil der von Adenauer und de Gaulle am 23. Januar 1963 unterzeichnete Élysée-Vertrag konkrete Mindestvorgaben für offizielle Treffen und den sonstigen Austausch enthielt. Erst in der Rückschau, als seine Umsetzung in eine echte Kooperation gemündet war, gewann das Abkommen in den 1970er-Jahren den Status eines Gründungsvertrags, der zum Zeitpunkt seiner Ratifizierung unvorstellbar gewesen wäre. Angesichts der Verstimmung aufgrund der Umstände seiner Unterzeichnung, insbesondere der vom Bundestag eigenmächtig hinzugefügten, von de Gaulle als Kränkung empfundenen Präambel, verlor der als „bahnbrechend“ gedachte Vertrag seinen Gehalt5 und war vor allem im Hinblick auf die Verteidigung nicht viel mehr als eine Absichtserklärung. Während Frankreich und Deutschland zuvor begonnen hatten, Beziehungen aufzubauen und die bereits fruchtbare Zusammenarbeit weiterzuentwickeln6, begann der hier betrachtete Zeitraum mit einem Rückschlag, der die Frage aufwirft, ob der 1963 abgesteckte Rahmen sich überhaupt entscheidend auf die späteren politischen Beziehungen der beiden Staaten auswirkte.

Insofern feierte man im Jahr 2003, über das dieses Buch noch hinausgeht, den 40. Jahrestag eines Ereignisses, das eigentlich erst später eintrat. Dass dieses Datum dennoch in der deutsch-französischen Geschichte als Meilenstein gilt, hat zwei Gründe: Durch die Einhaltung des Abkommens wurde das bilaterale Verhältnis im Laufe der Zeit vertrauter und zugleich effizienter, sowohl bei der Beilegung von Differenzen als auch als Triebkraft für den Aufbau Europas. Der 40. Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags war 2003 Anlass für eine Gedenkfeier, die das konstruktive Selbstverständnis der deutsch-französischen Identität fest verankern und die Grundlagen für eine Partnerschaft erneuern sollte, die im Europa des 21. Jahrhunderts als unverzichtbar empfunden wird.

Über die beiden herausragenden Zäsuren von 1981 und 1989/1990 hinaus zeigt sich bei genauerem Hinsehen ein tiefer Riss, der sich gleichermaßen durch beide Länder zieht und erhebliche Auswirkungen sowohl auf die Lebensbedingungen der Bevölkerungen als auch auf nationalpolitische Entscheidungen hatte: Nach den Währungsturbulenzen, der ersten Ölkrise 1973 und dem abrupten Anstieg der Benzinkosten als neuer Waffe im israelisch-arabischen Krieg leitete die Verschärfung wirtschaftlicher und monetärer Probleme sowie der Arbeitslosigkeit das Ende der außerordentlichen Expansionsphase der 1950er- und 1960er-Jahre ein, die in Deutschland als „Wirtschaftswunder“ und in Frankreich als Trente glorieuses („dreißig goldene Jahre“) in die Geschichte eingingen, und markierte den Beginn der „Ära der langfristigen Schwierigkeiten“7. Auch der andere deutsche Staat blieb von den Auswirkungen der Krise nicht verschont. Die Entwicklung in Westdeutschland und Frankreich im gemeinsamen wirtschaftlichen und ideologischen Rahmen verlief weitgehend ähnlich und ermöglicht daher einen (relativ) einfachen Vergleich. Die Entwicklung in der DDR hingegen folgte der dem Ostblock eigenen Logik, im Wesentlichen mit abwechselnden Phasen der ansatzweisen Entfernung von Moskau und der Wiederannäherung. Im günstigsten Fall verdeutlicht die Gegenüberstellung der innenpolitischen Abläufe die Unterschiede und einige eher zufällig zeitgleiche Wendepunkte. Für die DDR bestand die wichtigste Zäsur dieser Periode in der Ernennung Erich Honeckers zum Ersten Sekretär des Zentralkomitees der SED und damit dem Ende der Ära Ulbricht8.

Als freier Ausdruck des Volkswillens in einer repräsentativen Demokratie gaben die Regierungswechsel seit Anfang der 1960er-Jahre in der Politikgeschichte der Bundesrepublik und Frankreichs den Takt vor. In Fortsetzung der noch fest in der Ära de Gaulle verankerten ersten Phase gelangte in Frankreich im Juni 1969 mit Georges Pompidou ein gaullistischer Präsident ans Ruder. Er setzte die Politik des zurückgetretenen Generals konsequent fort, strukturierte dabei jedoch den Gaullismus um und verlagerte ihn weiter in das konservative Spektrum. Nach einer liberalen Phase, eingeleitet durch die Wahl des mitte-rechts stehenden Valéry Giscard d’Estaing zum Staatspräsidenten 1974, kam es am 10. Mai 1981 zu einem echten Kurswechsel, als François Mitterrand als Vorsitzender der Sozialistischen Partei Frankreichs in den Élysée-Palast einzog und erklärte, er wolle „das Leben verändern“9. Mit der Wahl Jacques Chiracs am 7. Mai 1995 hatte erneut ein Gaullist das höchste Amt Frankreichs inne, jedoch in veränderter Form und mit einigem Abstand zu den ursprünglichen Grundsätzen10. Im Mai 2007 schließlich bestätigte die Wahl Nicolas Sarkozys die langfristig eher konservative Grundhaltung des Landes, ließ dabei jedoch die Frage nach der tatsächlichen Tragweite einer liberalen Wende in Frankreich offen. Taktgeber für diesen politischen Rhythmus sind die Präsidentschaftswahlen, denn das höchste Amt der Republik wird als großes Rendezvous zwischen Volk und Staatschef verstanden, als ein feierliches Zusammentreffen; dieser hat mit den Worten de Gaulles „selbstverständlich allein die Staatsmacht inne und delegiert sie“11. Auch die Parlamentswahlen fungieren allerdings als wichtige Zäsuren, denn sie können den Handlungsspielraum des Präsidenten und seiner Regierung einschränken. Durch die Umverteilung der parlamentarischen Mehrheit können sie zudem zur Folge haben, dass die Regierung politisch in Opposition zum Staatspräsidenten steht. Diese Ausnahmesituation der sogenannten Kohabitation ergab sich bisher insgesamt dreimal (1986–1988, 1993–1995 und 1997–2002). Die Einführung der fünfjährigen Amtszeit durch Jacques Chirac im Jahr 2000 zielte darauf, die Mandatszeit des Präsidenten und die Legislaturperioden der Nationalversammlung in Einklang zu bringen.

In der Bundesrepublik sind die Bundestagswahlen entscheidend für die Regierungsbildung auf Bundesebene; der Bundeskanzler wird von einer Mehrheit der zur Übernahme der Regierungsverantwortung bereiten Parteien gewählt. Als Konsequenz dieser „Kanzlerdemokratie“ dienen die Namen der jeweiligen Regierungschefs meist als Etikett der wechselnden Regierungskoalitionen12. Am 15. Oktober 1963 ging zwar die Ära Adenauer mit dessen vorzeitigem Rücktritt zu Ende, doch blieb das Amt des Bundeskanzlers in der Hand der Christdemokraten, 1963 in Gestalt Ludwig Erhards und 1966 Kurt Georg Kiesingers, der bis zum „Machtwechsel“ von 1969 einer Großen Koalition von CDU/CSU und SPD vorstand13. Aus den Wahlen vom 28. September ging eine sozialliberale Koalition hervor, die am 21. Oktober Willy Brandt zum Kanzler wählte. Brandt wollte „mehr Demokratie wagen“ und leitete damit den im Nachhinein als „zweite formative Phase der Bundesrepublik“14 bezeichneten Zeitraum ein. Kennzeichen dieser „Umgründung der Republik“15 waren aus der Sicht der Geschichtswissenschaft die Liberalisierung der Verhaltenscodes und eine vermehrte politische Partizipation: Deutschland sei damit „aus dem autoritären und restaurativen Adenauer-Staat in der westeuropäischen Moderne angekommen“16. Wie alle westlichen Industrienationen blickten auch die Deutschen mit einer Zuversicht nach vorn, die sich u.a. 1969 in der Begeisterung über die Mondlandung spiegelte.

Nach der Wiederwahl der SPD/FDP-Koalition 1972 und nach dem Rücktritt Willy Brandts 1974 unter Führung von Helmut Schmidt übernahm 1982 erneut die CDU unter Helmut Kohl das Ruder. Die christdemokratisch-liberale Koalition hielt sich 16 Jahre lang, aufgeteilt auf die erste Ära Kohl bis zur Wiedervereinigung und die zweite Ära Kohl mit dem erstmals von allen Deutschen gewählten Bundestag. Während es in Frankreich erneut zur Kohabitation kam, fand 1998 in Berlin der dritte Machtwechsel statt, diesmal mit der SPD als stärkster Partei und Gerhard Schröder als Bundeskanzler an der Spitze einer rot-grünen Koalition, bis sich im September 2005 bei den Neuwahlen das Kräfteverhältnis im Bundestag wieder verschob. Folge war wiederum die Bildung einer Großen Koalition von CDU und SPD unter Führung von Angela Merkel, der ersten Bundeskanzlerin der deutschen Geschichte. Der Wechsel zwischen Konservativen und Linken erfolgte regelmäßiger als in Frankreich17. Trotz aller Unterschiede zwischen den französischen Kohabitationsregierungen und den deutschen Großen Koalitionen hinsichtlich ihrer institutionellen Funktionen und der politischen Umstände ihrer Bildung sind einige Übereinstimmungen zwischen beiden Großen Koalitionen und der französischen Praxis ersichtlich, vor allem im Hinblick auf die dadurch bedingte Verschiebung der Machtverhältnisse und die Sorge, der Entstehung von extremen politischen Kräften Vorschub zu leisten.

Vor dem Hintergrund dieser innenpolitischen Ereignisse zeichnet sich eine parallele politische Entwicklung ab, die sich an den chronologischen Schnittstellen ebenso festmachen lässt wie an den politischen Ausrichtungen der jeweiligen Mehrheiten. Unterhalb der von 1963 bis zum Ende des 20. Jahrhunderts auf Anhieb ersichtlichen Bruchstellen treten nämlich Kontinuitäten zutage. Schauen wir uns nun die Geschichte dieser verschränkten Schicksale genauer an.

Trotz des Kanzlerwechsels im Oktober 1963, der den als „Vater des Wirtschaftswunders“ gefeierten Wirtschaftsminister Ludwig Erhard18 an die Macht brachte, zeichnete sich die deutsche Innenpolitik zunächst durch Kontinuität aus, denn nach der Bundestagswahl im September 1961 fanden keine Neuwahlen statt. CDU/CSU und FDP verlängerten ihre Koalition, und die Regierung blieb bis auf die Ablösung des Ministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte unverändert. Auf französischer Seite war die Aufstellung vor und nach 1963 die gleiche: Charles de Gaulle war seit seiner Wahl im Dezember 1958 weiterhin Staatspräsident mit voller Unterstützung der seit dem überwältigenden Sieg der Gaullisten bei den Parlamentswahlen vom 25. November 1962 gefügigen Nationalversammlung. Beiderseits des Rheins setzte sich das Wirtschaftswachstum fort; Warenproduktion und Dienstleistungen verzeichneten einen jährlichen Zuwachs von durchschnittlich mehr als 5 % und hoben den Lebensstandard beider Völker entsprechend an. Einen wesentlichen Unterschied jedoch gab es: Während Erhard die Theorie der sozialen Marktwirtschaft in eine Politik mit greifbaren Maßnahmen und Ergebnissen überführte, mit der sich die noch junge Bundesrepublik im Zeitalter der Vollbeschäftigung identifizieren konnte, verfehlte de Gaulle mit seiner Staatsdoktrin, welche an eine charakteristische Praxis in der internationalen Politik gekoppelt war, seine eigenen wirtschaftlichen und sozialen Ziele. Er räumte ihnen durchaus Priorität ein, musste zugleich jedoch zwei unabweisbare Aufgaben bewältigen: trotz der vom Algerienkrieg angeheizten Inflation und der defizitären Außenhandelsbilanz den Wert des Franc zu erhalten, dabei aber den französischen Wirtschaftsapparat zu modernisieren19. Dennoch näherte die vor diesem Hintergrund eingeschlagene Politik die beiden Länder einander an, denn das gaullistische Frankreich verabschiedete sich allmählich von staatlichen Eingriffen in die Wirtschaftsplanung und vollzog unter dem 1962 ernannten Finanzminister Valéry Giscard d’Estaing eine Wende zum Liberalismus. Weitere Übereinstimmungen zwischen Frankreich und Deutschland wurden Mitte der 1960er-Jahre insbesondere bei der Nachfolge in den Regierungsparteien deutlich. Die Frage, wer Konrad Adenauer ablösen sollte, stand schon in den zwei Jahren vor seinem Rücktritt 1963 im Raum. Man nahm dem weit über 80-Jährigen sogar das Versprechen ab, rechtzeitig vor den nächsten Wahlen zurückzutreten, obwohl er sich sträubte, ausgerechnet Erhard seinen Platz zu überlassen, da er den fränkischen Protestanten wenig schätzte. In der CDU wuchs eine neue Generation heran, deren geringerer Respekt vor der Autorität des „Alten“ sich vorrangig im Aufstand der Atlantiker manifestierte, die im Élysée-Vertrag ein gefährliches Abenteuer sahen. Der über 70-jährige de Gaulle saß zwar zu dieser Zeit noch fest im Sattel, doch auch neben seinen langjährigen Weggefährten und engsten Vertrauten wuchs nun eine neue Generation von Gaullisten heran. Einer von ihnen war Georges Pompidou, der für das gaullistische Erbe eintrat, jedoch nicht wie die alte Riege die Erfahrung des gemeinsamen Engagements in der Résistance teilte.

Nach einem erneuten klaren Sieg der CDU bei den Parlamentswahlen von 1965 erlebte die Bundesrepublik 1966 eine Rezession, die in der Rückschau als geringfügig bewertet wird, jedoch zwischen den Koalitionspartnern Streit über die erforderlichen Haushaltsmaßnahmen auslöste und letztlich den Rücktritt der vier FDP-Minister aus Erhards Kabinett zur Folge hatte. Die im Dezember 1966 gebildete Große Koalition sollte „ein Markstein in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ sein20. Unter der Führung von Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) und seines Vizekanzlers und Außenministers Willy Brandt (SPD), der zur Zeit des Mauerbaus West-Berliner Regierender Bürgermeister gewesen war, musste die neue Regierung primär für wirtschaftliche und monetäre Stabilität sorgen, den Haushalt sanieren und eine Finanzreform in Angriff nehmen. Das geschah in erster Linie mit der ersten „Konzertierten Aktion“ auf Betreiben des damaligen Wirtschaftsministers Karl Schiller (SPD) und dem Stabilitätsgesetz von Juni 196721. Auch de Gaulle musste in der turbulenten Phase von 1965 bis 1968 diverse Rückschläge hinnehmen, die in der politischen Kultur Frankreichs tiefe Scharten hinterließen, angefangen mit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 1965, bei denen sich der General eine breite Bestätigung seiner persönlichen Politik versprochen hatte. Stattdessen gelang es ihm erst im zweiten Wahlgang, sich gegen François Mitterrand als Kandidat der vereinigten Linken durchzusetzen. De Gaulles Grundsatz der Einmütigkeit setzte Mitterrand eine Konfrontationstaktik entgegen, die das politische Geschehen unversehens polarisierte. Die Umstrukturierung der Parteienlandschaft bei den Parlamentswahlen von 1967 und der sich einbürgernde Kandidaturverzicht zwischen den französischen Kommunisten und der Fédération de la gauche sowie zwischen den Linken und dem oppositionellen Zentrum im zweiten Wahlgang je nach dem Ergebnis des ersten stellten zudem de Gaulles monarchenhaften Regierungsstil in Frage. Die gaullistische Mehrheit trug zwar einen knappen Sieg davon, doch war ihre politische Stellung irreparabel angeschlagen.

In dieser Situation brach sich bereits im Juni 1967 in Deutschland und im Mai 1968 in Frankreich eine Jugendrevolte Bahn, die beiderseits des Rheins ähnliche Züge annahm und sämtliche Industrieländer erschütterte. Es ging um die Studienbedingungen an den Hochschulen, die Ablehnung der vom Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit geprägten Gesellschaft und allem voran ihrer autoritären Strukturen, um Kritik an der Rolle der USA im Vietnamkrieg. Hinzu kam die Faszination, die von Maoisten, Trotzkisten, Anarchisten und generell der extremen Linken ausging. Trotz der Übereinstimmungen und des intensiven Austauschs zwischen den beiden Ländern waren Kontext, Ursachen und langfristige Auswirkungen der Krise von 1968 immerhin so verschieden, dass in einem gesonderten Kapitel im Einzelnen darauf eingegangen wird22. Eine weitere, zeitlich allerdings zufällige Überschneidung bildeten die Regierungswechsel beiderseits des Rheins im Jahr 1969. In Bonn kam es zu einer markanten Wende, denn nach den Bundestagswahlen im September zog am 21. Oktober mit Willy Brandt erstmals ein Sozialdemokrat ins Kanzleramt ein; nach dem Rücktritt de Gaulles am 28. April infolge des gescheiterten Referendums über Regionalisierung und Senatsreform, bei dem mehr als die Hälfte der Franzosen ihm das Vertrauen verweigert hatte, wählte das Volk am 15. Juni Georges Pompidou zum Staatspräsidenten der Republik. 1969 ist ein beredtes Beispiel dafür, dass die Periodisierung durch die Politik Zäsuren überbetont, die im Vergleich zu Veränderungen in anderen Bereichen willkürlich erscheinen. Die eigentliche Wende in diesem Jahrzehnt bildet kein Regierungswechsel, sondern die letzte Hochphase des Wirtschaftswachstums Mitte der 1960er-Jahre. In diesem Fall dominiert nicht die Politik, sondern die Wirtschaft die Geschichte.

Die innenpolitische Entwicklung beider Länder in den folgenden Jahren zeigt abgesehen von einigen abweichenden Entscheidungen viele Übereinstimmungen zwischen der deutschen Regierung, die mit dem sozialdemokratischen Versprechen von mehr Demokratie, Transparenz, Mitbestimmung und Mitverantwortung der Bürger tiefgreifende Reformen anstrebte, und ihrem französischen Pendant, das unter der Führung des strikt gaullistischen neuen Premierministers Jacques Chaban-Delmas auf Modernisierung ohne Aufgabe der Kontinuität setzte. Allerdings waren die Regierungen auch mit den gleichen Problemen konfrontiert, etwa der Mitbestimmung und der Frage einer möglichen „Verteilung der Früchte des Wachstums“. Wohl gab es Übereinstimmungen zwischen der „neuen Gesellschaft“ Chabans und dem von Willy Brandt in der „Euphorie der Modernisierung“ angekündigten Wandel23, doch lässt die Gegenüberstellung der innenpolitischen Entwicklungen auch erhebliche Unterschiede erkennen. Bleiben wir bei der Periodisierung und vergleichen die chronologischen Hauptlinien: 1969, als die SPD mit Reformen und Ostpolitik einen Wandel einleitete, wurden die Wahlen für die linken Parteien in Frankreich zum Fiasko24. Während die SPD in den 1970er-Jahren auf dem Höhepunkt ihrer Macht stand, waren die französischen Sozialisten mit ihrer Umstrukturierung befasst. Unter Bundeskanzler Helmut Schmidt allerdings waren die Unterschiede zwischen dem politischen Kurs in beiden Ländern weniger ausgeprägt als nach der Parteizugehörigkeit der Regierungschefs zu vermuten; gerade dort, wo die Kluft am größten zu sein schien, kam es zu einer Annäherung. Der gemäßigte Liberale Valéry Giscard d’Estaing, der de Gaulle in einer Pressekonferenz im Januar 1967 ein „Ja, aber“ entgegengehalten und im Oktober 1972 verkündet hatte, Frankreich wolle von der Mitte aus regiert werden, traf wirtschaftspolitische Entscheidungen wie die Besteuerung von Kapitalerträgen oder die Einführung einer wenn auch noch minoritären Arbeitnehmervertretung in den Aufsichtsräten. Zwar gingen diese Reformen nicht so weit wie das novellierte deutsche Betriebsverfassungsgesetz von Januar 1972 oder die paritätische Mitbestimmung von Mai 1976, doch lassen sie eine wirtschaftliche Grundhaltung erkennen, die mit der Helmut Schmidts vergleichbar war, der im Übrigen die Ablösung des Gaullisten Chirac durch den Wirtschaftswissenschaftler Raymond Barre als Premierminister im August 1976 ausdrücklich begrüßte. Umgekehrt stellte der Einzug des Sozialisten François Mitterrand in den Élysée-Palast im Mai 1981 nur oberflächlich die Symmetrie zwischen den beiden linken Regierungsparteien wieder her, denn seine Präsidentschaft war zwar geprägt von starken Signalen wie der Abschaffung der Todesstrafe am 18. September 1981, doch widersprach die Entscheidung der Regierung Mauroy, die Wirtschaft mit staatlichen Mitteln wieder anzukurbeln, völlig den wirtschaftspolitischen Überzeugungen und Maßnahmen der damaligen Bonner Regierung. Im Dezember 1981 beschloss die sozialliberale Koalition die Sanierung der Staatskassen durch das Haushaltsstrukturgesetz und verordnete im Juni 1982 bei der Planung des Bundeshaushalts für 1983 erstmals Einschnitte im sozialen Bereich (Krankenversicherungsbeiträge für Rentner)25. Die sozialliberale Koalition war am Ende: Die FDP handelte ein neues Regierungsbündnis mit der CDU aus und sorgte beim konstruktiven Misstrauensvotum am 1. Oktober 1982 dafür, dass Schmidt im Bundestag nur noch über eine Minderheit verfügte. Sein Nachfolger Helmut Kohl stützte sich auf eine christlich-liberale Mehrheit und wurde am 6. März 1983 bei den Bundestagswahlen im Amt bestätigt.

Dennoch wurde die Kluft zwischen Frankreich und Deutschland in den innenpolitischen Orientierungen nicht so groß, wie zu erwarten stand. Angesichts der wirtschaftlichen Probleme aufgrund der ersten Verstaatlichungen, der steigenden Löhne und Gehälter und der Kontrolle der Wechselkurse forderte Präsident Mitterrand Pierre Mauroy 1983 zur Bildung einer dritten Regierung überwiegend aus Anhängern eines strikten Sparkurses auf, darunter Jacques Delors als Wirtschafts- und Pierre Bérégovoy als Sozialminister26. Während der ersten Kohabitation von 1986 bis 1988 standen Bundeskanzler Kohl gleich zwei Gesprächspartner gegenüber, nämlich der gaullistische Premierminister Chirac, der eine liberale Privatisierungspolitik vertrat, und der sozialistische Staatspräsident Mitterrand, der sich weigerte, die entsprechenden Verordnungen zu unterzeichnen. Während in der Bundesrepublik in diesen Jahren vergleichsweise Wohlstand herrschte27, wurde die französische Innenpolitik im Ergebnis weltweit als unzureichend angesehen.

Im darauffolgenden Jahrzehnt ergibt die „überkreuzte“ Betrachtung der innenpolitischen Geschichte dies- und jenseits des Rheins weniger Übereinstimmungen, sieht man von der Tatsache ab, dass Frankreich und Deutschland die Tragweite ihrer Haushaltsdefizite gleichermaßen schmerzlich bewusst wurde. Die Abweichungen erklären sich daraus, dass die deutsche Innenpolitik zum einen emsig an der Verwirklichung der deutschen Einheit arbeitete und zum anderen deren Konsequenzen bewältigen musste, die, wie man bald merkte, weit tiefgreifender, kostspieliger und nachhaltiger waren, als Kohls Versprechen, man könne innerhalb weniger Jahre das Beitrittsgebiet in „blühende Landschaften“ verwandeln28, hatte ahnen lassen. Obwohl der innere Einigungsprozess mit massiven Umwälzungen bis hin zur Verlegung der Hauptstadt verbunden war, stellte Deutschland eine erstaunliche Stabilität seiner staatlichen Institutionen unter Beweis. Frankreich stand in dieser Phase vor dem Problem seiner Modernisierung, die die politische Kultur auf die Bewährungsprobe stellte. Bei den Wahlen von 1988, 1993, 1995, 1997 und 2002 erteilten die Wähler den wechselnden Amtsinhabern gleichermaßen eine Abfuhr; eine Folge der aufeinanderfolgenden Kohabitationen war der Aufstieg des Populismus und Rechtsextremismus. Vor allem Jean-Marie Le Pens Front National profitierte von der anhaltenden Arbeitslosigkeit, der Verunsicherung über die Einwanderungsfrage und der Tatsache, dass das Volk die traditionellen Parteien unterschiedslos für die sozialen Schwierigkeiten verantwortlich machte und entsprechend abstrafte. Auch im vereinigten Deutschland machten ausländerfeindliche Exzesse Schlagzeilen. Mit der Grenzöffnung nach dem Wegfall des Eisernen Vorhangs war das Einwanderungsproblem plötzlich auch innenpolitisch brandaktuell, übertroffen nur von der Finanzierung des 1991 verabschiedeten „Aufschwung Ost“-Programms und den für die Transferleistungen von mehreren Milliarden D-Mark gemäß Solidarpakt vom 13. März 1993 erforderlichen Steuererhöhungen. Während Deutschland zu einer ebenso schnellen wie schmerzhaften strukturellen Anpassung gezwungen war und seine Bürger sich mit den neuen Lebensbedingungen nach der Wende von 1990 abfinden mussten, entwickelte sich Frankreich offensichtlich nur mit erheblichen Schwierigkeiten weiter; das galt vor allem dort, wo seine zahlreichen sozialen Errungenschaften auf dem Spiel standen, was sich beispielsweise im November/Dezember 1995 mit einer Streikwelle gegen die Sozialpolitik der Regierung Juppé manifestierte.

Die letzten Jahre des Jahrhunderts erlebten zwei Premieren: die erste rotgrüne Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik unter Führung von Gerhard Schröder (SPD), bis dahin Ministerpräsident von Niedersachsen, und in Mecklenburg-Vorpommern die als Tabubruch empfundene erste rot-rote Regierung aus SPD und PDS. Die französischen Wähler fanden sich derweil mit der dritten Kohabitationsregierung mit Jacques Chirac als Staatspräsident und dem Sozialisten Lionel Jospin als Premierminister ab, dessen Regierung sich bei Arbeitnehmern insbesondere mit der Einführung der 35-Stunden-Woche sehr beliebt machte. In Deutschland stand weiterhin die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Vordergrund, verschärft durch die immer deutlicheren Finanzierungslücken in den Rentenkassen und im Gesundheitswesen. Ein Anliegen von Schröders Kabinett war auch die Einführung der Ökosteuer. Nach seiner unerwarteten Wiederwahl im September 2002 vollzog der Bundeskanzler also eine ebenso plötzliche wie dramatische Kehrtwende mit der Ankündigung strikter Sparmaßnahmen gemäß Empfehlung einer Kommission unter Leitung des VW-Managers und ehemaligen Gewerkschaftlers Peter Hartz, die eine Reform des Arbeitsmarkts und einen drastischen Abbau des Sozialstaats für notwendig erklärte. Ebenso unerwartet war einige Monate zuvor die Wiederwahl Chiracs als Staatspräsident gewesen, jedoch im Rahmen einer ganz anderen Entwicklung als im Nachbarland, denn Le Pen schaffte es immerhin bis in den zweiten Wahlgang, sodass Chirac schließlich 82,5 % der Stimmen erhielt. Mit der Wahl Angela Merkels durch den Bundestag 2005 und Nicolas Sarkozys bei der Präsidentschaftswahl 2007 rückte eine neue Generation parteinaher Politiker um die 50 in die Regierung nach.

Dieser Vergleich der Zeitläufe in Deutschland und Frankreich basiert vom Ansatz her auf einer Periodisierung der herausragenden politischen Ereignisse, sozusagen der Schlagzeilen. Die einzelnen Kapitel dieses Buchs werden hingegen andere Aspekte der „überkreuzten“ gemeinsamen Geschichte aufzeigen. Bei der Untersuchung der wechselseitigen Verflechtungen werden wir uns zunächst die Chronologie der deutsch-französischen Beziehungen anschauen.

1 Wirtschaftszyklen stimmen nur im Ausnahmefall mit politischen Rhythmen überein.

2 Die Wiedervereinigung bildete auch in den internationalen Beziehungen einen entscheidenden Wendepunkt. Für die Deutschen unmittelbar, für die Franzosen eher mittelbar läutete sie auch in der gemeinsamen Geschichte beider Länder einen Paradigmenwechsel ein; siehe Kap. I. 7. Vereinigungsprozess, S. 107.

3 Für Frankreich bestand die Zäsur vorrangig in der Lösung der Algerienfrage durch die Verträge von Évian-les-Bains am 18. März 1962, die hinsichtlich ihrer subjektiven Bedeutung und ihrer langfristigen Auswirkungen einen vergleichbaren Stellenwert hatten wie für die Menschen in Ost- und Westdeutschland der Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961.

4 HOCKERTS 1998 [1054],S. 7.

5 Siehe Kap. I. 2. Élysée-Vertrag, S. 30.

6 Siehe Band 10 der „Deutsch-Französischen Geschichte“ von Corine Defrance und Ulrich Pfeil, Darmstadt 2011.

7 HOBSBAWM 1995 [153], S. 24.

8 WEBER 1991 [461]; STARITZ 1996 [460]; SCHROEDER 1998 [456]; WEBER 1999 [462]; WEBER 2000 [463]; SONTHEIMER/BLEEK 1979 [458]; MAHLERT 2004 [446].

9 Etwa im 110 Punkte umfassenden sozialistischen Regierungsprogramm von 1981. Siehe auch FABIUS in BERSTEIN/MILZA/BIANCO 2001 [120], S. 21.

10 Siehe Kap. II. 3. Regierung und politische Kultur, S. 179.

11 Pressekonferenz vom 31.12.1964, DE GAULLE 1971 [55], S. 164–168.

12 Beispielsweise in den jüngsten Werken über die Geschichte der Bundesrepublik, KIELMANSEGG 2000 [156]; RÖDDER 2003 [179]; WOLFRUM 2006 [198]; WIRSCHING 2006 [196]; CONZE 2009 [129].

13 Den Begriff prägten BARING 1982 [109]; GÖRTEMAKER 1999 [144], S.475; RÖDDER 2004 [998], S. 120f. Siehe Kap. II. 3. Regierung und politische Kultur, S. 179.

14 Regierungserklärung W. Brandts vom 28.10.1969, in STÜWE 2002 [36], S. 163. Auch GÖRTEMAKER 1999 [144], S. 475. Zur zweiten formativen Phase WOLFRUM 2006 [198], S. 187–326.

15 GÖRTEMAKER 1999 [144], S. 323; WINKLER 2000 [195], S. 323; siehe Kap. II. 1. 1968, S. 139.

16 ALBRECHT/BEHRMANN/BOCK/HOMANN/TENBRUCK 1999 [541], S. 497. HERBERT 2002 [833], S. 7–49; SCHILDT 1999 [855].

17 Auf den Wandlungsprozess der linken und konservativen politischen Kräfte im Laufe der Jahrzehnte kommen wir in Kap. II. 3. Regierung und politische Kultur, S. 179 zurück.

18 HENTSCHEL 1996 [149]; HILDEBRAND 1984 [151]; BLASIUS 1994 [202].

19 BERSTEIN 2002 [117], S. 315.

20 Regierungserklärung Kiesingers vom 13.12.1966, in STÜWE 2002 [36], S. 148.

21 SCHÖNHOVEN 2004 [184].

22 Siehe Kap. II. 1. über 1968, S. 139.

23 RÖDDER 2004 [998], S. 31.

24 5 % für den Sozialisten Gaston Defferre, 3,6 % für Michel Rocard und 1,1 % für Alain Krivine. BERSTEIN 2002 [117], S. 346.

25 Siehe Kap. I. 4. Wirtschafts- und Währungskrisen, S. 55.

26 BERNARD 2005 [115], S. 34–41.

27 Zur Ära Kohl WIRSCHING 2006 [196]. Inklusive des davorliegenden Jahrzehnts RÖDDER 2003 [179].

28 Zum Vereinigungsprozess und seinen Auswirkungen auf das deutsch-französische Gleichgewicht siehe Kap. I. 7, S. 107.

WBG Deutsch-Französische Geschichte Bd. XI

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