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1 Einleitung

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Die Tatsache, dass das Erlernen einer Fremdsprache grundsätzlich in einem Rahmen erfolgt, in dem die Lernenden bereits über Kenntnisse in mindestens einer anderen Sprache verfügen – einer oder mehrerer Muttersprachen / L1 sowie ggf. anderer bereits gelernter Fremdsprachen / L2 – mag als trivial erscheinen. Dennoch kann die Frage, wie dies bei der Vermittlung der Fremdsprache angemessen zu berücksichtigen ist, nach wie vor als eine zentrale Frage der Fremdsprachendidaktik angesehen werden. Hierbei rückte in einer ersten Phase in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts zunächst die Frage nach dem angemessenen Umgehen mit der (oder den) L1 der Lernenden in den Vordergrund, wobei vor allem die Gefahren einer Interaktion von L1 und L2 im Sinne von Interferenzen, d.h. von Abweichungen gegenüber korrekten L2-Äußerungen, die auf die L1 der Lernenden zurückgeführt wurden, gesehen wurden. In jüngerer Zeit lässt sich ein verstärktes Interesse für die Frage konstatieren, inwiefern Lernende beim Erwerb von Fremdsprachen – die nun auch als Tertiärsprachen / L3 gefasst werden – auch auf Kenntnisse anderer bereits gelernter L2 zurückgreifen; im Vordergrund stehen hier nun vor allem positive Transfereffekte auf die jeweils zu erlernende L3 (vgl. u.a. Müller-Lancé 2003). Letztere Thematik erscheint aufgrund der Möglichkeit, neue Wege zu Fremdsprachen aus derselben Sprachfamilie zu erschließen, für die Romanistik (wie etwa auch für die Slavistik und Skandinavistik) unmittelbar relevant, so dass entsprechenden Ansätzen ein großes Potential im Bereich der romanistischen Hochschuldidaktik zugeschrieben werden kann.

Ausgehend von der festgestellten Relevanz und Aktualität kontrastiver Ansätze speziell für das Erlernen verwandter Sprachen soll im vorliegenden Beitrag ein Sprachdialog des 16. Jahrhunderts aus Italien in den Blick genommen werden, der sich im Kontext der Darstellung der wesentlichen Merkmale des Spanischen auch den Besonderheiten des Erlernens des Spanischen durch Muttersprachler des Italienischen widmet: Juan de Valdés’ Diálogo de la lengua. Ergänzend werden weitere zeitgenössische Autoren und Werke, insbesondere Antonio de Nebrijas Gramática de la lengua castellana, herangezogen. Der vorliegende Beitrag möchte analysieren, wie in den untersuchten Werken kontrastive Perspektiven im Kontext des Erlernens verwandter Sprachen thematisiert und wie sprachliche Strukturen des Spanischen und Italienischen konkret verglichen werden.

Die genannten Texte Valdés’ und Nebrijas wurden – im Gegensatz zu anderen Werken der genannten Autoren – im zeitgenössischen Kontext nur schwach rezipiert (vgl. insbesondere den großen Erfolg von Nebrijas Werken zum Lateinischen; Bossong 1990, 73; Neumann-Holzschuh 1992, 618; Martínez 20131). Valdés’ Dialog war zu seinen Lebzeiten nur handschriftlich überliefert, und es kursierten verschiedene Versionen (vgl. die Titelvariante …de las lenguas); eine anonyme Druckfassung erschien erst 1737, eine Druckfassung unter Valdés’ Namen und mit korrektem Titel erst 1860 (vgl. Bossong 1990, 94; Martínez 2013, 45). Mein Beitrag versteht sich daher nicht als wirkungsgeschichtlich orientiert. Vielmehr soll ausgehend von Konzepten der aktuellen Fremdsprachendidaktik der Frage nachgegangen werden, inwieweit diese in den untersuchten Werken des 16. Jahrhunderts bereits punktuell aufscheinen. Aus Platzgründen können dabei die Valdés’ und Nebrijas Darstellungen zugrunde liegenden übergeordneten Ziele und Haltungen nicht umfassend erörtert werden; eine umfassendere Untersuchung der jeweiligen didaktischen Ansätze unter Einbeziehung der Rahmenbedingungen der Mehrsprachigkeit bleibt daher weiterführenden Studien vorbehalten (zur Mehrsprachigkeit im spanischen Italien des 16. und 17. Jahrhunderts vgl. auch Ambrosch-Baroua 2015). Der vorliegende Beitrag beschränkt sich darauf aufzuzeigen, dass Überlegungen zur didaktischen Relevanz gemeinsamer Strukturmerkmale verwandter Sprachen bereits im 16. Jahrhundert anzutreffen sind.

Um dies zu zeigen, wird in Abschnitt 2 zunächst ein kurzer Abriss über kontrastive Ansätze in der Geschichte der Fremdsprachendidaktik gegeben, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Abgrenzung zu bis dahin etablierten Ansätzen geprägt werden. Auch wenn die kontrastive Fremdsprachendidaktik als eigene Methode damit erst für diesen Zeitraum angesetzt werden kann, soll nachfolgend untersucht werden, inwiefern kontrastive Perspektiven bereits in fremdsprachlichen Lehrwerken des 16. Jahrhunderts anzutreffen sind. Aufgrund der Vielzahl der Werke wird im vorliegenden Beitrag eine Fokussierung auf Italien und auf Werke zum Erlernen des Spanischen als einer eng verwandten Sprache vorgenommen. In Abschnitt 3 wird ein knapper Überblick über entsprechende Werke gegeben, bevor in Abschnitt 4 Valdés sowie ergänzend dazu Nebrija in den Blick genommen werden. Ausgehend von Begriffen und Elementen der aktuellen Fremdsprachendidaktik wird untersucht, wie diese bereits in den untersuchten Werken thematisiert werden. In Abschnitt 5 werden Überlegungen zur Aktualität der Texte angestellt, wobei einerseits generelle Aspekte und andererseits spezielle Perspektiven für die aktuelle Hochschuldidaktik im Bereich der romanischen Sprachen betrachtet werden. Abschnitt 6 fasst die wesentlichen Ergebnisse zusammen und liefert einen kurzen Ausblick2.

Geschichte des Fremdsprachenstudiums in der Romania

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