Читать книгу Sex: Die Macht der Begierde (GEOkompakt eBook) - Группа авторов - Страница 4
ОглавлениеLiebe Leserin, lieber Leser,
was bedeutet es für einen jungen Menschen, der gerade seine eigene Sexualität zu entdecken beginnt, mit dem Internet heranzuwachsen? Welchen Einfluss hat es auf die Entwicklung von Kindern, so fragen sich viele Eltern, dass sie mit ein paar Mausklicks in die düstersten Nischen des World Wide Web vordringen können? Wie werden sie reagieren, wenn ihnen Mitschüler als Mutproben ungefragt Hardcore-Pornografie auf ihre Laptops oder Mobiltelefone schicken?
Kurz: Werden die jetzt heranwachsenden Generationen Liebe und Sex ganz anders erleben als wir – abgestumpfter vielleicht, illusionsloser, von jeder Romantik befreit?
Der Autor Dirk Liesemer gibt Entwarnung. Er hat über die „Liebe in Zeiten des Internets“ mit Sozialwissenschaftlern und Teenagern gesprochen.
Das Ergebnis seiner Recherchen: Natürlich prägen Eindrücke wie etwa der Konsum harter Pornografie einen Jugendlichen. Doch wie genau die jeweils Betroffenen darauf reagieren, das hängt zum einen davon ab, ob sie beispielsweise draufgängerisch und lebenslustig sind oder zurückhaltend und ängstlich. Zum anderen wird ihre Reaktion davon geprägt, wie etwa ihre Eltern miteinander umgehen, ob man sich in der Familie häufig in den Arm nimmt oder körperliche Nähe eher vermeidet.
Und ja, Bilder nackter Körper und mitunter artistischer Verrenkungen beim Sex sind, so Liesemer, auf den Schulhöfen längst allgegenwärtig, und wer beim Pornosehen nicht mitmachen will, gilt schnell als Feigling oder als verklemmt.
Aber, und das ist die gute Nachricht: Sobald Jungen und Mädchen tatsächlich füreinander entflammen, bleibt die Kunstwelt aus dem Internet bei den meisten außen vor, gelten wieder die Regeln des romantischen Rosarot – mit dem altbekannten Drum und Dran an schüchterner Werbung und vorsichtigem Prüfen vor dem langsamen Einander-Näherkommen.
Was aber treibt uns Menschen überhaupt dazu, einander zu begehren, intim miteinander zu werden? Warum sehnen wir uns danach zu spüren, wie der eigene Körper lustvoll den eines anderen berührt? Was geschieht im Gehirn frisch Verliebter, die kaum mehr voneinander lassen können? Warum erleben Männer und Frauen den sexuellen Höhepunkt so unterschiedlich, ist sie nach dem Orgasmus oft hellwach, er eher schläfrig? Ja, weshalb gibt es überhaupt zwei Geschlechter, warum haben wir Menschen Sex, wenn es – wie etliche Spezies in der Natur zeigen – auch gänzlich ohne geht?
Um solche grundlegenden, uns alle betreffenden Fragen geht es in dieser eBook-Ausgabe von GEOkompakt. Dabei stammt eine der schönsten Erkenntnisse, so finde ich, von dem Berliner Sexualforscher Klaus Beier. Er sagt in einem – höchst lesenswerten – Interview mit meinen Kollegen Rainer Harf und Henning Engeln:
„Als sozial organisierte Säugetiere sind wir biologisch auf Bindung programmiert. Diese Bedürfnisse wurzeln in dem tiefen Wunsch nach Akzeptanz, nach Sicherheit und Schutz, nach Geborgenheit und Vertrauen. Letztlich danach, als Mensch angenommen zu werden, sich zugehörig zu fühlen. Denn isoliert, nur für uns allein, können wir nicht glücklich werden. Und besonders intensiv vermögen wir Akzeptanz und Annahme in einer Liebesbeziehung zu erleben. Wenn wir es schaffen, eine solche Beziehung zu gründen, dann ist das ein Garant für Lebensqualität.“
Genau darum, und nur darum, geht es.
Michael Schaper Chefredakteur GEOkompakt