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Die Wissenschaft ändert das Weltbild
ОглавлениеIm 17. Jahrhundert begann das Zeitalter der modernen Naturwissenschaft, speziell der mathematischen Beschreibung der physikalischen Welt – und eine radikale Änderung des Weltbilds. Diese Leistung basiert auf den Arbeiten von Johannes Kepler, Galileo Galilei und Isaac Newton. Besonders das Jahr 1609 markiert in der Astronomie und Physik diesen Durchbruch sowohl in empirischer als auch theoretischer Hinsicht. Bis dahin wurde in der Astronomie nicht nach Erklärungen der Erscheinungen gefragt.
Seit seiner Begegnung mit Brahe 1600 in Prag beschäftigte sich Kepler mit der Berechnung der Planetenbahnen. 1602 erfolgte der Durchbruch, 1605 hatte er bereits sein Buch „Astronomia Nova“ vollendet, doch dauerte es noch vier Jahre, bis der Druck bezahlt werden konnte. Es enthielt Keplers erste zwei Planetengesetze, 1619 folgte in der Schrift „Harmonices Mundi“ („Harmonie der Welt“) das dritte. Die Gesetze lauten: 1. Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren einem Brennpunkt sich die Sonne befindet. 2. Der von der Sonne zu einem Planeten gezogene „Fahrstrahl“ überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. 3. Die Quadrate der Umlaufzeiten verschiedener Planeten verhalten sich wie die Kuben der halben großen Achsen ihrer Bahnen. Diese Gesetze überwanden nicht nur den Geozentrismus und die Epizykel-Hypothese. Sie begründeten auch eine Art Himmelsphysik, obgleich Kepler über die Kräfte nur spekulieren konnte. Dass die Planeten keinen ständigen Antrieb benötigen, sondern aufgrund ihrer Massenträgheit weiterlaufen, hat Galilei 1632 erklärt. Und erst 1666 erkannte Isaac Newton, dass es dieselbe Kraft war, die auf der Erde den Apfel nicht weit vom Stamm fallen lässt: die Gravitation. Damit konnte Newton die seit Aristoteles getrennten Gesetze des Himmels und der Erde vereinheitlichen und mit seiner Theorie der Schwerkraft Planetenbewegungen, fallende Äpfel und Wurfparabeln gleichermaßen beschreiben.
Während Kepler seine „Astronomia Nova“ in Händen hielt, gelang Galilei in Padua, wo er Mathematik-Professor war, ein anderer Durchbruch. Bereits 1608 wurde eine neue Erfindung vorgestellt: ein Fernrohr, das entfernte Gegenstände vergrößerte. Galilei erkannte nicht nur die Bedeutung, sondern dachte über die optischen Gesetze nach und baute weitaus bessere Versionen. Sein drittes Teleskop hatte bereits die 30fache Vergrößerung; es eröffnete ihm – und der Menschheit – eine neue Weltsicht. Damit machte er ab November 1609 seine umwälzenden Entdeckungen, die er teilweise bereits 1610 in seinem Buch „Sidereus Nuncius“ publizierte.
Galilei erblickte auf dem Mond Landschaften wie auf der Erde: Berge, Täler und Ebenen. Er sah Sonnenflecken auf der Sonne. Bei der Venus erkannte er je nach Position zur Sonne Lichtphasen wie beim Mond, was auf die Bewegung unseres Nachbarplaneten um die Sonne schließen lässt. Er stellte fest, dass das nebelhafte Band der Milchstraße in Wirklichkeit aus unzähligen Sternen besteht. Und am 7. Januar 1610 entdeckte er zu seiner großen Überraschung, dass Jupiter von vier „Sternchen“ umkreist wird – den später ihm zu Ehren genannten Galileischen Monden Io, Europa, Ganymed und Callisto. Galilei sah auch erstmals die Ringe des Saturn und 1612 den Planeten Neptun, konnte jedoch beide Beobachtungen nicht richtig deuten. Die Jupiter-Monde zeigten, dass nicht alle Himmelskörper direkt um die Erde kreisen. Galileis vehemente Argumentation für das heliozentrische Weltbild brachten ihm große Schwierigkeiten mit der Kirche ein – bis hin zu Maulkorb und Hausarrest. Nicht nur in der Astronomie, auch in der Physik erzielte Galilei große Fortschritte. Er beobachtete schwingende Pendel und machte systematische Experimente mit schiefen Ebenen, auf denen er Kugeln verschiedener Massen herabrollen ließ. Er entdeckte, dass Körper unabhängig von ihrer Masse und Zusammensetzung gleich schnell fallen wenn man von Reibungseffekten wie dem Luftwiderstand abstrahiert. Er formulierte ein Relativitätsprinzip, wonach dieselben Gesetze gelten für Systeme, die in Ruhe sind oder aber sich geradlinig und mit konstanter Geschwindigkeit bewegen, egal in welche Richtung und wie schnell.