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2.3 Dietrich Bonhoeffer – Person und Werk6 Eberhard Bethge I.

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Dietrich Bonhoeffer wußte zwei Dinge. Er wußte, daß einer die Schönheit dieser Welt genießen kann, indem er bereit ist, sie zu opfern: die Früchte der Erde, die Wärme der Sonne, Freundschaften, Humor und die Spiele des Geistes. Er hatte eine Schwäche für Menschen, die mit Geschmack aus einer Mahlzeit etwas zu machen verstanden. Er lehrte, wie man Feste feiert. Er konnte diese Dinge opfern, und als er sie opferte, liebte er, anderen zu zeigen, wie man mit den Schönheiten der Erde umgeht. „Genießt, was Euch noch begegnet“ schrieb er mitten in Verhören und unter Bombenteppichen. Er war immer sehr großzügig.

Zum anderen: Er wußte, daß Worte nur Gewicht haben, wenn sie die Ermächtigung der Situation und der Persönlichkeit mit sich tragen. Sein Werk war ständig begleitet von Experimenten und Wagnissen. Er war gequält von der Zungenfertigkeit und von der langweiligen Gedehntheit des christlichen Redens und Predigens, des Dreinredens und Darüberhinredens. Er hat gemeint, daß man eher Gefahren der Mißverständnisse eingehen und lieber vor den Kopf stoßen soll, als die Kostbarkeit des Evangeliums weiter aufs Spiel zu setzen.

Mir scheint jetzt, daß dieses Wissen um die Kostbarkeit des Wortes Jesus Christus das durchgehende Thema in Bonhoeffers Leben ist; die Sorge ob der lästerlichen Verschleuderung der geheime Antrieb durch alle drei Perioden seines Werkes und Seins.

Die Partner und Adressaten seiner Arbeit haben gewechselt. Zunächst sind es die Theologen gewesen, in deren Gespräch er sich souverän und präzis hineinarbeitet; ihnen sagt er wider alle vage Verflüchtigung, daß Jesus Christus nirgends anders zu haben ist als in den konkreten und armselig konsistorial verfaßten Kirchen. Dann ist es die Kirche selber; in deren Kampf er von Beginn an in voller Parteinahme eintritt; ihr sagt er, daß sie mit der bindungslosen billigen Verschleuderung der Gnade die Welt um die Gnade Christi betrügt. Und am Ende sind es schuldbeladene Teilhaber an dem rasenden Ablauf eines Weltabschnittes: Juristen, Soldaten, Wächter und Gefangene, Verschwörer und Atheisten; ihnen zeigt er, daß Jesus Christus keine Gestalt einer verdrängten religiösen Provinz ist, ein Stück aus dem religiösen Warenhaus zu herabgesetzten Preisen, sondern ein brüderlicher Herr dieser modernen Welt.

Weil seine Sache so kostbar ist, muß Bonhoeffer soviel offen lassen. Nie ist er fertig, nie weiß er schon alles; nie wiederholt er, wenn er einmal seinen Beitrag gegeben hat. Das Kostbare kommt nicht auf das literarische Produktionsband. Jesus Christus bedeutet für ihn in jedem Abschnitt eine verwirrende Fülle neuer Entdeckungen, reich und herausfordernd, enthüllend und beschämend, er bindet und kommt daher mit lauter freundlichen Erlaubnissen. Ein Rabbiner schrieb mir nach dem Erscheinen von „Widerstand und Ergebung“, durch Bonhoeffer sei ihm zum erstenmal verständlich geworden, daß einer zur Anbetung der Person Jesu kommen könne.

Dietrich Bonhoeffer

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