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3.1.1 Die Anfänge fremdsprachendidaktischer historischer Forschung um 1900

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Die Forschung zur Geschichte des Fremdsprachenlehrens und -lernens setzt in Deutschland gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein. Das erklärt sich aus einer Reihe von Entwicklungen: Zum ersten etablierten sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts sowohl die modernen Sprachen als Unterrichtsfächer an den höheren Schulen als auch die Neuphilologien als forschende und lehrerbildende Disziplinen an den Universitäten; zum zweiten entstand im Zuge dieser Konsolidierungen eine selbstbewusste, gebildete und wissenschaftlich interessierte Lehrerschaft, deren forschende Neugier sich auch auf die historischen Wurzeln des eigenen Tuns richteten. Zum dritten gab es mit den ab 1824 jährlich zu erstellenden SchulprogrammSchulprogrammen, die jeweils auch einen wissenschaftlichen Beitrag enthielten (s. Klippel 1994: 302) und den gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend verbreiteten pädagogischen Lexika und Handbüchern (z.B. Rein 1895) sowie der steigenden Zahl an pädagogischen und neuphilologischen Zeitschriften zahlreiche Möglichkeiten zur Publikation historischer Arbeiten.

Das Interesse dieser frühen historischen Arbeiten richtete sich zum ersten auf die Darstellung der Entwicklung des Unterrichts in den modernen Fremdsprachen in früheren Jahrhunderten im Allgemeinen (Lehmann 1904, Boerner/Stiehler 1906), in bestimmten Regionen (z.B. Ehrhart 1890 zu Württemberg), an bestimmten Institutionen (z.B. zu Berliner Handelsschulen Gilow 1906, zur Universität Gießen Behrens 1907), im Hinblick auf bestimmte Lehr-/ Lernmaterialien (zu Comenius siehe Liese 1904, zu Johann König siehe Driedger 1907, zu Grammatiken siehe Horn 1911) oder auf die Vermittlung einzelner Sprachen, wie des Französischen (Dorfeld 1892, Streuber 1914, Huth 1905) oder Englischen (Pariselle 1895, Junker 1904).

Für die gegenwärtige historische Forschung liefern diese frühen Schriften, denen aus heutiger Perspektive natürlich in gewisser Weise auch der Status historischer Quellenhistorische Quellen zukommt, aufschlussreiche Einblicke in die damalige Sicht auf die Vergangenheit, die von den Diskursen ihrer Entstehungszeit – etwa im Sinne der Positionierung im Hinblick auf die NeusprachenreformNeusprachenreform – geprägt ist. Wichtiger für die heutige Forschung sind diese Veröffentlichungen jedoch als Belege zu den Quellen früherer Jahrhunderte, von denen viele die Weltkriege und deren Zerstörungen nicht überdauert haben.

Es ist für die heutige Forschung zudem ein großer Vorteil, dass die Fremdsprachendidaktiker der Wende vom 19. zum 20. Jh nicht nur eigene historische Untersuchungen durchgeführt haben, sondern auch die Publikationen ihrer Zeit akribisch recherchiert und als bibliographische Hilfsmittel zusammengestellt haben. Eine besondere Position nimmt dabei die von Hermann Breymann über einen längeren Zeitraum publizierte BibliographieBibliographie zur neusprachlichen Reformliteratur (Breymann 1895, 1900; Breymann/Steinmüller 1905, 1909) ein, die die Beiträge der Neusprachenreformer und ihrer Gegner nicht nur bibliographisch aufführt, sondern auch kommentiert, so dass der Diskurs im Kontext seiner Zeit aus der Sicht des Bibliographen abgebildet wird, der weder ein radikaler Reformer noch ein Reformgegner war. Eine bedeutsame Rolle spielen auch die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erscheinenden Enzyklopädien zum Studium der neueren Sprachen, in denen zahlreiche Hinweise auf Lehrwerke, Literatur, Zeitschriften, einschlägige zeitgenössische Veröffentlichungen und den jeweiligen Kenntnisstand zu einzelnen Bereichen der Sprachen und ihrer Vermittlung zu finden sind (siehe etwa Schmitz 1859, Wendt 1893).

Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik

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