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3. Kommunalverfassungsstreit
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Als Kommunalverfassungsstreit bezeichnet man verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten zwischen Organen („Interorganstreit“) oder Organteilen („Intraorganstreit“) einer Kommune[488]. Beim Kommunalverfassungsstreit handelt es sich um eine Sammelbezeichnung und nicht um ein eigenständiges Rechtsinstitut oder um eine Klageart sui generis[489]. Der Kommunalverfassungsstreit ist der wichtigste Anwendungsfall des verwaltungsrechtlichen Innenrechtsstreits, also des Streits um die Binnenbeziehungen von rechtsfähigen Organisationen der öffentlichen Verwaltung[490]. Weitere Beispiele für verwaltungsrechtliche Innenrechtsstreitigkeiten sich der hochschul-[491] und der rundfunkverfassungsrechtliche[492] Innenrechtsstreit. Es war lange Zeit ungeklärt, ob Innenrechtsbeziehungen innerhalb einer öffentlich-rechtlichen Institution zum Gegenstand eines Verwaltungsprozesses gemacht werden können. Dies wurde von Anhängern der sog. Impermeabilitätstheorie verneint, wonach der Staat ein für das Recht undurchdringliches (impermeables) Gebilde darstellt, dessen Organe nicht Adressaten von Rechtssätzen sein können[493]. Inzwischen ist anerkannt, dass auch innerhalb einer juristischen Person des öffentlichen Rechts rechtliche Beziehungen zwischen ihren Funktionseinheiten bestehen und Gegenstand eines Verwaltungsrechtsstreits sein können[494]. Die Impermeabilitätstheorie hat ihre Bedeutung in der Rechtswissenschaft dementsprechend verloren und wird heute nicht mehr vertreten. Dementsprechend ist der Kommunalverfassungsstreit den Regeln des Verwaltungsprozessrechts überantwortet und unterworfen[495].
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Der Klagegegner richtet sich nicht nach § 78 VwGO. Unmittelbar gilt die Vorschrift nur für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, doch auch das darin verkörperte allgemeine Rechtsträgerprinzip hilft nicht weiter, weil es nicht um die Rechte und Pflichten der Rechtsperson Gemeinde, sondern um die Rechte und Pflichten von deren Organen bzw. Organteilen geht. Passiv prozessführungsbefugt ist daher der materielle Streitgegner, d.h. das jeweils verklagte Organ bzw. der jeweils verklagte Organteil selbst[496].
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Die Beteiligungsfähigkeit im Verwaltungsprozess ergibt sich nicht aus § 61 Nr. 1 VwGO, weil Kläger und Beklagter nicht die hinter dem Organ stehenden Personen mit ihrer individuellen Rechtsstellung, sondern die Organe oder Organteile selbst in ihrer organschaftlichen Stellung sind[497]. Es muss auf § 61 Nr. 2 VwGO („Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann“) zurückgegriffen werden, um die Beteiligungsfähigkeit zu begründen, wobei zumeist von einer analogen Anwendung ausgegangen wird, da ein Organ bzw. Organteil nicht ohne weiteres unter den Begriff „Vereinigung“ subsumiert werden kann[498]. Die Prozessfähigkeit ergibt sich dann folgerichtig aus § 62 Abs. 3 VwGO, wonach für Vereinigungen die gesetzlichen Vertreter oder Vorstände handeln.
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Heute gilt es als geklärt, dass sich der Kommunalverfassungsstreit in die Klagearten der VwGO einzufügen hat und darin auch verortet werden kann[499]. Die Ansicht, dass der Kommunalverfassungsstreit als Verfahrensart sui generis zu charakterisieren sei[500], ist demnach überholt. Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO scheiden als Klagearten aus, weil die streitgegenständlichen Maßnahmen verwaltungsinterner Natur und deshalb mangels Außenwirkung keine Verwaltungsakte im Sinne von § 35 VwVfG sind[501]. Der Kommunalverfassungsstreit kann aber mit der allgemeinen Leistungsklage und der Feststellungsklage nach § 43 VwGO erfasst werden[502]. Die allgemeine Leistungsklage ist statthaft, wenn sich das Klagebegehren auf ein bestimmtes Tun oder Unterlassen des Streitgegners richtet. Die Feststellungsklage nach § 43 VwGO ist die richtige Klageart, wenn gerichtlich ein Rechtsverhältnis zwischen zwei Organen oder innerhalb eines Organs geklärt werden soll. Die Feststellungsklage ist auch dann zu erheben, wenn sich der zugrundeliegende Vorfall erledigt hat, weil auch in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnisse feststellungsfähig sein können. Der vorläufige Rechtsschutz richtet sich nach § 123 VwGO.
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Die bei der allgemeinen Leistungs- ebenso wie bei der Feststellungsklage erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) ist dann gegeben, wenn der Kläger die Verletzung einer sog. „wehrfähigen Innenrechtsposition“ geltend macht. Das setzt voraus, dass der Kläger die Verletzung organschaftlicher Rechte, d.h. subjektiven Rechten vergleichbarer Positionen des Innenrechts, rügt[503]. Das Erfordernis einer in diesem Sinne „wehrfähigen Innenrechtsposition“ macht deutlich, dass es sich beim Kommunalverfassungsstreit nicht um ein Instrument allgemeiner Rechtmäßigkeitskontrolle handelt. Die Prüfung der Klagebefugnis zwingt dementsprechend zu einer Analyse einschlägiger kommunalverfassungsrechtlicher Normen auf ihren subjektiven Gehalt[504]. Hier ist die Abgrenzung von Zuständigkeiten, wie sie typischerweise hierarchisch eingegliederten Einheiten der unmittelbaren Landesverwaltung zugordnet sind, von subjektiven Wahrnehmungszuständigen kommunaler Organe bzw. Organteile zu leisten. Entscheidend sind Schutzzweck und -umfang der kompetenzbegründenden Norm der Gemeindeordnung, der Hauptsatzung oder auch der Geschäftsordnung, nicht jedoch subjektive (Grund-)Rechte der das Organ bildenden natürlichen Person[505].