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Mein Besuch auf einem Gnadenhof

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Per Zufall hörte ich von einem Gnadenhof in Euchen und wollte bei Gelegenheit dort einmal vorbei schauen. Schon auf der umfangreichen Webpräsenz machte ich mir einen ersten Eindruck von diesem Ort, wo Tiere noch als wertvolle Lebewesen gehalten werden.

Freitags bis sonntags ist der Hof für Publikum vom 15 bis 17 Uhr offen. So machte ich mich am letzten Sonntag einmal auf, um dem Gnadenhof einen Besuch abzustatten.

Auf dem Weg dorthin machte ich mir schon vielerlei Gedanken. Trifft man hier nur ausgesetzte oder misshandelte Tiere? Ist den Tieren das Leid, das sie erfahren mussten, noch anzusehen? Ist es ein trauriger Ort?

Als mein Navi mir signalisierte, dass ich mein Ziel erreicht hätte, befand ich mich in einer normalen Siedlungsstraße eines kleinen Dorfes. Zögerlich fuhr ich bis zum Ende durch, dann sah ich die hochgeklappte Schranke und einige Schilder. Hier, ganz am Ende der Straße, war ich an meinem Ziel angelangt.

Schon der Parkplatz beeindruckte mich. Sauber und ordentlich, umringt von grün. Und dann diese Ruhe, als ich aus dem Auto stieg – ich war in einem kleinen Paradies am Rande der Stadt gelandet.

Langsam ging ich in Richtung des Hauses, an dem ich schon von weitem „Arche“ lesen konnte. Die Wege begrünt, wunderschöne Anpflanzungen rechts und links, eine schwarze Katze, die sich an der Wurzel eines Baumes ausruhte und mich beobachtete. Ein kleiner Ententeich, zwei Pferde auf der Wiese, freundliche Radfahrer kamen mir entgegen, eine Packung Eier in den Händen.

Ich ging ins Haus hinein und wurde freundlich begrüßt. Sogleich lernte ich Herrn Küppers kennen, den Leiter des Gnadenhofes. Ein freundlicher Mann Anfang 70, der sich seit mehr als 35 Jahren für das Wohl der Tiere einsetzt.

„Oh, im Moment haben wir über 200 Tiere hier auf dem Hof. Davon sind derzeit ca. 150 Hühner, von denen wir einige erst kürzlich aus einer Massentierhaltung zu uns bekommen haben.“ Und Herr Küppers schweift ein wenig mit seiner Erzählung aus, berichtet von vergangenen Aktionen und Rettungsmaßnahmen, erzählt mir in welchem miserablen Zustand die Tiere oftmals bei ihm landen.

„Tja und neben den Hühnern sind noch etwa 20 Katzen hier auf dem Gelände und seit einer Woche 4 Ziegen. Das ist auch so eine Geschichte …“ meint der Rentner und steht erst mal auf, um einem Neuankömmling auf zwei Beinen den Korb zu zeigen, wo die mitgebrachten Eierschalen wieder entsorgt werden, damit Kalk für die Hühner daraus gewonnen wird.

Spontan nimmt er mich mit in den angrenzenden Hühnerstall, in dem auch an diesem Sonntag gewerkelt wird. Der Boden ist sauber mit frischem Heu ausgelegt, mehrere Essenströge stehen herum, es gibt Nischen in denen die Hühner in hölzernen Kästen in Ruhe ihre Eier legen können.

„Viele von den Hühnern kommen aus der Massentierhaltung zu uns. Dort kennen sie den Wechsel von Tag und Nacht nicht. Dort ist nur Tageslicht. So werden mehr Eier produziert.“ Er geht ein Stück voran und zeigt auf die Tür und eine Klappe rechts davon.

„Hier ist im Sommer immer die Tür auf. Und selbst im Winter können die Tiere immer durch die Klappe ins Freie gehen. Ganz wie es beliebt.“ Einen Augenblick verharren wir und schauen in das idyllisch angelegte Freigehege. Alles ist ruhig, kein Huhn scheint aufgeregt, keines rennt hektisch weg, wenn wir langsam näher kommen.

„Wissen Sie, es ist schon furchtbar mit anzusehen, wenn die Hühner gänzlich nackt zu uns kommen.“ Er muss meine Frage in meinem Gesicht gelesen haben und antwortet: „Ja, nackt. Die meisten haben keine Federn mehr. Gerupft oder wegen dem Stress verloren. Manche regenerieren hier wieder, aber nicht jedes Huhn schafft es.“

Wir schlendern langsam wieder zurück und ich höre noch so einige Geschichten aus vergangenen Zeiten. Von gefundenen Katzen und an Zäunen angebundenen und „vergessenen“ Schafen, die keiner mehr haben wollte. Ich bin den Tränen nahe und dankbar, dass es hier Menschen gibt, die sich seit Jahrzehnten dafür engagieren, dass diese – für mich komplett untragbaren – Zustände endlich besser werden.

Wir sitzen dann noch bei einem Kaffee zusammen und Peter Küppers zeigt mir mit sichtlichem Stolz seine Mappe mit zahlreichen Presseartikeln. „Hier bei uns ist der Tierschutz etwas anders, Frau Anders“, lachte er mich an. „Wir beherbergen Tiere, wir vermitteln ihnen aber auch ein neues Zuhause.“

Ich schaue mich um. All das Schöne, dass ich hier sehe, muss ja irgendwie gepflegt und finanziert werden. Ich frage nach. „Wir finanzieren uns über Patenschaften für Tiere und natürlich auch über Spenden. Viele ehrenamtliche Helfer sind hier, auch Teenager, die ihre Sozialstunden ableisten, sind hier willkommen.“

Ich frage nach den zwischenmenschlichen Erfahrungen, die hier gemacht werden. Auch dazu hat Peter Küppers kleine Geschichtchen parat.

„Menschen mit Burnout-Gefahr schätzen die Ruhe hier sehr und kommen gelegentlich um ein bisschen aufzutanken. Hier kommt oftmals ein junger Mann, der psychisch etwas belastet ist. Er bleibt ein paar Stunden, schaut den Tieren zu und wenn er geht, geht es ihm besser.“

Langsam mach ich mich wieder auf den Weg. Die offizielle Öffnungszeit ist schon längst zu ende. Ich bedanke mich und verspreche gelegentlich an einem Samstagmorgen freiwillig helfen zu kommen, denn helfende Hände werden hier immer dankbar angenommen.

Ich schlendere zum Auto zurück, schaue mir noch den liebevoll gepflegten Kräutergarten an und werfe einen Blick auf den Barfußpfad. Ich muss schon bald wiederkommen, denn dieser liebevoll angelegte ca. 1,3 km lange Weg rund um den Gnadenhof ist nur noch bis Ende September offen. Da habe ich doch glatt einen Grund gefunden, schon bald wieder in dieses Kleinod zurück zu kehren und mir ein bisschen Ruhe zu gönnen.

TSV Arche EuregioAachen e.V.

Tierschutzverein, Gnadenhof & Barfußweg

www.arche-aachen.de

Weisheit des Alltags

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