Читать книгу Anziehungskraft - Guido Maria Kretschmer - Страница 6
ОглавлениеWie entstehen eigentlich Trends?
Zweimal im Jahr stellen die Designer in den Modemetropolen Paris, New York, London, Mailand und auch Berlin ihre neuen Entwürfe vor. Mit ihren Ready-to-wear-Kollektionen setzen sie Trends, nach denen sich auch die großen Modeketten richten und zeitversetzt alles in der Welt, was Nadel und Faden halten kann. Auffällig ist, dass es oft ähnliche Looks bei den Designern zu sehen gibt. Ist das Zufall oder Absicht? Nein, es gibt kein geheimes Meeting, bei dem Marc Jacobs, Karl Lagerfeld, Stella McCartney, Raf Simons, Hedi Slimane oder auch ich an einem Tisch sitzen und die Trends für die nächste Saison besprechen. Diese großen Kreativ-Egos kämen vermutlich nie auf einen Nenner!
Meine Inspiration für neue Kollektionen kommt aus den unterschiedlichsten Bereichen. Manchmal ist es ein Musikstück oder Architektur, eine Farbe, die mich angesprungen hat, oder Menschen im täglichen Leben. Die an Bushaltestellen stehen und rauchen, die in Restaurants auf ihren Partner warten. Reisen inspirieren mich, häufig ist es aber auch Kunst, sind es Bilder und Ausstellungen oder, wie im letzten Jahr, mein russischer Windhund – der so elegant und schick auf meinem Sofa lag, dass sich mir dadurch eine ganze Welt eröffnete, die ich dann in einer Kollektion verarbeitete. All diese Eindrücke in der Kombination mit dem Zeitgeist, den Strömungen, die in der Gesellschaft zu finden sind, wachsen dann zu einem Look zusammen. Jedem guten Trend liegt daher eine ausführliche Recherche zugrunde und die beginnt direkt vor der Haustür. Trendscouts beobachten das modische Straßenbild. Was tragen die Individualisten? Oft sind es kleine Dinge, die den Unterschied zur breiten Masse ausmachen. Ein Beispiel: Die Mehrheit der Frauen quält sich in meterhohen High Heels über das Kopfsteinpflaster. Aber nur eine Handvoll Damen fällt durch das Tragen von eleganten Kitten-Pumps auf. Sie könnten damit die erste Inspiration für einen Trend sein. Außergewöhnliche Looks, ungewöhnliche und fast vergessene Schnitte, eine gut sortierte Farbpalette oder vielleicht auch besondere Stoffe halten die Trendscouts in ihren Notizen fest und berichten dann ihren Designern. In unserem Zeitalter spielt das Internet mit seinen vielen Modeblogs eine große Rolle für neue Trends. Dort kann man sehen, welche Fashionista, welches It-Girl besonders experimentierfreudig ist und Looks trägt, die sofort ins Auge stechen. Kein Witz, aber auch das aktuelle Weltgeschehen kreiert Trends! Angeblich werden die Damenröcke bei einer wachsenden Wirtschaft kürzer und bei einem schrumpfenden Wachstum wieder länger. Eine interessante Theorie, die aber noch nie wissenschaftlich belegt wurde. Eine weitere Inspirationsquelle kann Hollywood sein. Ist ein großer Blockbuster, zum Beispiel ein aufwendiges Kostümdrama, mit einem riesigen Staraufgebot im Kino, können Modeschöpfer sich auch davon beeinflussen lassen oder unsere Looks inspirieren dann wieder zu neuen Geschichten. Danach heißt es für die Designer: ins stille Kämmerchen einsperren und eine Kollektion für die anstehenden Fashion Weeks entwerfen. Oft möchten sie mit ihren Entwürfen die Menschen träumen lassen und Sehnsüchte stillen. Nicht umsonst sind in regelmäßigen Abständen Blumenmuster (stehen für den Frühling) und goldfarbene Accessoires (stehen für Reichtum) angesagt.
Die Modeveranstaltungen zeigen immer am Anfang des Jahres die Kollektionen für den kommenden Winter und im Spätsommer die Trends für den nächsten Sommer. So haben auch die großen Modehäuser Zeit, die neuen Looks für sich umzusetzen. Dann kommen die Medien ins Spiel. Die Journalisten der wichtigen Modemedien berichten direkt aus den ersten Reihen der Modenschauen und verkünden, was demnächst IN ist. Und schon weiß die Damenwelt, in welche Kleidungsstücke sie demnächst investieren muss.