Читать книгу Der Krieg der Welten - H. G. Wells - Страница 17

9. Der Kampf beginnt

Оглавление

Der Samstag verbleibt in meiner Erinnerung als ein Tag Gnadenfrist. Er war auch ein Tag der Abspannung, heiß und schwül; wie man mir mitteilte, wechselte das Barometer unaufhörlich. Meiner Frau gelang es, bald einzuschlafen; ich jedoch hatte nur wenig Schlaf gefunden und stand schon früh auf. Vor dem Frühstück ging ich in den Garten und blieb dort lauschend stehen. Aber in der Richtung gegen die Weide regte sich nichts als eine Lerche.

Der Milchmann kam wie gewohnt. Ich hörte das Rasseln seines Karrens und ging ums Haus herum zur Seitenpforte, um mir von ihm die letzten Neuigkeiten anzuhören. Er erzählte mir, dass im Laufe der Nacht die Marsleute von den Truppen umzingelt wurden und dass man die Geschütze erwarte. Ich hörte (ein vertrautes, beruhigendes Geräusch!) einen Zug nach Woking fahren.

»Man will sie nicht töten«, sagte der Milchmann, »wenn man es nur irgendwie vermeiden kann.«

Ich sah einen Nachbarn in seinem Garten arbeiten, unterhielt mich eine Weile mit ihm und schlenderte langsam ins Haus zurück, um zu frühstücken. Es war ein ganz normaler Morgen. Mein Nachbar war der Ansicht, dass es den Truppen gelingen würde, die Marsleute während des Tages entweder gefangen zu nehmen oder zu vernichten.

»Es ist wirklich bedauerlich, dass sie sich so unzugänglich machen«, sagte er. »Es wäre doch interessant zu erfahren, wie man auf einem anderen Planeten lebt; und wir könnten das eine oder andere von ihnen lernen.«

Er kam an den Zaun heran und hielt mir eine Hand voll Erdbeeren hin; denn er gärtnerte ebenso freigebig wie leidenschaftlich. Währenddessen teilte er mir mit, dass das Fichtengehölz bei den Byfleet Golf Links in Flammen stehe.

»Man sagt«, erzählte er, »dass dort noch so ein verdammtes Ding eingefallen sei Nummer zwei. Aber eines ist wirklich genug. Diese Bescherung wird die Versicherungsleute ein schönes Stück Geld kosten, bis alles wieder in Ordnung ist.«

Er lachte mit der Miene eines überaus gutgelaunten Mannes, als er das sagte. Das Gehölz, erzählte er weiter, brenne noch immer, und er zeigte mir eine dunstige Rauchwolke. »Sie werden es noch tagelang heiß unter den Füßen spüren wegen des Torfes und der dichten Schicht glühender Fichtennadeln«, sagte er. Dann wurde er ernst und sprach von dem armen Ogilvy.

Nach dem Frühstück entschloss ich mich, statt zu arbeiten, einen Gang zur Weide zu machen. Unter der Eisenbahnbrücke traf ich eine Gruppe von Soldaten Pioniere, wie ich glaube, Leute mit kleinen runden Mützen, schmutzigen offenen roten Jacken, unter denen man ihre blauen Hemden sah, in dunklen Hosen und Stiefeln, die bis zur Wade reichten. Sie sagten mir, dass niemand über den Kanal dürfe; und als ich meine Blicke die Straße entlang auf die Brücke richtete, sah ich dort einen Mann des Cardigan-Regiments Wache schieben. Mit diesen Soldaten unterhielt ich mich eine Zeitlang; ich erzählte ihnen von meiner Begegnung mit den Marsleuten am vorigen Abend. Keiner von ihnen hatte die Marsleute gesehen, und sie hatten nur ganz unklare Vorstellungen von ihnen. So bestürmten sie mich mit Fragen. Sie sagten, dass sie nicht wussten, wer das Eingreifen der Truppen veranlasst hätte; sie vermuteten, dass bei der berittenen Garde eine Auseinandersetzung stattgefunden habe. Der gewöhnliche Pionier ist bei weitem gebildeter als der gemeine Soldat, und sie besprachen die sonderbaren Bedingungen des voraussichtlichen Kampfes mit ziemlich viel Scharfsinn. Ich schilderte ihnen den Hitzestrahl, und sie fingen an, sich darüber zu streiten.

»Sich unter Bedeckung herankriechen und dann erst auf sie losstürzen, sage ich«, meinte einer.

»Hör auf!« wandte ein anderer ein, »wozu denn eine Bedeckung bei dieser Hitze? Höchstens um dich besser zu braten. Nein, wir müssen so nahe heranrücken, wie das Terrain es erlaubt, und dann einen Graben ziehen.«

»Zum Kuckuck mit deinen Gräben! Du brauchst immer Gräben. Du hättest als Kaninchen zur Welt kommen sollen, Snippy.«

»Haben sie also wirklich keinen Nacken?« fragte mich plötzlich ein dritter, ein kleiner dunkler nachdenklicher Mann, der eine Pfeife rauchte.

Ich wiederholte meine Beschreibung.

»Oktopoden«, sagte er, »sind das für mich. Da spricht man von Menschenfischern diesmal heißt es Fische bekämpfen!«

»Es ist kein Mord, solche Bestien zu töten«, sagte der erste Sprecher.

»Warum diese verfluchten Dinger nicht zusammenschießen und ein Ende mit ihnen machen?« meinte der kleine Dunkelhaarige. »Ihr könnt nicht wissen, was sie sonst noch alles anstellen.«

»Wo sind denn deine Bomben?« höhnte der erste. »Dazu ist nicht mehr Zeit. Macht einen Überfall, das ist mein Plan, und macht ihn sofort.«

In dieser Weise besprachen sie den Fall. Nach einer Weile verließ ich sie und ging zum Bahnhof, um mir so viel Morgenzeitungen wie möglich zu beschaffen.

Doch will ich den Leser mit einer Beschreibung dieses langen Morgens und des noch längeren Nachmittags nicht ermüden. Es glückte mir nicht, auch nur einen Blick auf die Weide zu werfen, denn selbst die Kirchtürme von Horsell und Chobham waren in den Händen des Militärs. Die Soldaten, an die ich mich wendete, wussten nicht das Geringste. Die Offiziere waren ebenso geheimnisvoll wie geschäftig. Die Leute in der Stadt fühlten sich vollkommen sicher bei der Anwesenheit des Militärs, so meinte ich. Damals erst hörte ich von Marshall, dem Tabakskrämer, dass sich sein Sohn unter den Toten auf der Weide befand. Die Bewohner am Rand von Horsell waren von den Soldaten genötigt worden, ihre Häuser abzuschließen und zu verlassen.

Sehr müde kehrte ich ungefähr gegen zwei Uhr zum Mittagessen nach Hause zurück, denn, wie schon erwähnt, war der Tag drückend heiß; und um mich etwas zu erfrischen, nahm ich nachmittags ein kaltes Bad. Um halb fünf ging ich zum Bahnhof, um mir eine Abendzeitung zu kaufen, denn die Morgenblätter hatten nur sehr dürftige Berichte vom Tode Stents, Hendersons, Ogilvys und der andern enthalten. Auch sonst stand wenig darin, das ich nicht schon wusste. Die Marsleute ließen nicht einen Zoll von sich sehen. Sie schienen in ihrer Grube sehr geschäftig zu sein; man vernahm ein unausgesetztes Hämmern und sah ständig Rauchsäulen aufsteigen. Sie waren offensichtlich beschäftigt, sich für einen Kampf vorzubereiten. »Neue Versuche, eine Verständigung zu erzielen, wurden gemacht, jedoch ohne Erfolg«, das war eine stereotype Wendung der Zeitungen. Ein Pionier erzählte mir, der Annäherungsversuch habe darin bestanden, dass ein Mann in einer Grube an einer langen Stange eine Fahne schwenkte. Die Marsleute schenkten solchen Maßnahmen ebenso große Beachtung, wie wir etwa dem Brüllen einer Kuh.

Ich muss zugeben, dass mich der Anblick aller dieser Ausrüstungen und Vorbereitungen aufs äußerste erregte. Meine Einbildungskraft wurde kriegerisch und besiegte die Eindringlinge auf dutzendfache hervorragende Weise. Ein Rest meiner Schuljungenfantasien von Schlacht und Heldentum erwachte wieder in mir. Diesmal aber schien es mir kein ehrlicher Kampf zu sein. So hilflos erschienen mir jene in ihrer Grube.

Um drei Uhr etwa hörte man von Chertsey oder Addlestone her in abgemessenen Zwischenräumen die ersten Kanonenschüsse. Ich erfuhr, dass man das glühende Fichtengehölz, in welches der zweite Zylinder gefallen war, beschoss; man hoffte, dadurch das Rohr zu zerstören, bevor es sich öffnete. Derweil dauerte es bis gegen fünf Uhr, ehe eines der Feldgeschütze Chobham erreichte, um gegen die erste Abteilung der Marsleute gerichtet zu werden.

Gegen sechs Uhr abends, als ich mit meiner Frau im Gartenhaus beim Tee saß und eifrig den bevorstehenden Kampf besprach, hörte ich gedämpften Donner von der Weide her dröhnen, und direkt danach ein überaus heftiges Geschützfeuer. In blitzartiger Folge vernahm ich ein furchtbares prasselndes Krachen, das den Boden erschütterte. Ich stürzte auf den Rasenplatz hinaus, da sah ich, wie die Wipfel der Bäume beim Oriental College in rauchenden roten Flammen standen und der Turm der kleinen Kirche daneben einstürzte. Die Kuppel der Moschee war verschwunden, und der Dachstuhl der Schule sah aus, als hätte ihn ein Hundertpfünder beschossen. Einer der Schornsteine unseres Hauses zerbarst, wie von einer Bombe getroffen; seine Hauptmasse kam über die Dachziegel herabgepoltert und bildete einen Haufen roter Trümmer auf dem Blumenbeet vor dem Fenster meines Studierzimmers.

Ich und meine Frau blieben wie betäubt stehen. Mir wurde jetzt klar, dass der Kamm des Maybury Hill im Bereich des Hitzestrahls der Marsleute liegen müsse, jetzt, da das Schulgebäude aus dem Weg geräumt war. Da fasste ich meine Frau am Arm, und ohne weitere Überlegung stürzte ich mich auf die Straße hinaus. Dann holte ich das Dienstmädchen und versprach ihr, den Koffer, nach dem sie jammerte, selbst herabzubringen.

»Wir können unmöglich hier bleiben«, sagte ich, und während ich sprach, hörte man einen Augenblick später erneutes Geschützfeuer auf der Weide.

»Aber wohin sollen wir gehen?« fragte meine Frau entsetzt. Verwirrt überlegte ich. Dann erinnerte ich mich an ihre Verwandten in Leatherhead.

»Leatherhead!« schrie ich, den plötzlichen Lärm übertönend.

Sie blickte den Hügel hinunter. Die Leute stürzten erschrocken aus ihren Häusern.

»Wie sollen wir nach Leatherhead kommen?« fragte sie.

Am Fuße des Hügels sah ich einen Trupp Husaren unter der Eisenbahnbrücke hinreiten; sie sprengten durch die offenen Tore des Oriental College. Zwei stiegen vom Pferd und liefen von Haus zu Haus.

Die Sonne leuchtete durch den Rauch, der von den Wipfeln der Bäume aufstieg. Sie schien blutrot und warf auf alles einen ungewohnten, düsteren Schein.

»Bleib hier stehen«, sagte ich, »hier bist du sicher«; dann eilte ich sofort zu dem »Gefleckten Hund«, denn ich wusste, dass der Wirt ein Pferd und einen Dogcart besaß. Ich eilte, denn ich sah voraus, dass in kürzester Zeit jeder diese Seite des Hügels verlassen würde.

Ich fand den Wirt in seinem Schankzimmer, völlig unwissend über alles, was hinter seinem Hause vorging. Ein Mann, der mir den Rücken zuwandte, sprach mit ihm.

»Ich will ein Pfund«, sagte der Wirt, »und außerdem habe ich keinen Kutscher.«

»Ich gebe Ihnen zwei Pfund«, sagte ich über die Schulter des Fremden hinweg.

»Wofür?«

»Und ich bringe Ihnen den Wagen um Mitternacht zurück«, sagte ich.

»Herrgott!« rief der Wirt, »wozu denn die Eile? Da bleibt einem ja der Verstand stehen. Zwei Pfund, und Sie wollen ihn zurückbringen? Was ist denn los?«

Ich erklärte ihm hastig, dass ich mein Haus verlassen müsse, und sicherte mir so das Gefährt. Es erschien mir damals längst nicht so dringend, dass auch der Wirt sein Haus verlassen müsse. Ich sorgte dafür, den Wagen auf der Stelle zu bekommen, fuhr mit ihm die Straße hinunter und ließ ihn unter der Obhut meiner Frau und meines Dienstmädchens. Dann rannte ich ins Haus zurück und raffte einige Dinge von Wert zusammen.

Die Buchen unterhalb des Hauses brannten lichterloh und das Gitter zur Straße hin glühte. Noch während ich meine Sachen packte, kam einer der Husaren herbeigelaufen. Er eilte von Haus zu Haus, um die Leute zur Flucht zu mahnen. Er lief schon wieder fort, als ich aus der Haustür trat, meine Schätze, in ein Tischtuch gebunden, mit mir schleppend. Ich schrie ihm nach:

»Was gibt’s Neues?«

Er wandte sich um, starrte mich an und brüllte etwas von »rauskriechen in einem Ding, das wie ein Schüsseldeckel aussieht.« Damit lief er weiter zu dem Tor des Hauses auf der Spitze des Kammes. Ein jäher Wirbel schwarzen Rauches, der die Straße entlang zog, verbarg ihn einen Augenblick. Ich lief zur Tür meines Nachbars, klopfte an und überzeugte mich von dem, was ich bereits wusste: er war mit seiner Frau nach London gefahren und hatte sein Haus abgeschlossen. Ich eilte meinem Versprechen getreu ins Haus zurück, holte den Koffer meines Dienstmädchens, schleifte ihn heraus und befestigte ihn neben ihr auf dem Rücksitz des Wagens. Dann ergriff ich die Zügel und schwang mich auf den Kutschbock neben meine Frau. Im nächsten Augenblick waren wir Rauch und Lärm entkommen und jagten den Abhang gegenüber dem Maybury Hill hinunter nach Old Woking.

Vor uns lag eine stille, sonnige Landschaft. Weizenfelder, die von jeder Seite der Straße aufstiegen, und das Wirtshaus von Maybury mit seinem hin- und herschwankenden Schild. Vorne sah ich das Gefährt des Doktors. Am Fuß des Hügels drehte ich mich um, um die Hügelseite, die wir jetzt verließen, noch einmal zu sehen. Dichte Säulen schwarzen Rauches, durchzuckt von Zungen roten Feuers, ragten in die stille Luft hinauf und warfen dunkle Schatten auf die grünen Baumwipfel im Osten. Der Rauch breitete sich schon weit aus, gegen den Fichtenhain von Byfleet im Osten und gegen Woking im Westen. Die Straße war voll von Leuten, die uns entgegenliefen. Und jetzt hörte man sehr leise, aber sehr deutlich durch die heiße, stille Luft das Knattern eines Maschinengeschützes, das aber rasch wieder verstummte, zwischendurch das Krachen von Gewehren. Die Marsleute steckten offenbar alles in Brand, was in der Reichweite ihres Hitzestrahls lag.

Ich bin kein erfahrener Kutscher und musste sofort meine Aufmerksamkeit auf das Pferd konzentrieren. Als ich mich wieder umschaute, hatte der zweite Hügel den schwarzen Rauch verborgen. Ich hieb mit der Peitsche auf das Pferd und hielt die Zügel lose, bis Woking und Send zwischen uns und jenem rasenden Tumult lagen. Den Doktor überholte ich zwischen Woking und Send.

Der Krieg der Welten

Подняться наверх