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2. Der fallende Stern

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Dann kam die Nacht des ersten fallenden Sterns. Er war am frühen Morgen gesehen worden, wie er über Winchester hin nach Osten schoss, eine Flammenlinie hoch in der Atmosphäre. Hunderte müssen ihn gesehen und für eine gewöhnliche Sternschnuppe gehalten haben. Albin machte auf einen grünlichen Strich hinter ihm aufmerksam, der einige Sekunden lang geglüht habe. Denning, unsere größte Autorität für Meteoriten, stellte fest, dass die Höhe seiner ersten Erscheinung ungefähr 90 oder 100 Meilen betrug. Er glaubte, dass er ungefähr 100 Meilen östlich von ihm auf die Erde gefallen sei.

Ich war zu dieser Stunde zu Hause und schrieb in meinem Arbeitszimmer. Und obwohl meine Flügelfenster gegen Ottershaw blickten und die Vorhänge aufgezogen waren (in jenen Tagen liebte ich es, den nächtlichen Himmel zu betrachten), sah ich jedoch nichts von alledem. Und doch muss dieses seltsamste aller Dinge, das je aus fremden Sphären auf die Erde fiel, gerade niedergegangen sein, während ich dort saß. Und hätte ich nur aufgeblickt, ich hätte es vorbeifliegen sehen können. Manche, die es sahen, behaupten, dass sein Flug von einem zischenden Geräusch begleitet war. Ich selbst bemerkte nichts. Viele Leute in Berkshire, Surrey und Middlesex müssen es fallen gesehen haben, und sie werden es allenfalls für einen Meteoriten gehalten haben. Niemand scheint sich in jener Nacht die Mühe genommen zu haben, nach der gefallenen Masse zu suchen.

Sehr früh am Morgen des nächsten Tages jedoch erhob sich der arme Ogilvy, der die Sternschnuppe gesehen hatte. Er war überzeugt, dass irgendwo auf der Gemeindeweide zwischen Horsell, Ottershaw und Woking ein Meteorit liegen musste, und verließ mich in der Absicht, ihn zu suchen. Tatsächlich fand er ihn bald nach der Dämmerung nicht weit entfernt von den Sandgruben. Durch den Einschlag des Projektils hatte sich ein enormes Loch gebildet. Sand und Kieselsteine waren mit großer Wucht in alle Richtungen über die Heide geschleudert und hatten Haufen aufgetürmt, die anderthalb Meilen weit zu sehen waren. Östlich brannte das Heidekraut, und ein dünner blauer Rauch stieg in der Dämmerung auf.

Das Ding selbst lag fast ganz in Sand begraben zwischen den verstreuten Splittern einer Tanne, die es im Niedersausen zerschmettert hatte. Der freiliegende Teil sah wie ein riesiger Zylinder aus, der vollständig von einer dicken, schuppigen, dunkelbraunen Kruste bedeckt war, die seine Konturen verwischte. Er hatte einen Durchmesser von ungefähr dreißig YardsNote 3). Ogilvy trat an die Masse heran, überrascht von ihrer Größe und mehr noch von ihrer Gestalt, da die meisten Meteoriten mehr oder weniger abgerundet sind. Von seinem Fluge durch die Luft war der Körper allerdings noch so heiß, dass es nicht möglich war, näher an ihn heranzukommen. Ein surrendes Geräusch im Inneren des Zylinders schrieb er der ungleichmäßigen Abkühlung der Oberfläche zu; denn er kam noch nicht auf die Idee, dass der Zylinder hohl sein könnte.

Er verweilte am Kraterrand, den der Körper sich gegraben hatte und starrte die seltsame Erscheinung an, vor allem verblüfft über die ungewöhnliche Form und Farbgebung. Leise kam ihm der Gedanke, dass diese Erscheinung vielleicht kein Zufall sei. Der frühe Morgen war wunderbar ruhig, und die Sonne, die gerade auf die Fichten vor Weybridge schien, war schon warm. Er erinnerte sich nicht, an jenem Morgen Vögel gehört zu haben. Kein Lüftchen regte sich. Der einzige Laut kam von den schwachen Bewegungen aus dem Inneren des glimmenden Zylinders. Er war ganz allein auf der Heide.

Da plötzlich bemerkte er, unwillkürlich zurückschreckend, wie ein Stück der grauen, aschenartigen Kruste, die den Meteoriten bedeckte, sich von der kreisrunden Kante des Endes ablöste. Sie fiel in flockenweise ab und rieselte auf den Sand. Plötzlich sprang ein großes Stück ab und fiel mit einem so scharfen Klang zur Erde, dass ihm fast das Herz stockte.

Eine Minute lang konnte er kaum erfassen, was das zu bedeuten hatte. Und obwohl die Hitze übermäßig groß war, kletterte er in den Krater hinab dicht an den Klumpen heran, um ihn näher zu betrachten. Selbst dann glaubte er noch, dass auch dies mit der Abkühlung des Körpers erklärbar sei. Aber mit dieser Annahme war es nicht zu vereinbaren, dass die Asche nur von dem Ende des Zylinders abfiel.

Da bemerkte er, dass der kreisförmige Schlussteil des Zylinders sich sehr langsam um seine Achse drehte. Die Bewegung war so allmählich, dass er sie nur dadurch erkannte, weil ein schwarzer Strich, der noch vor fünf Minuten in seiner Nähe sichtbar war, jetzt auf der anderen Seite der Scheibe stand. Selbst jetzt verstand er kaum, was das zu bedeuten hatte, als er einen gedämpften, kratzenden Laut hörte und zugleich sah, wie der schwarze Strich sich um etwa einen Zoll voran bewegte. Da überkam es ihn wie ein Blitz. Der Zylinder war künstlich hohl mit einem Ende, das sich abschraubte! Etwas im Inneren des Zylinders schraubte den Schlussteil ab!

»Großer Gott!« rief Ogilvy, »da innen ist ein Mensch da innen sind Menschen! Halb zu Tode geröstet! Die zu entkommen suchen!«

Und auf einmal, mit einem raschen Gedankensprung, verband er die Erscheinung mit dem Lichtblitz auf dem Mars.

Der Gedanke an das eingeschlossene Geschöpf war für ihn so schrecklich, dass er nicht an die Hitze dachte und an den Zylinder heranstürzte, um die Drehung zu beschleunigen. Zum Glück aber hielt ihn die langsame Ausstrahlung davon ab, sich an dem noch glühenden Metall die Hände zu verbrennen. Einen Augenblick lang stand er unschlüssig da, dann wandte er sich ab, stieg aus dem Krater heraus und lief Hals über Kopf nach Woking.

Es mochte damals etwa gegen sechs Uhr gewesen sein. Er begegnete einem Fuhrmann und versuchte, ihm sein Erlebnis begreiflich zu machen. Aber was er berichtete, dazu sein Aufzug, das war alles so wüst seinen Hut hatte er in dem Krater verloren -, dass der Mann ihn ignorierte und einfach weiterfuhr. Genau denselben Misserfolg hatte er bei einem Wirt in der Nähe der Brücke über den Horsell, der eben die Tür seiner Schenke aufsperrte. Der Mann hielt ihn für einen entsprungenen Verrückten und machte einen erfolglosen Versuch, ihn in der Schankstube einzuschließen. Das ernüchterte ihn ein wenig, und als er Henderson, den Londoner Journalisten, in seinem Garten sah, rief er ihn an den Gartenzaun heran und versuchte nun, sich verständlich zu machen.

»Henderson«, rief er, »Sie haben wohl die Sternschnuppe vorige Nacht gesehen?«

»Nun?« sagte Henderson.

»Sie liegt jetzt draußen auf der Horsell-Weide.«

»Donnerwetter!« rief Henderson. »Ein gefallener Meteorstein! Nicht übel!«

»Aber es ist etwas mehr als ein Meteorstein. Es ist ein Zylinder ein künstlicher Zylinder, Mann. Und es ist etwas innen im Zylinder.«

Henderson, den Spaten in der Hand, neigte sich etwas vor.

»Was erzählen Sie da?« fragte er. Er war auf einem Ohr taub.

Ogilvy erzählte ihm nun alles, was er gesehen hatte. Henderson brauchte zu seinem Verständnis etwa eine Minute,. Dann ließ er seinen Spaten fallen, griff nach seinem Rock und kam auf die Straße hinaus. Sofort liefen beide zur Weide zurück und fanden den Zylinder noch in derselben Lage. Das Geräusch in seinem Innern jedoch hatte aufgehört und ein schmaler Reif aus glänzendem Metall zeigte sich zwischen dem Schlussteil und dem Körper des Zylinders. An dieser Stelle drang die Luft mit einem schwach zischenden Laut entweder hinein oder heraus.

Die Männer lauschten, dann schlugen sie mit dem Stock auf die Kruste. Aus der fehlenden Antwort schlossen sie beide, dass der Mensch oder die Leute im Innern bewusstlos oder tot seien.

Beide waren natürlich nicht imstande, etwas zu tun. Sie schrien den Eingeschlossenen einige Worte des Trostes und Versprechungen zu und kehrten zur Stadt zurück, um Hilfe zu holen. Man kann sich vorstellen, wie sie aussahen, bedeckt mit Staub, verstört und unordentlich, wie sie im hellen Sonnenlicht die kleine Straße entlang eilten, gerade als die Ladenbesitzer ihre Türen aufschlossen und die Leute ihre Schlafzimmerfenster öffneten. Henderson eilte sofort ins Stationsgebäude, um die Nachricht nach London zu telegrafieren. Die Zeitungsartikel hatten die Leute schon vorbereitet und sie für eine solche Nachricht empfänglich gemacht.

Um acht Uhr war schon eine Anzahl Jungen und unbeschäftigter Leute nach der Weide aufgebrochen, um »die toten Männer vom Mars« zu besichtigen. Das war die Form, in der die Nachricht sich verbreitete. Ich hörte zuerst davon durch meinen Zeitungsjungen, als ich ausging, um mir meinen »Daily Chronicle« zu holen. Ich war natürlich völlig überrascht und verlor keinen Moment, um mich über die Brücke von Ottershaw zu dem Sandhügel zu begeben.

Der Krieg der Welten

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