Читать книгу Eine von Zweien - Hannah Albrecht - Страница 6
Kapitel 3
ОглавлениеNach dem ausgiebigen, nach Erinnerung schmeckenden Frühstück gingen wir in Beth´ Wohnung hinüber. Was sollte ich hier denn schon finden? Als ich den Flur betrat, fiel mir schnell die Wohnlichkeit auf. Ich hatte eine Wohnung voll von Kisten und vielleicht hier und da noch unfertigen Ecken erwartet. Fehlanzeige! Alles war eingerichtet und dekoriert. Es hingen auch schon Bilder an der Wand, teils gezeichnet, teils mit dicken Farbbalken. Einige erinnerten mich an Ideen, die ich früher hatte, als ich noch malte. Egal, darüber wollte ich nicht nachdenken. Das war lange her! Ich war hier, um mir die Wohnung genauer anzuschauen und Beth kennenzulernen. Alles war freundlich, ein wenig chaotisch, so wie Beth´ Haare. Bunt, gemütlich, nicht alles, was zu sehen war, hatte einen Nutzen, vieles schien einfach aus Sentimentalität oder Dekoration da zu stehen. Ganz im Gegensatz zu meiner Wohnung war hier alles so wild, so – wie soll ich sagen ... vielleicht traf es “lebendig“. Wir bogen in den Raum ein, der zum Wohnzimmer führte. Und plötzlich standen wir in einem Meer von Farben, Leinwänden und Kreativität. Ich war für einen kurzen Moment erschlagen. Die Sonne hatte sich in der Zwischenzeit durch die dichten Wolken gekämpft und durchflutete den Raum. Ich musste meine Augen zusammenkneifen, um überhaut noch etwas erkennen zu können. Es war magisch, kleine Staubkörner tanzten umher, und ich empfand ein Kribbeln in den Fingern, eine Lebendigkeit, ich fühlte und wollte alles einfach in mir aufnehmen, aufsaugen, um es in schweren Momenten nutzen zu können. Langsam hatten meine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt. Ich suchte Beth. Sie stand in der Mitte mehrerer Leinwände und schaute mich an. Die Atmosphäre, die hier herrschte, war wunderschön und zauberhaft. Ich war wie gelähmt, im guten Sinne, wie verzaubert.
„Alles OK bei dir?“ Beth war sich wohl nicht so sicher, wie es mir ging. Ich war nur noch in der Lage, mit dem Kopf zu nicken.
„Du malst gar nicht mehr?“, wollte sie wissen. Ich war mir nicht sicher, ob sie die Antwort schon kannte. Aber sie wollte die Antwort hören, dann würde ich sie ihr geben. Warum auch nicht?!
„Nein. Ich hatte, als ich nach Berlin ging, keine Zeit mehr dafür.“ Ich wollte ihr nicht die ganze Wahrheit erzählen, ich habe überhaupt nie jemandem die Wahrheit erzählt. Ben denkt sogar, ich hätte mit Malen, Farben und Kunstausstellungen nichts am Hut. Ich wollte nie wieder etwas damit zu tun haben. Es erinnerte mich an damals, und da wollte ich nicht mehr hin. Die Vergangenheit sollte in der Vergangenheit bleiben. Beth schaute mich irritiert an. Ich bekam ein beklemmendes Gefühl. Vielleicht kannte sie die Wahrheit schon?
„Also, nur zu deiner Info“, sagte sie mit klarer Stimme. „Ich kenne nicht alle Einzelheiten, wie es dazu kam, dass wir so verschiedene Leben leben, aber wenn du mir nicht die Wahrheit sagst oder mir etwas verheimlichst, da fühle ich etwas ganz Komisches im Bauch. Ich merke das, wenn du mich anlügst, Lissi. Ich kann das gar nicht erklären, aber warte, ich habe eine Idee.“ Sie kam auf mich zu, fast schon zu euphorisch.
„Frag mich etwas, und ich erzähle dir eine Lüge, vielleicht klappt es ja auch anders herum.“
„Okay!“, antwortete ich zögerlich. Der Gedanke gefiel mir gar nicht. Ich teilte meine Erfahrungen und mein Leben nicht gerne mit Anderen. Auch nicht mit Ben, und er war der Mensch, der mir im Leben am nächsten kam. Den ich am nächsten an mich heran ließ. Aber wenn Beth sozusagen ich war, dann musste ich wohl mitspielen. Ich überlegte, was mich interessierte und ich sie fragen konnte. Ich hatte eine Idee.
„War es für dich einfach, unseren Eltern zu sagen, dass du Malerin wirst? Denn das ist ja wohl dein Beruf, oder?“
„Ja, das ist mein Beruf, und es war ganz einfach. Ich habe mich mit unserem Vater hingesetzt. Dann habe ich ihm von meinem Plan erzählt, nicht Wirtschaft studieren zu wollen, um in seine Fußstapfen zu treten, sondern Kunst. Das sagte ich ihm genau so.“
„Ok, ok!“, rief ich raus. „Dieses Gefühl ist wirklich unerträglich gemein. Ich weiß, was du meinst.“ Mir war ganz flau im Magen geworden. Ich hatte das Gefühl, mein Bauch würde versuchen, sich einmal um sich selbst zu drehen.
Beth war glücklich, dass ich das gleiche Gefühl hatte. Das war ihrem Gesicht abzulesen. Freudestrahlend kam sie auf mich zu. Auch wenn ich ihr gerne Selbstgefälligkeit untergejubelt hätte und sie in ihrem Gesicht versuchte zu finden, sie war nicht da. Sie schien einfach nur zufrieden, das Problem mit den Lügen aus der Welt geschafft zu haben, beziehungsweise, sie machte sich jetzt bereit, es aus der Welt zu schaffen.
„Ok, machen wir einen Pakt für die Zeit, die wir hier zusammen sein werden. Keine darf der Anderen etwas vorlügen oder verheimlichen, sobald sie gefragt wird. Wir müssen also alle gestellten Fragen der Anderen wahrheitsgemäß und ausführlich beantworten! DEAL?“
Ich konnte mich ihrer Euphorie nicht anschließen. Ich wollte doch gar nichts wissen. Aber letztendlich hatte ich gar keine Wahl. Das üble Gefühl bei ihrer bewußten Unwahrheit saß mir noch in den Knochen, besser gesagt, im Magen, und ich wollte es nicht nochmal durchleben, und ihr wollte ich es auch ungern antun. Sie war ja schließlich auch irgendwie ich. Also musste ich wohl einschlagen. Ich umfasste vorsichtig die Hand, die sie mir entgegenstreckte.
„Ok, abgemacht“. Damit waren wir durch einen Handschlag zur kompletten Offenheit einander gegenüber verpflichtet.
Eine Sache interessierte mich dann doch. Aber ich werde erstmal noch ein wenig warten. Ich muss Beth ja nicht gleich heute fragen. Wie es aussieht, würde sie wohl noch eine Weile in meinem Leben sein. Ob ich es wollte oder nicht. Darauf musste ich mich jetzt einstellen. Wenn ich ehrlich war: wenn mich schon eine Person durch mein Leben begleiten sollte, dann doch eine zweite Version meiner selbst, das schien am erträglichsten. Mit dieser Einsicht lächelte ich in mich hinein und musste mir, unter Beth’ Drängen, den Rest der Wohnung anschauen. Ich war ja mal gespannt auf den Kleiderschrank. Ob sich auch ein paar Kleidungstücke, die nicht vollgemalt oder extravagant waren, darin versteckten. Ich war sehr gespannt. Meine Erwartungen wurden übertroffen. Der Kleiderschrank war ein durchstrukturiertes Chaos, nichts anderes hätte ich erwarten sollen. Es gab alle möglichen Stilrichtungen. Ein Bereich beherbergte die gemütliche Kuschel-Kleidung. Dann gab es sehr modische, sehr bunte, sehr ausgefallene Kleider, die sie wohl zu den Ausstellungen anzog. Aber auch der Alltagsmix zum Nichtmalen war vertreten. Eher sportliche Sachen. Alles war schön eingeräumt. Also hatte auch die Kleidung ihren Platz in dem Chaos gefunden. Ich konnte wirklich nicht glauben, dass Beth hier vor einigen Tagen noch nicht gewohnt haben sollte.
„Beth, deine Wohnung sieht so bewohnt aus“, sagte ich, als sie mit der Führung durch war.
„Ja, ich wohne doch auch hier.“ Sie sah mich forschend an und versuchte herauszufinden, was ich meinte.
„Ja, das weiß ich schon, aber letzte Woche hast du hier nicht gewohnt, also hier in der Wohnung, in diesem Haus.“
„Ah, ich weiß, was du meinst, aber in dieser Wohnung wohne ich jetzt schon seit Ewigkeiten. Nicht in deinem Haus, aber in dieser Wohnung. Ich kann dir das auch nicht wirklich erklären, wie das hier alles funktioniert. Ich bin aufgewacht und wusste, ich muss dir helfen. Bin aus meiner Wohnung gekommen und war deine Nachbarin, und alles fühlte sich ganz normal an. Als ob das Leben das alles geplant hatte, und für mich klar war, was jetzt kommen würde. Ich musste mir helfen, meinem parallelen Ich. Mehr kann ich dir nicht sagen. So ist es passiert.“
Ich achtete auf meinen Magen, aber der blieb ruhig. Sie hatte also nicht gelogen. Es gab anscheinend Sachen, die nicht zu erklären waren. Unbefriedigend, aber was sollte ich mehr bohren, wenn sie nicht mehr wusste. Vielleicht macht alles irgendwann für uns mal Sinn. Ich hoffte es inständig. Sonst würde ich platzen.
„Komm, Lissi, setzen wir uns in die Küche, da können wir es uns ein wenig gemütlich machen“, forderte Beth mich auf. Mit einem Nicken und einem Lächeln nahm ich das Angebot dankend an.
Was war der Unterschied zwischen uns beiden? Wir waren im Lebensstil grundverschieden. Unsere Wohnungen glichen sich auf keinem Zentimeter. Ich betrachtete Beth aufmerksam und versuchte genau, die Unterschiede zwischen uns beiden zu erkennen. Von außen war sie einfach nur die Extravagante, die sich bewegte und kleidete, wie sie wollte. Gegen alle Konventionen verstieß ... naja, wohl gegen die Konventionen meiner Welt, in der Welt der Kunst war sie sicher eine von vielen bunten Vögeln. Sie hatte offensichtlich richtig Spaß daran. Hier mal eine Blume im Haar, hier mal einen grellen Ring am Finger, und trotzdem sah nichts unpassend aus. Sie kombinierte zwar Farben wild, aber die Muster und Farben waren trotzdem miteinander harmonisch. Gut, sollte man auch erwarten können von einer Malerin, aber ich hatte da so einige gesehen, die einfach aussahen wie von einem anderen Stern. Das war bei Beth nicht so. Das Beeindruckende war auch, sie versuchte nichts zu verstecken. Sie stand zu ihren wunderschönen weiblichen Formen. Das fand ich sehr außergewöhnlich. Ihr würde Max Schneider sicherlich nicht die Butter vom Brot nehmen können. Sie würde ihn mit ihren lebendigen, herausfordernden Augen anlächeln und ihn eiskalt in seine Schranken weisen. Das sollte ich von ihr lernen. Ich fühlte mich neben ihr grau und unscheinbar. Es schien, als ob sie, wie schon vorher, meine Gedanken lesen könne.
„Wir sind grundverschieden, und doch sind wir die gleiche Person. Das bedeutet ja, dass alles, was ich habe, du auch hast, und alles, was du hast, auch ich habe, oder?“ Sie schien laut zu denken. Auch für sie war noch nicht alles ganz klar. Auch sie setzte noch alle Puzzleteile zusammen. Sie hatte einen grübelnden Gesichtsausdruck aufgesetzt.
„Jetzt müssen wir nur herausfinden, wo die Unterschiede liegen und wie wir zu ihnen gekommen sind, richtig? Ich denke, das ist unsere Mission. Verstehst du, was ich meine? Also irgendwann bist du doch zu dir geworden, und ich bin einen anderen Weg gegangen und bin zu mir geworden. Aber wir sind ja noch irgendwie die gleiche Person. Das ist jetzt ein wenig verwirrend, oder?“
Sie wiegte den Kopf hin und her. Ja, es war verwirrend und doch sehr verständlich. Aber wo hatten sich unsere Wege getrennt? Ich hatte keine Antwort auf diese Frage. Wo sah sie denn unsere Unterschiede? Ob es die gleichen waren, die ich auch sah? Naja, sie hatte wohl ein wenig Vorsprung im Beobachten.
„Wo siehst du denn Unterschiede?“ Ich war sehr gespannt, was Beth mir jetzt sagen würde; ich hatte nicht das Gefühl, dass sie die Worte vorsichtig wählen würde.
„Wenn du mich so fragst, dann bin ich mal knallhart offen: ich lebe! Soll heißen, ich bin glücklich, habe meine Freunde und habe ein gutes Verhältnis mit unseren Eltern. Ich habe die ganze Arbeit und die Auseinandersetzungen ausgetragen, als sie fällig waren. Ich habe mich meinen Emotionen und meinen Schmerzen gestellt, als sie aufgetreten sind, und habe mich nicht hinter der nächstbesten Lösung oder in der nächstbesten Höhle versteckt. Ich habe die Schlachten ausgetragen, als sie auszutragen waren, bin Risiken eingegangen, obwohl auch ich nicht sicher war, wie ich am Ende dastehen würde. Ich habe gelitten, gejubelt, war enttäuscht und habe mich riesig gefreut. Emotionen haben mein Leben ausgemacht. Naja, sie machen es immer noch aus. Wenn man bei dir schaut, dann sieht es so aus, als ob du einfach nur weggelaufen bist und den Kopf unter die Decke gesteckt hast. Als ob du dich den Situationen, die dich herausgefordert haben, einfach hingegeben hast, ohne zu kämpfen. Du hast dann einfach alles so gemacht, wie du dachtest, dass es erwartet werden würde. Du hast immer zufriedenstellend gearbeitet und vor Auseinandersetzungen bist du einfach weggelaufen oder hast sie vorher schon verhindert. Fräulein, ich glaube, du erstickst gerade an deinem eigenen Leben. Wenn ich du wäre, würde ich mich lebendig begraben fühlen!“ Sie schaute mich direkt an. „Weißt du, was ich meine?“
Ich wusste nicht, was sie meinte. Wollte es auch gar nicht wissen. Ich lebte mein Leben, war erfolgreich, hatte gerade einen sehr wichtigen Kunden für die Firma akquiriert, lebte gesund, hatte einen Freund – es war doch alles toll! Es kann doch nicht schlecht sein, in die Fußstapfen seines Vaters treten zu wollen. Manchmal sehen Eltern eben eher als man selbst, wo das eigene Potential liegt, und wir müssen doch alle erwachsen werden, und dann müssen wir aufhören zu träumen und realistisch werden. Das hatte ich gemacht, habe studiert und habe meine Verantwortung für mein eigenes Einkommen übernommen. Ich fand ihre Analyse sehr anmaßend. Gut, ich bin nicht den Weg der Künstlerin gegangen, aber trotzdem habe ich doch meinen Weg gemacht und das erfolgreich!
„Eigentlich weiß ich nicht, was du meinst!“, sagte ich verteidigend. „Bei mir ist doch alles super!“
„Ist das so? Dann kannst du mir sicher ganz genau erklären, warum du seit einiger Zeit nicht mehr schlafen kannst, oder?“
Da war es wieder. Sie wusste ja schon wieder Dinge über mich, die sie nicht wissen sollte, und die ich auch sicher nicht erzählt hatte. Aber ich brauchte sie auch gar nicht anlügen. Ich musste den Pakt, den wir hatten, nicht brechen. Denn Fakt war: ich wusste selbst nicht, warum ich diese Träume hatte. Ich konnte nur raten.
„Ich denke, das kommt vom Stress bei der Arbeit. Vielleicht hat es auch mit Max Schneider zu tun. Die Konkurrenz ist ja bei uns im Büro auch nicht ohne.“
„Gut, dann habe ich noch eine weitere Frage: Kannst du mir sagen, warum du damals aufgehört hast zu malen, das würde mich sehr interessieren?“
Ich schaute Beth verdutzt an. Sie wollte jetzt sofort eine Antwort. Ich hatte aber eigentlich keine Antwort darauf, glaubte ich. Das war so lange her. Ich hatte die Entscheidung damals getroffen und seither nicht ein einziges Mal mehr hinterfragt oder mich an sie erinnert. Das war wirklich lange her. Wer lebt schon in der Vergangenheit?! Aber der wahre Grund wollte sich mir nicht offenbaren. Wie ein ausradierter Abschnitt in der Vergangenheit. Das war schon merkwürdig.
„Ich weiß nicht ...“, kam es vorsichtig aus mir heraus.
„Das ist wohl die Wahrheit“, sagte sie, nachdem sie auf ihren Magen geachtet hatte. „Aber ich befürchte, das reicht nicht, du musst tiefer graben.“
Ich stand auf und wollte gehen. Ich hatte den inneren Drang, nicht weiter über dieses Thema zu reden, geschweige denn tiefer zu graben. Ich hatte den Fluchtinstinkt, ich wollte nur noch weg.
„Mir ist das alles zu doof. Ich kenne dich gar nicht und verstehe auch nicht, warum ich graben sollte. Alles ist gut, so wie es ist! Vielleicht nicht für dich, aber für mich. Warum sollte ich mich an Zeiten erinnern, die ich aus gutem Grund in den Tiefen des Meeres des Vergessens versenkt habe. Ich will mich nicht erinnern, und selbst wenn ich es jetzt wollte, ich kann mich nicht mehr erinnern.“ „Ok, dann muss ich dich zwingen, dich an Lukas zu erinnern. Meine Liebe, er ist der Schlüssel! Nachdem er ging, hast du aufgehört und dich geweigert, je wieder Gefühle zu haben. War es nicht so? Und gemalt hast du auch nie wieder.“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst!“, blaffte ich sie an.
Wut, Panik, Trotz, eine Mischung von Gefühlen machten sich in mir breit. Was hatte Lukas damit zu tun? Lukas war mein bester Freund gewesen, als ich klein war, man konnte uns nicht trennen. Wir haben alles miteinander geteilt. Er war der Einzige, der mit meinem Lego spielen durfte. Ich war die Einzige, mit der er seine Süßigkeiten teilte. Wir waren immer schon unzertrennlich. Er hatte mich auch immer unterstützt, ich selbst zu sein. Er war mein größter Fan! Er liebte meine Bilder und unterstützte mich immer darin, meinen Traum, Malerin zu werden, zu verfolgen. Irgendwann, in der elften Klasse war das, da sind wir zusammengekommen. Für alle war es klar und nur eine Frage der Zeit gewesen, dass wir ein Paar werden würden. Wir waren die Letzten, die es dann auch merkten. Es war anfangs alles noch sehr vorsichtig und unschuldig gewesen. Aber es war ja für alle klar, dass wir zusammengehörten. Ich konnte mir auch nie ein Leben ohne ihn vorstellen. Er war schon immer die Stütze in meinem Leben gewesen. Wir wollten nach der Schule zusammen die Welt erleben. Wir hatten große Pläne und wollten erst einmal herausfinden, was wir wirklich mit unserem Leben vorhatten. Es kam alles anders. Er ist alleine die Welt erkunden gefahren, und wir haben uns nie wieder gesehen. Ich habe mich nach Berlin aufgemacht und habe mein heutiges Leben begonnen. Ich mache meinen Job gut, bin in einer Beziehung, bin sportlich und gesund – alles, was sich ein Mensch nur wünschen kann. Wenn man jung ist, hat man noch viele dumme und naive Träume im Kopf. Wenn man dann aber älter wird, merkt man schnell, dass fürs Träumen in der Realität kein Platz ist. Das habe ich damals erfahren und mir bis heute zum Leitsatz gemacht.
„Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht angreifen. Das war heute wahrscheinlich alles ein wenig zu viel für mich!“ Beth sah geknickt aus. Es tat ihr wohl leid, so indiskret gewesen zu sein, und mir tat es leid, sie so angefahren zu haben. Ich versuchte einen versöhnlichen Ton anzuschlagen, aber es wollte mir nicht gleich gelingen. Denn eigentlich wollte ich nur noch, dass sie geht. Dahin zurück, wo sie hergekommen war.
„Ich muss sowieso noch arbeiten, ich muss das für Montag fertig machen. Ich habe jetzt schon zu viel Zeit mit diesem Mist hier vergeudet“, grummelte ich nur.
„Bis später!“, sagte Beth mit einem Grinsen auf ihrem Gesicht. Sie dachte gar nicht daran, so schnell wieder dahin zurückzugehen, wo sie hergekommen war. Sie konnte sich wohl vorstellen, dass ich nicht so erfreut über ihre Ankündigung war. Ich nickte nur und ging schnell in meine Wohnung hinüber. Einfach nur schnell entkommen.
Am liebsten wäre ich gleich sofort wieder losgelaufen und hätte etwas unternommen, aber ich war dazu einfach nicht in der Lage. Ich hatte Lust, mich einfach in mein Bett zu verkriechen und nur so dazuliegen. Was war denn heute passiert? Wie konnte das sein? Ich als fremde Person wohne mir gegenüber und sage mir, ich solle mal tiefer graben. Gut, wenn ich es selbst bin, bin ich mir nicht ganz fremd, aber sicher war, es war alles sehr ungewöhnlich.
Also, warum passierte es? Ich ging ins Wohnzimmer und schaute mich um. Ben hatte seine Bücher einfach so ins Regal gestellt. Warum war mir das erst jetzt aufgefallen? Eigentlich wäre ich stinksauer, aber jetzt gerade war ich nur dankbar. Ich begann das Regal zu ordnen. Normalerweise war das die beste Methode, um mich von nervenden Gedanken abzulenken, nur heute nicht.
Lukas! Ich hatte ein komisches Gefühl im Magen. Es fühlte sich merkwürdig an, über Lukas und damals nachzudenken. Ich hatte mich nie wieder gefragt, was aus ihm wohl geworden ist. Das ist jetzt auch schon fast 15 Jahre her. Warum aufrollen, was so lange her ist? Aber die Gedanken wollten nicht so schnell ruhig werden, wie es mir lieb gewesen wäre. Dann fiel mir ein, ich hatte heute doch noch familiäre Verpflichtungen.
Es war ja Samstag, und ich sollte eigentlich meine Mutter anrufen. Wir hatten das so vereinbart, als ich nach Berlin gegangen war. Am Anfang hielt ich mich noch regelmäßig daran. Mit den Jahren hielt ich es immer seltener ein. Ich hatte immer zu viel zu tun, zu viel Arbeit. Das musste sie verstehen, und das verstand sie sicher auch. Sie lebte doch mit ihrem Mann, mit meinem Vater, zusammen. Bei ihm war es doch auch nicht anders. Heute war außerdem meine perfekte Schwester mit ihrem perfekten kleinen Töchterlein zu Besuch, da fiel es sicher nicht auf, wenn ich nicht anrief. So, damit hatte ich mein Gewissen beruhigt und eine unangenehme Sache von meiner To-do-Liste verbannt. Das Regal war endlich fertig. Ich hatte das Gefühl, dass es Stunden gedauert hatte. Ich setzte mich erschöpft auf den Boden. Warum hatte ich aufgehört zu malen? Ich konnte mich nicht erinnern. Ich hatte es einfach getan. Ich hatte wohl den Spaß daran verloren. So muss es gewesen sein. Also mein letztes Bild, das ich gemalt hatte. Welches war das denn? Es wollte mir nicht einfallen. Komisch!
Ich saß noch immer auf dem Boden, als mich die Idee wie ein Blitz durchfuhr und sich in meinem Kopf festsetzte. Was ist, wenn Beth die andere Seite meiner Medaille ist, mir die andere Seite zu allen meinen Entscheidungen aufzeigt? Also, wie würde ich sein, wenn ich mich an bestimmten Punkten für einen anderen Weg entschieden hätte? Das würde bedeuten, ich könnte mal schauen, wo ich stehen würde, wenn ich ihre, wenn ich Beths Entscheidungen getroffen hätte. Aber wo hatten sich unsere Wege getrennt? Ich musste versuchen, chronologisch darzustellen, wann ich welche wichtige Entscheidung getroffen hatte und dadurch andere wichtige Wege und Richtungen verworfen hatte. Hatte es vielleicht mit dem Malen angefangen? War das der Grund, warum sie mir diese Frage vorhin gestellt hatte. Wollte sie mich zu diesen Gedanken führen? Oder bilde ich mir wieder etwas ein? Egal, ich versuchte, ein langes Blatt Papier zu finden. Darauf wollte ich einen Zeitstrahl, den Verlauf meines Lebens aufmalen. Hatte ich nicht vielleicht irgendwo eine Rolle Backpapier? Das wäre lang genug. Nein, natürlich nicht. Ich brauchte so etwas ja nie. Aber vielleicht hatte Ben ja irgendwo welches versteckt. Er war bei uns der Koch und der Genießer im Haus. Aber wo hatte er diese doofe Rolle nur verstaut? Ich konnte sie nicht finden. Ich schaute in jede einzelne Schublade in unserer gut geordneten Küche. Nirgends war sie zu finden! Ich musste etwas anderes suchen. Ich schaute mich hektisch in der Küche um. Hier war kein Ersatz zu erwarten. Auf Klopapier kann man nicht schreiben, also brauchte ich im Bad gar nicht zu suchen. Ich ging ins Arbeitszimmer und schaute mich verzweifelt um. Es musste doch etwas zu finden sein. Ich sah, wie mir der Tesafilm von seinem Platz auf dem Schreibtisch zublinzelte. Na klar, ich werde einfach mit einem Papier anfangen und dann ein Blatt nach dem anderen mit Tesafilm zusammen kleben. Dass ich erst jetzt auf die Idee kam! Ich war aber auch zu verwirrt. Ich suchte mir aus den nach Farben geordneten Stiften vier Farben heraus und machte es mir auf dem Boden gemütlich. Die Geburt und die Kleinkindzeit konnte ich weglassen. Da gab es sicher keine Entscheidungen, die ich anders als Beth getroffen hatte. Der größte Unterschied zwischen uns beiden, ist wohl der Job und der damit verbundene Lebensstil. Naja gut, und die Lebenseinstellung. Apropos Lebensstil, hatte Beth überhaupt einen Partner an ihrer Seite? Oder hatte sie der Beziehung abgeschworen? Ich hatte keine Fotos von ihr mit einem Mann an den Wänden gesehen, und gesagt hatte sie auch nichts. Aber sie wäre sicher auf dem Thema rumgeritten, wäre es von Bedeutung gewesen. Also war ich wieder bei der Frage angekommen: hatte es etwas mit dem Malen zu tun? Mit dem Beruf? Das war doch ihr Thema gewesen.
So klappte das nicht! Ich konnte es nicht allein. Ich musste sie mit einbeziehen. Sollte ich sofort rübergehen und bei ihr klingeln, um zu versuchen, es mit ihr gemeinsam zu ergründen? Ich würde ihr damit sicher die Genugtuung schlechthin geben. Ich würde ihr die Möglichkeit geben, mit tiefen Gesprächen in mich einzudringen, und sie würde versuchen, mich selbst auch dazu zu bringen. Nein! Darauf hatte ich keine Lust. Wie spät war es eigentlich? Ich hatte das Zeitgefühl völlig verloren.
In mein Selbstgespräch versunken und bei der Suche nach einem Schnittpunkt oder dem Scheideweg zwischen Beth und mir war die Zeit einfach davongerannt. Ich bekam einen Schreck, ich hatte mich doch zum Tennismatch mit den Kollegen verabredet. Ich wusste zwar nicht, wer kommt, aber ich hatte mich zu 17 Uhr eingetragen, und es war schon halb fünf. Ich musste schnell meine Sachen packen und los. Als ich gerade die Tür öffnen wollte, um rauszugehen, klingelte es. Beth stand in Sportsachen vor der Tür. Ich war überrascht und unvorbereitet, sie zu sehen. Ich dachte, ich hätte für heute meine Ruhe vor ihr. Aber da hatte ich meine Rechnung ohne die liebe Beth gemacht.
„Ich dachte schon, du hast den Termin vergessen!“, sagte sie und grinste mich an.
Was wollte sie schon wieder? Innerlich freute ich mich, denn selbst, wenn wir zu einem Termin verabredet gewesen waren, hatte ich keine Zeit, ich musste ja zum Tennis.
„Welchen Termin?“ „Na, den wir mit deinen Kollegen zum Tennisspielen abgemacht haben.“ Ich war verwirrt. Woher wusste sie denn schon wieder davon? Sie konnte sich doch nicht so einfach einladen. Ich musste die Sache klar stellen.
„Den ICH mit meinen Kollegen habe? Ich wusste ja nichts von dir. Da konnte ich dich auch nicht eintragen. Es tut mir leid.“ Auch wenn das nicht stimmte, dass es mir leid tat, aber ich war froh, eine Ablenkung und eine Gedankenpause zu bekommen.
„Das war gemein, das hat richtig im Bauch gezeckt! Wir hatten doch einen Pakt! Lüg mich doch bitte nicht an, das ist einfach nur unangenehm. Schau, auch wenn es dir nicht gefällt, ich wusste von dem Termin, und deshalb komme ich mit. Ich denke, so soll das laufen. Soll ich nicht dabei sein, dann werde ich auch keine Ahnung davon haben. Also lass uns gehen und stell dich nicht so an!“, sagte sie mit Nachdruck und setzte sich Richtung Haustür in Bewegung.
„Wofür soll das bitte gut sein?“, fragte ich halb aufgebracht, halb aufgebend.
„Das werde ich wissen, wenn ich dabei war. Sobald ich es herausgefunden habe, sag ich dir Bescheid? Einverstanden?“ Ihre Worte und ihre Stimme hatten einen sehr bestimmenden Ton.
„Alles klar, einverstanden“, war das Einzige, was ich rausbrachte. Beth sah nicht so aus, als ob sie eine andere Antwort akzeptieren würde. Der arme Ben, ich glaube, ich konfrontierte ihn auch oft mit solchen kompromisslosen Situationen. Erst, wenn man selbst den Spiegel vorgehalten bekommt, wird es einem deutlich, wie man mit anderen Menschen in bestimmten Situationen umgeht. Ich musste aufpassen, Ben nicht mehr so zu behandeln. Das war ja wirklich ätzend!
„Noch eine Sache“, sie strahlte mich an. „Könntest du aufhören, mich als deinen Feind zu sehen. Ich bin hier, damit es dir, wenn ich gehe, besser geht. Also sind wir doch beide auf der gleichen Seite.“
„Ja, aber Beth, mir geht es doch nicht schlecht!“
Ich startete einen letzten kläglichen Versuch, sie abzuwehren. Aber mir ging es doch wirklich nicht schlecht. Eigentlich sogar gut! Also, es gab mit Sicherheit andere Menschen, denen es um einiges schlechter ging. Vielleicht sollte das Universum, oder wer auch immer, lieber denen Energie schicken, die sie wirklich brauchten, und sie nicht mir unnötig aufdrängen.
„Ok, das ist jetzt nicht unser Thema, jetzt gehen wir erst mal Tennis spielen.“ Ohne es zu einer weiteren Diskussion kommen zu lassen, kam sie zurück, hakte sich bei mir ein, machte die Tür hinter mir zu und zog mich Richtung Straße.
Die Halle war 15 Minuten Fußmarsch von mir – oder besser: von uns – entfernt. Mir hatte unsere Unterhaltung von eben die Sprache verschlagen. Ich sagte darauf kein Wort mehr, was Beth nicht viel auszumachen schien. Sie redete über ihre letzten Tenniserfahrungen, die schon länger her, aber sehr lustig waren. Zumindest die Letzte. Sie spielte mit irgendeinem jungen Mann, der sehr gut zielen konnte, vor allem auf Dinge, die nichts mit Tennis zu tun hatten. Fazit war dann ein blaues Auge, nicht bei ihr, sondern bei ihrem Gegenüber. Der hatte sich ungeschickt mit dem eigenen Schläger ins Gesicht gehauen und gezielt das Auge getroffen. Ich ließ mich einfach treiben, und plötzlich standen wir auch schon vor der Halle, wo meine Kollegen bereits auf mich warteten. Sie schienen sogar erfreut, mich zu sehen.
„Lissi, schön, dass du hier bist! Das ist ja genial! Wusstest du, dass Katja heute ausfällt? Hatte sie dich angerufen?“ Georg schaute von mir zu Beth.
„Nein, wieso sollte ich das gewusst haben?“ Ich stand auf dem Schlauch.
„Na, weil du uns ja gleich Ersatz mitgebracht hast.“
„Ach so, ja klar, deshalb, das ist Beth, sie ist ...“, aber Beth ließ mich nicht aussprechen. Was auch besser war, denn ich hätte nicht gewusst, wie ich sie hätte vorstellen sollen.
„Ich bin ihre Verwandte aus Nürnberg, ich bin vorübergehend in Berlin. Vielen Dank, dass ich heute dabei sein darf. Freut mich, dass ich einspringen kann.“
Wir gingen rein, und Beth sah mich fragend an: „Warum hast du mir nicht alle vorgestellt?“
„Das kann ich doch jetzt noch machen, ich wusste nicht, dass dir das so wichtig ist.“
Wir hatten alle unsere Taschen auf die Bänke gestellt und unsere Schläger rausgeholt, als Beth mich anstieß.
„Also Beth, Georg hast du ja kennengelernt, das ist Max, und das sind Tina und Kathrin. Kathrin, Tina, Georg und Max, das ist Beth, meine Verwandte aus Nürnberg.“
Wir waren uns einig, Max und Georg würden in getrennten Teams spielen und ‚Familie’ sollte auch nicht zusammen spielen, damit niemand im Vorteil sein würde. Also war ich mit Georg, dem Beständigen, in einem Team. Max, der nicht nur der hinterhältige Schleimer der Firma ist, sondern auch unser Möchtegern-Player, bildete natürlich mit der hübschen Tina das zweite Team. Und Kathrin, die kreativste und mit Abstand entspannteste Person in unsere Firma, stellte das dritte Team mit Beth. Die beiden Damen passten wie die Faust aufs Auge zusammen. Entsprechend ihrer Grundeinstellung und ihrer Sichtweise des Lebens, waren Beth und Kathrin die Ersten, die auf der Bank das Spiel beobachten durften. Georg und ich waren in Kampfesstimmung. Wir waren bereit, Max in seine Schranken zu weisen. Wir hatten vor, haushoch zu gewinnen. Georg machte den ersten Aufschlag und los ging es! Max´ Hauptanliegen war es, gut auszusehen, was uns unsere Mission sehr viel leichter machte. Das erste Spiel gewannen wir mit eindeutigem Punktestand und trafen dann auf die beiden ausgeruhten Gegnerinnen von der Bank. Beth spielte den Aufschlag. Es war sehr merkwürdig, gegen sich selbst zu spielen. Wir beide merkten, dass wir genau wussten, was die Andere plante. Ich wusste genau, wenn Beth vorhatte, einen kurzen Ball ans Netz zu spielen, und konnte früh genug vor Ort sein, um den Ball zu retten. Andersherum war es genau so. Es gab hier eine Verbindung, die nicht nur uns auffiel. Kathrin und Georg machten sich ihren Spaß daraus, uns gegeneinander anzustacheln. Es war ein ehrgeiziges, langes und sehr lustiges Spiel. Am Ende machte Georg den entscheidenden Punkt, der uns erlöste. Wir waren völlig erledigt und konnten nur noch zur Bank krauchen.
„Familie tut dir sichtlich gut.“ Georg wies mit rotem Kopf Richtung Beth. „Wir haben dich, glaube ich, noch nie so ausgelassen erlebt. Weder bei der Arbeit, noch beim Sport.“
Kathrin, Max und Tina stimmten zu. „Sonst bist du ehrgeizig und ohne Freude, es war richtig schön, dich so zu sehen“, setzte Kathrin noch dazu.
Beth und ich sahen uns an, und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, nicht so ganz allein auf dieser Welt zu sein. Wir redeten noch ein wenig mit den Anderen. Es war nett, nicht gleich nach Hause zu rennen. Ich genoss es. Auf dem Rückweg redeten wir beide nicht viel. Wir waren müde und geschafft und froh, bald unsere Füße hochlegen zu können.
„Ich habe noch eine Frage ...“, unterbrach Beth die Stille. „War das heute ein normaler Tag mit deinen Freunden?“
„Beth, das sind nicht meine Freunde. Das sind Arbeitskollegen, mit denen ich ab und zu mal Tennis spiele. Wir reden nicht viel, konzentrieren uns auf das Spiel und gehen wieder nach Hause. So mache ich das zumindest.“
„War es heute anders?“ Beth musterte mich von der Seite.
„Ja, ein wenig. Wir haben uns noch kurz unterhalten, das hat sich wohl von den anderen Treffen unterschieden, wenn du das einen Unterschied nennen willst.“
Ich hatte keine Ahnung, worauf sie hinaus wollte. Ich war auch einfach zu geschafft, um sie zu durchschauen. Was mir ja schon schwer fiel, wenn ich mit meiner Energie auf der Höhe war. Aber Beth ließ nicht locker. War ja auch nicht anders zu erwarten.
„Lissi, hast du Freunde?“
„Was meinst du damit, ob ich Freunde habe? Menschen, mit denen ich mich treffe, um Dinge zu tun, Sport zu machen und einkaufen zu gehen? Dann kann ich sagen: ja, ich habe Menschen, mit denen ich mich zum Sport treffe!“
„Und, mit wem redest du? Ich meine, nicht übers Wetter? Ich meine, so wie früher, als du dich mit deinen Mädels getroffen hast, und ihr stundenlang einfach herumgesessen habt und nichts anders getan habt, als miteinander zu reden?“
„Beth, es kann schon sein, dass ich das früher getan habe. Aber jetzt muss ich arbeiten, habe meinen Sport, und dann ist noch Ben da. Da ist kein Raum für solche Dinge.“
Beth nickte und drehte sich zu ihrer Tür. „Lissi, ich komme dann morgen rüber, oder wenn du willst, komm du. Ich glaube, ich habe eine Ahnung, warum ich hier bin und was unser Plan sein wird. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend.“
Ich nickte zurück und ging in meine Wohnung. Ich kann es nicht genau sagen, aber ich glaube schon, dass ich ein wenig neugierig war. Was hatte sie herausbekommen und wie?