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Kapitel 2

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Aber es half nix, wenn es auch noch so schön auf der Hohen Wand war, Marianne fuhr zurück ins Büro und widmete sich ihrem Bericht. Sie war gerade fertig, als ihr Kollege vom Einsatz zurückkam und sich in seinen Schreibtischsessel plumpsen ließ. „ Na servas, der Tag war für Arsch und Friedrich!“. Marianne blickte auf: „Was war denn los?“ „O Gott Mariann, wir hatten eine männliche Leiche, nackt mit einem Einschussloch, exakt in der Stirn , cirka 70 Jahre alt . Dann haben wir stromaufwärts ein Auto gefunden, sorgsam Kleidung und Schuhe am Beifahrersitz, Führerschein und Papiere im Fahrzeug, eindeutig vom Toten. Pensionierter Diplomat im Auswärtigen Amt, kannst dir vorstellen, jetzt ist’s losgegangen. Der Oberst hat sogar den Kanal trockenlegen lassen, Na ja, er hat die Wasserzufuhr sperren lassen, aber bis der leer ist, dauerts ein paar Tag. Die Fischer waren allerdings gleich vor Ort und am Protestieren. Zugangen ist’s! Hundestaffel, Taucher auf allen Vieren im Gatsch des abgesenkten Kanals, Terroreinheit des Innenministeriums ,die Schackln vom Außenamt und natürlich die Militärpolizei - und alle auf unseren Oberst. Es war nix zu finden.“

Ein Lächeln huscht über sein Gesicht: „Auf einmal kommt eine Frau mit Hund, im Sackerl fürs Gackerl eine Pistole und in der anderen Hand eine Schachtel beschrieben mit – Letzter Wille und Erklärung für die Polizei – ihr Dackel hat’s gefunden. Fünfzig Meter stromaufwärts vom Auto ist eine kleine Steinbrücke und das ganze lag unter der Brücke auf dem kleinen Absatz für den alten Treppelweg. Wir haben stromabwärts alles abgesucht und kein Schwein hat bachauf geschaut. Also dem alten Herrn ist die Frau gestorben, er ist schwer krank und wollte halbwegs sauber abtreten. Was für eine Blamage! Fast 250 Beamte, creme de la creme, und alles für die Fisch. Nun, kannst du mehr bieten?“

Marianne erzählte in groben Zügen ihren Tag, und es fiel ihr sofort auf, wie sich ihr Kollege beim Nennen des Namens versteifte. Als sie fertig war, murmelte er: „Dann hat die Sau endlich einer wegputzt!“

Marianne schaute ihn verdutzt an: „ Du kennst den Toten?“ „Ja, kann man wohl sagen. Ich war noch am Posten in Laa an der Thaya als wir im Felsentheater von Staatz einen nackerten Toten gefunden haben. Ja, ja, ich hab´s anscheinend mit den Nackerten. Der Mann war eindeutig abgestürzt und hieß Franz Bauer, der Bruder deines Absturzopfers. Oben am Berg über dem Steinbruch fand man allerdings eine Menge Blut und es wurde gemunkelt, dass die Beiden mit Vergewaltigungen zu tun hatten. Im Zuge der Ermittlungen kam dann der Verdacht mit dem Zigarettenschmuggel auf. Die Beiden hatten einen Swingerklub in Reintal und nicht nur das, dort gingen anscheinend einige Polit- und Gewerkschaftsgrößen aus und ein. Die wurden mit billigen Ost-Tschick versorgt. Der weißrussische Hausmeister ist abgepascht und war der Alleinschuldige. Er hat halt sein Gehalt mit ein paar Stangen aufgebessert. Wir waren alle überzeugt, dass da der Inhalt von ein paar Lastwagen verscherbelt worden sind.

Aber damals war das mit der BAWAG und vom Land her wurde auch Druck gemacht, den Aktendeckel wieder zu zumachen. Also, offiziell abgestürzt - und alle waren glücklich. Mariann , ab morgen bist du ein freier Mensch, willst du nicht etwas Licht ins Dunkel bringen? Ich hab die ganzen Ermittlungsaufzeichnungen daheim, ich brings dir und du löst den Fall.“

Marianne schütelte den Kopf: „Bist verrückt? Ich bin ab morgen Pensionistin und Dauergast im Vöslauer Bad. Ich werd in tiefbraun meine Langeweile beim Heurigen ersäufen und das war’s. Du glaubst doch nicht, dass ich Philippa Marlow spiele und als Privatschnüfflerin im Weinviertel den großen unbekannten Rächer überführe und gleichzeitig die Machenschaften von Politik und Gewerkschaft an den Pranger stelle? Außerdem, du weißt, 10% Arschlöcher gibt’s überall, und der Rest steht im schlechten Licht wegen der paar Deppen. Das gilt auch für Politiker.“

„Na ja“, sagte ihr Kollege, „so in etwa hätt ich mir das aber vorgestellt, Miss Marple im Veltlinerland!“

In dem Moment kam der Oberst bei der Tür rein: „ Jetzt aber weg mit dem Papierkram, anstoßen müssen wir schon noch auf dich, Marianne!“ Dabei stellt er ihr einen riesigen Korb auf den Tisch, hinter ihm drängten die Kollegen ins Büro, mit Gläsern und einigen Flaschen Sekt.

„Jetzt wird gefeiert, denn wir haben heute eh schon Mist für ein paar Wochen im Voraus gebaut!“, meinte der Oberst. Und Mariannes letzte Arbeitsstunde wurde eher feuchtfröhlich. Mit dem Auto heimfahren konnte sie auch in aller Ruhe, denn alle Beamten aus der Umgebung standen im Büro und stießen mit ihr an.

Als sie dann heimkam, wartete schon Ruth auf sie, und sie gönnten sich ein Abendessen beim Chinesen. Für morgen war erst mal das Thermalbad angesagt.

Es war Samstag, wunderschönes Wetter und viel zu viel Leute im Vöslauer Bad. Wie auch immer, unsere beiden späten Mädchen bahrten sich auf der Sonnenliege auf, mit hochgeistiger Lektüre versorgt und mit dem festen Willen, auf die perfekte Sonnenbräune zu warten. Beide, bis jetzt fest im Arbeitsalltag verwurzelten, streckten nun ihre schneeweißen Beine samt Bauch und blankem Busen der Sonne entgegen, im festen Vorsatz, einen Krimi auszulesen - und sonst nix.

Egal, wie hoch der Sonnenschutzfaktor ist, nach relativ kurzer Zeit, der Krimi war noch nicht mal bis zum ersten Kapitel erledigt , begann die Augustsonne wunderschöne Rotschattierungen auf die Haut zu zeichnen, und der Busen fühlt sich an, als wolle jemand die längst nicht mehr vorhandene Milch darin kochen. Nur wo die Schwerkraft sich milde und schützend über die darunterliegenden Hautpartien gelegt hatte, kontrastierte strahlendes Weiß die vielen Nuancen von Rot. Auch die Trennlinie von vorn und hinten war deutlich zu sehen, als die beiden Topfenneger in den Schatten der Bäume zum Kaffeehaus drängten.

Irgendwie hatten sie sich das anders vorgestellt, die weißen Ringe der Sonnenbrille um die Augen verlieh ihrem Aussehen einen Hauch Geisterhaftes, und keine wollte so richtig zugeben, dass Sonnenbaden eine Schnapsidee für leicht überwuzelte Mädels war.

Das Gespräch kam recht bald auf die beiden Toten und mit kriminalpsychologischen Gedanken und praxisgeprüftem Spürsinn kamen sie zu dem Schluss: na, interessant wär’s schon, da ein bisschen nachzuwassern! Zu Hause, als die Tiefenwirkung des Sonnenbrandes sich auch durch kühlende Salben und nasse Tücher nicht wirklich stoppen ließ, wurde der Entschluss gefasst, doch auf die privaten Akten von Mariannes Kollegen Josef zurückzugreifen und sich vorerst einmal richtig einzulesen.

„Hab ich´s doch gewusst, dass dir der Fall keine Ruhe lässt! Ich komm am Abend vorbei und bring euch alles mit“, meinte Josef, als Marianne ihn anrief. „ Passt“, sagte Marianne, „Nachtmahl und ein Achtel sind gerichtet!“

„Jessas, wie schauts denn ihr aus!“, war das erste, das aus ihm herausplatzte. Er versuchte zwar noch zu entschärfen, aber die beiden mussten sich eingestehen, dass die Idee der sonnengebräunten Stranddiven im Ansatz schiefgegangen war. Ruth hatte also ihren Resturlaub, Marianne war zu Hause, sie wollten das Weinviertel unsicher machen und nebenbei den Fall lösen. Eigentlich kannten sie von den nördlich der Donau gelegenen Gefilden nur den Brünnerstrassler, dass aus Mistelbach die meisten Kiberer - Verzeihung Kollegen - kamen, und dass alles flach und öd war.

Da sollte sie die folgende Zeit eines Besseren belehren. Ruth wollte noch kurz ihre Kinder besuchen und dann nachkommen. Also - -auf nach Laa an der Thaya, wo immer das auch liegen mag.


Ein Flachlandkrimi

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