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Die Frage nach Gott

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In allen Kulturen, so Alper, ist Gott etwas Übernatürliches, das den physischen Bereich übersteigt. Es gibt Körperliches und Geistiges. Körperliches ist empirisch fassbar und unterliegt dem Wechsel von Geburt, Tod und Zerfall. Die geistige Wirklichkeit hingegen gilt als unzerstörbar, als ewig, und unterliegt nicht den Gesetzen der Natur. Da alle Kulturen ihre Götter als Ausdruck dessen betrachten, was spirituell ist, kann man sagen, dass der universale Gott das Wesen des Geistigen verkörpert. Er ist die Ursache von allem und durchdringt alles.

Alper behauptet: Entweder existiert Gott als Urgrund des Universums oder es gibt ihn gar nicht. Wenn es ihn gibt, dann bin ich frei von der Bedrohung durch den bevorstehenden Tod, ich bin unsterblich und mein Leben ist voller Sinn und Bedeutung. Wenn es ihn nicht gibt, dann bin ich sterblich, mein Leben endet mit dem Tod, und zwar für immer. Mein kurzer und zweckloser Aufenthalt hier auf Erden ist dann alles, was ich jemals erlebt haben werde. Mit Gott ist alles gerettet, ohne Gott ist alles verloren, einschließlich der Hoffnung. Alper fand es immer schwieriger, an einen allgütigen und allmächtigen Gott zu glauben, der so viel Schmerz, unfassbares Elend und grenzenlose Ungerechtigkeit in seiner Welt zulässt. Ohne eine Antwort auf die Frage nach Gott lag die Zukunft wie eine undurchdringbare Mauer vor ihm. Er wollte herausfinden, ob es handfeste Fakten gibt, welche die Existenz Gottes ein für alle Mal entweder beweisen oder widerlegen könnten. Auf der Suche nach einer Antwort auf seine Fragen begann er eine einsame Reise durch die dunkleren Gefilde des Lebens (vgl. Alper 2008, Prologue).

Zunächst wandte er sich an die Weltreligionen, kehrte diesen jedoch wegen ihrer vielen Widersprüchlichkeiten bald frustriert den Rücken. Er praktizierte transzendentale Meditation, befasste sich mit paranormalen Phänomenen, experimentierte mit bewusstseinserweiternden Substanzen, erlebte fürchterliche Drogentrips und litt über ein Jahr an einer schweren Depression und an Angststörungen. Während dieser Zeit machte er viele Erfahrungen in Bezug auf seine angeblich unsterbliche Seele. Die Tatsache, dass sein bewusstes Selbst sich während der Zeit der Krankheit drastisch verändert hatte, überzeugte ihn davon, dass es nichts Ewiges oder Unsterbliches an ihm gibt. Wie sollte etwas Physisches wie die Chemie einer Droge das Bewusstsein verändern können? Das wäre so, wie wenn man mit Steinen auf Gott werfen könnte. Wenn Bewusstsein etwas ganz Natürliches ist, sagte Alper sich nun, dann geben uns die Naturwissenschaften eine Antwort auf alle unsere Fragen. Den Glauben, den er bisher auf Gott gerichtet hatte, richtete er jetzt auf die Naturwissenschaften. Er eignete sich einen naturalistischen Standpunkt an. Die Wissenschaft könne die Entstehung des Weltalls, des Lebens und des Menschen ohne Gott erklären. Sie werde auch das Rätsel der menschlichen Seele lösen. Es muss eine vernünftige Erklärung für alles geben. Alper gelangte zur Überzeugung, dass das Bewusstsein, von dem er früher annahm, es bilde seine transzendente Seele, nichts anderes ist als die Aktivität seines Gehirns.

Zehn Jahre lang suchte Alper nach einer Antwort auf die Frage nach Gott in den Naturwissenschaften. Danach bemerkte er ernüchternd, dass die Wissenschaft ihn zwar von seiner psychischen Krankheit befreien und ihm das Universum verständlich machen konnte, aber eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn seines Lebens konnte sie ihm nicht geben. Warum bin ich hier? Wozu bin ich hier?

Bevor er seine Hoffnung blind auf den wissenschaftlichen Fortschritt setzen und sich ein Leben lang auf die Suche nach einer wissenschaftlichen Interpretation der Frage nach Gott begeben wollte, musste er klären, was Wissenschaft ist und wie sie funktioniert. Was ist Wirklichkeit und wie nehmen wir sie wahr? Wie ordnen wir die vielen Reize, die über die Sinnesorgane auf uns einströmen, räumlich und zeitlich? Alper argumentiert mit Kant, demzufolge Raum und Zeit Anschauungsformen unseres Verstandes sind, die wir unabhängig von und vor jeder Erfahrung besitzen. Diese spezifischen Weisen der Wahrnehmung sind angeboren. Sie sind die Art, wie unser Gehirn von Natur aus Informationen verarbeitet und wie wir die Realität interpretieren. Die alles entscheidende Frage betreffe deshalb die Art, wie wir Informationen verarbeiten. Die Antwort auf die Frage nach Gott sei nicht draußen im physischen Universum, sondern in uns, in unserem Gehirn, zu finden. Die Wissenschaft könne Gott nicht erfassen, wohl aber das Gehirn (vgl. Alper 2008, Book I).

Wohnt Gott im Gehirn?

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