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Vorwort

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Eine der höchsten Gaben

die uns gegeben ist,

ist zuzuhören.

Nur leider machen die wenigsten Gebrauch davon.

(Hans-Joachim Schmidt)

Als ich nach fast 18 Jahren aus der Obhut der Heime entlassen wurde und glaubte nun endlich Herr meiner eigenen Entscheidungen zu sein, musste ich feststellen, einem gewaltigen Irrtum zu unterliegen.

Dabei konnte ich es nicht abwarten endlich volljährig zu werden, die Heime hinter mir zu lassen und somit die Fesseln der sozialistischen Heimerziehung abzuschütteln.

Gefangen und wie eine Geisel behandelt, war ich dem Wohlwollen, was eher seltener war und der Ungnade in all den Jahren in der DDR, ausgeliefert.

Nahtlos, und das bis zu meiner Ausbürgerung in die BRD, unterlag ich jetzt - wie schon zu meiner Kindheit - den Schikanen, der Willkür und als Erwachsener auch den Strafandrohungen und den Inszenierungen von Straftaten durch die Abteilung für Innere Angelegenheiten und dem Ministerium für Staatssicherheit „MfS“ und deren Schergen.

Selbst Richter und Staatsanwälte mischten mit ihren Anklagen und Verurteilungen gegen mich mächtig mit. Weil sie nicht hinterfragten, sondern - nach Stand der Dinge - wie sie von den Söldnern der Staatsführung dargelegt wurden, alles als gegeben hingenommen haben und mich mit der ganzen Härte, der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, aburteilten. Sie sahen diese Anklagen und die daraus resultierenden Verurteilungen als Parteiauftrag. Und sie urteilten im Namen des Volkes, wie es von ihnen abverlangt wurde. Dabei handelten sie, zumindest bei meinen Verurteilungen, nicht im Sinne der Rechtsprechung, so wie es Justitia gern gesehen hätte. „Gesehen hätte“ ist vielleicht nicht richtig formuliert, denn sie hat ja die Augen verbunden und hält eine Waage in einer und ein Richtschwert in der anderen Hand. Wie Sie wissen werden, soll dieses Equipment verdeutlichen, dass das Recht, ohne Ansehen der Person, die Augenbinde, nach sorgfältiger Abwägung der Sachlage - jene Waage, gesprochen und schließlich mit der nötigen Härte - das Richtschwert, durchgesetzt wird. Und das ließ bei all meinen Verurteilungen mehr als zu wünschen übrig. Abgesehen von der Härte, die wurde voll ausgeschöpft, und der Darstellung - im Zeichen des Richtschwertes - gerecht.

Diese Abteilung Inneres war so was wie der Handlanger in der Eigenschaft eines Knechtes der Staatssicherheit. Ihr spezielles Aufgabengebiet lag darin, Kirchenleute, Ausreiseantragsteller und potenzielle Ausreisewillige, darunter fielen auch politisch nicht tragbare Personen, zu schikanieren und zur Umkehr zu bewegen. Scheiterten deren Bemühungen, Leute auf ihren angestrebten sozialistischen Weg zurückzuführen, wurde jene Personen dem MfS übertragen. Und dass deren Arbeits- und Vorgehensweise um vieles effektiver war, ist ein offenes Geheimnis. Um in die Fänge dieses menschen-verachtenden Umfeldes zu geraten, reichte es schon, eine missverstandene oder zweideutige Frage zu stellen. Da versteht es sich von selbst, dass bei negativer Kritik, in Richtung DDR und deren Vertreter, jeder mit von der Partie war, der sich daran beteiligte oder auch zuhörte und dies nicht zur Anzeige brachte.

Nicht selten wurden diese Leute kriminalisiert und auf Jahre eingesperrt. Deren Kinder, wenn sie welche hatten, wurden in Heime gesteckt. Diese Heime waren in der Regel keine, wenn ich das mal so sagen darf, normale Heime im üblichen Sinne, sondern Spezialheime. Und wie es dort zuging, habe ich schon in meinem Buch „Geschundene Seelen - Schwarze Pädagogik“ dokumentiert.

Kräftig mitgemischt haben einige vermeintlich gute Freunde, die ich nicht nur mit Speis und Trank unterstützte. Die sich im Nachhinein, nach Einsicht meiner Akten bei der Gauck-Behörde, als IM’s entpuppten und somit der Partei- und Staatsführung in niederträchtiger und hinterhältiger Art und Weise dienlich waren. Jene haben eine ordentliche Portion dazu geleistet und sind somit mitverantwortlich für die Kriminalisierung meiner Person.

Aber egal wer sich um mich bemühte, ob Inneres, das MfS, die unzähligen Abschnittbevollmächtigten oder die inoffiziellen Mitarbeiter der Stasi, keiner konnte mich- ihren Vorstellungen gerecht- formen und schon gar nicht brechen, aber sie machten mich nachdenklich.

Es ist ja nicht so, dass ich nicht ahnte oder gar wusste, warum man sich anfangs um mich bemühte. Aber ein „NEIN“ sollte doch ein verständlicher Terminus sein und nicht Anlass geben so zu verfahren, wie sie es mit mir handhabten. Man kann in dem Zusammenhang auch nicht davon reden, dass sie schlechte Verlierer waren, denn um etwas zu verlieren, muss man es zuvor besessen haben. Und sie haben nichts an mir besessen.

Wie schon bei der Aufarbeitung meiner „Kindheit“ hatte ich auch bei diesem Buch Schwierigkeiten meine Erinnerungen zu Papier zu bringen. Vieles ist in den Hintergrund meiner Erinnerungen gerückt. Nein, es war nicht Vergesslichkeit welches die Schwierigkeit hervorrief. Das Problem lag darin, das schreckliche Geschehene selbst in den Vordergrund meines Gedächtnisses zu rufen und niederzuschreiben.

Damals, als Kinder, nannte man uns „Fürsorgemüll“ und im Erwachsenenalter betitelte man mich als „Furunkel am Arsch des Volkes“. Derartigen und ähnlichen Vergleichen war ich jedes Mal dann ausgesetzt, wenn mich ein Richter oder eine Richterin bei Verurteilungen charakterisierte. Da ist der Ausspruch „Sie sind eine Distel im sozialistischen Garten“ noch sehr human ausgedrückt.

Gut, ich war nicht der Vorzeige-DDR-Bürger. Aber derartigen Assoziationen als Person sollte keiner unterzogen werden, auch dann nicht, wenn er nicht konform mit der Ansicht einer Gesellschaftsordnung ist.

Zudem, kriminell und schon gar nicht aus eigenem Antrieb oder ein Hehler war ich nie.

Dass ich hin und wieder in eine Notlage manövriert wurde, um nicht zu sagen gedrängt - was es eher beschreiben würde - und ich mich dadurch genötigt sah mich zu wehren, um meine Gesundheit zu schützen, muss man zwingend als Notwehr werten.

Klarstellen möchte ich, dass jene erwähnten Personen nicht von mir diskreditiert werden, sondern Bestandteil meines Lebens, wenn auch nicht im positiven Sinne, waren und ich lediglich ihre Einstellungen und Handlungen mir gegenüber offen lege. Nur führen diese, meine jetzigen Ausführungen, zu keiner Strafverfolgung derer, denen ich ausgesetzt war, als sie mich, aus welchen Beweggründen auch immer, den Strafverfolgungsbehörden auslieferten, ob direkt oder indirekt.

Schon als Kind und später als Jugendlicher wurde mir prognostiziert, dass ich eines Tages im Knast landen und dort wohl meine Rente erreichen werde.

Als ich fragte: „Warum?“, sagte man mir, und das mehrmals: „Jedes Heimkind landet früher oder später im Gefängnis!“

„Tolle Aussichten“, dachte ich mir jedes Mal. „Aber ich werde denen keinen Anlass dafür geben“, so mein abschließender Gedanke.

Dass man nicht mal straffällig werden musste, also im Sinne von kriminell sein, um ins Gefängnis zu kommen, kam mir damals nicht in den Sinn.

Aber die „Propheten“ sollten Recht behalten.

Wahrscheinlich wäre es auch so gekommen, dass ich bis zu meiner Rente in den Strafvollzügen der DDR gehaust hätte, wenn ich nicht, auf Grund meines Ausreiseantrages und einer Anzeige, die ich gegen mehrere Polizeireviere der Stadt anstrebte, abgeschoben worden wäre.

Diese Abschiebung, im März 1988, war wohl ein Glücksfall für mich, nicht zuletzt, weil ich damals noch die Vorzüge der Bundesrepublik Deutschland kennen lernen durfte.

Abschließend möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich rehabilitiert wurde und als Opfer des DDR-Regimes anerkannt bin. Diese Erkenntnis und die Rechtsprechung daraus, sowie der darauf folgende Beschluss der verantwortlichen Behörden der BRD, waren mir sehr wichtig.

Kriminalisiert

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