Читать книгу Das Muschelhorn - Hans Leip - Страница 4

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Inzwischen war die, die Imel Abdenas Bestätigung und sein Verderb gewesen, in Hamburg verblieben, und man könnte meinen, sie habe ihm nahe sein wollen in immer der Hoffnung, daß sein Los sich wieder zur Freiheit und zu neuem Aufstieg wende. So hatte sie zu Anfang auch gedacht. Und sie war für Dirik sehr dienlich, dennn der konnte sich mit seinem Friesisch nicht überall verständlich machen.

Dirik mochte gleichfalls nicht weichen. Er schämte sich, unverrichteter Sache heimzukehren. Die Wochen und Monate zogen davon, und sein Herbergsgeld verzehrte sich, zumal doppelt daran genagt wurde. Er setzte sich mit Leuten in Verbindung, die das gleiche Handwerk wie er gelernt hatten, und so kam er unter der Hand zu einem billigen Unterschlupf auf einem Spei cher, darin Schiffstaue lagerten. Sebalda nahm stillschweigend Wohnung bei ihm, denn sie besaß selber nichts mehr, hatte sie doch gleich allen eigenen Schmuck für das Lösegeld weggegeben. Und schon war ein Jahr verstrichen, und die Meinung des Rates lautete immer noch: Wir wollen inmaßen obgemeldeten Ersuchens gewisser Gnade zu erwägen nicht von aller Hand weisen, können einen endgültigen Entschluß dem gemeinen Besten zuliebe aber in Anbetracht sonderer Bewegnis, als mit gewesener Übeltat männiglich verwirkt ist, hinfürder nicht stattgeben, eh nicht der erlittene Schade und die abgenommenen Güter billig ersetzet und, daß damit in Zukunft dergleichen Beteiligung an Seeraub und verbotenem Handel unterbleibe, gebührende Sicherheit gegeben werde.

Das klang auf Platt nicht weniger umständlich und ablehnend. Und wie sollten wohl die beiden dafür gerade stehen, daß die Wölfe zu Friesland zu Lämmern würden. Hatte man dort anfangs auch den Hansen die Finger geleckt, kam doch bald der alte Reißezahn wieder zum Vorschein, der den Saft des Kaperhandels nicht entbehren mochte.

Sibold Papinga übrigens war es, Imels Stiefvetter, der das gute Schloß an der Ems gegen ein Lächerliches übernommen hatte und nun seinerseits den großen Herrn spielen wollte, als stäke der Übermut in den Mauern, und er taufte es um auf Siboldsburg und tat bald, als sei er der Zwingherr über ganz Friesland, ärgerte auch die Bremer und Hamburger weidlich, indem er deren Tuche, die er den Ausliegern in Bausch und Bogen abnahm, zu halbem Preis ins Westfälische hinein verkaufte. Als die Hansen endlich mit Kriegsvolk über Norden her ins Land fielen, brachte auch er seinerseits genug Knechte auf, es lag deren noch von Imel Abdenas Glanz her mancherlei unnütz und lungernd um Emden und Delmenhorst herum, und er wäre der Stadtspieße auch Sieger geblieben, hätten nicht seine eigenen Brüder und Vettern, in Gemeinschaft mit Enno Cirksena und Onkel Sibert, voll Sorge, Sibold möge höher steigen als sie, und in Gedenken an Imels Anmaßungen, sich den Hansen angeschlossen. So ging auch Sibold dahin und wurde auf den Wiesen erschlagen, hatte es derart also vielleicht besser getroffen als Imel.

Danach zogen sie, Hansen wie Friesen, über die Emsfeste her und zerstörten fast alles, was da prächtig geragt hatte, mitsamt den beiden Türmen. Als solle alles vertilgt werden, was an Imels Überschwang erinnerte. Auch seine Besitzungen zu Emden nahmen sie, wo Embke sich eingenistet hatte, behauptend, seine Urahnen seien allda schon als Stedinger und lange vor den Abdenas seßhaft gewesen, aber er wehrte sich nicht lange, von seinen eignen Leuten im Stich gelassen. Cirksena hatte Recht gehabt, einen Bund aller anzustreben, da Einigkeit und Mut selten geworden waren, indem nunmehr jeder lieber für sich leben wollte als für alle sterben, ein Standpunkt, der nur gut ist für solche, deren Leben schwer ersetzlich ist für die Allgemeinheit, und davon gibt es nicht viele.

Die Hansen jedenfalls maßen keinem der Friesen solch überragende Bedeutung zu außer eben Imel Abdena, sie nahmen auch an, daß seine Landsleute ihn gleich hoch einschätzten, und das war ein Grund mehr, ihn nicht sofort umzubringen, sondern ihn als Pfand, ja, geradezu als Lockmittel und letzten Trumpf für schwierige Verhandlungen aufzusparen. Die Mitglieder der Hanse konnten sich solche Verfahren nach Gutdünken leisten, sie hatten um die Zeit fast soviel Macht wie in vormaligen Jahrhunderten der Papst, sie, die Gemeinschaft der Kaufherren aller großen Städte Deutschlands, die den Umsatz mit den sichtbaren irdischen Gütern betrieb, wie die Kirche den mit den unsichtbaren himmlischen, und man sah, beider Geschäft war geeignet, die Herrschaft über die Welt auszuüben, denn nicht darum geht es, wie wichtig dasjenige sei, was man der Begier des Menschen, seine Unvollkommenheit zu bedecken, hinreicht, ob es sich nun um die Vergebung der Sünden oder um die Ankreidung von Wolle handelt, sondern es kommt auf das Geschick an, denen, die darauf festgelegt werden sollen, die Unentbehrlichkeit des betreffenden Gutes beizubringen. Und ganz entschieden kam derzeit eine Strömung auf, dem Geiste der Hanse dienlich, die heiteren irdischen Güter höher einzuschätzen als die zumeist bedrückenden himmlischen.

Störenfriede, Zweifler und Eigenbrötler sind schlechte Abnehmer von Massengütern. Um sie auszumerzen, wird kein Unrecht gescheut, aber die Macht der Verteiler, die so Preise als Stempel verwalten, stempelt Unrecht um zu Recht. Die Stempelgläubigen sind damit zufrieden und glauben, nun wahrhaft des rechten Rechtes teilhaftig zu sein. Andere finden sich klüglich damit ab, und nur, wer das Verhängnis hat, Neigung zu eigenen Stempeln zu besitzen, macht sich das Dasein unbequem und läuft Gefahr, niedergestempelt zu werden. Denn nur wenigen gelingt es, selber die alten Stempel durch neue zu ersetzen und altes Recht durch neues, indem sie behaupten, altes Unrecht in neues Recht zu verwandeln, und wirklich die Macht dazu erreichen. Man muß sie bewundern. Und sind sie nicht die großen Erfüller uralter Gesetze? Die Umpflüger der Welt, die Landwirte des Höchsten? Die da aufbauen, indem sie zerstören, die da erhalten, indem sie vernichten. Denn das Korn muß geköpft und geprügelt werden, damit es seines Ballastes ledig werde, und muß fortgeworfen und eingescharrt werden, damit es auferstehe, und muß zerrüttelt zermalmt zerschunden ertränkt gewalkt und in den Ofen geschoben werden, damit aus seiner Marter und Vernichtung das Brot des Lebens werde.

So ergeht es allem, das hoch und fruchtbar auf dem Felde des Schicksals wächst, und so auch vollendete sich das Walten der Hanse in einer Zeit, da manches sich umwerten sollte, und die neuen Stempel, sie abzulösen, wurden schon geschnitten. Vorläufig aber war es noch ihr Recht, diejenigen, die ihrem Wachstum im Wege waren, auszurotten. Dirik und Sebalda jedoch machten sich keine erklärenden Gedanken über den Sinn von Imels Unglück, sie wollten, daß er lebe, und wollten selber leben. Darum warfen sie allen Besitz bedenkenlos in die hamburgische Waage, obschon die Gegenschale, darin das Leben Imels lag, von den Krämerfingern niedergehalten wurde. Wog denen der Friese auch mehr mit als ohne Kopf, und hätte es also kaum der beiderseitigen Anstrengungen bedurft, so konnte doch der Kaufmannsgeist nicht umhin, den Preis zu nehmen, der geboten wurde für etwas, das man auch billiger hätte liefern können. Das war jedoch kein Grund, nun etwa eine Zugabe zu gewähren, wie etwa das elfte Stück bei einer Abnahme von zehn, was auch erst später Sitte wurde, als nämlich die hansischen Stempel durch allgemeineren Wettbewerb wertlos wurden und der Städtehändler mächtiges Gefüge, proper und vor Reife raschelnd, in den natürlichen Mahlgang aller Dinge entschwand.

Es verfing aus solchen Gründen also weder bei den hohen Herren noch bei den Wächtern, die zu Hamburg seit je sich nicht schlechter als ihre Herren erachtet, daß Sebalda bald hier bald dort in Innigkeit selber ihre Bitten vorbrachte, den Häftling zu sehen. Nicht einmal das, was sie und Dirik an Zubrot und Getränk hintrugen, kam in seine Hände, auch nicht die warme Decke, als es kalt wurde. Dirik, von Anfang an mißtrauisch und ohne Hoffnung, kam dahinter, daß die Wächter alles für sich gebrauchten. Er beschwerte sich bei deren Hauptmann. Der erwiderte kühl, es komme dem Gefangenen auch so zunutze, indem die Wächter ihm geneigter seien dadurch, daß mittelbar sie Vorteile durch ihn erfahren hätten.

Man wird müde, Wasser in einen Topf zu füllen, wenn man nicht länger leugnen kann, daß der Topf ein Sieb sei. Außerdem sah Dirik sich nach Jahresfrist gezwungen, sich nach bezahlter Arbeit umzusehen. Er ließ sich, weil er nichts anderes gelernt hatte, in die Brüderschaft der Schiffbauer eintragen. Die zu hinterlegende Gebühr besaß er zwar nicht mehr, aber Sebalda hatte noch das Muschelhorn. Sie hatte es damals mitgenommen, als sie heimlich aus Friesland entschwand, und hatte es wie das Gebein eines Heiligen bewahrt. Nur zögernd rückte sie es heraus, wollte aber keinesfalls auch noch den Rosenkranz aus Korallen hergeben.

Dirik ließ es bei dem Muschelhorn bewenden, denn er ahnte schon, daß selbst das kleine Kreuz aus Ebenholz kein gängiger Wert für eine weltliche Einzahlung sei. Wie er nun das Muschelhorn in den groben Händen hielt und abschätzend die wässerigen vorstehenden Augen darauf richtete und finster schnaufend der entschwundenen üppigen Zeiten gedachte, sowie des Jammers um den Vater, und, den Kopf zwischen den mächtigen Schultern, hilflos und stotternd, selber als ein Bild des Jammers dastand, da drehte sich in Sebalda das niedergehaltene, seit langem ungespeiste Gefühl, so, wie die Ebbe umkentert in die junge Flut, und von da an begann Imels Gestalt und Glorie sich hinter Dirik zu verbergen, und sie empfand es vorläufig als Mitleid mit Dirik und seiner benachteiligten Körperlichkeit, wie es schon immer etwas Mitleid gewesen war und etwas Grauen vor ihm, der ein viereckiger Klobenstapel von Mensch war, dreimal so breit aber kaum größer als sie, und der häßlich war und krötenähnlich und von schweren Füßen und schwerer Zunge. Auch hatte er keineswegs die zarten Hände des Vaters. Aber er war gutmütig. Er war nicht einmal zu bewegen gewesen, die beiden Wächter am Teufelsturm umzubringen, ja nicht einmal einen, indem Sebalda sich wohl zugetraut hätte, den andern selber zu erledigen. Dirik war ein biederer Handwerker, ein guter Sohn und Bruder. Ja, wie ein Bruder hatte er sich ihr gegenüber benommen. Und wenn die Nachbarsfrauen, von denen sie Bohnen und Rüben kaufte, neugierig sie auszufragen gedachten, dann nickte sie abweisend, wenn die Vermutung auftauchte, sie sei nichts als die Schwester des armen Buckligen.

Nun hatte sie ihm das Muschelhorn gegeben, das ihres Lebens Krönung und Wappen gewesen und das Unterpfand dessen, den sie in alle Himmel hoch verehrt hatte und an ihn geglaubt. Jetzt mußte es für das nackte Leben reichen. Und ihre einzige Besorgnis war nun, daß Dirik es in seinen Pranken etwa zerbräche.

Aber Dirik hielt es ungemein behutsam. Sie mußte auf einmal lachen, da es aussah, als halte er eine Puppe oder gar einen Säugling, so täppisch zierlich versuchte er, seine Baumwurzeln von Fingern geschmeidig der Form anzupassen, damit es ihm nicht entgleite. Es war lange her, daß Sebalda gelacht hatte, dieses kleine glucksende aufzirpende Geräusch, es tanzte silbern über Diriks bekümmertem Geschnaufe hin.

Denn da er nun das merkwürdige Erbstück und Wappenbild aus dem Besitz der Familie zu geben gedachte, spürte er, wie sehr er das Muschelhorn geliebt von Kind auf, und ihm fiel ein, daß nebelhafte Geschichten über seine Herkunft, sein Schicksal und seine Verrichtungen im Hause gespukt hatten und daß Ate eben vorm Schlaf mancherlei darüber gesponnen, der seltsame weichmütige Knabe — niemand wußte, wo er das krause Zeugs her hatte — über Störtebeker selber zum Beispiel, der dieses Muschelhorn zu Granada von einem Maurenkönig als Gastgeschenk erhalten habe im Austausch gegen eine halbe Tonne Hamburger Bier, und mit dem Horn zugleich einen Mameluken dazu, der es zu blasen verstanden habe, besser als der Turmtüter auf dem Dom zu Bremen das seine, und der konnte doch sogar einen ganzen Psalm. Das Musizieren darauf aber habe den Vitalierfürsten allzu trübe gestimmt und ihn an manchen Fehlschlag erinnert, zumal daran, daß er sich für fähig gehalten, ein Weltreich Zu schaffen, darin jedermann lustig sein sollte. Darum habe er das Muschelhorn weitergeschenkt an seinen liebsten Freund, an Großvater Bojer Abdena, den Mameluken aber behalten, und den habe der Vater selber noch gesehen und sich bekreuzigt, als sei es der Leibhaftige. Da aber der Großvater hinterrücks niedergemacht worden sei, als die Vitalier sozusagen ganz friedlich ein Nonnenkloster besichtigen wollten, habe denn Störtebeker das Muschelhorn als Andenken an den Toten und als Zeichen der Treue den Abdenas mitgebracht.

Störtebeker war indes selbst längst vermodert, schuldiger als Imel Abdena, der das Geschenk übernommen hatte, und vielleicht großartiger. Und auch der Mameluk war sicherlich längst dahin. Und nun hatten sie auch Imel unschädlich gemacht. Aber das Muschelhorn war noch immer da, und noch hielt er, Dirik, es in Händen. Der Maurenherrscher, wie Ate damals zu spinnen wußte, mochte es aus unbekannten Ländern bezogen haben, über geheimnisvolle Meere jenseits der Weltscheide, über Alexandria und Ophir, von den Goldinseln Salomonis her oder von den vor Gewürzduft ganz in lilienfarbenen Nebeln gehüllten Gestaden Indiens oder Zipangus. Dort war es bei dunkelhäutigen, mit Vogelfedern, Korallen, Elfenbein und Schellen aus blauen Karfunkeln bekleideten Völkern zu festlichen Eröffnungen geblasen worden und dann, wenn die großen Kröten im Schlaf gewiegt Wurden. Die großen Kröten? Sollte es ein Stich auf ihn, auf Dirik gewesen sein, von dem der Vater selber in Wut und Enttäuschung durch das Haus schrie, wenn er genügend getrunken hatte: Ich hab eine Kröte als Stammhalter! Und es der Mutter zur Last gelegt, obschon sie ihm fünf weitere Söhne geboren hatte und alle wohlgewachsen. Aber Ate war ganz und gar ohne Falsch und und ein Kind. Und wußte viel über die großen sanften und klugen Tiere zu erzählen, die dort zu Kalikut statt der Kühe gehalten würden, wo sie nicht nur eine gelbe, nach Zimmet und Honig schmeckende Milch gäben, sondern ein Fell aus echten Dukaten hätten, die wie Haare wüchsen und ab und zu geschoren werden müßten. Darum pflege man sie dort besonders und blase ihnen Wiegenlieder vor mit solchen Muschelhörnern, mit noch hundertmal größeren als dieses.

Dieses Muschelhorn war immerhin wie zwei aneinander gelegte Männerfäuste groß. Es hatte übrigens im ganzen eine Form, die mehr einer gestreckten Öllampe glich denn der eines Horns. An seinem dickeren Ende hinter dem größten Umfang war es jählings dreifach schneckenhaft zur Spitze gewunden, sonst aber bauchig und schön gewölbt, und am andern Ende, ein wenig seitlich gedreht, schwang es schmal und gestreckt aus. An der Schnecke war ein goldenes Mundstück angesetzt, das blütenhaft aus einer Ranke hervorging, die um die Windungen verankert war. Von außen hatte der schöne Panzer, der einem sonderbaren Meerestier Wohnung gewesen war, eine hellrote, stumpfe, steinhafte Färbung mit dunkleren Riefen und rötlicher runenhafter Zeichnung, daraus die goldene Ranke vom äußersten Rande hervorzugehen schien, erst dünn und blaß, dann in unermüdlicher Windung sich bis zur Schnecke hinschraubend, wo man den Übergang zu dem aufgesetzten Metall kaum wahrnahm. Die Öffnung nun zog sich seitlich in flachem Zirkelschlag hin, auf der einen Seite scharfkantig, auf der anderen, ihr zuschwingend, eingebogen gerundet gleich einer überkämmenden Welle, wasserglatt, weißlich gesträhnt, verschäumend gleichsam in die purpurn dämmernde Höhle des Innern, die sich dem tastenden Finger als seidig glatt und kühl offenbarte.

Selbst Ate hatte allerdings nicht darauf blasen können. Er hatte aber, wie alle die Abdenaskinder zu ihrer Zeit, desto öfter das Ohr daran gelegt und sicher mehr herausgehört als nur das leise Echo der Brandung, darin das Seegeschöpf gelebt haben mochte.

Der Älteste der Schiffbauer auf dem Brooke zu Hamburg versuchte weder darauf zu blasen noch das Ohr daran zu legen, sondern hatte nur einen muffigen Blick für die ungewohnte Art der Zahlung, die Dirik ihm anbot. Eine Muschel oder Schnecke von solcher Größe hatte er zwar noch nie gesehen, aber was sollte er damit. Er bequemte sich nach einer Weile einzig, den Beschlag näher zu beäugen, ungnädig aufseufzend aus feuchtem Barte, die runzligen Lider auf Schärfe kneifend, die zackigen Brauen hissend, das ehrbare, zum Schlagfluß neigende Haupt wiegend — wie die milchgebenden Kröten zu Indien in Schlaf gewiegt wurden, dachte Dirik abwegigerweise dabei und wollte gerade davon erzählen, um das Muschelhorn leckerer zu machen. Aber den biederen Zimmermannsmeister reizte nicht Form noch Geheimnis irgendeiner Fremde. Er hatte nur entdeckt, daß Gold daran sei, und klaubte mit teerigem Daumennagel Ranke wie Mundstück herunter, murrend, er fürchte, es werde für den vorgeschriebenen Satz nicht reichen. Das kahle Gehäuse gab er Dirik zurück.

So gelangte Dirik mit Mühe wieder zu seinem Handwerk und anders als zu Hause, wo er wohl vom Putzlaputz und Puhahn auf gelernt und gewuchtet, aber durch seines Vaters Anordnung es schon bis zur Aufsicht über eine ganze Werft gebracht hatte. Er schrob sich ohne Knurren zurück, da der Hunger vor der Tür stand. Und er glaubte auch, es sei wegen seines Vaters, daß er blieb, und versuchte zu leben, ganz gleich vorläufig, wie gering oder wie üppig. Sebalda zweifelte nicht an seinen Gründen. Sie sprach selber noch lange Zeit nach ihrer Veränderung zu ihm nur von Imel, als sei der es auch für sie, der sie zu Hamburg band und binden würde bis zu seiner Befreiung. Aber sie redete Dirik nicht mehr zu, es mit Gewalt zu versuchen, sie redete allmählich davon, daß man Geduld haben müsse und nicht verzagen dürfe und sich nicht darüber kränken solle, daß ein Tag nach dem andern so hilflos verstriche. Nur ihre Augen, die auf seiner vierschrötigen Gestalt hin und her blickten, als wollten sie entrinnen und könnten doch über seine gröblichen Kanten nicht hinaus, blieben oft jäh an seinen hängen, die farblos wie die See bei drückendem Wetter in seinem hölzernen Gesichte standen. Dann wandte er sich schwerfällig ab, ging die knarrende Stiege hinunter, verließ den morschen Tauspeicher am Steckelhörn, wo er, seinen Verhältnissen entsprechend, den löcherigen Spitzboden gemietet hatte. Und er spürte den Glanz ihrer schwarzen Sterne hinter sich herwandern, als schöben sie mit Kraft ihm an Nacken und Schultern, so daß der schmutzige Weg, der in die Richtung der Zimmerplätze am Brook führte, leicht und gängig wurde, als sei er gepflastert. Ja, selbst der Gestank der Schweinekoben, da Schweine dort in Haufen gehalten wurden, und der Abfälle, die man zur Mast auf den Weg schüttete, wurde ihm erträglich. Er befürchtete einzig, ihr hingegen müsse es unerträglich sein.

Sie hatte sich wie bisher stillschweigend zu ihm gefunden und ihr Lager, da der Dachboden nur aus einem einzigen Raum bestand, in der entgegengesetzten Ecke aufgeschlagen, soweit man von Lager reden konnte. Und sie klagte nicht, sie wurde sogar langsam wieder heiter und beweglich, hing auch das gerupfte Muschelhorn inmitten der Dachsparren auf, als sei es in der alten wohleingerichteten, messingblitzenden, von den Gerüchen gepflegter Stallungen, trefflicher Küche und weiter reinlicher Landschaft erfüllten Diele zu Friesland. Sie hatte sich nicht einmal entsetzt, als er das teure Wappenzeichen so schimpfiert zurückbrachte. Sie war zutiefst erfreut, daß ihr überhaupt noch etwas davon geblieben sei.

Insgeheim erschien es ihr als ein Himmelszeichen für ihren Umschwung. Sie hatte sich allen Besitzes entledigt, sie war arm und war wieder sie selbst geworden wie jetzt das Muschelhorn, und sie mußte dem zugehören, der nun der eigentliche Besitzer des schicksalhaften Sinnbildes war, dem sie es geschenkt, damit er lebe, und der es für sie gerettet, obschon er es nun für wertlos hielt. Wohl war das Gold dahin. Aber auch Imel war ja dahin. Dirik würde das goldene Mundstück ersetzen zu seiner Zeit oder es selber sein. Und als Sebaldas Überlegungen soweit gediehen waren, da schien ihr, daß sie für ihr Teil das schwebende rauschende geheimnisvolle fremde Muschelhorn sei, das nach seiner goldenen Ranke verlange und nach dem, der es zum Tönen bringe, wie Imel es nicht gekonnt.

Als nun die Vogelbeeren an der Wallböschung blühten und die mageren Grasplätze voll goldenen Hahnenfußes standen, da wurde es Dirik unruhiger ums Herz, da lag er lange wach auf seinem Strohsack und horchte auf den Atem Sebaldas, der aus dem entferntesten Winkel so deutlich zu ihm reichte, so leise wie Katzenpfoten, wie die weißen Katzenpfoten, die auf den Wellen erscheinen, wenn der Wind auffrischt. Er hatte sich nun an die schwere Arbeit gewöhnt, bei der er wie ein Knecht den gröblichsten Zubereitungen der Eichenspanten und Planken zugeteilt war. Aber die Axt schwang sich leicht, da er immerfort an Sebalda dachte. Ihr schwarzer begehrlicher Blick sog seine Kraft empor und hieß sie unbeschwert sich ausströmen, so daß die Meister ihn gerne sahen, die Mitgesellen aber von ihm abrückten, da sie seine Flinkheit als Streberei auslegten und er ihnen unbequem war. Er schien es nicht zu bemerken. Weder Lob noch Bemäkelung drangen zu ihm in jenem Frühling und frühen Sommer. Er war der Weite froh, die vor dem Brooke lag, er sah die Schiffe wachsen, als sei es die Lust und Bestimmung der Bäume, sich behauen zu lassen und sich zu riesigen, seltsam geformten Gefäßen zusammenzufügen, und er sah die schon fertigen bemastet und geriggt mit vollen Segeln in die Ferne entgleiten, sah andere heimkehren, von Flaggen übertanzt, hörte fröhliche Hörner blasen, die doch nicht das Muschelhorn waren, und hörte die Glocken zu Sankt Nikolai und zu Sankt Petri wie die Schritte ungeheurer Engel, ehern gewappnet, von den Mauern und Türmen der Stadt herab in die besonnten Lande schreiten. Es wurde ihm so wohl in seiner Haut, als schritte er selber so groß und weit umher. Und erblickte nunmehr ohne Finsternis auf die Pfahlreihen am Wasser, wo die Möven begehrlich auf den kahlgefressenen Schädeln einstiger Übeltäter standen. Es war ihm, als stäke seines Vaters Schädel schon längst mitten dazwischen, die Zähne bleckend in überirdischem Vergnügen. Er erschrak nicht über diesen Gedanken. Als sei die Wandlung Sebaldas auch in ihn übergegangen, die natürliche Wendung vom Aussichtslosen hin zu dem, was dem Verlangen erreichbar ist, die Abwendung vom Tode zum Leben. Und die Augenblicke wurden seltener, da er die Bindung an die ehrwürdigen Gesetze der Familie drohend und würgend in sich spürte, darunter er von neuem auf die Ratsschreiberei lief und zu dem Dechanten Johann Middelmann am Dom, der ein Freund des Emdener Propstes Hisko war und an den derzeit der Geleitbrief gerichtet gewesen, und flehentlich um seinen Vater bat, auch das verdiente Geld, ohne Rücksicht auf Essen und Trinken, in Bittkerzen und Stiftungen anlegte, die Furchtbarkeit des Schicksals milde zu stimmen und damit sein Gewissen, falls alles vergebens und unabänderlich sei, im voraus zu reinigen. Und Sebaldas Gewissen dazu.

Das Schicksal ließ sich nicht beeinflussen. So daß er eines Nachts wie traumwandelnd sich erhob und den Raum durchquerte, der wie die See so breit zwischen seinen öden Ufern und den fernen blühenden geheimnisvoll lockenden Ländern lag. Die morschen Bohlen ächzten unter seinen bloßen tappenden Schritten. Dennoch rührte sich auf der andern Seite keine vorschauende Abwehr, auch nicht, als er in seiner dumpfen Gier ohne Umweg steuerte und an die dürftige Kiste stieß, daraus er eine Art Schrank gezimmert für das bißchen Geschirr, das nun in seiner säuberlichen Ordnung, darin Sebalda es hielt, gestört wurde und klappernd durcheinanderfuhr und ein knöchernes erschrekkendes Geräusch ergab in der tiefen Nachtstille.

Nein, Sebalda schrie nicht auf, und man konnte meinen, sie sei wohl längst bereit gewesen. Aber in Wahrheit lag sie wie erschlagen vor Angst. Das, was sie ersehnt und als ihren Trost mit allen Fasern herbeigelockt hatte, es war — genau wie die Verehrung für Imel im Anfang — zu sehr als bloße Luft gesponnen und mehr ihrer Seele als ihres Leibes notwendige Flammennahrung. Nun hätte sie gern rückgängig gemacht, daß sie wieder begonnen, sich bescheiden zu putzen und zu pflegen, und rückgängig alle ihre wirren und heißen Blicke, ihre verhaltenen Worte, die einen untergründigen schillernden Sinn abzweigten, so alltäglich auch immer war, was sie gemeint hatte. Nun wäre sie lieber niemals nach Hamburg gekommen, nun erst schoß eine verzweifelte Schamröte ihr ins Gesicht, obschon es im Dunkeln zu keiner Wirkung mehr kommen konnte, und sie vermochte nicht zu fassen, wie so kühn und bedenkenlos sie sich alle Zeit zu Dirik gedrängt habe, als sei er nichts als ihr Bruder oder gar ihr wirklicher Sohn.

Doch nun war es zu spät. Nun gab es kein Entrinnen mehr vor dem buckligen schnaufenden Unheil. Und diese Nacht und viel Nächte und Tage versanken in der irdischen Brandung, die dazu angetan ist, Menschen von ihren Pfaden herunterzuholen und um ihr Gleichgewicht zu bringen und zueinander zu werfen als Spielbälle und Kreaturen der unwiderstehlichen Schöpfung.

Die Lust der Schöpfung, das betörende Lockmittel, daß jeder das seine tue am Fortbestand der Welt, machte aus dem kargen klobigen Dirik für eine Weile einen rührend sänftlichen, zärtlich flüsternden Bärenhäuter und nicht nur unter dem verräucherten Spitzhimmel der Dachsparren. Er pfiff bei der Arbeit, er sang sogar, so daß der Altmeister, der ihn schon wegen des Muschelhorns für leicht angestoßen gehalten, sich wunderte, wohl wissend, daß die Friesen, wie schon in alten Zeiten bekannt, keine Lieder haben. Mehr jedoch noch wunderte sich der Domdechant, daß Dirik, sonst von so verständlicher Bedrückung geplagt, auf einmal, obwohl stockend, doch innerst angeregt, von gänzlich anderen Dingen sprach als von der Befreiung des Vaters, ja, daß er den Vater überhaupt nicht mehr erwähnte und, daran erinnert, wohl stutzte und die Hand etwas hob, als wolle er sie sich, bestürzt über seine vergeßliche Zunge, vor den Mund schlagen, dann aber die Hand gröblich niederfallen ließ und schier gefühllos auflachte, alsdann endlich auch zur Sache kam und seine Trauung mit einer gewissen Sebalda Dockemund — welche jedermann bislang für seine geschiedene oder verwitwete Schwester gehalten — ohne Umschweife und mit jäher Verbissenheit bestellte.

Sebalda sah sich rettungslos einem unfaßlichen, geheimnisvollen Verderben ausgeliefert und hätte sich gern wieder Imel zugewandt, um nicht wegen gebrochener Treue zur Rechenschaft gezogen zu werden. Imel war hinter Mauern. Es war der einzige Ausweg, daß er dahinter blieb für alle Ewigkeiten; denn es war kein Platz mehr da für ihn. Und daß Dirik diesen Platz ausfüllte, das hatte sie lange genug heimlich angesponnen, wenn sie es auch bei sich abzuleugnen versuchte. Sie habe sich nicht gewehrt aus Angst, er würde sie umbringen, so redete sie sich ein und wünschte bald, er hätte sie umgebracht, und begann sich auch zu wehren, aber dann lachte das grobe Stück Mensch nur, und es klang knatternd, als stürze ein Stapel Klafterholz zusammen, und dann nahm er sie behutsam zwischen die Fäuste und trug sie dahin, wo es ihm paßte, da half kein Gestrampel und kein giftiges Geschrei und kein Gewimmer, und umbringen tat er sie auch nicht.

Für die Augenblicke, da die Brandung sich überschlägt, war sie besinnungslos genug, um seine fürchterliche Kraft zu genießen. Aber danach hätte sie laut weinen mögen vor Abscheu und Verlassenheit, zumal wenn er schwitzend, mit ungeschickter Stimme von allerlei kleinen Zukunftsplänen zu schwatzen sich frei genug und innerst getrieben fühlte, wenn er von dem besseren Posten sprach, den er auf der Werft zu ergattern hoffe, und daß er nebenbei ein Betpult für den Dechanten in Auftrag genommen habe — ein Betpult er mit seinen groben Pranken — und daß er kommenden Sonntag dem nachbarlichen Koben einen neuen Firstbalken einpassen werde — was ihm auch eher anstand — und solcherlei kläglichen Kramzeugs mehr. Dieses ermüdende holprige Gerede, in das seine gierige Erleichterung ausklang, war sehr geeignet, in ihr Vergleiche von früher herbeizurufen, die Pläne Imels, die unerhörten Aufstiege zu den Thronen dieser Erde oder was alles ihm vorgeschwebt und ihr, wenn es auch zersplittert war wie ein dünnes venedisches Glas, das sie einst zu Bremen gekauft. Sie fühlte, wie das, was sie als Ersatz für ihre ungespeiste Ehrfurcht an Dirik gesucht, nun ganz und gar verging in der ungeschlachten Nüchternheit allzu großer Nähe, so daß sie nichts mehr hatte, sich glühend emporzuranken, und gänzlich verzagte.

Dirik selber, nach dem ersten Rausch und Taumel, war es nicht so heiter zumute, wie er zu zeigen sich bemühte. Da er nun verheiratet war mit Sebalda, schlug ihm das Gewissen doch, denn keiner hatte so wie er gewußt, wie sehr der Vater an diesem Mädchen gehangen hatte, das er nun so unwiderruflich ihm weggenommen. Der Trost aber, der so verfänglich sich im großen Schoße der Kirche feilbot, nämlich alle Bedrängnis wegzubeichten, versagte sich ihm; denn Selbstbezicht und Reue bedürfen der greifbaren Worte, um die Gnade der Vergebung herbeizurufen. Ihm aber entwanden sich die Vorstellungen dem Zugriff der Zunge, und alle Beschwernis schien töricht, sobald man anfing, davon zu reden, und zerging in dem grauen Gewölk des Alltags, um dennoch, da eine Zuflucht oder Rückendeckung in dem gleichmäßig quirlenden Grau nirgends zu erspähen war, insgeheim Tag und Nacht auf der Lauer zu liegen, ob nicht der Gefangene plötzlich frei in der Tür stehen würde oder gar schon bei Tische säße, wenn ein gewisser Dirik Abdena von der Arbeit zu allem Guten gewillt nach Hause kam. Und da Sebalda immer weniger fröhlich war und immer blasser, spitznäsiger und unausstehlicher wurde, ging er ihr nach einiger Zeit scheu aus dem Wege und blieb in seiner Bodenecke allein wie bisher. Aber, wie um ihn langsam zu vernichten, fing Sebalda manchmal mitten in der Nacht durch den toten Raum hin an, von Imel zu sprechen, und daß man nun endlich wieder etwas unternehmen müsse. Es sei auch wieder ein neuer Wächter da. Aber weder sie noch er unternahmen etwas.

So gingen viele Jahre hin. Oft erwog Dirik, von Hamburg wegzuziehen, irgendwohin an die Küste, wo ebenfalls Schiffe gebaut würden, nach Rostock oder Danzig oder noch weiter weg. Sebalda hingegen wollte nach Helgoland zurück zu ihren Eltern. Aber wenn er seine Absicht äußerte, hatte sie sofort die spöttische Bemerkung auf den Lippen, er wolle wohl weg aus Angst vor Imel. Und wenn sie es war, die seufzend an eine Veränderung dachte, dann grinste er nur hinterhältig und wies mit dem Daumen aus der Dachluke hinüber in die Richtung der Befestigungen an der Alster, aus denen der Teufelsturm stur hervorragte, als sei es Imel selber. Nein, sie konnten nicht fort. Es war, als seien sie beide an einen bösen Ort gebannt und könnten ihrem Verhängnis nicht entrinnen.

Die ehrwürdigen Männer des Rates, die derzeit über Imel zu Gericht gesessen, waren zumeist schon nicht mehr im Amt, viele auch schon gestorben. Die wenigsten hatten eine Ahnung, weswegen dieser und jener Gefangene, zum Beispiel ein gewisser Imel Abdena, in diesem oder jenem Turm säße. In den Akten stand, daß man noch vor drei Jahren ihn für irgendeine gekaperte Schiffsladung den Friesen zum Austausch angeboten habe, aber die Friesen hätten abgelehnt. Wenn zu Friesland auch Imels größte Neider einer nach dem andern das Zeitliche segneten, so waren seiner Freunde zu wenige, als daß ein genügendes Verlangen nach ihm Zusammenkommen konnte. Und wer entsann sich seiner auch noch groß? Die übrigen Söhne waren verarmt und freundlos ins Ausland gegangen, der eine nach Brabant zu den Söldnern, der andere als Fuhrknecht gen Süden, der dritte als Bootsmann nach Portugal. Die Töchter hatten auch andere Sorgen, zwei waren in einem Kloster aufgenommen worden, da man ihrer Unschuld gewiß war, eine war an der Auszehrung gestorben, drei lebten bei Verwandten geduldet als alternde Mägde, und nur eine hatte geheiratet, und zwar einen der früheren Knechte ihres ters, da sie ein Kind bekam und nicht ins Wasser gehen wollte. Es war klar, man hatte Imel Abdena vergessen, er war für die meisten schon tot, lange bevor er starb. Nur in der ehrsamen Brüderschaft der Schiffbauer vergaß man nicht, wessen Sohn Dirik sei. Und das war seinem Aufstieg hinderlich. Aber er klagte nicht. Er schien sein unabänderliches Knechtsdasein als eine Art Buße zu betrachten.

Sebalda dachte oft daran, wie es sein würde, wenn sie ein Kind hätte. Sie wies solches Begehren von sich ab und fand Mittel und Wege, unbelastet zu bleiben. Aber die Vorstellung des kleinen aufwachsenden Wesens rückte ihr immer näher auf die Seele, sie hatte ja nichts weiter, auf das sie ihre alte Neigung, etwas zu verehren und innerst zu lieben, richten konnte. Und immer war es das Bild Ates, des jüngsten der Abdenasöhne, das ihrem Kinde ähnlich sah. Wohl hatte sie eine Weile versucht, von Herzen fromm zu sein, war in alle Kirchen geeilt, hatte sich die Knie wund gekniet und bald den Heiland, bald dessen Mutter überschwenglich verehrt, aber auch im Chor der Heiligen bald diesen bald jenen entdeckt, der wohl geeignet schien, ihrer Begeisterung gnädig zu sein, hatte aber bald erfahren, daß die Entfernung zum Himmel zu groß sei für ihre Herzflamme, die nicht so hoch emporzuzüngeln vermochte, sondern Halt und Zehrung im Irdischen suchen mußte und nun an Vikaren und Predigern hängen blieb, am Erzbischof, der vom Stifte Bremen zu österlichem Besuche in den Dom kam, und an dem würdigen weißhaarigen Dompropst, der sie getraut, als er noch Dechant war. Herr Johann Middelmann war im Jahre 1437 Propst geworden. Er hatte Sebalda gern, da sie beweglichen Geistes war und er sich ihre Verehrung als die eines gläubigen, gottgefälligen Gemütes Wohlgefallen ließ. Da sie zudem auch fähig war, selbst lateinische Texte — ohne daß sie den Inhalt verstand — säuberlich abzuschreiben, hatte er auch Arbeit für sie und bezahlte es auch, so daß sie, ihm zu Ehren, sich wieder lustiger zu kleiden begann, bis der würdige Herr ihr sogar etwas Einhalt in solch äußerlichen Reizen gebieten mußte.

Um die Zeit wurde Dirik wieder eifersüchtig und das auf den freundlichen milden Greis von Dompropst. Herr Middelmann jedoch hatte ein kluges Empfinden dafür und wollte seinerseits den groben Schiffbauer mit einer guten Tat entwaffnen. Er ersah eine günstige Möglichkeit, bei dem neuen Bürgermeister die abgetagte Sache Imel Abdena zur Sprache zu bringen und dessen endliche Freilassung zu befürworten. Mit dieser Nachricht nun glaubte er sowohl Dirik als auch Sebalda ein wahres Freudenfeuer anzuzünden, mußte aber erfahren, daß beide wie vor den Kopf geschlagen waren, hörte dann auch in der Beichte von Sebalda den Grund, von dieser Schwiegertochter des Betroffenen, die sich immer so tugendsam und seufzend über den armen Gefangenen ergangen hatte, so, als würde sie nichts lieber erleben, als ihm alsbald in jauchzenden Tränen an die peinvolle Brust zu sinken. Nun kam es klagend heraus, daß sie eigentlich dem Vater die Treue geschworen und ihn also mit dem Sohne schmählich hintergangen habe. Gewiß, dem erfahrenen Geistlichen war in einem langen Leben die menschliche Schwachheit kein Geheimnis geblieben, aber er durfte nicht dulden, daß sie ihm so nahe sei. Und darum war es Schluß mit dem Abschreiben und dem Taschengeld für Sebalda. Das heißt, sie wagte sowieso nicht, sich je wieder im Domhof blicken zu lassen. Denn in der notgedrungenen Aussprache, die sie mit Dirik über das drohende Unheil der Entlassung seines Vaters haben mußte, in der verzweifelten Erregung und Angst, mit der sie sich an ihn geklammert, und in seiner polternden Bekräftigung, daß er sie niemals wieder hergeben werde, hatten sie aufs neue nach so vielen dürren Jahren zueinander gefunden. Und diesmal hatte sie ihrem aufschießenden Wunsche keine Unterbrechung mehr auferlegt, nun nicht mehr; denn jetzt brauchte sie das Kind als einen Turm und Wall und Wächter für sich, darin sie gefangen säße, wenn die Vergangenheit, die verlorene machtlose zerschellte und einst so betörende Vergangenheit freikäme und womöglich nach ihr greifen und sie schwach finden würde.

Und Dirik hörte das Geschwätz der Nachbarinnen, die am Fleet die Hemden ihrer Männer und Hauben und Schürzen wuschen und sich nicht um Flut und Ebbe dabei kümmerten, nur eben nach dem alltäglichen Trott gerichtet und dem Bedürfnis, zur regelmäßigen Stunde vorm Morgenläuten einen Haufen Klatsch und Gewäsch mit in den bescheidenen Lebenslauf zu verspülen. Und er hörte, wie sie es Sebalda mit meckernder Anteilnahme versetzten, alle diese vierlötigen Rückseiten, die sich da in den Tag reckten, von der Wucht des Scheuerns, Wringens und Ausschlagens schütternd. Daß sie viel zu schmal und eng gebaut sei, um auf erträgliche Weise ein Kind ans Licht zu bringen, das versetzten sie ihr. Sebalda kniete zwischen den breithüftigen Reepschläger- und Bauernknechtsweibern wie ein mageres Leinkraut zwischen lauter Klatschmohn, und sie hatte keine Entgegnung in die blonden prallen Gesichter, die fremde Hilflosigkeit genossen und sich daran über eigenes Ungemach erhoben.

Dirik nun hatte ein Werkzeug vergessen, ein breites hartes Messer, das er für gewöhnlich im Hause behielt, um es bei dem Kleinkram an Feuerholz, auszubesserndem Hausrat und der unaufhörlichen Flickerei des brüchigen Daches immer zur Stelle zu haben. Jetzt aber war ihm auf der Werft etwas unter die Finger geraten, das ihn zu höherem Flug reizte, als es die Zubereitung und Verteilung der Spanten und Planken auf die Dauer vermochte. Der Auftraggeber der Hulk, die sie gerade im Bau hatten, war geneigt, sich ein bißchen Schnitzwerk daran zu gönnen; einer der Knechte aus Bornemanns Werkstatt, wo man sich auch auf das Bildschnitzen verstand, hatte schon ein paar Tage an der Kajütstür herumgebastelt, bis denn Dirik eine unwiderstehliche Lust angeweht war, die Arbeit zu beschleunigen. Aber das Gegnicker und Getratsche, das da nun vom Waschplatz zu ihm aufspritzte, brachte sein einfaches Gemüt sofort wieder, um das bißchen Flügelschlag. Es ärgerte ihn, daß Sebalda dem Erbarmen so stillschweigend preisgegeben war, er wußte aber selber keine zündende Abwehr für die drallen Drachen, die sein angetrautes bißchen Gefunkel und Leben in eine schwarze Zukunft hinabstießen, der mageren Wäsche gleich, welche Sebaldas kleinen frostigen Händen Zu entgleiten drohte, hinab in die quirlende brackige, von Unrat getrübte Brühe, die dem Bier ähnlicher sah, das daraus gebraut wurde, denn der himmlischen Reinheit, als die das Wasser dem Menschen teuer ist, obschon das klare Wasser der See, daran er denken mußte, nicht zur Wäsche sich eignet.

In diesem Augenblick erschien Dirik manches unerträglich oder zumindest der Änderung würdig, was er bisher dumpf hingenommen oder sogar geliebt hatte, es endete aber alles bei Sebalda, dem armen Sperling unter den fetten Puten, und er stieß voll jäher Wut das Messer in den Dachbalken.

Von dem Prall polterte die hölzerne Dachluke zu, und es war dunkel vor seiner Nase, so daß ihm entging, wie das Dutzend Köpfe am Fleetsteg hochzuckte und erschreckt heraufblickte, Sebaldas blasses Gesicht mitten dazwischen, und sie sich nach dem Herzen griff und tiefer, als sollte sie schon daran müssen, und keiner sich erklären konnte, warum die Luke in der wackligen Bude so plötzlich zugeknallt sei, das schäbige Fenster, dahinter diese schwarzhaarige Butenländische mit einem buckligen Stück Kuff von Kerl hauste, der ihr sowieso sicher nichts als einen schiefen Klabauter angedreht hatte. Es spukte schon. Die wulstigen, tropfenden Hände, in deren Dellen kleine Pfützen hingen, darin die eben über die Spitzgiebel sich hochschiebende Sonne aufblinkerte, fuhren über Antlitz, Brust und Bauch, um das altbewährte Gitter aufzurichten gegen das Böse, das immer das Empfindlichste bedroht. Aber Sebalda vergaß das Bekreuzigen, so schwach war ihr auf einmal, und einige bemerkten ihre Unterlassung und legten es ihr entsprechend als ketzerisch aus, und sie vergaßen es nicht, sollten auch eines Tages noch Gelegenheit finden, sich daran zu erinnern.

Zwei der Matronen jedoch besannen sich auf die Tatkraft, die allen Weiblichen zur Zierde gereicht, wenn die Last der Natur eine der ihren zu Boden drückt. Und sie brachten die Kreißende die schmale Stiege hinauf, mußten sie aber schon auf den Taurollen des zweiten Stocks niedersetzen, da sie angeblich unmöglich weiter konnten, oder taten es mit Fleiß, um nicht die Treppe höher in die Nähe der gruseligen Dachluke zu geraten. Und Sebalda genas da ihres Knaben im Gerümpel des Speichers und schlug aller Unkerei ein Schnippchen, indem es leicht vonstatten ging wie bei einer Katze.

Dirik war aber schon wieder davon und ahnte nichts bis zum Nachmittag, wo es ihm dann allmählich zu Ohren drang.

Und von da an hätte man meinen sollen, Sebalda, die so geeignet schien, dem Zuwachs der Freien und Hansestadt zu dienen, würde Jahr um Jahr sich ihrer natürlichen Schöpferkraft erfreut haben. Aber Lambert blieb ihr einziges Kind, denn Diriks Stolz schlug rasch in Bedrückung um, und Sebalda lebte von da an wie in einem Schneckenhaus, in das allenfalls ihr Junge noch mit hineinpaßte.

Imel Abdena aber blieb es erspart, in eine Freiheit zurückzukehren, die ihm nichts als Armut und Enttäuschung gebracht hätte. Der Dompropst, von dem großzügig gesonnenen Bürgermeister um eine regelrechte Eingabe befragt, die er dem Rat vorlegen könne, winkte leise ab. Und indes Sebalda die tägliche Angst mit aller Glut ihrer Seele zudeckte und ihre Anbetung dem Kinde zuwandte, auch neu aufzublühen begann und nun erst, da sie schon Mitte der Dreißig war, die eigentliche Entwicklung ihrer Gestalt und der ihr zugemessenen Schönheit erreichte, so daß wohl selbst Ohm Papinga in dieser Beziehung Imels derzeitige Wahl ruhig hätte gutheißen können, verblieb Imel Abdena gnadenlos weiter in seiner Kärglichkeit und bitteren Enge. Und hätte er auch das Sonnenrad zurückdrehen können, und wäre alles so wie vormals gewesen an Ansehen, Besitz und Möglichkeit, so wäre es doch dasselbe nicht mehr gewesen, was ihn gelockt hätte, nicht mehr Macht und nicht mehr Gewalt. Hätte er noch wählen können, so wäre ihm vielleicht das Leben, wie es sein buckliger Sohn schlicht und recht und in Bescheidenheit führte, höchst genehm erschienen oder das eines seiner früheren Bootsknechte oder etwas Einsames auch, das Leben eines Waldbruders — denn er sehnte sich oft, Wiesen und auch Bäume zu sehen, obschon Bäume selten waren in seiner Heimat und er zumeist die Stämme nur, die mächtigen Eichen- und Föhrenstämme aus den Weserbergen als Schiffbauholz erlebt hatte. Doch wenn er es überlegte in der langen Zeit, dann schien ihm auch die modrige Zelle nicht das Schlechteste, darin er nun schon so lange verbracht hatte. Ein Grund, sich den raschen Tod zu wünschen, schien ihm sein Los nicht mehr. Er hatte sich im Laufe der Jahre sogar soweit bezwungen, die Späheraugen des Dominikaners ohne Aufruhr zu ertragen. Und hatte er dem lauernden geistlichen Zuspruch im Anfang seiner Selbstüberwindung noch verächtlich die Rückseite zugekehrt, jetzt ließ er auch das und lächelte nur vor sich hin in der Gewißheit, daß auch der Mann dort oben an der Luke nur tat, was er für gut befand und damit Schiffbruch leiden mochte oder durchkommen, wie andere Schiffbruch gelitten hatten oder durchgekommen waren mit dem, was sie für gut erachtet hatten, ohne zu ahnen, ob es in Wahrheit gut sei.

Nein, Imel vergeudete seine Kraft nicht mehr. Er saß meistens nachdenklich auf dem modrigen Lagerstroh und hatte die dünnen Hände gefaltet, und das weniger aus himmlischer Andacht, als vielmehr, damit eine die andere stütze und der unermüdliche, immer versunkener fließende Kreis seiner Gedanken darin sich schließe und Halt finde.

Von der Äußerlichkeit der Welt, inmitten Moder und Unrat nahm er manchmal den faden Duft des Alsterwassers wahr, das hinter den Mauern floß, und er roch die feuchten Frühlinge heraus und die staubigen Sommer, die Schauer des Herbstes und die Erstarrung des Winters und gedachte an den harten, weniger wandelbaren Geruch der See, deren Atem verschwenderisch über die Deiche und Weiden Frieslands weht. Der Gedanke an den Wind der Heimat hatte ihn anfangs rasend und mürbe gemacht. Aber er war aus zähem Holze, so wie die Boote, die er einst hatte bauen lassen, obgleich es die Festigkeit seiner Sehnen und die Geschmeidigkeit seiner Adern nicht allein war, was ihn aufrecht erhielt. Vielmehr gaben seine Hände Zeugnis von inneren Bildern, an die er sich sonst nicht gekehrt, die aber nun seine hinsiechende Hülle mit steigendem Glanze erfüllten, so daß die Zeit dahinter immer wesenloser wurde und verging und nicht mehr an ihm fraß wie zuerst. Somit denn trotzte er dem Zerfall mehr als vierundzwanzig volle Jahre, ehe er, ohne zureichende körperliche Nahrung, aller erhaltenden Bewegung bar, in Kummer und Hoffnung und immer mehr in ergebenem, fast heiterem Gleichmut zu Tode verdorrt war.

Bevor es nun in innerer Milde ganz mit ihm zu Ende ging, beschäftigte ihn oft ein gewisses Muschelhorn. Der Wächter im Teufelsturm berichtete später vielsagend grinsend darüber an Dirik, daß der Gefangene manchmal sonderbar vor sich hingebrummt habe, als blase er eine Art Horn, und habe auch darüber vor sich hingeredet, als sei es irgendeine kostbare und fremdartige Sache, und habe sich darin auch nicht mehr stören lassen, wie doch sonst die langen Jahre, wenn die Luke aufging. Alle seine Vorgänger an Wächtern könnten die gleichen unangenehmen Erfahrungen mit dem Jähzorn des Eingekerkerten bestätigen. Aber nun sei er sicherlich allmählich irren Sinnes geworden und ganz sanft und umgänglich, ganz ohne die früheren Wutausbrüche.

Der Dominikaner Hieronymus Knestel machte eine ähnliche Erfahrung, als er auf einer Leiter zu dem Sterbenden hinuntergestiegen war und nichts Gescheites bei ihm ausrichten konnte mit den bewährten Formeln der Seligkeit. Der Gefangene, dem ein zerfranster Gürtel, daran man noch etwas Goldstickerei erkannte, doppelt um die Lenden ging, sah in seiner verfilzten weißen Wildnis von Haar und Bart und unwahrschein lich abgemagert mehr einem Märtyrer denn einem Sünder gleich oder mehr einem Eremiten und Asketen, wie sie vormals die Zierde der Kirche gewesen. Und es ging eine stille, rührende Glückseligkeit von ihm aus, die gleichwohl dem, der zu richten und zu trösten gekommen war, reichlich voreilig und keineswegs der Hauch des Göttlichen deuchte. Dennoch vergaß Bruder Hieronymus auf Augenblicke alle klösterliche Litanei und horchte verwundert auf das, was hier aus der Dürftigkeit mit leiser klarer Tönung leuchtete und sich Zu wohlklingenden Sätzen formte, die, obschon friesisch, ihm nicht unverständlich blieben, stammte er doch selber von der Küste. Desto mehr erstaunte es ihn, wie solch gröblich gewesener Seebauer, dessen Herkunft und Schicksal ihm bekannt waren, zu solch gehobener Sprache gelange, es erinnerte ihn fast an den heidnischen Römer Publius Ovidius, dessen Ars amandi in einer abgegriffenen Handschrift heimlich in den Zellen zu Sankt Johannis herumgereicht wurde. Der aber, der hier aus zahnlosem Munde vor sich hinsprach, hatte es bestimmt nicht aus Büchern. Es mochte vielleicht sogar ein Gaukelwerk der Hölle sein, was in dem trüben Verließ aus der armen Hülse des Verbleichenden funkelte. Und es schien, als vermeine der, ein Horn, ein Muschelhorn, wie er es nannte, in den Händen zu halten und gar darauf zu blasen, so wie seine Söhne es als Kinder ohne Erfolg versucht, und daß es ihm angeblich wunderschön zu tönen beliebe, er sich auch, obschon er so elend in beginnender Auflösung dalag, auf dem Vorderkastell eines großen, herrlich dahinsegslnden Schiffes zu befinden glaubte und sich plötzlich entschuldigte, daß ihn in vergangenen Zeiten, da er es hätte reichlich haben können, nie danach gelüstet, und die Angst, so früh wie sein Vater in der Fremde zu verderben, ihn abgehalten habe, anders als nur zur Begutachtung der Fracht oder zu irgend welcher Verklarung an Bord zu gehen. Leider habe derlei Vorsicht sein eigenes Verderben nicht aufhalten können.

Nach einem gelinden Seufzer schwieg der Scheidende, und Knestel wollte nun seinerseits ansetzen und begann das große Sterbegebet, das denen geweiht ist, die aus der Gemeinschaft der Gerechten ausgestoßen sind, da aber sprach Imel Abdena weiter und hatte nunmehr alle Sorgen und Betrübnis abgestreift; denn sein Blick richtete sich gleichsam in eine unendliche Ferne, allwo ihm unbekannte und schöne Länder aufzutauchen schienen, schöner und reicher und friedevoller als die, die seine Heimat gewesen, und er setzte in überirdischer Fröhlichkeit an, sie jemandem zu zeigen und zu erläutern, und dieser jemand war, den liebreichen Redewendungen nach, weder der Beichtiger noch etwa der Engel Gabriel oder sonst einer, der in der letzten Not entsprechend gewesen wäre, sondern es schien ein Mädchen zu sein, das er neben sich auf dem schwankenden Vorschiff und recht nahe zu haben vermeinte, und er nannte es Sebalda und kleiner schwarzer Schmetterling — was letzteres auf Friesisch noch zärtlicher klingt — und riet ihm, einen gewissen Rosenkranz aus roten Korallen lieber ins Haar zu flechten. Gerade nun wollte der Dominikaner sich in geziemender Dringlichkeit seines Amtes entsinnen, da aber war es vorbei und keine Möglichkeit mehr, den plötzlich friedlich Entschlummerten mit den üblichen Ausweisen für den Himmel zu versehen.

Das Muschelhorn

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