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Der verzwickte herrliche Lärm eines Hafens wird nirgends ein so augenhafter, ja mit allen Sinnen verknüpfbarer runder Begriff wie gerade in Hamburg. Der dröhnende, hämmernde, kreischende Arbeitsgang der Werften, der überraschende Anblick dockender Ozeanriesen, das Wunder der selten gewordenen Schoner, Briggs, Barken und Viermaster, deren Top bis 60 Meter hoch ragt, die aussen und innen so mustergültigen und modernen Überseer der Hapag und die nicht weniger blitzsauberen der Hamburg-Südamerika-Linie, die der Woermann-, der Ostafrika-, der Sloman-Reederei und wie sie alle heissen, die Frachtdampfer der deutschen und ausländischen Schiffahrtsgesellschaften, sie zeigen ihre Nationale und ihre Kontorflagge allhier. Sie sind die grossartigen Vermittler von Ein- und Ausfuhr über See, die an den Rampen mächtiger Kais, an klug angelegten Piers zwischen Schuppen, Silos, Krähnen, Leichtern und Schuten löschen oder laden in dem grossen Umschlagverkehr vom Seeschiff ins Flussschiff oder in die Eisenbahn und umgekehrt. Tönende, dunstende, prickelnde Augenweide überall: Das Spiel der schnurrenden, rasselnden Laufkatzen, die unheimlichen Getreideheber, die aussehen wie urweltlich ungeheuerlich aufgerichtete Insekten; dazwischen Finkenwärder Fischerewer unter braunen Seils, Schwärme von Gemüsekähnen aus den Elbdörfern, die den Markt der Stadt beschicken, das Gewühl des Fähr- und Bugsierbetriebes, der Barkassen und Kleinfahrzeuge; dazwischen weisse Jachten, Ausflugdampfer, Blechmusik, winkende Tücher, überbrüllt von grossen und kleinen Bässen, von Sirenen, von hellschmetternden Schleppersignalen, von Pfeifen, Brummen, Gemecker, Zirpen der Weltschiffahrts- und Hafenstimmen. Mitten im Getöse hin und wieder noch die winzigen Fischerjollen altniederelbischer Prägung, deren asiatisch anmutendes kreisförmiges Wurfnetz wie eine auseinanderprallende Krinoline in die aufgewühlt gischtige, braunglasige Flut fällt. Dahinter die gitterigen Hellinggerüste der Werften, die steilen Mauern der Docks, die Tanks, Fabriken, Schlote der Freihafen-Industrie, die Speicherfluchten, die schwimmenden Zollschranken, Duckdalben, Höfte, Pontons. Und anderseits die Stadtsilhouette eng an diesen Wirbel gedrückt, die mit Menschen besäten ausgedehnten Landungsbrücken, die Kuppel des Elbtunnels, die Hafenstrasse, die Vorsetzen, das Johannisbollwerk mit den Bars, Hotels, Grogkellern, Stauer- und Bugsierkontoren, den Andenken-, Schiffs- und Seemannsbedarfsläden; den Seemannsmissionen, dem Seefahreraltenheim und was sonst noch dazugehört. Darüber die grünenden alten Festungshügel mit ihren prächtigen Ausblicken, mit der friedlichen Bastion der Seewarte, der bedeutendsten der Welt. Von hier werden die Zeppeline und meisten Ozeanflieger wetterdienstlich gelenkt. Ferner stehen da oben statt der früheren Mörser die Seefahrtsschule, das Seemannskrankenhaus und das weltberühmte Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten. Und höher ragt der geliebte „Michel“, der Barockturm der Sonninschen Michaeliskirche, und die St. Katharinen, dieser lustigste, pierettenhafte hansische Kirch- und Seefahrerturm mit der goldenen Seeräuberkrone. Das ganze Panorama ist ein toll zerklüftetes, in den Stilformen mancher Jahrhunderte gemengtes, hochbahnüberschnittenes, fabelhaft bewegtes, immer neu erregendes Gemälde, das zusammengehalten wird vom Qualm der tausend Schlote, vom Duft der Luken und Ladungen, diesem Rund-um-die-Erde-Dunst, und von der sonderbaren, an gewaltigen Wolkenstimmungen reichen, graufeuchten, schweren, irisierenden, perlmuttfarbenen, von Möven durchflirrten Hamburger Luft. Unvergesslich zumal ist dieser Eindruck in der frühen, langanschwebenden Herbst- und Frühlingsdämmerung mit dem unausschöpflichen Spiel und Widerschein der Lichter, Lampen, Positionslaternen. Blink-, Blitz- und Leuchtfeuer. Wer die dicke, feuchtdampfige Hamburger Luft, von der manche Binnenländer behaupten, sie sei in Streifen geschnitten und geröstet besser verdaulich, von Kindesbeinen an genossen hat, der wird nicht aufhören, die Stadt wie eine unwahrscheinliche Seeräubergeschichte zu lieben. In jedem Jungen allhier spuken die Taten der Likedeelerfürsten Störtebecker und Godeke Michels nach. Über die Strassenschluchten bis in die fernsten Vororte brummt und summt immer das Gefühl von Hafen, Wasserwind und weiter Welt, so dicht liegen die grossen Seeschiffe am Herzen der Stadt.

Hamburg - mit 64 Abbildungen

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