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Gringos go Home
ОглавлениеEin Abendessen im Urlaub...
Wir saßen wieder einmal in dieser Bar am Strand und die berühmte lokale Gruppe Los Stinkos Penetrantos spielte ihren Hit „Gringos go Home“ zum x-ten Mal. Und so langsam gewöhnte auch ich mich an den Penetrantos-Sound.
Aber an das Essen würde ich mich nie gewöhnen. Das Fleisch erinnerte an leicht warmgetretene Schuhsohle. Hatte ich da nicht sogar gerade den Schnürsenkel im Mund? Ach nein, das war eine alte Spaghetti, die sich wohl auf den Teller verirrt haben musste. Fisch soll hier sehr gut sein. Leider mag ich die Meeresbewohner nicht im Mund oder Magen. Würg...
Die Bedienung, ein dürrer, fast kahler älterer Herr, der zwischen den Tischen herumstolperte und sein Tablett mit den Getränken jonglierte, wäre wohl sicherer im Altersheim untergebracht. Ein wachsfarbenes Gesicht, dem der Schweiß in Strömen herunterlief unterstrich dieses prächtige Ambiente.
Einige unwiederbringliche Szenen ergaben sich, als er einem jungen Mann versehentlich ein altes Bier in den Nacken schüttete oder einer älteren Dame den jungen Spinat auf ihrem weißen Kleid präsentierte. Genial der Mann. Sollte schon seine eigene Show haben. Oder war das „Die Show“? So hatte ich das noch gar nicht betrachtet.
Die Band hatte Pause und die Musikanlage spielte die Toccata von Bach. Das brachte den Dienstleistungsträger auf Touren. Er bewegte sich weitaus schneller als vorher. Auch seine Schritte zwischen den Tischen wurden präziser und graziler.
Auch die Gäste aßen in einem anderen, schnellerem Rhythmus. Offenbar wird das Gehirn durch Musik schwer beeinflusst und passt sich dem in irgendeiner Weise an. Und wenn die Gäste schneller essen wird auch schneller Platz frei für die nächsten Gäste.
Die Frau am Nebentisch, die ihren langweiligen Freund gegenüber kaum beachtet, lässt ihr Blicke schweifen. Und sie bleiben bei mir hängen. Ups, ein Augenaufschlag der es in sich hat. Ich ergreife verlegen mein Bierglas und nehme einen tiefen Schluck. Muss aber dann wieder zurückblicken. Ein Lächeln fließt zu mir herüber. Noch ein tiefer Schluck bei dem ich mich verschlucke und pruste. Schei...., peinlich, rot werd' und woanders krampfhaft hin guck. Was macht eigentlich die Knallcharge von Ober? Nichts zu sehen.
Die Musik hat immer noch Pause und aus den Lautsprechern dröhnt I can't get no Satisfaction von den Stones. Durch die Musik inspiriert wage ich noch einmal einen Blick auf die Schöne am Nebentisch. Sie sieht mich unverwandt lächelnd an während ihr Freund sauer wird.
Ich zwinge meine Blicke ab und sehe auf das Meer. Der Sonnenuntergang, der Strand und der leichte warme Wind versetzen mich in eine Stimmung der Ruhe. Oder auch nicht.
Da kommt dieser Ober auf mich zu und fragt nach meinen Wünschen. Noch ein Bier? Ja gerne, danke. Aber nicht in den Kragen bitte, denke ich.
Soll ich noch einen Blick riskieren, vielleicht auch ein blaues Auge von ihrem Freund. Nee, besser nicht.
Aber ich Idiot kann es ja nicht lassen. Ein letzter Blick. Ja, das war der letzte Blick. Denn jetzt steht ihr muskelbepackter Freund auf und kommt an meinen Tisch. Möchten sie sich zu uns setzen, fragt er. Jetzt gibt es nur zwei Antworten. Ja oder nein.
Meine Alternative erstreckt sich in einem gedehnten Warum. Der Mann wird sauer. Ich merke es sehr deutlich. Ich wollte gerade zahlen. Habe keine Zeit mehr, sage ich recht verschwommen. Der Mann ist zufrieden und ich eigentlich auch. Er kehrt zurück an seinen Tisch und fühlt sich als Sieger. Wenn ich seine Freundin ansehe ist er das nicht. Aber das geht mich ja nichts an.
Der Ober, der mich an den neunzigsten Geburtstag oder „The same procedure as last Year“ erinnert, offenbart mir die Rechnung. Ich gebe reichlich Trinkgeld denn seine unfreiwillige Show und Komik war einmalig.
Eigentlich gehe ich ja jeden Abend hierher um zu essen. Wahrscheinlich würde ich woanders etwas Besseres zu essen bekommen. Aber mit Sicherheit nicht solche Darbietungen. Ich verlasse zufrieden das Lokal und höre den Einsatz der Band.
Gringo, go Home…
Ist ja gut Leute. Mache ich ja. Ich lache in mich hinein.