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ОглавлениеTeil 1/ Kapitel 1. Claudio / die Prägung. Kleinenbroich, Schmallenberg und Kiel 2058-2070
1.
Am Sonntag klagten die Zwillinge über Appetitlosigkeit und Übelkeit. Am Abend hatten sie leichtes Fieber, das sich in der Nacht erhöhte. Am Montag früh meldete Mama die Zwillinge krank.Als Claudio von der Schule kam, war der Hausarzt gerade da. Die Geschwister litten unter keuchendem Husten und Atemnot. Der Arzt diagnostizierte eine Grippe und Mama fuhr eilig in die Apotheke, um Antibiotika zu besorgen. Die Zwillinge fieberten in der Nacht. Sie hatten Albträume und sie wachten mehrfach auf, weil sie unter heftigen Gliederschmerzen litten. Als Claudio am Dienstag nach Hause kam, wurden die Zwillinge gerade in einen Krankenwagen gerollt, der sie ins Kreiskrankenhaus bringen würde. Am Mittwoch klagten auch Claudio und Mama über Übelkeit, und während des Tages stellte sich Fieber ein. Papa kam am Abend und er legte sich gleich ins Bett. Auch ihn hatte es erwischt. Der Hausarzt kam am Donnerstag mit Mundschutz und sterilen Handschuhen und er entnahm Blutproben. Am Abend kamen mehrere Krankenwagen. Claudio, Mama, Papa und etliche Kinder aus dem Kindergarten und der Grundschule wurden abgeholt. Sie wurden alle ins Krankenhaus nach Mönchengladbach gebracht.
Dort hatte man eine ganze Station abgeriegelt. Es gab Kontrollen. Es gab Schleusen. Es gab Ärzte und Pfleger in Schutzanzügen aus Plastik. Zu diesem Zeitpunkt wusste man bereits, dass es sich nicht um eine harmlose Grippe handelte, sondern um KIS, eine hochansteckende Viruskrankheit. Inzwischen wusste man auch, wie sie ausgebrochen war.Meike, Rosi und ein paar andere Kinder hatten im Hof des Kindergartens eine Katze gefunden. Sie war zahm, sie ließ sich streicheln und sie war seltsam matt. Die Kinder erzählten zunächst nichts, weil sie wussten, dass die Kindergärtnerinnen nicht duldeten, dass man fremde und unbekannte Tiere anfasst. Inzwischen hatte man den Kadaver gefunden und obduziert. Die Diagnose war eindeutig, und inzwischen hatte sich die Seuche ausgebreitet. Mehrere Tiere in Kleinenbroich waren krank und immer mehr Kinder und Erwachsene wurden jetzt eingeliefert, auch der Hausarzt.In Kleinenbroich fuhren wieder die Männer in den weißen Schutzanzügen herum, wie schon einmal, einige Jahre zuvor. Damals hatte das Claudios Wahrnehmung bleibend beeinflusst. Häuser wurden isoliert und mit Folien abgedichtet. Überall kam Chlor und Desinfektionsmittel zum Einsatz. Tierbestände wurden prophylaktisch gekeult und in die nächste Verbrennungsanstalt geschafft. Der ganze Ort wurde abgeriegelt. Niemand durfte mehr zur Arbeit. Lieferwagen wurden geschickt, um die Menschen mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Das Trinkwasser musste abgekocht werden. Schon längst hatte die Seuche auf andere Orte übergegriffen. Papas Büro in Neuss musste geschlossen werden und die Mitarbeiter wurden in Zwangsurlaub geschickt.
2.
Auch Kevin war ins Krankenhaus gekommen. Er lag neben seinem Freund Claudio und anderen Kindern. Sie waren an Sauerstoff-, und Infusionsschläuche gebunden. Atmung, Kreislauf und Blutdruck wurden von Geräten überwacht. Das Personal trug Masken und wirkte wie von einem andern Stern. Der knapp achtjährige Claudio schlief viel, und wenn er wach war, dämmerte, schwitzte und hustete er vor sich hin. Trotz der Schmerzmittel fühlte Claudio einen dumpfen Schmerz. Das Sprechen fiel ihm schwer. Irgendwann bekam er mit, dass Kevin aus dem Zimmer gerollt wurde. Später sollte er erfahren, dass der Freund an akutem Nierenversagen gestorben war. Auch die Zwillinge sollten diese Pandemie nicht überleben. Papa starb genauso, wie viele weitere Patienten, die in den ersten Tagen in Mönchengladbach eingeliefert worden waren. Claudio und Mama überlebten, und es wurden umfangreiche Tests gemacht. Später sollte Claudio lernen, dass eine genetische Mutation ihm das Leben gerettet hatte. Eine eigentlich harmlose Abweichung, die Mama auf Claudio vererbt hatte.
Er hatte schon früher von dieser Krankheit gehört, die ihn befallen hatte. Ähnliches hatte es in Deutschland immer wieder gegeben, mit verheerenden Folgen. Er kannte Vorsichtsmaßnahmen im Kindergarten und in der Grundschule, die von den Kindern als lästig empfunden wurden, wie ständiges Händewaschen mit Desinfektionsmitteln, aber so eine Krankheit kommt erst richtig ins Bewusstsein, wenn man Zeuge davon wird, oder wenn man selbst betroffen ist, vor allem dann, wenn man erst acht Jahre alt ist. Die Krankheit war auch nicht neu. Man bezeichnete sie als “Kollabierendes-Immun-System” oder kurz KIS, und sie war damals im Jahr 2040 ausgebrochen. Als der Virus erstmals in Indien, Bangladesh und im Süden Chinas auftrat, nahm man das gar nicht als globale Bedrohung wahr, sondern nur als eine neue Art von Grippe, die sich bald erledigen würde, wie das fast immer so ist. Bald wurde jedoch klar, dass es sich um eine Seuche handelte, ähnlich der Pest, der Pocken, von SARS, Ebola oder der Vogelgrippe, nur viel schlimmer. Schon in wenigen Tagen überschritt diese anfangs noch unbenannte Krankheit die Grenzen Asiens, und schwappte nach Australien, Japan, Afrika, Europa und Amerika. Die Viren griffen massiv und auf verschiedenen Ebenen an.
Später hatte man herausgefunden, das die Krankheit von Parasiten übertragen wurde, ähnlich wie die Hirnhautentzündung. Nur waren diesmal die Wirte nicht nur bei Spinnentieren zu finden, sondern auch bei Hausmilben, Läusen, Fruchtfliegen und Stechmücken. Diesmal waren nicht nur Menschen betroffen, sondern auch in großer Anzahl Hunde, Katzen, Affen, Ratten, Mäuse, Igel, Waldtiere und Vögel. Die Krankheit zeichnete sich zunächst durch Mattigkeit, Herzrasen, Schweißausbrüche und Fieberanfälle aus und führte dann zum Zusammenbruch verschiedener lebenswichtiger Systeme. Betroffen wurden die Nieren, die Leber und schließlich das zentrale Nervensystem. Wenn einmal das Stadium wilder und unkontrollierter Zuckungen erreicht war, war des Endstadium bereits eingeleitet. Die Infektion wurde aber schon in einem viel früheren Stadium der Krankheit an anderen Wirte weitergegeben, als sie noch gar nicht sichtbar war. Die Erreger wurden Millionenfach im Urin, Kot, Speichel und Schweiß ausgeschieden. Sie gelangten über Fluggäste und Blutkonserven nach Europa und in die USA. Sie wurde von Zugvögeln und Wildtieren verbreitet, die alle voller Milben sind.
Zum zweiten mal seit Ausbruch von AIDS waren die Virulogen völlig hilflos, nur dass KIS um vieles ansteckender und gefährlicher war. Allein in den Jahren 2040 bis 2060 starben über zweimilliarden Menschen und noch mehr Tiere, die man schließlich aufsammeln musste, um sie kontrolliert zu verbrennen. In der Wissenschaft nennt man das eine Zooonose, also eine Krankheit, die von Tieren auf den Menschen übertragen wird. So genau wusste man nicht, wie die Krankheit entstanden war, aber man hatte die Überträger der Krankheit schnell ausfindig gemacht, und die saßen überall. Auf Blättern, in Bettlaken, in Teppichen, im Fell der Tiere und schließlich in den Tieren selbst.Weil man zunächst keinen Impfstoff fand, versuchte man die Wirte zu bekämpfen. Man setzte Prämien auf gefangene Ratten und Mäuse aus. Hunde, Katzen und zahme Vögel wurden in speziellen Tinkturen gebadet. Die Katzen hatten sich vehement gegen diese Kuren gewehrt und es hatte so manche Schrammen und Bisse gegeben, so dass viele dieser Hauskatzen auf Anweisung der Seuchenämter eingeschläfert werden mussten. Wilde Katzen wurden kurzerhand mit Futter angelockt und vergiftet, manchmal sogar gegen heftigen Widerstand von Tierschützern.
Die WHO riet eindringlich zur Sauberkeit. Man bat darum, einmal getragene Kleidung regelmäßig auszukochen. Teppiche und Bettlaken unterzog man einer Desinfektion. Waschbecken, Toiletten und Duschen in öffentlichen Gebäuden wurden mit Desinfektionsmitteln geradezu ertränkt. Schwimmbäder wurden geschlossen, weil das Chlor zwar das Wasser desinfizierte, nicht aber die Duschen, Gummimatten oder Fußböden. Schließlich verbot man große Menschenansammlungen, weil sich die Seuche auch noch über Schweiß oder einen Händedruck verbreitete.Kasernen und Fabriken wurden zu regelrechten Seuchenschleudern, bevor man dazu überging, die Räume mit Chlor und anderen Mitteln großflächig zu desinfizieren.Schlimm war die Versorgung mit Blutkonserven. Es war längst üblich, in der Dritten Welt Blut zu sammeln, ohne dass strenge hygienische Maßnahmen durchgeführt wurden, und durch dieses Blut gelangte die Krankheit in den Wochen nach ihrem Ausbruch nach Europa und in die USA, zunächst völlig unerkannt. Auch 2058 war noch immer kein Impfstoff gefunden, und während die Seuche sich in Nordrhein-Westfalen verbreitete, wütete sie dutzendfach in anderen Teilen der Welt. Seltsamerweise starben nicht alle Patienten, die an KIS erkrankten, vor allem nicht in Europa. Die Virologen kannten inzwischen den Grund. Sie konnten sogar die gegen die Krankheit gebildeten Immunstoffe bestimmen und isolieren, aber es war bisher immer noch nicht gelungen, einen Impfstoff zu finden, der gegen die ständige Veränderung der Viren wirksam anzuwenden war. Claudio hatte Glück gehabt.
3. Als Claudio schließlich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war nichts mehr, wie es einmal war. Noch immer wütete die Krankheit. Sie hatte sich schließlich auf ganz NRW ausgedehnt. Sämtliche Ärzte in großem Umkreis waren in Alarmbereitschaft, doch auch Ärzte und Krankenschwestern gehörten längst zu den Opfern der Epidemie, die sich immer mehr ausbreitete. Erst nach sechs Monaten bekam man die Seuche in den Griff, durch rigorose Anordnungen und hunderte von freiwilligen Helfern, die den Gesundheitsbehörden, den Veterinärämtern, der Polizei und den Fortstellen unter Lebensgefahr halfen, um Krankheitsherde ausfindig zu machen. Weg war die Krankheit nicht. In diesen sechs Monaten hatte es allein in Nordrhein-Westfalen über 400.000 Tote gegeben.Überall wurden Messen gelesen, und im Kölner Dom wurde ein steter Strom an Pilgern gemessen, die stumm und ergriffen um eine Befreiung von dieser Seuche beteten, obwohl die Behörden in diesen Tagen große Menschenansammlungen verboten hatten.
4.
Für Claudio änderte sich das Leben im Sommer des Jahres 2058 grundlegend. Er litt unter dem Verlust des Vaters und der Zwillinge, aber er sah auch das Leid, das sich tief in das Gesicht seiner Mutter eingegraben hatte. Das Büro des Vaters war amtlicherseits fast einen Monat geschlossen worden. Allein dort waren zwölf Mitarbeiter an den Folgen der Seuche gestorben. Für alle anderen hatte man den Lohn weiterzahlen müssen, bevor die Krankenkasse einsprang. Alle Aufträge waren auf Eis gelegt. Mehrere Kunden sprangen ab, weil die Termine nicht gehalten werden konnten. In einem Fall gab es Schadenersatzforderungen und die Kunden hatten schließlich auch Angst, dass die Mitarbeiter des Büros die Krankheit auf die eigenen Mitarbeiter übertragen.Eine Versicherung für diesen Ausnahmefall gab es nicht. Claudios Mutter bemühte sich um Darlehen, aber die deckten nur einen Teil der Kosten ab. Schließlich sah sich Claudios Mutter gezwungen, das komplette Büro einschließlich der Immobilie und aller Lizenzrechte zu verkaufen. Das half ihr, dass sie wenigstens das Haus in Kleinenbroich behalten konnte.
Claudio ging wieder zur Schule, aber das große leere Haus war bedrückend. Noch lastete die Seuche wie ein Fluch auf der Ortschaft. Das Haus war unverkäuflich, aber sobald sich eine Gelegenheit ergeben würde, würde Mama mit Claudio in eine Mietwohnung umziehen und das Haus abstoßen. Schließlich hatte eine Holding mit Sitz auf den Seychellen das Ingenieurbüro gekauft und angeordnet, dass die Arbeit sich künftig mehr dem Schwerpunkt sanfter Technologien widmen solle. Die Holding hatte nicht üppig gezahlt, aber durch die von dem Ingenieurbüro gehaltenen Patente waren über hundert Millionen Euro zusammengekommen. So wurde Mama plötzlich reich und sie beschloss, einen Teil des Geldes für eine exzellente Ausbildung ihrer Sohnes zurückzulegen.
Claudios Tante Carola hatte den Deal eingefädelt. Sie war eine Cousine seines Vaters und sie lebte in Berlin, um dort Einfluss auf gesetzgebende Prozesse im Bereich sanfter Technologien zu nehmen. Sie beschäftigte dort einen ganzen Stab von Mitarbeitern und sie hatte ständigen Kontakt zu vielen Firmen aus der Solartechnik, der Homöopathie, der Wasseraufbereitung, oder Schadstoffmessung. Sie hatte auch Kontakt zu der Repräsentantin dieses Konsortiums, eine Frau Josefina Maierhauser-Vargas aus Böblingen, die im Bereich von Umwelttechnologien und Umweltschutz als eine Art Päpstin galt. Claudio wusste von seiner Tante Carola wenig, und von Josefina Maierhauser-Vargas wusste er nichts, außer dass er sie sie schon einigemale im Fernsehen gesehen hatte. Dort gab es Galas und eine regelmäßige Fernsehshow, die sich bedrohten Tier- und Pflanzenarten widmete und Spendengelder sammelte. Es ging da manchmal um Seerobben, manchmal um Schmetterlinge, oder seltene Pflanzen, um bedrohte Bienen, oder um Seeadler. Claudio liebte solche Sendungen, die voll waren mit schönen Tierbildern, und die an das Gefühl der Menschen appellierten. Er wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass sein Vater in der Vergangenheit schon mehrere Projekte für Josefinas Firmen durchgeführt hatte, und dass Vaters Büro in Fachkreisen längst mit sanften Technologien in Verbindung gebracht wurde.
5.
Claudios Mutter bestand darauf, dass er die Grundschule in Kleinenbroich, und in seiner gewohnten Umgebung abschloss. Durch die ständigen Kontakte zu Tante Carola, zu Josefina Maierhauser-Vargas, ihren Anwälten und zu den Mitarbeitern des Ingenieursbüros wuchs Claudios Mutter aber Stück für Stück in diese neue Welt hinein. Ein besonderer Kontakt bestand zu dem Chefingenieur des Büros, der bei dieser Epidemie seine Frau verloren hatte. Anfangs war Jan de Witt verbittert, und er hatte Claudios Schwestern indirekt die Schuld am Tod seiner Frau gegeben, aber er hatte bald begriffen, dass die Seuche gleichzeitig an mehreren Stellen ausgebrochen war. Ein Geschäftsreisender hatte sie eingeschleppt. Irgendwann war diese Ablehnung in gemeinsames Leid und dann in Verständnis und Zuneigung umgeschlagen. Claudio ahnte, dass Mama und dieser Jan inzwischen das Bett miteinander teilten, zumindest war Jan an den Wochenenden des öfteren da, und er hatte so etwas wie eine väterliche Freundschaftsrolle für Claudio übernommen. Das gab Claudio Halt. Claudio hatte in dieser Epidemie Freunde verloren und eins hatte er gelernt: man braucht die Vertrautheit, die sich über Freunde manifestiert. Seine Mutter wirkte glücklicher, seit Jan sie regelmäßig besuchte, und sie hatte wieder angefangen stundenweise zu arbeiten. Diesmal hatte sie einen neuen Job. Sie arbeitete jetzt für die Stiftung von Josefina Maierhauser-Vargas, um Einfluss auf die Landespolitik zu nehmen, die in Düsseldorf gemacht wurde. Es gab da viel zu tun. Die klimatischen Bedingungen waren um 2050 dergestalt, dass man Gesetze, Verordnungen und Technologien brauchte, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Das hatte auch Claudio inzwischen verinnerlicht. In der Grundschule hatte man sich ein Jahr lang der aktiven Trauerarbeit verschrieben. Man hatte viele Themen aufgegriffen, die sich mit der Bearbeitung von Leid, aber auch mit den Ursachen für solche Katastrophen beschäftigten. Es war ja längst nicht vorbei. Die Menschheit steckte mitten in einer globalen und übermächtigen Krise, und diese Seuche war nur ein Teil einer klimatisch chaotischen Entwicklung, welche die ganze Welt erfasst hatte.
6.
Mit Beginn der fünften Klasse wechselte Claudio in eine Schule, die als Kaderschmiede der Elite galt. Mama hatte Claudio mehrfach dorthin mitgenommen, und Claudio hatte schließlich zugestimmt, obwohl ihm das furchtbar weit weg von Zuhause erschien. Der Luftkurort Schmallenberg lag im Sauerland, etwa 130 Km Luftlinie von Neuss entfernt, an der Grenze zum Rothaargebirge in 400-440m Höhe. Viele Kinder von hohen Politikern und Industriellen lebten dort. An den Wochenenden oder in den Ferien wurden sie manchmal abgeholt.Was Claudio letztlich überzeugte, war, dass es dort neben dem regulären Unterricht diverse Kurse gab, von Ökonomie über Recht, der angewandten Physik und Chemie bis zu polytechnischen Werkstätten. Es gab ausgedehnte Sportanlagen und Freizeitaktivitäten. Außerdem war der Ort klein und überschaulich, ähnlich wie Kleinenbroich, und ringsherum gab es Waldwege, die zum Mountainbikefahren einluden. Für seine Mutter waren noch andere Gründe überzeugend. Die Johann-Heinrich-Klingenberg-Schule hatte sich inzwischen den Ruf einer Art Denkfabrik erworben. Das Fraunhofer-Institut für angewandte Molekularbiologie war im Ort ansässig. Es gab Schiefergruben, Bergbau, und einige Unternehmen der Laser-und Hochtechnologie, die alle Praktikumsplätze anboten. Wer hier zur Schule ging, der hatte eine goldene Zukunft, wenn er sich nicht besonders blöd anstellte, oder wenn er früh verstarb, was in diesen Tagen nichts ungewöhnliches war.
Für Claudio begann eine neue Welt. Er musste sich nicht nur gegen die Sprösslinge einer selbsternannten Elite behaupten, sondern sich auch mit den Lehrern und dem ausgedehnten Lehrangebot auseinandersetzen. Er fand Freunde und Gegner. Er fand die alte Liebe am Werkeln wieder, und er suchte die Nähe zu aktiven Sportlern. Er erlebte Dünkel, Mobbing und Besserwisserei, und er wählte sich seine Freunde sehr gezielt aus. Er schloss schließlich eine Unmenge an Kontakten, die sich für sein späteres Leben als sehr nützlich erweisen sollten. Schmallenberg war wirklich eine Kaderschmiede. Die Lehrer achteten darauf, dass die Schüler die Voraussetzungen erwarben, um in ihrem späteren Leben Führungsrollen zu übernehmen. Bereits im ersten Jahr erlebte Claudio, dass die Seuche KIS nicht vorbei war. Unten in Bayern und im gesamten Alpenraum grassierte die Seuche. Die halbe Belegschaft der Bayrischen Motorenwerke erkrankte und der Landtag musste für ein halbes Jahr geschlossen werden. Allein im Großraum München gab es über 300.000 Tote. Die Friedhöfe konnten die Mengen gar nicht aufnehmen. Es kam zu Massenverbrennungen, wie schon zuvor in Nordrhein-Westfalen. In der Schule gab es Heimreise- und Ausgehverbote. Überall wurden sogenannte Schleusen aus Folien aufgehängt. Beim Betreten der Schleusen musste man sich die Hände und die Schuhe desinfizieren. Die Schüler und die Lehrer mussten einen Mundschutz tragen. Es gab regelmäßige ärztliche Untersuchungen. Man achtete sehr darauf, dass die Schule ein Schutzraum für die angetrauten Zöglinge war. Zwei der Schüler mussten sogar die Schule verlassen, weil sie mehrfach gegen die Vorschriften verstoßen hatten. Solche Schutzmaßnahmen wurden auch in den folgenden drei Jahren rigide durchgeführt, als die Seuche erst in Frankreich, dann in den Niederlanden, in Sachsen und in Polen wütete. Aufatmen konnte man erst, als man im Jahr 2063 endlich einen Impfstoff fand, und die gesamte Schule geimpft wurde. Man hatte lange gebraucht, bis man den Impfstoff weltweit vermarkten und anwenden konnte. Auch Claudio wurde geimpft, obwohl er Antikörper in sich trug.
Es gab anderes. Wer das Schulgebäude verließ, um beispielsweise eine Fahrradtour in die Umgebung zu machen, musste sich von den Füssen bis zur Hüfte mit Mitteln gegen Milben einsprühen. Es gab Sommer, da wurden die Zimmer mit Mitteln eingenebelt gegen Stechmücken, Bettwanzen oder andere Blutsauger, die gefährliche Krankheiten übertrugen. Man benutzte hierfür schon lange keine chemischen Keulen mehr, sondern Substanzen auf Pflanzenbasis. Die Anwendung regelmäßiger Schutzmaßnahmen brannte sich sich geradezu in Claudios Gedächtnis ein. Einmal wurden neben der Schule 50 Hektar Wald gerodet. Ein Käfer, der aus Asien eingeschleppt worden war, hatte das Holz befallen. Es gab nur ein Gegenmittel. Radikale Rodung. Das Holz wanderte nach dem Abtransport in ein Heizkraftwerk. Der Sommer war heiß und die Berge wirkten hilflos, nachdem die Forstarbeiter den Boden mit ihren tonnenschweren Reifen umgepflügt hatten. Nur die Strünke waren übrig geblieben, aber auch die wurden noch im selben Jahr aus dem Boden gezerrt. Es blieben tiefe Krater zurück. Das nächste Jahr wurde nass, und die Krater verwandelten sich in Tausende von Wasserlöchern mit Myriaden von Stechmücken. Auf den Hängen bildeten sich Rinnsale, bevor sich auf dem erodierten Boden plötzlich zaghaftes Grün zeigte, das noch im selben Sommer zu mannshohem Gras, Disteln, Brennesseln und ersten Büschen heranwuchs. Weißdorn, junge Haselnusssträucher, Schlehen. Wer weiß, woher die Samen so plötzlich hergekommen waren. In der neuen und fast subtropischen Vegetation flatterten plötzlich Schmetterlinge und viele Singvögel, die es sonst hier nicht gab. Wer sich frühmorgens auf die Lauer legte, konnte Rehe, Wildschweine, Hasen, Füchse und Greifvögel beobachten. Claudio beobachtete diese Entwicklung staunend und fast ungläubig. Wie jedes Kind war Claudio in seine Zeit hineingeboren worden. Dort, wo man aufwächst, fühlt man sich Zuhause, und er hatte seine Umgebung bisher mit den Augen eines unschuldigen Kindes beobachtet. Claudio lernte an dieser Schule erstmals, systematische Vergleiche zu früheren Zeiten anzustellen, und Prognosen für die Zukunft zu entwickeln. Er begriff jetzt kognitiv, dass ein radikaler Wandel totaler Verlust, aber auch ein Neubeginn sein kann.
7.
Zuhause wurde einiges umgekrempelt. Seine Mutter teilte ihm bereits am Ende des 5. Schuljahres mit, dass sie das Haus in Kleinenbroich verkauft hatte. Sie hatte ein neues Haus mit Rheinblick erworben, südöstlich von Neuss. Dort würde sie in Zukunft zusammen mit Jan de Witt leben. Claudio sei immer willkommen. Für Claudios Mutter war das kein hohles Gerede. Wenn Claudio kam, war sie ganz für ihn da. Jan baute seine väterliche Freundschaftsrolle aus, ohne ihm die Erinnerung an den Vater zu nehmen. Claudio knüpfte aber auch Kontakte zu den Familien von Mitschülern. Das waren insbesondere die Freunde Anton, Benni und Susi, und diese Kontakte eröffneten Claudio einen völlig neuen Horizont. Über Mama, Tante Carola und Josefina Maierhauser-Varags fand Claudio den Zugang zu dem weltweiten Geflecht aus Josefinas Konsortien. Über Jan erhielt er Zugang zu den Ingenieuren aus dem Büro und zu weltweiten Kontakten der Firma.
Als Claudio schließlich 2069 das Abitur machte, verfügte er über ein stabiles Netz an sozialen Kontakten, und über ein profundes Wissen in den Bereichen der Umwelttechnologien. Er hatte inzwischen das Segeln gelernt, weil die Familie von Anton Eigner eines veritablen Zweimasters war, und ihn häufig zu Törns einlud. Er hatte etliches zu den Bedrohungen erfahren, die aus der Erhöhung des Meeresspiegels resultierten. Er wusste inzwischen über die Gefahren, die sich aus der Ablagerung von Atommüll, Klärschlämmen, Fracking und Kunststoffabfällen ergeben hatten. Er wusste von diesem gewaltigen Ozonloch, das die Welt weiter aufheizte, zu Verbrennungen und Krebserkrankungen führte, und die Entstehung von Pandemien war nicht vorbei. Er wusste um die weltweite Verknappung von Resourcen, die dazu geführt hatte, dass sich der Rohstoffbedarf ohne ein konsequentes und systematisches Recycling nicht mehr decken ließ. Er hatte auch zwei Praktika im Fraunhofer-Institut absolviert und Einblick in die Gefahr der ständigen Veränderung von Zellstrukturen gewonnen, die sich besonders bei Insekten, Milben, Viren und anderen massenhaft auftretenden Organismen bildeten. Claudio hatte aber auch gelernt, dass der weltweite Bedarf an Nahrungsmitteln nie für alle gereicht hätte, wenn die Weltbevölkerung in den vergangenen 30 Jahren nicht durch KIS und andere Krankheiten um 50 Prozent dezimiert worden wäre. Der Klimawandel war global, und die Folgen des jahrhundertelangen Missbrauchs der Natur waren umfassend. Er hatte gelernt, Vergleiche anzustellen. Er wusste, dass die durchschnittliche Welttemperatur im Vergleich zum Jahr 2000 um sieben Grad emporgeschnellt war, mit ernsten Folgen für das, was man als das Gleichgewicht der natürlichen Kräfte bezeichnet. Die Menschheit hatte dazu übergehen müssen, immer neue Überlebensstrategien zu entwickeln.
8.
Claudio lernte in dieser Schule allerdings auch, dass man das Leben genießen musste, solange das ging. Also machte Claudio nach dem Abitur mit Anton und einigen Freunden erst mal einen längeren Segeltörn. Im Herbst absolvierte er dann ein ausgedehntes Praktikum in der ehemaligen Firma seines Vaters, und im Winter hospitierte er bei seiner Mutter. Zum Frühjahrs-Semester schrieb er sich schließlich in Hamburg ein, um Deich-, Schleusen-und Sperrwerksbau zu studieren. Während seiner Segeltörns mit Anton hatte er erfahren, wie wichtig der Schutz der Küstengebiete geworden war. Es gab inzwischen Mörderwellen, die eine Stadt glatt überrollen konnten. Nach dem Vordiplom ging Claudio an die Universität in Kiel, die in Punkto Sperrwerksbau als vorbildlich galt. In den alten Fabriksgeländen der ehemaligen Schiffswerften wurden heute riesige Schleusentore produziert. Das hatte der Stadt Kiel nach dem Niedergang der Werftindustrie einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert.
An der Kieler Uni traf er Susi, Benni und Anton wieder.Kiel und Hamburg sind Städte, die durch die Erhöhung des Meeresspiegels und durch gewaltige Sturmfluten wohl längst untergegangen wären, hätte man nicht gewaltige Deiche, Sperrwerke und Schleusen gebaut. Andere Regionen an der Nord- und Ostsee waren allerdings fast komplett überspült worden, wie etwa die früher einmal beliebten Ferieninseln Fehmarn, Rügen, Zingst, Sylt und Norderney, oder auch die Halligen im Wattenmeer, sehr zum Bedauern von Vogelschützern, Touristen und friesischen Traditionalisten. Auch die Shetland Inseln und viele Küstengebiete waren (zumindest teilweise) ein Opfer des Anstiegs der Weltmeere geworden. Es gab dort nur noch einige Felsen, die aus dem Wasser ragten. Die küstennahen Städte Rostock, Bremen, Hamburg, Amsterdam, Rotterdam, Oslo und London hatte man mit viel Aufwand und mit noch mehr Geld gerade noch erhalten können. Kopenhagen hatte man dagegen völlig ins Binnenland umsiedeln müssen. Die Altstadt war überflutet worden. Viele kleinere Städte waren komplett abgesoffen, weil sich der Aufwand eines umfassenden Schutzes einfach nicht lohnte, etwa das frühere englische Seebad Brighton, Le Havre oder Brest. Bei einigen Weltstädten waren die flachen und am Meer liegenden Teile trotz aller Schutzmaßnahmen in Sturmfluten versunken. Etwa in Rio, Buenos Aires, Bangkok, oder Hongkong.Auch Emden war mehrmals durch Sturmfluten zerstört worden, bis man die Dollard-Bucht, den Jadebusen, die Kieler Förde und all die großen Flüsse, wie Weser, Elbe oder Themse mit gewaltigen Sperrwerken versah. Emden war hinter diesem Sperrwerk auf einer künstlich angeschütteten Anhöhe neu gebaut worden.
Diese Sperrwerke waren technische Meisterleistungen mit Schleusen, Windmühlen zur Stromerzeugung, Pumpen und Fischtreppen. Hinter manchen Sperrwerken waren große Binnenseen entstanden, die durch ständigen Austausch mit Frischwasser versorgt werden mussten, damit sie nicht wegen Sauerstoffarmut umkippen.Es gab am Boden verankerte frei schwimmende Bojen, die über Solarenergie ständig Sauerstoff in die tieferen Gewässerschichten pumpten, um der Algenbildung vorzubeugen. Innerhalb dieser Binnenseen hatte sich sogar ein neuer Fischreichtum entwickelt und das Angeln und Segeln war zum neuen Freizeitsport geworden. Allerdings war dieses Biotop äußerst fragil. Bei großer Hitze trieben die Fische von Zeit zu Zeit mit dem Bauch nach oben auf der Wasseroberfläche. Viele Küstenregionen lagen jetzt unterhalb des Meeresspiegels, geschützt nur durch gewaltige Deichanlagen. Wenn so ein Deich brach, dann wurden viele hundert Quadratkilometer Land unter Wasser gesetzt.Der Beruf des Deich-und Sperrwerkbauers war für die Wirtschaften des Landes und das Überleben der Menschen genauso überlebenswichtig geworden, wie viele andere Berufe rund um das Recycling von Rohstoffen, und die Erzeugung von Energie. Dazu gehörten auch Wasserwirte, Forstwirte, Agraringenieure und Biologen zur Rettung der Tier- und Pflanzenwelt. Man brauchte einfach Technologien und Verfahren zum Schutz der Lebensräume (der biologischen Kreisläufe), der Erzeugung von Nahrung und der Rückgewinnung von Wertstoffen. Es war ein guter Beruf, und Claudio würde wohl sein Leben lang sein Auskommen haben.
Auch das Binnenland war betroffen. England war immer wieder von Regenfällen geradezu überschwemmt worden. In anderen Regionen kam es zu anhaltenden Trockenheiten, Schneefällen oder orkanartigen Stürmen, die alles lahmlegten. Claudio war in eine schwierige Zeit hineingeboren worden. Eine Zeit, in der eine Natur- und Umweltkathastrophe durch die nächste abgelöst wurde, alles in schneller Folge. Tatsächlich gab es seit über 70 Jahren auch große Fortschritte in der Bekämpfung der umweltschädlichen Ursachen, aber das konnte die einmal eingetretenen Schäden nicht ungeschehen machen. Die Weltgemeinschaft hatte inzwischen verinnerlicht, dass man gemeinsam etwas gegen dieses Chaos unternehmen musste, das nicht nur aus hohlen Absichtserklärungen bestand.Es gab immer noch die wirtschaftliche Ausbeutung von Resourcen und organisierte Umweltsünder zerstörten die Umwelt massenhaft weiter, aus Profitgier oder Dummheit.Dennoch hatte die Menschheit insgesamt gelernt. Es gab inzwischen Abteilungen unter der Ägide der UN, die zumindest streckenweise die Einhaltung von Umweltgesetzen kontrollierte und Verstöße auch ahndete.
9.
Kluge Köpfe hatten der Menschheit stets vorgeworfen, dass die kollektive Dummheit grenzenlos sei, so wie z.B. der Philosoph Adorno, und das bedeutet übersetzt soviel, dass der Mensch kollektiv nicht lernfähig ist. Als Einzelner mag er ein vernunftsbegabtes Wesen sein, aber eben nicht im Kollektiv, und schon gar nicht, wenn radikale Fundamentalisten (gleich welcher Couleur) ihre Anhänger mobilisieren, und die Ausschaltung jeder Vernunft zum Ziel erheben. Das ist dann übertragen so, wie bei den Lemmingen, die nach irgendeinem geheimen Signal zu Tausenden irgendwohin rennen, um dann über die Klippe ins Meer zu stürzen. Ein kollektiver Selbstmord. Man kann sie nicht aufhalten. Adornos Theorie war nicht unumstritten, und er war schon in seiner Zeit nur unter den kritischen Wissenschaftlern hochgeachtet, aber seit 2030 war tatsächlich so etwas entstanden wie eine rationale Auseinandersetzung mit der Krise. Ein Quantensprung in der Geschichte? Wohl kaum. Eher ein Zufall. Ein Seitensprung. Ein Abweichen von der Regel. Ein Innehalten, Nachdenken und tief Einatmen. Ja, es war tatsächlich ein Wunder. Die Bedingungen erforderten auch spontanen und kreativen Einsatz und dynamisches, leidenschaftliches Handeln mit Herz und Verstand, etwas, was man auch mit dem Begriff Empathie fasst.
Jede Gesellschaft bringt solche Strömungen hervor, besonders dann, wenn die Not am Größten ist. Die Menschheit hatte spätestens seit 2040 mehrheitlich ein neues Denken verinnerlicht: „wenn wir nicht massiv gegensteuern, so werden wir als Gattung Mensch aussterben.“ Mehrheitlich bedeutet nicht, dass dies nun immer so ist und bleibt, sondern nur, dass der physikalischen Masse eine gewaltige zeitlich begrenzte Bewegungsenergie entgegengestemmt wird, die sie in eine bestimmte Richtung umlenkt, bis sie noch einmal umgeleitet wird, durch andere Energien. Aber natürlich war es so, wie zu allen Zeiten: Es gab eine richtungsweisende Gruppe, die in allen Erdteilen anzufinden war, es gab eine große Masse von Mitläufern.Es gab Widersacher, Unwissende, Gedankenlose, Gleichgültige, aber auch kriminelle Elemente, Panik-. und Geschäftemacher, korrupte Politiker, irregeführte Geheimdienste, übereifrige Polizisten, karrierebewusste Kader, und sendungsbewußte Geistliche. Es gab entgegengesetzte Theorien, die immer noch ein Spiel der freien Kräfte forderten. Damit hielten sie, in übertragenem Sinne, den Lauf der Lemminge in den Tod in Bewegung. So etwas wird es immer geben, aber irgendwie hatte ein glücklicher Umstand ausgelöst, dass sich der kollektive Schutzgedanke breit machte. Es gab entscheidende Impulse für diese Entwicklung, aber es war auch wirklich Glück. Es war eine Situation, die jederzeit umschlagen kann, wenn man die Kontrolle über die Entwicklung verliert.
In vielen Schulen wurden jetzt neue Dinge gelehrt, etwa der schonende Umgang mit Resourcen, und natürlich gab es auch Gebote, Verbote und Strafen bei Nichtbeachtung, die in Einzelfällen ziemlich drastisch waren. Alles das kam nicht über Nacht. Schauen wir einmal zurück ins Jahr 2002, als die Geschichte von Josefinas Familie begann, die von Claudio inzwischen als “Tante” bezeichnet wurde. Damals schien die Welt noch einigermaßen in Ordnung, wenn man auch die Augen vor den drohenden Gefahren mehrheitlich verschloss. Gehen wir dabei systematisch und chronologisch vor. Damals, vor 70 Jahren, hatte Rudolfo Vargas damit begonnen, ein Vermögen zu begründen. Josefina, ihre Kinder und ein dicht gesponnenes Geflecht aus vielen Freunden hatten das später gewinnbringend angelegt. Das hat nun scheinbar so gar nichts mit dem späteren Wetterchaos zu tun, das Claudios Leben einmal komplett bestimmen sollte, aber schauen wir einmal ganz genau hin. Die globale Entwicklung wäre wohl anders verlaufen, wenn es damals Rudolfo und Josefina nicht gegeben hätte.