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5.5 Das gesetzgeberische „Programm“

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Die genannten Veränderungen der Systemgrundlagen und die daraus folgenden Wirkungen haben das bisherige Reformprogramm diktiert und bestimmen dieses auch in Zukunft:

Die Verantwortlichkeit des Vorstands sowie seine Ausrichtung auf nachhaltige Ertragskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens müssen verstärkt werden.
Der Aufsichtsrat musste revitalisiert und als effektives und qualifiziertes Kontrollgremium mobilisiert werden. Das ist auch mit der Mitbestimmung möglich und nötig. Das bedeutet freilich eine Machtverschiebung vom Vorstand zum Aufsichtsrat.
Die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats vor allem vom Vorstand war zu sichern.
Ebenso war die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers vom Vorstand zu sichern, er war stärker an den Aufsichtsrat als dessen Hilfsorgan anzukoppeln.
Die Hauptversammlung als physische Präsenzversammlung muss mit neuen Inhalten gefüllt oder in ihrer Funktion gänzlich überdacht werden.
Die Kompetenzen der Hauptversammlung und die Rechte der Klein- und Minderheitsaktionäre in der Hauptversammlung sind tendenziell nicht auszubauen, die Bedeutung der Rechte des Einzelaktionärs nimmt ab, der aufrechte Kleinaktionär ist ein Auslaufmodell, das Auftreten des Kleinaktionärs als Wächter der Interessen der Mitaktionäre ist eine pia fraus; aktive Finanzinvestoren und institutionelle Investoren weltweit treten an dessen Stelle.
Dem Absinken der Hauptversammlungspräsenzen ist entgegenzuwirken, um zu verhindern, dass aktive Investoren mit geringem Aufwand einen auf Sondervorteile gerichteten Einfluss ausüben können; dazu sind insbesondere die institutionellen Investoren zur Stimmabgabe zu motivieren und ist die grenzüberschreitende Stimmrechtsausübung zu erleichtern.
Die rasche Handlungsfähigkeit der Gesellschaft muss gesichert sein, missbräuchlichen Klägern war entgegenzutreten, Missbrauchs- und Erpressungspotentiale waren abzubauen.
Die Verantwortlichkeit der Organe in Form zivilrechtlicher Haftung oder Strafbarkeit ist zu verschärfen.
Die Ausübung der bestehenden Aktionärsrechte muss allen Aktionären, auch den Ausländern zu Verfügung stehen, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Ausübung von Aktionärsrechten waren zu verbessern.
Die Finanzinformationen des Unternehmens mussten verbessert und ihre internationale Zugänglichkeit sichergestellt werden.
Interessenkonflikte bei allen Beteiligten vom Vorstand bis hin zu den Analysten[82] müssen offen gelegt und minimiert und Insiderverstößen muss wirksam begegnet werden.
Aktien- und Bilanzrecht sind weniger gläubigerorientiert und mehr kapitalmarktorientiert auszurichten. International übliche Finanzierungsinstrumente und internationale Bilanzierungsstandards sind im deutschen Recht einzuführen.

Das also war und ist das Langfrist-Programm. Praktisch alle aktienrechtlichen Änderungen seit Beginn der 90er Jahre bis ins Jahr 2016 und die für die Zukunft geplanten Maßnahmen lassen sich unter dieses Programm subsumieren – und viel ist auch schon erreicht worden,[83] wenn auch nicht immer in ganz gerader Linie, sondern in permanenten Pendelbewegungen.[84]

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