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1. Funktionen und Hintergründe von Leistungsbestimmungsrechten

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Ohne Einigung über die wesentlichen Elemente des konkreten Rechtsgeschäfts (essentialia negotii) kommt, so lehrt die Allgemeine Rechtsgeschäftslehre, kein wirksamer Vertrag zustande. Zu den essentialia negotii gehört bei entgeltlichen Verträgen regelmäßig der Preis – etwa der Kaufpreis oder die Vergütung für ein Werk (§ 631) oder für Dienste (§ 611). Nicht immer möchten sich die Parteien aber auf die Höhe des Entgelts von vornherein festlegen: Wenn ich Ihnen mein Fahrrad verkaufe, können wir vereinbaren, dass ich (oder auch Sie) den Kaufpreis erst später bestimmen. Die §§ 315-319 verhindern in so gelagerten Fällen die Unwirksamkeit von Verträgen, bei denen eine Einigung über die essentialia negotii noch nicht vorliegt oder auch Dissens über sie besteht.

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Nicht nur bei den essentialia negotii, sondern auch bei Leistungsmodalitäten kann der genaue Leistungsinhalt des Vertrages bei Vertragsschluss noch offen sein. Wenn ein Eventmanager eine Sängerin für ein Konzert engagiert, können die beiden vereinbaren, dass später das Programm des Abends festgelegt wird. Auch weitere Einzelheiten können späterer Vereinbarung vorbehalten bleiben: Etwa der Ort, an dem das Konzert stattfinden soll, die Zeit oder Dauer des Konzerts oder auch die genaue Art und Weise der Leistungserbringung. So könnte eine in Jazz und klassischem Konzertgesang gleichermaßen versierte Sängerin ein Jazzkonzert oder auch einen klassischen Liederabend geben. Durch die Parteivereinbarungen und die §§ 315-319 lässt sich der genaue Vertragsinhalt (spätestens) im Erfüllungszeitpunkt ermitteln. Praktisch ist das auch bei Dauerschuldverhältnissen bedeutsam, bei denen sich die Kalkulationsgrundlagen ändern können.

So ist es in Konstellationen wie der von Fall 20, in denen es um Produkte mit regelmäßigen Preisschwankungen geht, üblich, bindende Preise nur für kurze Zeiträume anzugeben oder – wie hier – eine Anpassungsmöglichkeit vorzusehen.

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Die §§ 315-319 drücken als dispositives Recht objektive Gerechtigkeitsgedanken aus, die regelmäßig den Parteiinteressen entsprechen. In erster Linie sind jedoch die jeweiligen Verträge auszulegen; ausdrückliche und stillschweigende Vereinbarungen sind vorrangig.[77] So kann vereinbart sein, dass die Leistung nach einem objektiven Maßstab bestimmt wird. Ein Beispiel bietet der Kauf von Aktien zu einem bestimmten Tag; hier wird regelmäßig der Kauf zum Tageskurs der Aktien vereinbart sein. Auch kann (ausdrücklich oder konkludent) ein angemessener oder ortsüblicher Mietzins vereinbart sein.[78] In all diesen Fällen kommen die §§ 315 ff nicht zur Anwendung. Für einige Vertragstypen, in denen sich besonders häufig ein praktisches Bedürfnis nach Leistungsbestimmungsrechten stellt, hat das Gesetz zudem vorrangige Auslegungsregeln geschaffen. In deren Anwendungsbereichen treten §§ 315-319 zurück. Wichtige Sonderbestimmungen sind § 612 Abs. 2 für die Vergütung beim Dienstvertrag, § 632 Abs. 2 für die Vergütung beim Werkvertrag und § 653 Abs. 2 für den Maklerlohn.

BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil

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